§ 30 StVO –
Umweltschutz und Sonntagsfahrverbot
Inhaltsverzeichnis:
01
Allgemeines 02 Bußgeldkatalog 2023 zu § 30
StVO 03 Sonntagsfahrverbot 04
Ferienfahrverbot für Lkw 05
Lärmverbot 06 Abgasbelästigung 07
Unnötiges Hin- und Herfahren 08
Unnötiges Hin- und Herfahren a. g. Ortschaften
09 Lärmbelästigung durch Motorräder 10
Autoposer 11 Quellen
01
Allgemeines
TOP
Bei dem § 30 der StVO,
in dem Aspekte des Umweltschutzes und Regelungen enthalten sind,
die das Sonn- und Feiertagsfahrverbot für Lkw betreffen, handelt
es sich um eine wortgewaltige Norm, die insgesamt 430 Wörter
umfasst. Die in der Norm enthaltenen Regelungen lassen sich wie
folgt überblickhaft darstellen:
Ergänzt werden diese
Regelungen durch Ausnahmen und natürlich auch durch die
Ferienreiseverordnung, die sich an die Fahrer und Halter von Lkw
mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t sowie Lkw
mit Anhängern richtet.
§ 30 StVO
(Umweltschutz, Sonn- und Feiertagsfahrverbot)
02 Bußgeldkatalog 2023 zu § 30 StVO
TOP
Die
Regelsätze im aktuellen Bußgeldkatalog 2024/25 können
geringfügig höher sein.
130612
Sie verursachten bei der Benutzung
des Fahrzeugs unnötigen Lärm. 80,00 Euro 130618
Sie verursachten bei der Benutzung des Fahrzeuges vermeidbare
Abgasbelästigungen. 80,00 Euro 130624 Sie
belästigten Andere durch unnützes Hin- und Herfahren mit dem
Fahrzeug innerhalb einer geschlossenen Ortschaft. 100,00 Euro
130600 Sie fuhren verbotswidrig an dem Sonntag/Feiertag
mit einem LKW mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5 t/LKW
mit Anhänger. 120,00 Euro 130603 Sie fuhren als
Halter verbotswidrig an dem Sonntag/Feiertag mit einem LKW mit
einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5 t/LKW
mit
Anhänger.
570,00 Euro 130606 Sie
ordneten an bzw. ließen zu, dass verbotswidrig an dem
Sonntag/Feiertag mit einem LKW mit einer zulässigen Gesamtmasse
über 7,5 t/LKW mit Anhänger gefahren wurde. 570,00 Euro
03 Sonntagsfahrverbot
TOP
Diesbezüglich heißt es im § 30 Abs. 3 StVO wie folgt:
(3) An
Sonntagen und Feiertagen dürfen in der Zeit von 0.00 bis 22.00
Uhr zur geschäftsmäßigen oder entgeltlichen Beförderung von
Gütern einschließlich damit verbundener Leerfahrten
Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5 t sowie
Anhänger hinter Lastkraftwagen nicht geführt werden.
Das
Sonntagsfahrverbot, auch als Feiertagsfahrverbot bezeichnet,
gilt an den Tagen, die enumerativ im § 30 Abs. 4 StVO aufgeführt
sind:
-
Neujahr
-
Karfreitag
-
Ostermontag
-
Tag der Arbeit (1. Mai)
-
Christi Himmelfahrt
-
Pfingstmontag
-
Fronleichnam, jedoch nur in
Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-Pfalz und im Saarland
-
Tag der Deutschen Einheit (3.
Oktober)
-
Reformationstag (31. Oktober) in
Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern,
Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein
und Thüringen
-
Allerheiligen (1. November),
jedoch nur in Baden-Württemberg, Bayern,
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland
-
1. und 2. Weihnachtstag.
Ausnahmen vom Sonntagsfahrverbot:
Ausnahmen vom Sonntagsfahrverbot können von den zuständigen
Straßenverkehrsbehörden erlassen werden. Die Sondergenehmigungen
sind mitzuführen und zuständigen Kontrollpersonen auf Verlangen
auszuhändigen. Das Sonntags-/Feiertagsfahrverbot gilt nicht für
die im § 30 Abs. 3 genannten Fahrzeuge.
§ 30 Abs. 3 StVO
04 Ferienfahrverbot für Lkw
TOP
Fahrverbote enthält auch die „Verordnung zur Erleichterung des
Ferienreiseverkehrs auf der Straße (Ferienreiseverordnung)“.
Danach
dürfen Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5
Tonnen sowie Lastkraftwagen mit Anhänger zur geschäftsmäßigen
oder entgeltlichen Beförderung von Gütern einschließlich damit
verbundener Leerfahrten auf den in Absatz 2 genannten Autobahnen
(Zeichen 330.1 der
Straßenverkehrs-Ordnung)
und den in Absatz 3 genannten Bundesstraßen an allen Samstagen
vom 1. Juli bis einschließlich 31. August eines Jahres jeweils
in der Zeit von 7.00 Uhr bis 20.00 Uhr nicht geführt werden.
Verordnung zur Erleichterung des Ferienreiseverkehrs auf der
Straße (Ferienreiseverordnung)
Für
Fehlverhalten sieht der Bußgeldkatalog 2023 folgende Regelsätze
vor:
501000
Sie fuhren mit dem Kraftfahrzeug
trotz des zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verkehrsverbotes auf
der Autobahn/Bundesstraße. 25,00 Euro 501600 Sie
fuhren mit dem Kraftfahrzeug länger als 15 Minuten trotz des zu
diesem Zeitpunkt bestehenden Verkehrsverbotes. 60,00 Euro
501606 Sie ließen zu bzw. ordneten an, dass mit dem
Kraftfahrzeug entgegen dem bestehenden Verkehrsverbot länger als
15 Minuten gefahren wurde. 150,00 Euro 503006
Sie haben die vorgeschriebenen Fracht- und Begleitpapiere nicht
mitgeführt oder auf Verlangen der zuständigen Person nicht
ausgehändigt. 10,00 Euro 504000 Sie haben die
Ausnahmegenehmigung nicht mitgeführt oder auf Verlangen der
zuständigen Person nicht ausgehändigt. 10,00 Euro
Hinweis:
Die Regelsätze im aktuellen Bußgeldkatalog 2024/25 können
geringfügig höher sein.
05 Lärmverbot
TOP
BGH 1976 Leitsatz:
Die Vorschrift des § 30 Abs. 1 Satz 2 StVO bezweckt nur den
Schutz vor unnötigem Lärm; sie verbietet das unnötige
Laufenlassen eines Fahrzeugmotors nicht aus sonstigen Gründen
des Umweltschutzes.
Unzweifelhaft enthält aber § 30 Abs. 1 Satz 2 StVO nur eine
beispielhafte Konkretisierung des sich aus Satz 1 ergebenden
allgemeinen Verbotes des unnötigen Lärmens bei der Benutzung von
Fahrzeugen
(...). Dafür sprechen die Stellung des Satzes 2 und das Wort
„insbesondere“.
Ob schon ein leises Leerlaufgeräusch
einen Lärm im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 2 StVO darstellt,
bleibt der Beurteilung des Tatrichters vorbehalten. Dabei wird
er neben der vom Fahrzeugmotor verursachten Geräuschentwicklung
Umfang und Intensität des übrigen Fahrverkehrs, den Ort, an dem
der Lärm entsteht (z.B. Wohngegend), den Zeitpunkt (Tages- oder
Nachtzeit, hier etwa 5.00 Uhr morgens), sowie die Zeitdauer des
Geräusches (hier 15 Minuten) einer Gesamtbeurteilung zu Grunde
zu legen haben. Es ist also die gesamte Geräuschkulisse zu
berücksichtigen [En01].
06 Abgasbelästigung
TOP
Gemäß § 30
Abs. 1 Satz 1 StVO sind bei der Benutzung von Fahrzeugen
unnötiger Lärm und vermeidbare Abgasbelästigungen verboten. Die
Vorschrift dient dem Umweltschutz und bezweckt die Eindämmung
von Verkehrslärm. Sie soll die Bevölkerung vor den schädlichen
Umwelteinwirkungen, die von dem Betrieb des hohen Bestandes an
Kraftfahrzeugen, insbesondere in Ballungszentren ausgehen,
schützen [En02].
Motoren
dürfen nicht unnötig laufen gelassen werden, vielmehr sind alle
motorisierten Verkehrsteilnehmer, die ein Fahrzeug mit einem
Verbrennungsmotor fahren, dazu angehalten, eine unnötige
Belästigung durch Lärm oder vermeidbare Abgase zu verhindern.
Wer dagegen verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und
riskiert ein Bußgeld von 80 Euro.
Auch das
Warmlaufenlassen auf dem eigenen Grundstück ist bußgeldbewehrt,
denn die jeweiligen Landesimmissionsschutzgesetze lassen das
nicht zu. Das gilt auch für das Eiskratzen im Winter. Im Übrigen
schadet das Warmlaufenlassen eines Motors dem Motor.
Warten
bei Kälte im Stau: Die Regelungen zum Laufenlassen des Motors
sind nicht eindeutig, insoweit kann davon ausgegangen werden,
dass bei extremen Wetterlagen wie starker Kälte oder Hitze ein
unnötiges Laufenlassen des Motors als bußgeldbewehrtes Verhalten
wohl daran scheitert, dass die Heizung oder die Klimaanlage
nicht unnötig in Betrieb, sondern zur Abwehr gesundheitlicher
Gefahren wie Unterkühlung oder Überhitzung eingeschaltet wird.
Hinweis:
Auch beim Warten im Stau oder an einer geschlossenen
Bahnschranke sowie beim Halten sollte immer den Motor
ausschaltet werden, wenn das sinnvoll erscheint.
07 Unnötiges Hin- und Herfahren
TOP
Im § 30 Abs. 1 StVO heißt es:
Bei der Benutzung von Fahrzeugen sind unnötiger Lärm und
vermeidbare Abgasbelästigungen verboten. Es ist insbesondere
verboten, Fahrzeugmotoren unnötig laufen zu lassen und
Fahrzeugtüren übermäßig laut zu schließen. Unnützes Hin- und
Herfahren ist innerhalb geschlossener Ortschaften verboten, wenn
Andere dadurch belästigt werden.
1974
hatten die Richter des OLG Hamm über den Fahrer eines
Kleinkraftrades zu entscheiden, der mit seinem Kleinkraftrad
etwa acht- bis zehnmal auf der Straße hin und hergefahren war
und wiederholt stark abgebremst hatte, so dass die Reifen des
Kleinkraftrades laut quietschten.
Unnötiges Hin- und Herfahren:
Diesbezüglich heißt es in dem Beschluss wie folgt:
OLG Hamm 1974:
Unnützes Hin- und Herfahren: Damit ist ein Verstoß gegen § 30
Abs. 1 Satz 3 StVO gemeint. Er setzt voraus, dass andere dadurch
belästigt wurden, wobei die Belästigung nach dem Wortlaut der
Vorschrift (...)
nach
ganz herrschender Meinung, der sich der Senat anschließt,
konkreter Art sein muss (...). Das Amtsgericht hat keine
Belästigung anderer Verkehrsteilnehmer, sondern von Anwohnern
festgestellt. Das ist ausreichend. Die Belästigten brauchen
nicht notwendig Verkehrsteilnehmer zu sein (....). Allerdings
hat der Betroffene die Belästigung nicht unmittelbar durch das
Hin- und Herfahren, sondern durch die dabei verursachten
Geräusche ausgelöst. Dieser Gesichtspunkt steht aber der
Anwendung des § 30 Abs. 1 Satz 3 StVO nicht entgegen.
Lärmbelästigung:
Häufig, nämlich beim Fahren mit Kraftfahrzeugen, wird das Hin-
und Herfahren innerhalb einer geschlossenen Ortschaft gerade
wegen des damit verbundenen Lärmes belästigend sein.
Möglicherweise war dieser Gesichtspunkt der Grund, warum der
Gesetzgeber dieses Verbot schließlich doch in den in erster
Linie dem Lärmschutz dienenden § 30 StVO aufgenommen hat (...).
Es ist jedenfalls kein wirklich überzeugender Grund ersichtlich,
der es nicht zulassen würde, auch eine Geräuschbelästigung, die
gerade durch das Hin- und Herfahren verursacht wird, unter § 30
Abs. 1 Satz 3 StVO einzuordnen. [denn] eine Belästigung durch
solchen Lärm [der durch unnützes Hin- und Herfahren verbunden
ist] schließt die Anwendung des § 30 Abs. 1 Satz 3 jedenfalls
nicht aus. Auch
Jagusch
(...)
geht
davon aus, dass die Bestimmung sich auch auf Fahrgeräusche als
Belästigungsgrund bezieht.
An
anderer Stelle:
Keiner der beiden
Tatbestände [Hin- und Herfahren und Lärmbelästigung] ist
gegenüber dem anderen subsidiär oder im Verhältnis zu ihm ein
Spezialgesetz (...). Das gilt selbst dann, wenn man mit dem
Senat davon ausgeht, dass der Tatbestand des Satzes 3 auch
erfüllt ist, wenn die dafür erforderliche konkrete Belästigung
durch Geräusche, die beim Hin- und Herfahren gemacht werden,
verursacht wird, so dass zugleich der Tatbestand des Satzes 1
gegeben ist. Denn diese Folge ist weder zwangsläufig noch auch
nur die Regel. Das Hin- und Herfahren kann ohne Geräusche zur
Belästigung anderer führen. Andererseits kann es zu störenden
und belästigenden Fahrzeuggeräuschen auch ohne unnützes Hin- und
Herfahren kommen. Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass
die Tatbestände des § 30 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 tateinheitlich
begangen werden können und im Falle des Betroffenen auch
begangen worden sind.
An
anderer Stelle:
Im
Verhältnis zu § 30 Abs. 1 Satz 3 StVO entfällt allerdings eine
tateinheitliche Verurteilung nach § 1 Abs. 2 StVO, weil die
zuerst genannte Bestimmung schon eine konkrete Belästigung
beinhaltet
[En03]
08 Unnötiges Hin- und Herfahren a. g.
Ortschaften
TOP
§ 30 der
Straßenverkehrsordnung (StVO) schreibt den Verkehrsteilnehmern
vor: „Unnützes Hin- und Herfahren ist innerhalb geschlossener
Ortschaften verboten, …“. In Anlehnung an ein Urteil des
Bayerischen
Obersten
Landgerichts (BayObLG)
aus dem Jahr 2000 gilt dieses Verbot auch außerhalb
geschlossener Ortschaften. Anlass für diese Entscheidung war das
Verhalten eines Motorradfahrers, dem vorgeworfen wurde, in
kurzen Abständen mindestens viermal hin- und hergefahren zu
sein, um eine Kurve zu durchfahren.
BayObLG
2000:
Die
Regelung in § 30 Abs. 1 Satz 3 StVO, nach der das unnütze Hin-
und Herfahren innerhalb geschlossener Ortschaften verboten ist,
wenn andere dadurch belästigt werden, bedeutet nicht, dass
außerhalb geschlossener Ortschaften jedes vermeidbare Hin- und
Herfahren, durch das andere belästigt werden, erlaubt ist
[En04].
09 Lärmbelästigung durch Motorräder
TOP
In einem
Rechtsgutachten zur Situation um den Motorradlärm an der
Hauptstraße in Altenberg Odenthal am Rösberg, erstellt von
Professor Dr. Thomas Bode aus dem Jahr 2021, heißt es zur
Lärmbelästigung wie folgt:
Professor Bode:
Ein sicherer Hinweis für unnötigen Lärm ist aber gegeben, wenn
der Lärm vermeidbar ist. Dies kann man belegen, wenn der Lärm
nach dem Stand der Technik vermeidbar ist. § 49 Satz 1 StVZO mit
§ 38
BImSchG
legt insoweit fest, dass Kraftfahrzeuge so beschaffen sein
müssen, dass „die Geräuschentwicklung das nach dem Stand der
Technik unvermeidbare Maß nicht übersteigt“.
Der
Einsatz von PKW oder
MOT,
die 10 oder 13 dB lauter als der der Durchschnitt sind, kann
danach ohne weiteres als nicht dem Stand der Technik
entsprechend angesehen werden. Das Fahrzeug ist dann entweder
manipuliert, beschädigt oder wird vorschriftswidrig unnötig laut
bewegt, da es im Normalzustand leiser fahren können müsste.
Viele aktuelle Modelle
sind schon zu laut zugelassen, insgesamt sind es rund 20 Prozent
der Motorräder.
Lärmbelästigung:
Nach der
Rspr.
liegt unnötiger Lärm vor bei einem Hochjagen des Motors im
Leerlauf bzw. beim Fahren in niedrigen Gängen sowie bei einer
unnötig schnellen Beschleunigung, insbes. beim Anfahren (...).
Abhängig von den mit einer Fahrt im Einzelfall verbundenen
Geräuschen kann auch bei Fahrten mit zu hohen Geschwindigkeiten,
vor allem in Kurven als ein Verstoß gegen Abs. 1 S. 1 angenommen
werden, wenn damit Geräusche, wie etwa Reifenquietschen,
verbunden sind, die bei ordnungsgemäßer Fahrt nicht entstehend
würden. Diese Geräusche müssen nicht durch bestimmte Messgeräte
gemessen werden: „Ob die Grenze der Zumutbarkeit im konkreten
Einzelfall überschritten wird, muss nicht durch eine
lärmtechnische Messung ermittelt werden (zur entsprechenden
Heranziehung von Immissionsgrenzwerten siehe unten), sondern es
können Zeugenaussagen genügen (...). Es ist eine
Gesamtbeurteilung unter Berücksichtigung von
Einzelfallumständen, wie zum Beispiel der Tageszeit, dem
Fahrzeugstandort einschließlich der vorhandenen Geräuschkulisse
und dem Gebietscharakter vorzunehmen (...).
An
anderer Stelle:
Die in §
30 Abs. 1 StVO enthaltenen Verbote knüpfen dabei nicht an die
Beschaffenheit des Fahrzeugs, sondern an ein Verhalten des
Fahrzeugführers an (...). Die genannte Vorschrift stellt keine
technischen Anforderungen an das Fahrzeug (...). Ein Verstoß
gegen § 30 Abs. 1 StVO kann deshalb auch dann vorliegen, wenn
das Fahrzeug zum Verkehr nach § 1 StVG zugelassen ist,
insbesondere also über eine gültige Betriebserlaubnis im Sinne
der §§ 19 ff. StVZO nach nationalem Recht, einer
Einzelgenehmigung oder EG-Typengenehmigung nach europäischem
Recht verfügt
[En05].
10 Autoposer
TOP
Bei
Autoposern handelt es sich um Fahrzeugführer, die im
Stadtverkehr auffallend prahlerisch mit einem leistungsstarken
oder unzulässig getunten Auto unnötig Runden dreht und eine
erhebliche Lärmbelästigung verursacht. In der Entscheidung ging
es nicht nur um die Frage einer vorwerfbaren Lärmbelästigung,
sondern auch um die Frage, der Zulässigkeit einer
Unterlassungsverfügung für solch ein Fahrverhalten in der
Zukunft zum Zweck der Gefahrenabwehr. Diesbezüglich heißt es in
einem Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe aus dem Jahr 2018
wie folgt:
VG
Karlsruhe 2018:
Die Voraussetzungen der §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 3
PolG
i.V.m. § 30 Abs. 1 StVO liegen vor.
Entsprechend dieser Vorschriften
haben die Straßenverkehrs- bzw. Polizeibehörden (u.a.)
die
Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren
abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit bedroht wird,
und Störungen der öffentlichen Sicherheit zu beseitigen, soweit
es im öffentlichen Interesse geboten ist (...). Dabei haben sie
zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben innerhalb der durch das Recht
gesetzten Schranken diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihnen
nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen (...).
Lärmbelästigung:
Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1
StVO sind bei der Benutzung von Fahrzeugen unnötiger Lärm und
vermeidbare Abgasbelästigungen verboten. Die Vorschrift dient
dem Umweltschutz und bezweckt die Eindämmung von Verkehrslärm.
Sie soll die Bevölkerung vor den schädlichen Umwelteinwirkungen,
die von dem Betrieb des hohen Bestandes an Kraftfahrzeugen,
insbesondere in Ballungszentren ausgehen, schützen (...).
Unnötig ist eine
Lärmbelästigung, die bei der Benutzung des Fahrzeugs über das
bei sachgerechter Nutzung notwendige Maß hinaus entsteht. Das
Verbot gilt bereits dann, wenn die abstrakte Gefahr von
Beeinträchtigungen anderer besteht, ohne dass die konkrete
Beeinträchtigung bestimmter Personen festgestellt werden müsste.
Maßgeblich ist insoweit, ob die konkrete Beeinträchtigung die
Schwelle der Zumutbarkeit überschreitet (...).
Ob die
Grenze der Zumutbarkeit im konkreten Einzelfall überschritten
wird, muss nicht durch eine lärmtechnische Messung ermittelt
werden (zur entsprechenden Heranziehung von
Immissionsgrenzwerten siehe unten), sondern es können
Zeugenaussagen
genügen
(...). Es ist eine Gesamtbeurteilung unter Berücksichtigung von
Einzelfallumständen, wie zum Beispiel der Tageszeit, dem
Fahrzeugstandort einschließlich der vorhandenen Geräuschkulisse
und dem Gebietscharakter vorzunehmen (...).
Anderer
Stelle:
In der Regel treten
zusammen mit unnötigen Lärmbelästigungen, insbesondere im Fall
des Hochjagens des Motors im Leerlauf, beim hochtourigen Fahren
in niedrigen Gängen und dem unnötig schnellen Beschleunigen des
Fahrzeugs, auch vermeidbare Abgasbelästigungen im Sinne von § 30
Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StVO auf (...).
Die in §
30 Abs. 1 StVO enthaltenen Verbote knüpfen dabei nicht an die
Beschaffenheit des Fahrzeugs, sondern an ein Verhalten des
Fahrzeugführers an (...). Ein Verstoß gegen § 30 Abs. 1 StVO
kann deshalb auch dann vorliegen, wenn das Fahrzeug zum Verkehr
nach § 1
StVG
zugelassen ist, insbesondere also über eine gültige
Betriebserlaubnis im Sinne der §§ 19 ff. StVZO nach nationalem
Recht, einer Einzelgenehmigung oder EG-Typengenehmigung nach
europäischem Recht verfügt.
Ist das
Fahrzeug aber zum öffentlichen Verkehr zugelassen bzw. verfügt
es über eine gültige Betriebserlaubnis, kann für sich genommen
in der sachgemäßen Nutzung bzw. dem
Inbetriebsetzen
des Fahrzeugs kein Verstoß gegen § 30 Abs. 1 StVO liegen. Die
Benutzung des Fahrzeugs kann im Hinblick auf § 30 Abs. § 1 StVO
beispielsweise nicht deshalb beanstandet werden, weil ein
Fahrzeug benutzt werden könnte, das weniger Lärm oder Abgase
verursacht (...).
Unter Berücksichtigung
dieser Grundsätze hat der Kläger in der Vergangenheit wiederholt
unnötigen Lärm sowie vermeidbare Abgasbelästigungen verursacht
und damit mehrfach gegen § 30 Abs. 1 Satz 1 StVO verstoßen.
Unterlassungsverfügung:
Die nach [Polizeirecht]
erforderliche konkrete Gefahr als Voraussetzung für die von der
Beklagten erlassene Untersagungsverfügung liegt vor.
Eine konkrete Gefahr ist
dann gegeben, wenn auf Grund eines bestimmten einzelnen
Sachverhalts in der Vergangenheit, d. h. aufgrund einer
konkreten Sachlage oder eines konkreten Verhaltens mit
hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass es
zu weiteren Verstößen gegen die öffentlichen Sicherheit und
Ordnung kommt. Der Eintritt weiterer Verstöße braucht nicht mit
Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße
Möglichkeit ihres Eintritts nicht ausreichend. Der erforderliche
Grad der Wahrscheinlichkeit ist dabei abhängig vom Rang des
Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des
polizeilichen Schutzgutes (...).
Ausgehend von diesen
Grundsätzen besteht eine konkrete Gefahr. Der Kläger hat in der
Vergangenheit wiederholt gegen § 30 Abs. 1 Satz 1 StVO als Teil
der geschriebenen Rechtsordnung und damit gegen die öffentliche
Sicherheit verstoßen. Aufgrund dieser konkreten
Tatsachengrundlage ist die Prognose der Beklagten, dass der
Kläger mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auch zukünftig gegen
§ 30 Abs. 1 Satz 1 StVO verstoßen werde, nicht zu beanstanden.
Das gilt umso mehr als mit Blick auf die von der genannten
Vorschrift geschützten Rechtsgüter - Umweltschutz, Eindämmung
von Verkehrslärm, Schutz der Bevölkerung vor schädlichen
Umwelteinwirkungen - an die Gefahrenprognose keine allzu hohen
Anforderungen gestellt werden dürfen.
Die
konkrete Gefahr besteht auch im für die Beurteilung der
Sach-
und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung
fort.
Schließlich hat die Beklagte [Polizeibehörde] von dem ihr
entsprechend
[...]
eingeräumten
Ermessen pflichtgemäß, nämlich entsprechend dem Zweck der
genannten Ermächtigung und unter Beachtung der gesetzlichen
Grenzen (...), Gebrauch gemacht. Es ist nicht zu beanstanden,
dass sich die Beklagte entschlossen hat, die
Untersagungsverfügung gegenüber dem Kläger zu erlassen [En06]
11 Quellen
TOP
Endnote_01 Lärm-
und Umweltschutz: BGH, Beschluss vom 06.05.1976 – 4 StR 344/75
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Endnote_02
Autoposer: VG Karlsruhe, Urteil vom 17.12.2018 - 1 K 4344/17
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Endnote_03 Unnützes
Hin- und Herfahren – Lärmbelästigung: OLG Hamm, Beschluss vom
14.06.1974 – 3 Ss (OWi) 409/74 Zurück
Endnote_04
Unnötiges Hin- und Herfahren außerhalb geschlossener
Ortschaften: BayObLG, Urteil vom 28.11.2000 – 2 ObOWi 410/00
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Endnote_05
Rechtsgutachten zur Situation um den Motorradlärm an der
Hauptstraße Altenberg Odenthal am Rösberg von Professor Dr.
Thomas Bode vom 20. Oktober 2021:
https://motorradlaerm.de/wp-content/uploads/
2022/11/Gutachten-AltenbergBode-2021.pdf
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Endnote_06 Autoposer: VG Karlsruhe, Urteil vom
17.12.2018 - 1 K 4344/17 Zurück
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