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§ 26 StVO - Fußgängerüberwege

Inhaltsverzeichnis:

01 Allgemeines
02 Pflichten des Fahrzeugführers im Überblick
03 TBNR gemäß Bußgeldkatalog 2023
04 Fußgängerüberweg – Fußgängerfurt
05 Verhalten an Fußgängerüberwegen
06 Kein Vorrang für Radfahrer
07 Radfahrende Kinder am Fußgängerüberweg
08 Wartepflicht des Fahrzeugführers
09 Blind einen Fußgängerüberweg benutzt
10 Verzicht des Fußgängers auf sein Vorrecht
11 Straßenverkehrsgefährdung
12 Unklare Verkehrslage am Fußgängerüberweg
13 Quellen

01 Allgemeines

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Auch 70 Jahre nach seiner Verankerung in der Straßenverkehrsordnung ist der Zebrastreifen weit verbreitet. Dennoch kommt es auch an Fußgängerüberwegen immer wieder zu Verkehrsunfällen.

Unfälle an Fußgängerüberwegen: Die Verkehrsunfallstatistik in Nordrhein-Westfalen 2022 weist 67 tödlich verunglückte und 6996 verletzte Fußgänger im Straßenverkehr auf. Bundesweit kam es zu 3745 Unfällen an Zebrastreifen, bei denen Menschen verletzt wurden. 15 überlebten die Unfälle nicht [En01].

An vorschriftsmäßig mit Zeichen 293 StVO gekennzeichneten Fußgängerüberwegen haben

  • Fußgänger und

  • Rollstuhlfahrer

gegenüber dem fließenden Verkehr (Ausnahme Schienenfahrzeuge) Vorrang, wenn sie erkennbar auf dem Fußgängerüberweg die Fahrbahn überqueren wollen. Das gilt auch für Radfahrer, wenn sie ihr Rad schieben oder nur mit einem Fuß auf der Pedale stehend die Fahrbahn überqueren, nicht aber für Radfahrer, die mit dem Rad lediglich in Schrittgeschwindigkeit fahren.

Zeichen 293 StVO
Ge
- oder Verbot

Wer ein Fahrzeug führt, darf auf Fußgängerüberwegen sowie bis zu 5 m davor nicht halten.

Zeichen 350

Zeichen 134

02 Pflichten des Fahrzeugführers im Überblick

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Die von Fahrzeugführern zu beachtenden Verhaltensvorschriften an Fußgängerüberwegen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Fahrzeugführer müssen mit mäßiger Geschwindigkeit an Fußgängerüberwege heranfahren, wenn Fußgänger erkennbar den Zebrastreifen benutzen

  • Notfalls muss der Fahrzeugführer anhalten, um dem Fußgänger das Überqueren zu ermöglichen

  • Halten oder Parken auf Fußgängerüberwegen ist verboten

  • Bei stockendem Verkehr sind Fußgängerüberwege freizuhalten

  • Das Überholen an Fußgängerüberwegen ist verboten.

Die Zeichen von Schülerlotsen an Zebrastreifen entlasten den Fahrzeugführer nicht von seiner Sorgfaltspflicht.

03 TBNR gemäß Bußgeldkatalog 2023

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Bei den 9 im Bußgeldkatalog aufgeführten Fehlverhalten an Fußgängerüberwegen handelt es sich - bis auf eine Ausnahme, siehe TBNR 126100 – um anzeigepflichtige Verkehrsordnungswidrigkeiten.

126600
Sie fuhren nicht mit mäßiger Geschwindigkeit an den Fußgängerüberweg heran, obwohl ein Bevorrechtigter diesen erkennbar benutzen wollte.
80,00 Euro
126601
Sie fuhren nicht mit mäßiger Geschwindigkeit an den Fußgängerüberweg heran, obwohl ein Bevorrechtigter diesen erkennbar benutzen wollte, und gefährdeten dadurch Andere.
100,00 Euro
126606
Sie ermöglichten einem Bevorrechtigten nicht das Überqueren der Fahrbahn, obwohl dieser den Fußgängerüberweg erkennbar benutzen wollte.
80,00 Euro
126607
Sie ermöglichten einem Bevorrechtigten nicht das Überqueren der Fahrbahn, obwohl dieser den Fußgängerüberweg erkennbar benutzen wollte, und gefährdeten dadurch Andere.
100,00 Euro
126608
Sie ermöglichten einem Bevorrechtigten nicht das Überqueren der Fahrbahn, obwohl dieser den Fußgängerüberweg erkennbar benutzen wollte. Es kam zum Unfall.
120,00 Euro
126100
Sie fuhren auf den Fußgängerüberweg, obwohl der Verkehr stockte.
5,00 Euro

126612

Sie überholten an dem Fußgängerüberweg ein Fahrzeug.
80,00 Euro
126613
Sie überholten an dem Fußgängerüberweg ein Fahrzeug und gefährdeten dadurch Andere.
100,00 Euro
126614
Sie überholten an dem Fußgängerüberweg ein Fahrzeug. Es kam zum Unfall.
120,00 Euro

04 Fußgängerüberweg – Fußgängerfurt

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Nur an gekennzeichneten Fußgängerüberwegen gelten die im § 26 StVO (Fußgängerüberwege) aufgeführten Verhaltensregeln.

§ 26 StVO (Fußgängerüberwege)

Im Bereich von Fußgängerfurten, die nur im Zusammenspiel mit Lichtsignalanlagen den Benutzern dieser Furten Vorrang einräumen, gelten die Verhaltensregeln des § 26 StVO (Fußgängerüberwege) nicht. Diesbezüglich heißt es in einem Urteil des OLG München aus dem Jahr 2022 wie folgt:

OLG München 2022: Ein Fußgängerüberweg im Sinne des § 26 StVO, räumt Fußgängern, „auch wenn sie ein Rad schieben (nicht aber, wenn sie damit fahren). Nur auf den durch Z 293 („Zebrastreifen“) gekennzeichneten Überwegen, nicht aber auf anderen Übergängen, [haben Fußgänger] Vorrang vor dem Fahrverkehr. Die an Lichtzeichenanlagen [...] markierten Fußgängerfurten, bei denen keine deutliche, durchgehende Kennzeichnung mit sog. Zebrastreifen (Z 293) besteht, [handelt es sich somit nicht um] Fußgängerüberwege im Sinne des § 26 StVO, so dass insoweit auch kein Vorrang vor dem Fahrverkehr besteht. Vielmehr gelten für Fußgänger, die eine Fußgängerfurt benutzen, weiterhin die Sorgfaltsanforderungen des § 25 III StVO [En02].

Dort heißt es:

§ 25 Abs. 3 StVO (Fußgänger)

(3) Wer zu Fuß geht, hat Fahrbahnen unter Beachtung des Fahrzeugverkehrs zügig auf kurzem Weg quer zur Fahrtrichtung zu überschreiten. Wenn die Verkehrsdichte, Fahrgeschwindigkeit, Sichtverhältnisse oder der Verkehrsablauf es erfordern, ist eine Fahrbahn nur an Kreuzungen oder Einmündungen, an Lichtzeichenanlagen innerhalb von Markierungen, an Fußgängerquerungshilfen oder auf Fußgängerüberwegen (Zeichen 293) zu überschreiten. Wird die Fahrbahn an Kreuzungen oder Einmündungen überschritten, sind dort vorhandene Fußgängerüberwege oder Markierungen an Lichtzeichenanlagen stets zu benutzen.

05 Verhalten an Fußgängerüberwegen

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Weder Fußgänger noch Fahrzeugführer können darauf vertrauen, dass sich der jeweils andere verkehrsgerecht verhält. Insoweit muss sowohl von Fußgängern als auch von Fahrzeugführern eingefordert werden, sich an Fußgängerüberwegen so zu verhalten, dass dort niemand behindert, gefährdet und erst recht nicht geschädigt wird.

Im § 26 Abs. 1 StVO (Fußgängerüberwege) heißt es, dass an Fußgängerüberwegen Fahrzeuge mit Ausnahme von Schienenfahrzeugen den zu Fuß Gehenden sowie Fahrenden von Krankenfahrstühlen oder Rollstühlen, welche den Überweg erkennbar benutzen wollen, das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen haben. Dann dürfen sie nur mit mäßiger Geschwindigkeit heranfahren; wenn nötig, müssen sie warten.

§ 26 StVO (Fußgängerüberwege)

Die Formulierung „welche den Überweg erkennbar benutzen wollen“, richtet sich zuerst einmal nur an Fahrzeugführer.

Im Zusammenhang mit den im § 25 Abs. 3 StVO (Fußgänger), haben aber auch Fußgänger Regeln beim Überqueren von Fahrbahnen zu beachten.

§ 25 StVO (Fußgänger)

Fahrzeugführer können zum Beispiel durchaus darauf vertrauen, dass sich auch Fußgänger verkehrsgerecht verhalten. 2017 hatten die Richter des OLG Stuttgart darüber zu entscheiden, wie die Haftungsfrage zu klären ist, wenn es auf einem Fußgängerüberweg zu einem Verkehrsunfall gekommen ist, weil ein Fußgänger für den Fahrzeugführer unerwartet, den Fußgängerüberweg betreten hatte.

OLG Stuttgart 2017: Der Kläger [gemeint ist der Fußgänger], hat in grober Weise gegen § 25 Abs. 3 StVO verstoßen, wonach Fußgänger die Fahrbahn nur unter Beachtung des Fahrzeugverkehrs überqueren dürfen. Er hat den Fußgängerüberweg betreten, ohne auf das herannahende Fahrzeug [des Fahrzeugführers] zu achten. An Fußgängerüberwegen herrscht weder für die Kraftfahrer noch für die Fußgänger der Vertrauensgrundsatz. Der Überwegbenutzer hat den Fahrverkehr mit Sorgfalt zu beobachten; er darf sich nicht bedingungslos darauf verlassen, dass ihm der Fahrzeugführer den Vorrang einräumen wird, und darf seinen Vorrang auch nicht erzwingen. Er hat sich daher nach links und rechts umzusehen und bei erkennbarer Gefährdung durch nahende Fahrzeuge zu warten. Nach den Feststellungen des Sachverständigen betrat der Kläger die Fahrbahn etwa 0,4 bis 0,5 Sekunden vor der Kollision. Zu diesem Zeitpunkt war das Fahrzeug der Beklagten noch 4,4 bis 6,9 Meter von der Kollisionsstelle entfernt. Aus den vom Sachverständigen angefertigten Lichtbildern der Unfallörtlichkeit ist ersichtlich, dass das herannahende Fahrzeug der [Fahrzeugführers] für den Kläger ohne weiteres erkennbar war.

Verhalten des Fahrzeugführers an Fußgängerüberwegen:

OLG Stuttgart 2017: Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass der [Fahrzeugführer] kein Verstoß gegen § 26 StVO vorzuwerfen ist. Nach § 26 Abs. 1 StVO haben Fahrzeuge den zu Fuß Gehenden, welche einen Fußgängerüberweg erkennbar nutzen wollen, das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Dann dürfen sie auch nur mit mäßiger Geschwindigkeit heranfahren. Die Absicht des Klägers, den Überweg zu benutzen, war für den Fahrverkehr jedoch objektiv nicht erkennbar. [...]. Maßgeblich für die Erkennbarkeit i.S.d. § 26 StVO ist das Gesamtverhalten des Fußgängers, wobei es keiner ausdrücklichen, an den Fahrzeugführer gerichteten Anzeige bedarf. Die bloße Anwesenheit eines Fußgängers in der Nähe eines Fußgängerüberwegs und die nur nicht ausschließbare Möglichkeit einer Überquerungsabsicht reichen jedoch nicht aus. Die rechtlich maßgebliche Erkennbarkeit der Überquerungsabsicht ist nur gegeben, wenn konkrete objektive Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass ein Fußgänger den Überweg jetzt überqueren will. Nach dem Gesamtverhalten eines Fußgängers ist dessen Überquerungsabsicht zum Beispiel dann erkennbar, wenn der Fußgänger auf den Überweg zugeht, nicht jedoch dann, wenn er rechtwinklig zum Überweg und parallel zur Fahrbahn geht. Eine allgemeine Pflicht für Kraftfahrer, unabhängig von der Erkennbarkeit der Überquerungsabsicht eines Fußgängers an jedem Überweg die Geschwindigkeit zu verlangsamen, kann § 26 StVO nicht entnommen werden; dies ergibt sich aus § 26 Abs. 1 Satz 2 StVO, der nur unter den Voraussetzungen von § 26 Abs. 1 Satz 1 StVO eine Geschwindigkeitsherabsetzung fordert: Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 StVO in Verbindung mit Satz 1 dieser Vorschrift muss ein Fahrzeug „dann“ – und nur dann – mit mäßiger Geschwindigkeit an einen Fußgängerüberweg heranfahren, wenn ein Fußgänger den Überweg erkennbar benutzen will [En03].

Dass korrektes und situationsangepasstes Verhalten an Fußgängerüberwegen immer voraussetzt, den Unfallhergang zu kennen, macht auch das folgende Zitat aus einem Urteil des BGH aus dem Jahr 1982 deutlich:

BGH 1982: Freilich darf auch der Fußgänger, der einen geschützten Übergang benutzt, wie ihn der sogenannte Zebrastreifen darstellt, nicht blindlings darauf vertrauen, dass Kraftfahrer ihren Verpflichtungen bei der Annäherung an einen solchen Fußgängerüberweg (§26 StVO) nachkommen. So muss er vor Betreten des Überweges sich mindestens durch einen beiläufigen Blick nach den Seiten von der Verkehrslage überzeugen und bei erkennbarer Gefährdung durch nah herangekommene Kraftfahrzeuge mit der Überquerung der Fahrbahn warten. Im Streitfall durfte der Kläger, ohne sich dem Vorwurf mangelnder Vorsicht auszusetzen, den Zebrastreifen betreten und die Fahrbahn überschreiten, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Erstbeklagte in diesem Zeitpunkt noch mindestens 70 m entfernt und der ausreichend beleuchtete Übergang für sie voll einzusehen war. Der Kläger durfte deshalb darauf vertrauen, dass die Erstbeklagte ihm die gefahrlose Überquerung der Fahrbahn ermöglichen werde. Er ist auch, wie zu seinen Gunsten zu unterstellen ist, zügig gegangen. Währenddessen brauchte er das herannahende Fahrzeug der Erstbeklagten nicht dauernd im Auge zu behalten. Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht zwar darin, dass auch der Fußgänger, der sich schon auf dem gesicherten Übergang befindet, sich nicht ohne weiteres darauf verlassen darf, dass ein herannahender Kraftfahrer seinen Vorrang respektieren werde, wenn er durch einen beiläufigen Blick zur Seite eine konkrete Gefährdung für sich erkennen kann [En04].

06 Kein Vorrang für Radfahrer

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Radfahrer müssen absteigen und ihr Rad schieben, wenn sie den Vorrang eines Fußgängerüberwegs in Anspruch nehmen wollen. Fahren mit dem Rad ist nicht erlaubt.

LG Nürnberg 2016: Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 StVO haben an Fußgängerüberwegen Fahrzeuge mit Ausnahme von Schienenfahrzeugen den zu Fuß Gehenden sowie Fahrenden von Krankenfahrstühlen oder Rollstühlen, welche den Überweg erkennbar benutzen wollen, das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Im Umkehrschluss aus § 26 Abs. 1 Satz 1 StVO wird klar, dass für erkennbar nutzungswillige Radfahrer auf Fußgängerüberwegen nach § 26 Abs. 1 StVO kein Vorfahrtsrecht besteht. Die vereinzelt gebliebene Entscheidung des OLG Düsseldorf (28.04.1986 - 1 U 52/85 - MDR 1987, 1029), wonach auch Radfahrer grundsätzlich auf Fußgängerüberwegen den Vorrang gegenüber dem fließenden Verkehr genießen, sofern für diesen trotz der Geschwindigkeit des Radfahrers rechtzeitig erkennbar ist, dass der Radfahrer die Fahrbahn auf dem Fußgängerüberweg überqueren will, wird zu Recht nicht anerkannt. Sie widerspricht dem klaren Wortlaut und Sinn der Norm und würde zu unnötiger und unerträglicher Rechtsunsicherheit an Fußgängerüberwegen führen. Um ein Vorfahrtsrecht beanspruchen zu können, müssen Radfahrer vom Fahrrad folglich absteigen und das Rad schieben [En05].

07 Radfahrende Kinder am Fußgängerüberweg

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Ein Fahrzeugführer muss auch bei Annäherung an einen Fußgängerüberweg ohne erkennbare Umstände nicht damit rechnen, dass ein 12-jähriges Kind, ohne seine Absicht merklich anzuzeigen, auf dem Fahrrad fahrend den Fußgängerüberweg überquert, so der Leitsatz 3 eines Urteils des OLG Celle aus dem Jahr 2023.

An anderer Stelle heißt es:

OLG Celle 2023: Der Kläger [gemeint ist ein 12-jähriger Radfahrer, der auf einem Fußgängerüberweg angefahren wurde] kann sich nicht auf den Schutzbereich der Vorschrift des § 26 S. 1 StVO berufen. Als nicht abgestiegener Radfahrer unterfiel der Kläger nicht dem Schutzbereich dieser Norm. Der Vorrang nach § 26 StVO steht nur dem Bevorrechtigten zu, der als Fußgänger ein Rad mitführt, solange er damit nicht fährt. Radfahrer, die - wie hier unstreitig der Kläger - den Fußgängerüberweg benutzen, ohne ihr Rad bei der Überquerung zu schieben, genießen nicht den Schutz des § 26 S. 1 StVO. [...]. Ohne erkennbare Umstände, die einzelfallabhängig zu würdigen sind, muss ein Verkehrsteilnehmer nicht damit rechnen, dass (ältere) Kinder auf dem Fahrrad fahrend einen Fußgängerüberweg - ohne vorheriges Anhalten und Umschau - nutzen. [...]. Aufgrund der konkreten Verkehrssituation war ohne weiteres nicht mit dem unerwarteten Überfahren der Fahrbahn zu rechnen. Anders als ein Radweg, der in eine auf der Fahrbahn aufgezeichnete Furt mündet, vermag ein die Fahrbahn querender Fußgängerüberweg auch bei verkehrsungewandten Radfahrern nicht die Vorstellung zu erwecken, sie hätten Vorrecht, zumal eine solche Wertung der Verkehrslage mit der eindeutigen Regelung des § 26 S. 1 StVO nicht vereinbar wäre, wonach gerade keine Radfahrer vom Schutzbereich des § 26 S. 1 StVO erfasst und damit bevorrechtigt sind [En06].

08 Wartepflicht des Fahrzeugführers

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Die Verpflichtung eines Fahrzeugführers, einem Fußgänger Vorrang an einem Fußgängerüberweg zu gewähren besteht bereits dann, wenn er unsicher hinsichtlich des zu erwartenden Fußgängerverhaltens ist. Diesbezüglich heißt es in einem Urteil des OLG Düsseldorf aus dem Jahr 1998 sinngemäß, dass eine Verurteilung des Fahrzeugführers nur dann in Betracht kommen kann, wenn das Verhalten des Fußgängers irgendwie durch das sich nähernde Fahrzeug beeinflusst werden könnte, was vor allem dann zutrifft, wenn durch das Fahrverhalten des Fahrzeugführers der Fußgänger auf dem Fußgängerüberweg vermeidbar gefährdet, behindert oder belästigt wird.

OLG Düsseldorf 1998: Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass Fußgänger an derartigen Überwegen nicht nur bei offensichtlicher Benutzungsabsicht, sondern schon beim geringsten Zweifel Vorrang haben. Deshalb hat der Kraftfahrer bereits anzuhalten, wenn ein Fußgänger zügig auf den Überweg zugeht oder dort wartet, es sei, dass er ersichtlich auf seinen Vorrang verzichtet [En07].

09 Blind einen Fußgängerüberweg benutzt

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Fußgänger, die sich bereits auf einem Fußgängerüberweg befinden und diesen dann, beim Erreichen einer Mittelinsel mit gesenktem Kopf sozusagen „blind“ auch weiter überqueren, trifft grundsätzlich keine Mitschuld, wenn es zu einem Unfall kommt. Diesbezüglich heißt es in einem Beschluss des OLG Dresden aus dem Jahr 2015 wie folgt:

OLG Dresden: Ohne [...] konkrete Anhaltspunkte muss ein Fußgänger auch nicht etwa ständig, auch nach sicherem Betreten des Übergangs (nach den Feststellungen des DEKRA-Gutachtens ca. 2 m), sich nach allen Seiten vergewissern und entgegen dem auch für ihn geltenden Vertrauensgrundsatz stets vorsorglich anhalten, wenn sich ein Pkw oder Rad nähert. Dies würde ihn nicht zuletzt erst der Gefahr aussetzen, den Übergang noch während des Wechsels auf „rot“ benutzen zu müssen, und hätte negative Auswirkungen auf den Verkehrsfluss. [...]. Die Klägerin ging, zumal in ihrem Vertrauen noch gestützt durch die links von ihr haltenden Pkw, nach ihrer eigenen Schilderung „ganz normal“ geradeaus über den Übergang. Soweit sie selbst einräumt, nicht nach rechts oder links geschaut zu haben, hat sich dies nicht unfallursächlich ausgewirkt, weil sie dies mangels anderer erkennbarer Umstände nur beim Betreten der Fahrbahn, nicht auch zwingend noch während des Überquerens, zu tun brauchte. Beim Betreten des Überwegs bestand aber – unstreitig – noch kein Grund vorsorglich von der Überquerung der Straße abzusehen. [...]. Dass die Klägerin durchweg mit gesenktem Blick die Fahrbahn überquert hätte, lässt sich aus der Beweisaufnahme ebenso wenig sicher herleiten. Jedenfalls gehen die an einem solchen unfallmitursächlichen Mitverschulden der Klägerin verbleibenden Zweifel aufgrund der Beweislastverteilung hier wie auch sonst bei Unfällen zwischen Fußgängern und Kfz zu Lasten der Beklagten [gemeint ist der Fahrzeugführer]. [...]. Ein – unterstellt – (allenfalls!) leichtes Mitverschulden des Fußgängers beim Überqueren der für ihn „grün“ zeigenden Fußgängerampel tritt jedenfalls hinter die schon wegen der Sichteinschränkungen deutlich erhöhte Betriebsgefahr des Lkw sowie das grobe Verschulden des Beklagten [Lkw-Fahrers im Hinblick auf den] Verstoß gegen die Beachtung des Fußgängervorrangs, vollständig zurück [En08].

10 Verzicht des Fußgängers auf sei Vorrecht

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Die Wartepflicht eines Fahrzeugführers entfällt, wenn der Fußgänger auf sein Vorrecht verzichtet.

BayObLG 2001: Die Wartepflicht am Fußgängerüberweg entfällt zwar, wenn der Fußgänger auf sein Vorrecht verzichtet. Das kann aber nur angenommen werden, falls der Verzicht so unmissverständlich angezeigt wird, dass hierüber keinerlei Zweifel möglich ist. Das in § 26 Abs. 1 Satz 1 StVO angeordnete Gebot, benutzungswilligen Fußgängern das Überqueren zu ermöglichen, setzt nach der Rechtsprechung nicht voraus, dass diese ihre Absicht, den Überweg zu benutzen, dem Kraftfahrer durch Winken oder dergleichen zu erkennen geben. Vielmehr genügt ein Gesamtverhalten des Fußgängers, das objektiv seinen Willen, von seinem Vorrang Gebrauch zu machen, erkennbar werden lässt. Eine für den Kraftfahrer erkennbare sofortige Benutzungsabsicht liegt daher bereits vor, wenn der Fußgänger zügig und gezielt auf den Überweg selbst zugeht und sich diesem nicht nur parallel zur Straße gehend nähert. Dasselbe gilt, wenn er bereits wartend am Fahrbahnrand steht, wobei es keine Bedeutung hat, ob er dabei in die Richtung des sich nähernden Kraftverkehrs blickt oder in die Gegenrichtung. Eine Verurteilung wegen Verstoßes gegen § 26 Abs. 1 Satz 1 StVO darf darüber hinaus jedoch nur erfolgen, wenn der Fußgänger durch das Heranfahren mit unverminderter Geschwindigkeit oder das Nichtanhalten eines Fahrzeuges in seinem Verhalten irgendwie beeinflusst wird. Hierzu reicht es nach gefestigter Rechtsprechung aus, dass er vermeidbar gefährdet, behindert oder belästigt wird. Das ist insbesondere anzunehmen, falls er erschreckt, verwirrt, verunsichert oder sonst in seiner Benutzungsabsicht der Fahrbahn behindert wird. Es genügt daher, wenn ein Fußgänger wegen des geringen Abstands des vorbeifahrenden Kraftfahrzeuges dem Verkehrsgeschehen gesteigerte Aufmerksamkeit und Vorsicht zuwenden muss.

Wichtig:

Das bloße Stehenbleiben der Fußgängerin kann damit keinesfalls bereits als eindeutig erkennbarer Verzicht gedeutet werden. Ein solcher könnte auch nur angenommen werden, wenn über einen klar geäußerten Verzichtswillen hinaus feststünde, dass der Betroffene sich dem Überweg nur mit mäßiger Geschwindigkeit genähert hätte [En09].

11 Straßenverkehrsgefährdung

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Eine Straftat im Sinne von § 315c Abs. 1 Nr. 2c StGB (Gefährdung des Straßenverkehrs) begeht, wer als Fahrzeugführer im Straßenverkehr grob verkehrswidrig und rücksichtslos ein Fahrzeug führt und dabei an Fußgängerüberwegen falsch fährt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet.

§ 315c StGB (Gefährdung des Straßenverkehrs)

Diesbezüglich heißt es in einem Beschluss des BGH aus dem Jahr 2015 wie folgt:

BGH 2015: Nach gefestigter Rechtsprechung muss die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus in eine kritische Situation geführt haben, in der - was nach allgemeiner Lebenserfahrung aufgrund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist - die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache von bedeutendem Wert so stark beeinträchtigt war, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht. [...]. § 315c Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c StGB erfasst nur das Falschfahren an Fußgängerüberwegen im Sinne des § 26 StVO. Das sind allein die durch Zeichen 293 (Zebrastreifen) markierten Fahrbahnflächen [En10].

12 Unklare Verkehrslage am Fußgängerüberweg

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Menschliches Verhalten im Straßenverkehr ist vielschichtig. Das betrifft auch menschliches Fehlverhalten. Kommt es zu Verkehrsunfällen an oder auf Fußgängerüberwegen, dann stellt sich oftmals die Frage der Vermeidbarkeit. Das gilt auch für den Verkehrsteilnehmer, der sich verkehrsgerecht verhält. Die Richter des Landgerichts Arnsberg hatten 2017 über einen Verkehrsunfall zu entscheiden, der sich auf einem Fußgängerüberweg zwischen einem E-Bike-Fahrer und einem Pkw-Fahrer ereignete.

LG Arnsberg 2017: Zwar begründet § 26 Abs. 1 StVO als Ausnahmevorschrift den Vorrang der den Fußgängerüberweg Überquerenden vor dem fließenden Verkehr. Damit die Vorschrift auch auf den Kläger [E-Bike-Fahrer] Anwendung fände, müsste er vom persönlichen Schutzbereich der Vorschrift erfasst sein. Das ist aber gerade nicht der Fall. Vom persönlichen Schutzbereich des § 26 Abs. 1 StVO sind Fußgänger, Schieb- und Greifreifenrollstuhlfahrer, Krankenfahrstühle und Fußgänger erfasst, die ein Fahrrad mit sich führen. Wer den Fußgängerüberweg wie der Kläger fahrend auf einem Fahrrad überquert hat keinen Vorrang. Der eindeutige Wortlaut rechtfertigt keine andere Auslegung. Einen fahrenden Radfahrer kann auch keinem Fußgänger gleichgestellt werden. Ein Fußgänger bewegt sich im Durchschnitt bedeutend langsamer als ein Fahrradfahrer. Auch ist er weniger wendig. Das macht es für einen Autofahrer bedeutend schwieriger, rechtzeitig und angemessen auf ihn zu reagieren.

Aber:

Bereits zum Zeitpunkt, in dem der Kläger auf den Fußgängerüberweg auffuhr, um die Gegenfahrbahn [der Pkw-Fahrerin] zu überqueren, musste eine Reaktion [der Pkw-Fahrerin] erfolgen. Der Verstoß des [E-Bike-Fahrers], auch die Fahrbahn [der Pkw-Fahrerin] fahrenderweise auf dem Fußgängerüberweg zu kreuzen und das Missachten ihrer Bevorrechtigung, lag anhand des Vorverhaltens des [E-Bike-Fahrers] auf der Hand. Mit diesem Fehler musste die [Pkw-Fahrerin] nach dem Befahren des Fußgängerüberwegs durch den [E-Bike-Fahrer] in ihrer Gegenrichtung rechnen. Es wäre lebensfremd, anzunehmen, die [Pkw-Fahrerin] hätte erst dann auch auf den [E-Bike-Fahrer] reagieren müssen, als dieser ohne anzuhalten, auch die Mittelinsel überquerte und auf die Fahrbahn der Klägerin auffuhr. Ohne weitere Anhaltspunkte konnte sie nicht davon ausgehen, der [E-Bike-Fahrer] würde dort stoppen. Vielmehr entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der Kläger auch ihre Fahrspur ohne Halt überqueren würde. Diese weite Auffassung korreliert auch mit der sich an einen Fußgängerüberweg annähernden Pflicht, die unmittelbare Umgebung des Fußgängerüberwegs zu beobachten. Wenn die [Pkw-Fahrerin] den gesamten Fahrbahnraum ausreichend beachtet hätte, so hätte sie den [E-Bike-Fahrer] auch angesichts der Übersichtlichkeit der Unfallörtlichkeit bemerken und die entsprechenden Schlüsse ziehen müssen.

Die [Pkw-Fahrerin] durfte auch nicht auf ihre Bevorrechtigung vertrauen. Anhand des oben dargelegten eigenen Verkehrsverstoßes ist bereits fraglich, ob der Vertrauensgrundsatz überhaupt auf die [Pkw-Fahrerin] Anwendung findet. Der Vertrauensgrundsatz besagt, dass derjenige, der sich selbst verkehrsrichtig verhält, nicht vorsorglich auf alle möglichen Verkehrswidrigkeiten anderer Verkehrsteilnehmer einstellen muss, sondern mangels gegenteiliger Anhaltspunkte erwarten und sich darauf einstellen darf, dass andere Verkehrsteilnehmer die für sie geltenden Vorschriften beachten und den Verkehr nicht durch pflichtwidriges Verhalten gefährden.

Für den, der sich selbst verkehrswidrig verhält, gilt der Vertrauensgrundsatz nicht. Gleichzeitig gilt aber auch, dass der, der ein verkehrswidriges Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer erkennt oder Anhaltspunkte hierauf hindeuten, sich nicht auf den Vertrauensgrundsatz berufen kann. Das verkehrswidrige Befahren des Fußgängerüberwegs durch den [E-Bike-Fahrer] war für die [Pkw-Fahrerin] erkennbar, sodass sie ihr eigenes Fahrverhalten darauf anpassen musste [En11].

13 Quellen

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Endnote_01
Zahl der Woche: 70 Jahre Zebrastreifen:
https://www.umwelt.nrw.de/zahl-der-woche-70-jahre-zebrastreifen
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Endnote_02
Verhalten an Fußgängerfurten: OLG München, Endurteil vom 16.02.2022 - 10 U 6245/20
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Endnote_03
Verhaltenspflichten von Fahrzeugführern an Fußgängerüberwegen. OLG Stuttgart, Az.: 12 U 193/16, Urteil vom 04.04.2017
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Endnote_04
Verhalten an Fußgängerüberwegen: BGH, Urteil vom 08. Juni 1982 – VI ZR 260/80
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Endnote_05
Radfahrer müssen absteigen: LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 06.10.2016 - 2 S 8390/15
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Endnote_06
Kein „Vorrang“ auch für Radfahrer für ältere Kinder: OLG Celle, Urt. v. 11.10.2023 - 14 U 157/22
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Endnote_07
Wartepflicht des Fahrzeugführers an Fußgängerüberwegen: OLG Düsseldorf, Az: 5 Ss (OWi) 88/98 – (OWi) 51/98 I, Beschluss vom 31.03.1998
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Endnote_08
Wartepflicht des Fahrzeugführers. OLG Dresden – Az.: 7 U 568/14 – Beschluss vom 05.01.2015
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Endnote_09
Fußgängerverzicht auf seinen Vorrang muss eindeutig sein. BayObLG, Beschluss vom 19.09.2001 - 2 ObOWi 393/01
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Endnote_10
§ 315c StGB an Fußgängerüberwegen: BGH, Beschluss vom 21.05.2015 - 4 StR 164/15 - Beschluss vom 21. Mai 2015
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Endnote_11
Richtiges Verhalten in unklaren Situationen an Fußgängerüberwegen: LG Arnsberg, Urteil vom 07.03.2017 - 4 O 111/16
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