§ 241 StGB (Bedrohung)
Ausführungen zur Bedrohung im Gesetzesentwurf
Im
Gesetzentwurf der Bundesregierung zu dem „Entwurf eines Gesetzes zur
Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“ heißt es zum
Bedrohungstatbestand wie folgt:
§ 241 StGB (Bedrohung) schützt
den individuellen Rechtsfrieden, indem das Vertrauen des Einzelnen auf
seine durch das Recht gewährleistete Sicherheit vor besonders
gravierenden Bedrohungen geschützt werden soll, und stellt somit das
Gegenstück zu § 126 StGB dar, der dem öffentlichen Rechtsfrieden dient.
Der Tatbestand der Bedrohung ist bisher auf die Bedrohung mit einem
Verbrechen beschränkt. Es hat sich jedoch gezeigt, dass auch eine
Bedrohung mit der Begehung einer Straftat, die kein Verbrechen
darstellt, in empfindlicher Weise auf den Adressaten einwirken kann.
Insbesondere bei Bedrohungen mit Sexualstraftaten,
Freiheitsberaubungen, einfacher Gewalt gegen die Kinder des Adressaten
oder wertvolle Gegenstände (zum Beispiel Fahrzeuge, Immobilien) kann der
individuelle Rechtsfrieden erheblich gestört werden. Daher soll
zukünftig die Bedrohung mit einer rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle
Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche
Freiheit oder eine Sache von bedeutendem Wert vom Tatbestand erfasst
sein, sofern sich diese Tat gegen den Adressaten oder eine ihm
nahestehende Person richtet. Die Tat soll mit Freiheitsstrafe bis zu
einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden können. Hiervon
abzugrenzen ist weiterhin die Bedrohung mit einem Verbrechen, die
zukünftig in § 241 Absatz 2 StGB geregelt sein soll. Hier ist eine
Verschärfung der Rechtsfolgen dergestalt vorgesehen, dass zukünftig
Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe verhängt werden kann.
Dadurch soll auf die zunehmende Verrohung im zwischenmenschlichen Umgang
reagiert werden. Für Fälle, in denen die Tat nach den Absätzen 1 bis 3
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§
11 Absatz 3 StGB) begangen wird, sieht § 241 Absatz 4 StGB-E eine
Qualifikation vor, die eine Erhöhung der Strafobergrenze jeweils um ein
Jahr Freiheitsstrafe zur Folge hat. Damit wird dem Umstand Rechnung
getragen, dass solche Bedrohungen, die beispielsweise über das Internet
öffentlich begangen werden, eine erheblich größere Reichweite entfalten
und eine Entfernung deutlich erschwert ist.
Zu den Begriffen
„öffentlich“, „in einer Versammlung“ und „Verbreiten von Schriften (§ 11
Absatz 3)“ wird auf die vorstehenden Ausführungen zu Nummer 5 verwiesen.
Die Nutzung sozialer Medien im Internet ermöglicht die Abgabe und
Wahrnehmung von Äußerungen binnen kürzester Zeit gegenüber einer
unbestimmten Anzahl von Personen, die miteinander zumeist nur durch die
Inanspruchnahme derselben Kommunikationsplattform verbunden sind.
Hierbei ist zu beobachten, dass in der vermeintlichen Anonymität des
Internets und ohne soziale Kontrolle zunehmend Äußerungen mit
beleidigenden Inhalten über andere Nutzer oder in der Öffentlichkeit
stehende Personen abgegeben werden. Diese Äußerungen können wegen der
eingeschränkten Löschungsmöglichkeiten oftmals über einen langen
Zeitraum durch einen großen Personenkreis abgerufen werden und wiegen
für die Betroffenen deshalb besonders schwer. Sie bieten zugleich den
Nährboden für nachahmende oder in ihrer Aggressivität über das
Vorhandene hinausgehende Äußerungen, die unmittelbar eine breite
Öffentlichkeit erreichen können und oftmals eine den Äußernden
bestätigende Reaktion hervorrufen. Hierdurch sinkt zugleich die
Hemmschwelle derjenigen, die sich bislang mit beleidigenden Äußerungen
zurückgehalten haben, wodurch in der Folge eine Zunahme ehrverletzender
Kommentare festzustellen ist. Das bislang im Beleidigungstatbestand
vorgesehene Höchstmaß von einem Jahr Freiheitsstrafe erscheint vor
diesem Hintergrund nicht immer als ausreichend. Mit der Anhebung des
Höchststrafmaßes für öffentlich, in einer Versammlung oder durch
Verbreiten von Schriften (§ 11 Absatz 3 StGB) begangene Taten auf
Freiheitsstrafe von zwei Jahren soll den Gerichten ermöglicht werden,
auf besonders schwerwiegende Fälle der Beleidigung angemessen zu
reagieren. Die Strafandrohung für auf diese Weise begangene Taten wird
der einer Beleidigung mittels einer Tätlichkeit gleichgestellt und
lautet damit auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.
Erfasst werden damit Äußerungen, die öffentlich getätigt werden, d.
h. von einem größeren, nach Zahl und Individualität unbestimmten oder
durch nähere Beziehungen nicht verbundenen Personenkreis wahrgenommen
werden können. Wird eine entsprechende Äußerung zum Lesezugriff in das
Internet gestellt, so ist die Tat öffentlich begangen, wenn die Äußerung
für die Nutzer ohne weiteres abrufbar ist. Der erhöhten Strafandrohung
unterfallen künftig ferner die in einer Versammlung begangenen
Beleidigungen. Eine Versammlung in diesem Sinn ist die räumlich zu einem
bestimmten Zweck vereinigte größere Anzahl von Menschen. Eigenständige
Bedeutung hat das Merkmal vor allem bei geschlossenen Veranstaltungen.
Die in zahlreichen weiteren Vorschriften des StGB enthaltene
Gleichstellung mit der „öffentlichen“ Tatbegehung (zum Beispiel § 80a,
86a, 90, 187,188 StGB) ist gerechtfertigt, weil Äußerungen vor einem
größeren Personenkreis der öffentlichen Kundgabe gleichkommt. Auch
Äußerungen, die durch Schriften (§ 11 Absatz 3 StGB) verbreitet werden,
werden erfasst. Hierunter können auch an einen bestimmten Personenkreis
in geschlossenen Benutzergruppen getätigte Äußerungen fallen, jedenfalls
wenn der sich Äußernde die Weiterverbreitung durch diese Personen nicht
kontrollieren kann. [...]. Zum Merkmal der Öffentlichkeit in
geschlossenen Benutzergruppen vergleiche auch BGH, Urteil vom 18. Januar
2012, 2 StR 151/11, bei juris Rn. 13 f.). Für die Vollendung der
Tatbestandsvariante des Verbreitens genügt im Internet, dass eine Datei,
die eine entsprechende Äußerung enthält, auf dem Rechner des
Internetnutzers, sei es im flüchtigen Arbeitsspeicher oder auf einem
permanenten Speichermedium, angekommen ist, wobei es unerheblich ist, ob
der Nutzer die Möglichkeit des Zugriffs auf die Daten genutzt oder ob
der Anbieter die Daten übermittelt hat.
Die vorgeschlagene
Änderung orientiert sich an den §§ 187 und 188 StGB, die bereits nach
geltendem Recht eine Strafschärfung für öffentlich, in einer Versammlung
und durch die Verbreitung von Schriften (§ 11 Absatz 3 StGB) begangene
Taten vorsehen, und folgt dem zugrundeliegenden Gedanken, dass eine
Abstufung des Unrechtsgehalts dieser Delikte auch im Strafrahmen geboten
ist.
Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für
Verbraucherschutz. Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der
Hasskriminalität.
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