Rodorf.de
Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener

§ 189 StGB (Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener)

Der Straftatbestand schützt sowohl das Pietätsgefühl der Angehörigen und das der Allgemeinheit aber natürlich auch den über den Tod eines Verstorbenen hinausgehenden Bestand seiner Menschenwürde.

Mit anderen Worten: Man soll nicht schlecht über die Toten reden.

Das Merkmal „verunglimpfen“ ist erfüllt, wenn durch Äußerungen oder Tätlichkeiten „eine nach Form, Inhalt oder Motiv besonders schwere Kränkung“ erfolgt. Dies ist in Fällen übler Nachrede oder Verleumdung in der Regel gegeben. Im Falle einer Beleidigung gem. § 185 StGB aber wohl nur, wenn sie unter besonders hässlichen Begleitumständen erfolgt.

Tathandlung: Der Täter müsste das Andenken des Verstorbenen bzw. des für tot Erklärten verunglimpft haben. Unter „Verunglimpfen“ wird überwiegend eine „besonders schwere Kränkung durch Tatsachenbehauptung oder eine andere herabsetzende Äußerung“ verstanden.

Möglich ist eine strafbare Handlung auch gegenüber Gruppen, wenn diese gerade durch die Umstände ihres Todes miteinander verbunden sind. Im Falle einer Holocaustleugnung handelt der Täter nicht nur vorwerfbar im Sinne von § 130 StGB (Volksverhetzung), sondern auch tatbestandlich im Sinne von § 189 StGB(Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener).

AG Hannover 2013: Der objektive Tatbestand des Verunglimpfens des Andenkens Verstorbener nach § 189 StGB kann sowohl durch ein Werturteil im Sinne des § 185 StGB als auch durch die Behauptung nicht erweislich wahrer Tatsachen im Sinne des § 186 StGB als auch in Form einer wider besseren Wissens abgegebenen unwahren Tatsachenbehauptung im Sinne des § 187 StGB begangen werden.

Soweit diese Werturteile geeignet sind, den Tatbestand der Beleidigung im Sinne des § 185 StGB zu erfüllen, sind diese jedoch als Tathandlung nach § 189 StGB nicht ausreichend. Zwar kann eine einfache Beleidigung nach § 185 StGB auch als Tathandlung im Sinne des § 189 StGB gewertet werden. Dies ist jedoch nur dann als Tathandlung des Verunglimpfens des Andenkens Verstorbener ausreichend, wenn die Beleidigung unter gravierenden Begleitumständen erfolgt.

Für den Tatbestand des Verunglimpfens des Andenkens Verstorbener nach § 189 StGB ist dabei bedingter Vorsatz ausreichend. Dieser muss sich auf die Tathandlung des Verunglimpfens selbst beziehen.

Der Privatbeklagte kann sich insoweit auf den Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen im Sinne des § 193 StGB berufen. Diese Vorschrift ist auch auf § 189 StGB anwendbar (...). Die Vorschrift des § 193 StGB stellt dabei eine besondere Ausprägung des Grundsatzes der Meinungsfreiheit dar. Insoweit sind auch abwertende Äußerungen hinzunehmen.

Gerade bei Äußerungen, die im Rahmen öffentlicher und politischer Meinungsbildung getätigt werden, gilt für die vorzunehmende Güterabwägung eine Vermutung zu Gunsten der Meinungsäußerungsfreiheit. Zudem wird auch das Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit nach Artikel 5 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz über § 193 StGB geschützt. Danach sind auch Mindermeinungen sowie Forschungsansätze und Forschungsergebnisse, die sich als irrig oder fehlerhaft erweisen, geschützt.

AG Hannover, Urt. v. 18.12.2013 - 220 Bs 1/12

Vorsatz: Der Täter muss die Verunglimpfung vorsätzlich, also mit Wissen und Wollen verwirklicht haben. Es reicht aus, wenn der Täter den Straftatbestand billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten, also mit Eventualvorsatz gehandelt hat.

Strafantrag: Bei der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener handelt es sich um ein sogenanntes absolutes Antragsdelikt, siehe § 194 Abs. 2 StGB (Strafantrag).

Das bedeutet, dass die Tat nur auf Antrag eines Angehörigen verfolgt wird.
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz greift nur dann, wenn die Verunglimpfung des Andenkens eines Verstorbenen durch Verbreiten oder öffentliches Zugänglichmachen einer Schrift (auch Videos, Bilder etc.) oder in einer Versammlung oder durch eine Darbietung im Rundfunk erfolgt, und der Verstorbene sein Leben als Opfer des Nationalsozialismus oder einer anderen Gewalt- und Willkürherrschaft verloren hat.

Nicht zu verwechseln ist die Verunglimpfung mit der Störung der Totenruhe.

TOP 

Fenster schließen