§ 7 StVO - Benutzung von
Fahrstreifen durch Kraftfahrzeuge
Inhaltsverzeichnis:
01 Ziel
und Zweck der Vorschrift 02 Abweichen vom
Rechtsfahrgebot 03 Schneller rechts als
links fahren – rechts überholen 04
Annäherung an eine Fahrzeugschlange 05
Fahrstreifenbenutzung durch Fahrzeuge mit mehr als 3,5 t
06 Drei und fünf Fahrstreifen für beide Richtungen
07 Vier- und und sechsstreifige Fahrbahnen für
beide Richtungen 08 Drei Fahrstreifen
außerhalb geschlossener Ortschaften 09
Fahrstreifenwahl bei Verkehrsdichte 10
Lücken innerhalb von Fahrzeugkolonnen 11
Äußerste Vorsicht – Schulterblick 12
Reißverschlussverfahren 13 Ausscheren
erfordert immer äußerste Sorgfalt 14 Eine
Gefährdung muss ausgeschlossen sein 15
Spurenwechsel und Anscheinsbeweis 16
Spurenwechsel auf Autobahnen 17
Rechtsüberholen auf Autobahnen 18
Beschleunigungsstreifen/Einfädelungsspur 19
Zu beachtende Grundregel
01
Ziel und Zweck der Vorschrift
TOP
Die Vorschrift dient dem
Zweck, den fließenden Verkehr vor einer Gefährdung durch
Fahrstreifenwechsler zu schützen. Die Norm betrifft lediglich
den Fahrverkehr.
BGH 2022:
Im Rahmen des § 7 Abs. 5 Satz 1 StVO ist „anderer
Verkehrsteilnehmer“ nur ein Teilnehmer des fließenden Verkehrs,
also nicht der vom Fahrbahnrand An- und in den fließenden
Verkehr Einfahrende.
BGH, Urteil
vom 08.03.2022 - VI
ZR
1308/20
Da der §
7 Abs. 5 StVO für alle im § 7 StVO aufgeführten Regelungen gilt,
kann auch dort nur der Fahrverkehr gemeint sein.
In jedem
Fall wird von einem Fahrstreifenwechsler ein Höchstmaß an
Sorgfaltspflicht eingeforderet, die alle Arten des
Nebeneinanderfahrens betrifft.
In allen
Fällen, die von der Vorschrift erfasst sind, darf es ausweislich
des Gesetzestextes nicht zu Gefährdungen kommen.
§ 7
Abs. 5 StVO
(5) In
allen Fällen
darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine
Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Jeder
Fahrstreifenwechsel ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen;
dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen.
Die
zulässige Abweichung vom Rechtsfahrgebot und die freie
Fahrstreifenwahl gilt innerhalb geschlossener Ortschaften für
alle Arten von Kraftfahrzeugen bis zu 3,5 t.
In
Anlehnung an die ständige Rechtsprechung ist das Rechtsüberholen
auch auf Autobahnen und autobahnähnlich ausgebauten Straßen
zulässig, wenn sich auf allen Fahrstreifen für eine Richtung
Fahrzeugschlangen gebildet haben. Mehr dazu an anderer Stelle.
§ 7 StVO
(Benutzung von Fahrstreifen durch Kraftfahrzeuge)
Ordnungswidriges Verhalten:
§ 49 StVO enthält keine Regelung, die Fehlverhalten im Sinne von
§ 7 Abs. 1 sowie Abs. 2 und 2a als Ordnungswidrigkeiten
ausweist.
Lediglich das in den folgenden Absätzen des § 7 StVO aufgeführte
Fehlverhalten erfüllt den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit.
Dazu gehört dann natürlich auch jeder Fahrstreifenwechsel, durch
den ein anderer gefährdet wird, siehe § 7 Abs. 5 StVO.
Dort
heißt es:
(5) In
allen Fällen darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn
eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.
Jeder Fahrstreifenwechsel ist rechtzeitig und deutlich
anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen.
Hinweis:
Der Fahrspurwechsel im Straßenverkehr ist eine der häufigsten
Unfallursachen. Deswegen sieht das Gesetz in der
Straßenverkehrsordnung (StVO) in § 7 Abs. 5 S. 1 StVO die
bereits oben mitgeteilte Regelung vor, dass es zu Gefährdungen
und erst recht nicht zu Verkehrsunfällen kommen darf,
vorausgesetzt, dass es sich um unabwendbares Verhalten gehandelt
hat:
LG Bonn 2013:
Unabwendbar im Sinne dieser Vorschrift ist ein Unfallereignis
dann, wenn es auch durch äußerste Sorgfalt nicht abgewendet
werden kann. Dazu gehört sachgemäßes, geistesgegenwärtiges
Handeln über den gewöhnlichen und persönlichen Maßstab hinaus,
gemessen an den durchschnittlichen Fähigkeiten eines
„Idealfahrers“.
LG Bonn,
Urteil vom 22.02.2013 - 18 O 354/10
Auch
wenn ein Fahrzeugführer beim Fahrstreifenwechsel angibt, sich
verschätzt zu haben, entlastet ihn das nicht. Den nachfolgenden
Tatbestandsnummern des Bußgeldkataloges kann entnommen werden,
welche ausschließlich von § 7 Abs. 5 StVO geregelten
Fehlverhalten mit Bußgeld bedroht sind:
107100 Sie wechselten den Fahrstreifen und gefährdeten
dabei Andere. § 7 Abs. 5, § 49 StVO; § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG;
31 BKat 30 Euro
107101 Sie wechselten den Fahrstreifen und verursachten
dabei einen Unfall. § 7 Abs. 5, § 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 Abs.
1, 3 Nr. 5 StVG; 31.1 BKat; § 19 OWiG 35,00 Euro
107106 Sie wechselten den Fahrstreifen, ohne dies
rechtzeitig und deutlich anzukündigen. § 7 Abs. 5, § 49
StVO; § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG; 29 BKat 10,00 Euro
Diese
Regelungen finden auch dann Anwendung, wenn es sich um
Fehlverhalten handelt, das in den Absätzen 1, 2 und 2a des § 7
StVO geregelt sind, vorausgesetzt, dass es dadurch mindestens zu
einer Gefährdung gekommen ist. Die nicht bußgeldbewehrten
Verhaltensvorschriften, die im § 7 Abs. 1 bis 2a StVO genannt
sind, werden im Folgenden thematisiert.
02 Abweichen vom Rechtsfahrgebot
TOP
Im § 7
Abs. 1 StVO heißt es:
(1) Auf
Fahrbahnen mit mehreren
Fahrstreifen
für eine Richtung dürfen Kraftfahrzeuge von dem
Gebot möglichst
weit rechts zu fahren
(§ 2 Absatz 2) abweichen, wenn die Verkehrsdichte das
rechtfertigt. Fahrstreifen ist der Teil einer Fahrbahn, den ein
mehrspuriges Fahrzeug zum ungehinderten Fahren im Verlauf der
Fahrbahn benötigt.
Fahrstreifen:
In der Regel sind Straßen mit mehreren Fahrspuren in einer
Richtung, auf denen, wenn auch nur zu gewissen Zeiten, mit
starkem Verkehrsaufkommen zu rechnen ist, die Fahrstreifen durch
Leitlinien (Zeichen 340) markiert.
Zeichen 340
Ge-
oder Verbot 1. Wer ein Fahrzeug führt, darf Leitlinien
nicht überfahren, wenn dadurch der Verkehr gefährdet wird. 2.
Wer ein Fahrzeug führt, darf auf der Fahrbahn durch Leitlinien
markierte Schutzstreifen für den Radverkehr nur bei Bedarf
überfahren, insbesondere um dem Gegenverkehr auszuweichen. Der
Radverkehr darf dabei nicht gefährdet werden. 3. Auf durch
Leitlinien markierten Schutzstreifen für den Radverkehr darf
nicht gehalten werden. Satz 1 gilt nicht für Fahrräder und
Elektrokleinstfahrzeuge im Sinne der eKFV.
Maßgeblich für das Vorhandensein von zwei Fahrstreifen für eine
Richtung ist jedoch die von einem mehrspurigen Fahrzeug
benötigte Breite. Das bedeutet, dass der Raum, der von einem
Krad benötigt wird, nicht als ein Fahrstreifen anzusehen ist.
Innerorts:
Stehen innerorts zwei, durch Zeichen 340 oder 296 StVO markierte
Fahrstreifen für eine Fahrtrichtung zur Verfügung, können
Fahrzeugführer, die ein Kraftfahrzeug bis 3,5 t führen, den
Fahrstreifen frei wählen. Fahrzeuge ab 3,5 t haben den rechten
Fahrstreifen zu benutzen.
Zeichen 296
Ge- oder Verbot
1. Wer ein Fahrzeug führt, darf die
durchgehende Linie nicht überfahren oder auf ihr fahren.
2. Wer ein Fahrzeug führt, darf nicht
auf der Fahrbahn parken, wenn zwischen dem parkenden Fahrzeug
und der durchgehenden Fahrstreifenbegrenzungslinie kein
Fahrstreifen von mindestens 3 m mehr verbleibt.
3. Für Fahrzeuge auf dem Fahrstreifen
B ordnet die Markierung an:
Fahrzeuge auf dem Fahrstreifen B
dürfen die Markierung überfahren, wenn der Verkehr dadurch nicht
gefährdet wird.
03 Schneller recht als links fahren – rechts
überholen
TOP
§ 7
Abs. 2 StVO:
(2) Ist der Verkehr so dicht, dass sich auf den Fahrstreifen für
eine Richtung
Fahrzeugschlangen
gebildet haben, darf
rechts schneller als links gefahren
werden.
Fahrzeugschlange:
An die Länge einer Fahrzeugschlange sind keine hohen
Anforderungen zu richten. Es reicht aus, wenn drei oder mehr
Fahrzeuge hintereinanderstehen oder mit Mindestabstand fahren.
Hinsichtlich der Schlangenbildung bei mehr als zwei Fahrstreifen
für eine Richtung reicht es aus, dass sich auf dem dritten
Fahrstreifen oder weiteren, sich dem Eindruck nach eine
Fahrzeugschlange gebildet hat.
Rechts schneller als links fahren:
Was sich der Verordnungsgeber bei dieser sprachlichen
Unterscheidung gedacht hat, vermag ich nicht nachzuvollziehen,
zumal verkehrsbedingt haltende Fahrzeuge immer überholt werden.
BGH 2016:
Leitsatz: 1. Das Tatbestandsmerkmal des Überholens wird auch
durch ein Vorbeifahren von hinten an sich in derselben Richtung
bewegenden oder verkehrsbedingt haltenden Fahrzeugen
verwirklicht, das unter Benutzung von Flächen erfolgt, die nach
den örtlichen Gegebenheiten zusammen mit der Fahrbahn einen
einheitlichen Straßenraum bilden.
BGH,
Beschluss vom 15. September 2016 - 4 StR 90/16
Dieses
Vorstellungsbild verwendet der Verordnungsgeber wieder im
folgenden Absatz:
§ 7
Abs. 2a StVO
(2a)
Wenn
auf der Fahrbahn für eine Richtung eine Fahrzeugschlange auf dem
jeweils linken Fahrstreifen steht oder langsam fährt, dürfen
Fahrzeuge diese mit geringfügig höherer Geschwindigkeit und mit
äußerster Vorsicht rechts überholen.
Wie dem
auch immer sei. Nach der hier vertretenen Rechtsauffassung
dürfte es zulässig sein, aus § 7 StVO drei zulässige Fälle des
Rechtsüberholens abzuleiten.
Die
drei Fälle zulässigen Überholens:
Schlangenbildung auf gleichberechtigten Fahrstreifen, § 7 Abs. 2
StVO
Schlangenbildung auf linkem Fahrstreifen, dann darf rechts
schneller gefahren (überholt) werden, § 7 Abs. 2a StVO
Innerhalb geschlossener Ortschaften mit mehreren markierten
Fahrstreifen für eine Richtung erlaubt es Fahrzeugführern mit
Fahrzeugen bis zu 3,5 t, rechts schneller, als links zu fahren.
Formel:
Rechts überholt im fließenden Verkehr, wer rechts schneller als
links fährt. Oder: Wer rechts schneller als links fährt,
überholt.
04 Annäherung an eine Fahrzeugschlange
TOP
Wie sich
Fahrzeugführer zu verhalten haben, wenn sie sich auf einer
mehrspurigen Straße einer Fahrzeugschlange nähern, kann dem
folgenden Zitat aus einem Urteil des OLG Celle entnommen werden.
OLG Celle 2007:
1. Nähert sich ein Fahrzeugführer bei einer
zwei-
oder mehrspurigen Straße einer auf seiner Fahrspur langsam
fahrenden oder stehenden Fahrzeugschlange, so hat er bei einem
Fahrstreifenwechsel zum Zweck des Überholens ebenso die
Vorschrift des § 7 StVO zu beachten wie ein PKW-Fahrer, der mit
seinem Wagen aus der Fahrzeugschlange heraus auf den linken
Fahrstreifen wechseln will.
2. In
einer derartigen Verkehrssituation ist sorgfältig anhand der
Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob gegenüber dem vorderen,
aus der Fahrzeugschlange ausscherenden PKW-Fahrer ein
Anscheinsbeweis hinsichtlich der Nichtbeachtung der
Sorgfaltsanforderungen des § 7 Abs. 5 StVO spricht. Die
Voraussetzungen für die Anwendung der Grundsätze des
Anscheinsbeweises sind nicht erfüllt, wenn der Überholende z. B.
den Fahrstreifenwechsel abrupt und mit unverminderter -
situationsbezogen zu hoher - Geschwindigkeit vornimmt.
OLG
Celle, Urteil vom 19.12.2007 - 14 U 106/07
05 Fahrstreifenbenutzung durch Fahrzeuge mit
mehr als 3,5 t
TOP
Diesbezüglich heißt es im § 7 Abs. 3 StVO wie folgt:
§ 7
Abs. 3 StVO (3) Innerhalb geschlossener Ortschaften –
ausgenommen auf Autobahnen (Zeichen 330.1) – dürfen
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 3,5 t auf
Fahrbahnen mit mehreren markierten Fahrstreifen für eine
Richtung (Zeichen 296 oder 340) den Fahrstreifen frei wählen,
auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 nicht
vorliegen. Dann darf rechts schneller als links gefahren werden.
Auch bei
dieser Vorschrift handelt es sich nur dann um eine
bußgeldbewehrte Vorschrift, wenn es dabei – im Sinne von § 7
Abs. 5 StVO – zu einer Gefährdung kommt. Ansonsten ist die
Missachtung der Regelung im § 7 Abs. 3 StVO weder im § 49 StVO
(Ordnungswidrigkeiten), noch in den Tatbestandsnummern des
Bußgeldkataloges als ein verfolgungswürdiges Fehlverhalten
ausgewiesen.
§ 49
StVO (Ordnungswidrigkeiten)
06 Drei und fünf Fahrstreifen für beide
Richtungen
TOP
Im
Gegensatz zu den vorausgehenden Absätzen des § 7 StVO sind die
im Absatz 3a benannten Fehlverhalten bußgeldbewehrt, siehe § 49
Abs. 1 Nr. 7 StVO.
§ 49
StVO (Ordnungswidrigkeiten)
Das mit
bußgeldbewehrte Fehlverhalten wird im § 7 Abs. 3a StVO wie folgt
beschrieben:
§ 7
Abs. 3 a StVO (3a) Sind auf einer Fahrbahn für beide
Richtungen insgesamt drei Fahrstreifen durch Leitlinien (Zeichen
340) markiert, dann dürfen der linke, dem Gegenverkehr
vorbehaltene, und der mittlere Fahrstreifen nicht zum Überholen
benutzt werden. Dasselbe gilt für Fahrbahnen, wenn insgesamt
fünf Fahrstreifen für beide Richtungen durch Leitlinien (Zeichen
340) markiert sind, für die zwei linken, dem Gegenverkehr
vorbehaltenen, und den mittleren Fahrstreifen. Wer nach links
abbiegen will, darf sich bei insgesamt drei oder fünf
Fahrstreifen für beide Richtungen auf dem jeweils mittleren
Fahrstreifen in Fahrtrichtung einordnen.
Die Höhe
der Bußgeldandrohungen, siehe folgende Tatbestandsnummern im
Bußgeldkatalog TBNR), machen deutlich, dass es sich dabei um
geringfügige Verkehrsverstöße handelt, die vor Ort mit einem
Verwarnungsgeld geahndet werden können, soweit es dabei nicht im
Sinne von § 7 Abs. 5 StVO zu Gefährdungen gekommen ist.
107124 Sie benutzten auf der Fahrbahn mit für beide
Richtungen drei oder fünf durch Leitlinien (Zeichen 340)
markierten Fahrstreifen den mittleren zum Überholen. § 7 Abs.
3a, § 49 StVO; § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG; 31a BKat 30,00 Euro
107600 Sie benutzten auf der Fahrbahn mit für beide
Richtungen drei oder fünf durch Leitlinien (Zeichen 340)
markierten Fahrstreifen den mittleren zum Überholen und
gefährdeten +) dadurch Andere. § 7 Abs. 3a, § 1 Abs. 2, § 49
StVO; § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG; 31a.1 BKat; § 19 OWiG 40,00
Euro
107601 Sie benutzten auf der Fahrbahn mit für beide
Richtungen drei oder fünf durch Leitlinien (Zeichen 340)
markierten Fahrstreifen den mittleren zum Überholen. Es kam zum
Unfall. § 7 Abs. 3a, § 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5
StVG; 31a. 1 BKat; § 3 Abs. 3
BKatV; § 19 OWiG 50,00 Euro
07 Vier- und sechsstreifige Fahrbahnen für
beide Richtung
TOP
Diese
Regelung findet nur außerhalb geschlossener Ortschaften
Anwendung.
§ 7
Abs. 3b StVO
(3b)
Auf
Fahrbahnen für beide Richtungen mit vier durch Leitlinien
(Zeichen 340) markierten Fahrstreifen sind die beiden in
Fahrtrichtung linken Fahrstreifen ausschließlich dem
Gegenverkehr vorbehalten; sie dürfen nicht zum Überholen benutzt
werden. Dasselbe gilt auf sechsstreifigen Fahrbahnen für die
drei in Fahrtrichtung linken Fahrstreifen.
Die Höhe
der Bußgeldandrohung, siehe folgende Tatbestandsnummern im
Bußgeldkatalog TBNR), machen deutlich, dass es sich dabei um
geringfügige Verkehrsverstöße handelt, die vor Ort mit einem
Verwarnungsgeld geahndet werden können, soweit es dabei nicht im
Sinne von § 7 Abs. 5 StVO zu Gefährdungen gekommen ist.
107130 Sie benutzten auf der Fahrbahn mit für beide
Richtungen vier durch Leitlinien (Zeichen 340) markierten
Fahrstreifen einen der beiden in Fahrtrichtung linken,
ausschließlich dem Gegenverkehr vorbehaltenen, zum Überholen. §
7 Abs. 3b, § 49 StVO; § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG; 31a BKat
30,00 Euro
107606 Sie benutzten auf der Fahrbahn mit für beide
Richtungen vier durch Leitlinien (Zeichen 340) markierten
Fahrstreifen einen der beiden in Fahrtrichtung linken,
ausschließlich dem Gegenverkehr vorbehaltenen, zum Überholen.
Sie gefährdeten +) dadurch Andere. § 7 Abs. 3b, § 1 Abs. 2, § 49
StVO; § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG; 31a.1 BKat; § 19 OWiG 40,00
Euro
107607 Sie benutzten auf der Fahrbahn mit für beide
Richtungen vier durch Leitlinien (Zeichen 340) markierten
Fahrstreifen einen der beiden in Fahrtrichtung linken,
ausschließlich dem Gegenverkehr vorbehaltenen, zum Überholen. Es
kam zum Unfall. § 7 Abs. 3b, § 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 Abs. 1,
3 Nr. 5 StVG; 31a.1 BKat; § 3 Abs. 3 BKatV; § 19 OWiG 50,00
Euro
107136 Sie benutzten auf der Fahrbahn mit für beide
Richtungen sechs durch Leitlinien (Zeichen 340) markierten
Fahrstreifen einen der drei in Fahrtrichtung linken,
ausschließlich dem Gegenverkehr vorbehaltenen, zum Überholen. §
7 Abs. 3b, § 49 StVO; § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG; 31a BKat
30,00 Euro
107612 Sie benutzten auf der Fahrbahn mit für beide
Richtungen sechs durch Leitlinien (Zeichen 340) markierten
Fahrstreifen einen der drei in Fahrtrichtung linken,
ausschließlich dem Gegenverkehr vorbehaltenen, zum Überholen.
Sie gefährdeten +) dadurch Andere. § 7 Abs. 3b, § 1 Abs. 2, § 49
StVO; § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG; 31a.1 BKat; § 19 OWiG 40,00
Euro
107613 Sie benutzten auf der Fahrbahn mit für beide
Richtungen sechs durch Leitlinien (Zeichen 340) markierten
Fahrstreifen einen der drei in Fahrtrichtung linken,
ausschließlich dem Gegenverkehr vorbehaltenen, zum Überholen. Es
kam zum Unfall. § 7 Abs. 3b, § 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 Abs.
1, 3 Nr. 5 StVG; 31a.1 BKat; § 3 Abs. 3 BKatV; § 19 OWiG
50,00 Euro
107112 Sie benutzten mit einem Lastkraftwagen mit einer
zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t außerhalb
geschlossener Ortschaften den linken Fahrstreifen zu einem
anderen Zweck als dem des Linksabbiegens. § 7 Abs. 3c, § 49
StVO; § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG; 31b BKat 15,00 Euro
Nur der
Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass es sich bei
dieser Regelung im § 7 StVO ebenfalls um eine Ordnungswidrigkeit
im Sinne von § 49 Abs. 1 Nr. 7 StVO (Ordnungswidrigkeiten)
handelt.
§ 49
StVO (Ordnungswidrigkeiten)
08 Drei Fahrstreifen außerhalb geschl.
Ortschaften
TOP
Diesbezüglich heißt es im § 7 Abs. 3c StVO wie folgt.
§ 7
Abs. 3 c StVO (3c) Sind außerhalb geschlossener
Ortschaften für eine Richtung drei Fahrstreifen mit Zeichen 340
gekennzeichnet, dürfen Kraftfahrzeuge, abweichend von dem Gebot
möglichst weit rechts zu fahren, den mittleren Fahrstreifen dort
durchgängig befahren, wo – auch nur hin und wieder – rechts
davon ein Fahrzeug hält oder fährt. Dasselbe gilt auf Fahrbahnen
mit mehr als drei so markierten Fahrstreifen für eine Richtung
für den zweiten Fahrstreifen von rechts. Den linken Fahrstreifen
dürfen außerhalb geschlossener Ortschaften Lastkraftwagen mit
einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t sowie alle
Kraftfahrzeuge mit Anhänger nur benutzen, wenn sie sich dort zum
Zwecke des Linksabbiegens einordnen.
Die Höhe
der Bußgeldandrohung, siehe folgende Tatbestandsnummern im
Bußgeldkatalog TBNR), machen auch hier deutlich, dass es sich
dabei um geringfügige Verkehrsverstöße handelt, die vor Ort mit
einem Verwarnungsgeld geahndet werden können, soweit es dabei
nicht im Sinne von § 7 Abs. 5 StVO zu Gefährdungen gekommen ist.
107113 Sie benutzten mit einem Lastkraftwagen mit einer
zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t außerhalb
geschlossener Ortschaften den linken Fahrstreifen zu einem
anderen Zweck als dem des Linksabbiegens und behinderten +)
dadurch Andere. § 7 Abs. 3c, §
1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG; 31b.1 BKat; § 19
OWiG 20,00 Euro
107118 Sie benutzten mit einem Kraftfahrzeug mit Anhänger
außerhalb geschlossener Ortschaften den linken Fahrstreifen zu
einem anderen Zweck als dem des Linksabbiegens. § 7 Abs. 3c, §
49 StVO; § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG; 31b BKat 15,00 Euro
107119 Sie benutzten mit einem Kraftfahrzeug mit Anhänger
außerhalb geschlossener Ortschaften den linken Fahrstreifen zu
einem anderen Zweck als dem des Linksabbiegens und behinderten
+) dadurch Andere. § 7 Abs. 3c, § 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 Abs.
1, 3 Nr. 5 StVG; 31b.1 BKat; § 19 OWiG 20,00 Euro
Nur der
Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass es sich bei
dieser Regelung im § 7 StVO ebenfalls um eine Ordnungswidrigkeit
im Sinne von § 49 Abs. 1 Nr. 7 StVO (Ordnungswidrigkeiten)
handelt.
§ 49
StVO (Ordnungswidrigkeiten)
09 Fahrstreifenwahl bei Verkehrsdichte
TOP
Diesbezüglich heißt es im § 7 Abs. 1 StVO wie folgt:
(1) Auf
Fahrbahnen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung dürfen
Kraftfahrzeuge von dem
Gebot möglichst
weit rechts zu fahren
(§ 2 Absatz 2) abweichen, wenn die Verkehrsdichte das
rechtfertigt. Fahrstreifen ist der Teil einer Fahrbahn, den ein
mehrspuriges Fahrzeug zum ungehinderten Fahren im Verlauf der
Fahrbahn benötigt.
Verkehrsdichte:
Dieses Tatbestandsmerkmal stellt geringere Anforderungen als zum
Beispiel der unbestimmte Rechtsbegriff einer „Fahrzeugschlange“.
Voraussetzung für die Anwendung dieser Sprachfigur ist, dass für
eine Fahrtrichtung mindestens zwei Fahrstreifen zur Verfügung
stehen.
Die
Verkehrsdichte dürfte sich somit an einem Verkehrsaufkommen
orientieren, das die freie Nutzung des Fahrstreifens zu
rechtfertigen vermag. Sie ist aber nicht abhängig von
Durchlaufzahlen (Fahrzeuge pro Minute). Für die freie Nutzung
des Fahrstreifens dürfte auch hier auf eine Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2013 Anwendung finden.
Dort
heißt es:
BVerwG
2013:
Die für Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs
erforderliche qualifizierte Gefahrenlage bestimmt sich aber
nicht allein nach der Verkehrsdichte im fraglichen Bereich,
sondern wird von einer Gemengelage verschiedener Faktoren
beeinflusst, so unter anderem von der Breite und dem
Ausbauzustand der für den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr zur
Verfügung stehenden Fläche, den Ausweichmöglichkeiten, der
Inanspruchnahme von Flächen durch parkende Fahrzeuge und deren
Auswirkungen auf den Verkehr, der Übersichtlichkeit der
Streckenführung und der Verteilung des Verkehrs über den Tag.
BVerwG,
Beschluss vom 23. April 2013 – 3 B 59.12
Diesbezüglich heißt es im § 7 Abs. 5 StVO:
(5)
In
allen Fällen darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn
eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.
Jeder Fahrstreifenwechsel ist rechtzeitig und deutlich
anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen.
10 Lücken innerhalb von Fahrzeugkolonnen
TOP
Innerhalb von Fahrzeugkolonnen oder Fahrzeugschlangen kann es zu
Lückenbildung kommen, die vom jeweiligen Querverkehr benutzt
werden, um sich in die Reihe einzufügen oder um die Straße
überqueren zu können. Diesbezüglich kann der
Lückenrechtsprechung des OLG Hamm bereits in den Leitsätzen
entnommen werden, was dabei zu beachten ist.
OLG Hamm 2019:
1. Wenn ein vorfahrtsberechtigter Verkehrsteilnehmer rechts an
einer zum Stillstand gekommenen Fahrzeugkolonne vorbeifährt,
muss er bei größeren Lücken damit rechnen, dass Querverkehr
diese nutzt. Der Vorfahrtsberechtigte darf nur mit einer solchen
Geschwindigkeit fahren, dass notfalls ein sofortiges Anhalten
vor etwaigen abbiegenden Fahrzeugen möglich ist.
2. Wenn
mehrere (auch unmarkierte) Fahrstreifen vorhanden sind und auf
dem linken Fahrstreifen eine Fahrzeugschlange steht oder langsam
fährt, darf diese auch innerorts nach § 7 Abs. 2a StVO nur mit
geringfügig höherer Geschwindigkeit und mit äußerster Vorsicht
rechts überholt werden.
3. Die
Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge rechtfertigt
eine Haftungsquote von 2/3 zu 1/3 zu Lasten des Abbiegenden, der
einen Vorfahrtsverstoß gem. § 9 Abs. 3 StVO begangen hat und
damit den Verkehrsunfall überwiegend verursacht hat.
OLG
Hamm, Beschluss vom 16.7.2019 - 7 U 85/18
11 Äußerste Vorsicht – Schulterblick
TOP
Äußerste
Vorsicht bedeutet, dass jegliche Gefährdung anderer
Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen werden muss. Dazu gehört auch
ein Schulterblick, um sicher sein zu können, dass der
nachfolgende Verkehr nicht gefährdet werden kann.
AG Hamburg 2015:
Beim Spurwechsel auf der Straße oder der Autobahn darf der
Autofahrer keinen anderen Verkehrsteilnehmer gefährden. Er
muss bei einem Fahrstreifenwechsel besonders sorgfältig und
vorsichtig sein. Dazu gehört neben dem Setzen des Blinkers und
dem Schauen in den Spiegel auch der Schulterblick.
AG
Hamburg, Urteil vom 30. Juli 2015 – 32 C 4/15
Generell
gilt für Fahrstreifenwechsler, dass sie besonders aufmerksam
sein müssen, um andere Verkehrsteilnehmer nicht aus den Augen zu
verlieren. Neben dem Blick in den Rück- sowie die Seitenspiegel
ist auch ein Schulterblick unverzichtbar.
LG Freiburg 2012:
Die Betriebsgefahr des vom Geschädigten geführten Kfz tritt
vollständig zurück, wenn der Schädiger die Fahrspur unter
Verstoß gegen seine Pflichten aus § 7 Abs. 5 StVO wechselt und
es dadurch zu einer Kollision mit dem Fahrzeug des Geschädigten
kommt. Dies gilt auch dann, wenn sich nicht feststellen lässt,
ob der Geschädigte die zulässige Höchstgeschwindigkeit
eingehalten hat oder nicht.
An
anderer Stelle heißt es, den Schulterblick betreffend:
Aufgrund
der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des
Gerichts fest, dass der Beklagte zu 1 den Unfall schuldhaft
verursacht hat, indem er entgegen § 7 Abs. 5 StVO von der
rechten auf die linke Fahrspur gewechselt ist, ohne durch den
erforderlichen Schulterblick sicherzustellen, dass eine
Gefährdung anderer ausgeschlossen war. Er haftet daher gem. § 18
Abs. 1 StVG für den entstandenen Schaden.
LG
Freiburg, Urteil vom 21.05.2012 - 8 O 21/12
12 Reißverschlussverfahren
TOP
Im hier
zu erörternden Sachzusammenhang soll das Reißverschlussverfahren
zuerst einmal im Zusammenhang mit Fahrbahnverengungen erörtert
werden, bei denen zwei Fahrstreifen auf einen Fahrstreifen
zusammengeführt werden. Maßgebliche Vorschrift ist in diesem
Sachzusammenhang gesehen der § 7 Abs. 4 StVO.
§ 7
Abs. 4 StVO (4) Ist auf Straßen mit mehreren Fahrstreifen
für eine Richtung das durchgehende Befahren eines Fahrstreifens
nicht möglich oder endet ein Fahrstreifen, ist den am
Weiterfahren gehinderten Fahrzeugen der Übergang auf den
benachbarten Fahrstreifen in der Weise zu ermöglichen, dass sich
diese Fahrzeuge unmittelbar vor Beginn der Verengung jeweils im
Wechsel nach einem auf dem durchgehenden Fahrstreifen fahrenden
Fahrzeug einordnen können (Reißverschlussverfahren).
Diesbezüglich heißt es in einem Urteil des OLG Köln aus dem Jahr
2005 wie folgt:
OLG Köln 2005:
Das sog.
Reißverschlussverfahren ist in § 7 Abs. 4 StVO geregelt. Es
schreibt vor, dass bei einer Fahrbahn mit mehreren Fahrstreifen,
von denen einer endet oder aus sonstigen Gründen nicht
durchgehend befahren werden kann, den am Weiterfahren
gehinderten Fahrzeugen der Übergang auf den benachbarten
Fahrstreifen in der Weise zu ermöglichen ist, dass sich diese
unmittelbar vor dem Beginn der Verengung jeweils im Wechsel nach
einem auf dem durchgehenden Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug
einordnen können. Es gilt zwingend, sobald der Abstand der auf
mehreren Fahrstreifen ankommenden Fahrzeuge kein Einordnen mit
ausreichendem Abstand mehr zulässt. Aber auch beim
Reißverschlussverfahren gilt der Vorrang desjenigen, der den
weiterführenden Fahrstreifen benutzt. Er darf aber nicht
erzwungen werden.
Daraus
ist zu schließen, dass von Fahrzeugführern ständige Vorsicht und
Rücksichtnahme im Sinne des § 1 StVO (Grundregeln) erwartet
werden kann und muss.
Das
Reißverschlussverfahren findet allerdings keine Anwendung auf
dem Beschleunigungsstreifen der Autobahn. Hier gilt vielmehr §
18 Abs. 3 StVO. Nach dieser Vorschrift hat auf Autobahnen und
Kraftfahrstraßen der Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn -
dazu gehören die Beschleunigungsstreifen nicht - Vorfahrt. Auf
die Beachtung dieser Regelung darf der Benutzer der
durchgehenden Fahrbahn auch vertrauen. Der einfahrende Verkehr
ist wartepflichtig und darf nur so einfahren, dass er den
durchgehenden Verkehr nicht gefährdet oder behindert.
OLG
Köln, Urteil vom 24.10.2005 - 16 U 24/05
Anlässlich
von Fahrbahnverengungen kann in Anlehnung an die neue
Rechtsprechung des BGH davon ausgegangen werden, dass niemand
mehr von einer automatischen Vorfahrt ausgehen kann, sondern das
Prinzip der wechselseitigen Rücksichtnahme Anwendung findet. So
zumindest die Entscheidung der Richter des BGH im Zusammenhang
bei einer beidseitig sich verengenden Fahrbahn. Diesbezüglich
hat der BGH entscheiden, dass in einem derartigen Fall keiner
der Fahrer automatisch Vorfahrt hat, sondern die
Verkehrsteilnehmer sich verständigen müssen, wer zuerst fährt,
siehe BGH, Urteil vom 08.03.2022 - VI
ZR
47/21. Auf dieses Urteil wurde bereits im Zusammenhang mit
Ausführungen zum § 1 StVO (Grundregeln) Bezug genommen, siehe
Randnummer 06.1 Ständige Vorsicht und Rücksichtnahme.
KG Berlin 1990:
Auch das Kammergericht Berlin entschied, dass ein
vorübergehendes Hindernis sehr wohl das Reißverschlussverfahren
aktivierte und die Fahrer auf der freien Spur demnach das
Einfädeln auch bei solchen Engstellen ermöglichen müssen.
KG
Berlin, Az.: 12 U 4191/89, Urteil vom 07.06.1990
13 Ausscheren erfordert immer äußerste Sorgfalt
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Diesbezüglich heißt es in einem Urteil des AG Hamburg aus dem
Jahr 2015 wie folgt:
AG Hamburg 2015:
Gemäß § 7 Abs. 5 StVO hat sich der Fahrer des ausscherenden
Fahrzeugs so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer
Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Aus der Regelung dieser
absoluten Sorgfaltspflicht folgert die herrschende
Rechtsprechung einen Anscheinsbeweis dahingehend, dass der
Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass diese
Sorgfaltspflicht verletzt wurde, wenn es in örtlichen und
zeitlichen Zusammenhang mit einem Fahrspurwechsel zu einem
Unfall gekommen ist.
AG
Hamburg, Az.: 32 C 4/15, Urteil vom 30.07.2015
Bereits
ein Jahr zuvor hatten die Richter des OLG Frankfurt die gleiche
Rechtsauffassung vertreten.
OLG Frankfurt 2014:
Gemäß § 7 Abs. 5 StVO hat sich der Fahrer des ausscherenden
Fahrzeugs so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer
Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen war. Aus der Regelung dieser
absoluten Sorgfaltspflicht folgert die herrschende
Rechtsprechung einen Anscheinsbeweis dahingehend, dass der
Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass diese
Sorgfaltspflicht verletzt wurde, wenn es in örtlichen und
zeitlichen Zusammenhang mit einem Fahrspurwechsel zu einem
Unfall gekommen ist. Der Beweis des ersten Anscheins als
Ausprägung der richterlichen Überzeugung gemäß § 286 ZPO kann
erschüttert werden, wenn die dadurch belastete Partei die
ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs dargetan
und die dafür erforderlichen Tatsachen bewiesen hat.
OLG
Frankfurt am Main, Urteil vom 28.10.2014 - 22 U 150/13
14 Eine Gefährdung muss ausgeschlossen sein
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Diesbezüglich ist bereits die Regelung im § 7 Abs. 5 StVO
einschlägig.
§ 7
Abs. 5 StVO (5) In allen Fällen darf ein Fahrstreifen nur
gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer
Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Jeder Fahrstreifenwechsel
ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die
Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen.
In einem
Urteil des BGH aus dem Jahr 2022 heißt es:
BGH 2022:
Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 StVO darf ein Fahrstreifen nur gewechselt
werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer
ausgeschlossen ist. „Anderer Verkehrsteilnehmer“ ist an sich
grundsätzlich jede Person, die sich selbst verkehrserheblich
verhält, das heißt, körperlich und unmittelbar auf den Ablauf
eines Verkehrsvorgangs einwirkt.
An
anderer Stelle heißt es in dem Urteil:
Im
Rahmen des § 7 Abs. 5 Satz 1 StVO ist „anderer
Verkehrsteilnehmer“ nur ein Teilnehmer des fließenden Verkehrs,
also nicht der vom Fahrbahnrand An- und in den fließenden
Verkehr Einfahrende.
BGH, Urteil
vom 08.03.2022 - VI
ZR
1308/20
15 Spurenwechsel und Anscheinsbeweis
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Von
demjenigen, der einen Fahrstreifen wechselt, wird äußerste
Aufmerksamkeit erwartet. Kommt es beim Fahrstreifenwechsel zu
einem Unfall, kann von einem Anscheinsbeweis ausgegangen werden.
Das bedeutet, wer den Fahrstreifen wechselt, hat in der Regel
den Unfall vorwerfbar verursacht.
OLG München 2022:
§ 7 Abs. 5 StVO legt demjenigen, der einen Fahrstreifen wechseln
will oder ihn auch nur teilweise verlässt, ein Höchstmaß an
Sorgfaltspflicht auf. Unerheblich ist insofern, ob der
Fahrstreifenwechsel schon vollständig vollzogen war. Der
Fahrstreifenwechsel mit den Sorgfaltsanforderungen aus § 7 Abs.
5 StVO beginnt mit dem Verlassen des Fahrstreifens. Nach § 7
Abs. 5 StVO ist nicht nur jedes behindernde oder gefährdende
Wechseln untersagt, sondern jedes, bei welchem fremde Gefährdung
nicht ausgeschlossen ist. Der Maßstab ist ein strengerer als der
des § 1 StVO. Äußerste Sorgfalt setzt danach ausreichende
Rückschau voraus, bei mehreren gleichgerichteten Fahrstreifen
überall dorthin, wo eine Gefährdung eintreten könnte.
OLG
München, Endurteil vom 01.06.2022 - 10 U 7382/21 e
16 Spurenwechsel auf Autobahnen
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Auch
beim Spurenwechsel auf Autobahnen gilt die Regelung des § 7 Abs.
5 StVO. Ferner bedarf es nicht einmal des vollständigen
Fahrstreifenwechsels. Anlass für dieses Urteil war der Versuch
des Fahrers eines Wohnmobils, den Fahrstreifen zu wechseln, was
aber für den fließenden Verkehr nicht erkennbar war.
LG München 2021:
Der Fahrstreifenwechsel des Wohnmobils sei für andere
Verkehrsteilnehmer nämlich nicht sofort erkennbar gewesen.
[...]. Ein Mitverschulden des klägerischen Fahrers ist darüber
hinaus nicht erkennbar.
LG
München I, Endurteil vom 30.09.2021 - 19 O 6974/20
17 Rechtsüberholen auf Autobahnen
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Grundsätzlich lässt die StVO das Rechtsüberholen auf Autobahnen
nicht zu.
Grundsätzlich bedeutet aber:
Es gibt Ausnahmen.
Ein
Rechtsüberholen ist zum Beispiel dann erlaubt, wenn der Verkehr
verdichtet ist und sich infolgedessen Fahrzeugschlangen gebildet
haben. Steht der komplette Verkehr in einer Fahrbahnrichtung im
Stau bzw. kommt es zu einem
Stop-and-Go,
dann ist ein Überholen von rechts auf der Autobahn erlaubt.
18 Beschleunigungsstreifen/Einfädelungsspur
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Aufgrund
des engen Sachzusammenhangs wird an dieser Stelle eine Regelung
kurz skizziert, die auf Autobahnen und Kraftfahrtstraßen
Anwendung findet, siehe § 18 StVO (Autobahnen und
Kraftfahrtstraßen). Dort heißt es in den Absätzen 2 und 3 im
Hinblick auf die Benutzung von Beschleunigungsstreifen
(Einfädelungsspur) wie folgt:
§ 18
Abs. 2 und 2 StVO (Autobahnen und Kraftfahrstraßen) (2)
Auf Autobahnen darf nur an gekennzeichneten Anschlussstellen
(Zeichen 330.1) eingefahren werden, auf Kraftfahrstraßen nur an
Kreuzungen oder Einmündungen. (3) Der Verkehr auf der
durchgehenden Fahrbahn hat die Vorfahrt.
In einem
Urteil des OLG Celle aus dem Jahr 2021 heißt es ergänzend dazu
wie folgt:
OLG Celle 2021:
Die Norm des § 18 Abs. 3 StVO bezieht sich auf bauliche
Gegebenheiten und setzt eine Einfädelspur und eine Fahrspur
voraus. Ist dies der Fall, ist der Verkehr auf der Fahrspur
gegenüber dem Verkehr auf der Einfädelspur bevorrechtigt. Dieses
Vorrecht bleibt auch dann erhalten, wenn die Fahrzeuge auf der
Fahrspur verkehrsbedingt zum Stehen kommen.
Der
Wortlaut des § 18 Abs. 3 StVO „Vorfahrt“ leitet sich nicht aus
einer Bewegung („fahren“) ab, sondern aus einem „Vorrecht“, das
der Gesetzgeber für die sich auf der Fahrspur befindlichen
Fahrzeuge, gegenüber dem Verkehr auf der Einfädelungsspur,
normiert hat.
OLG
Celle, Urteil vom 23.06.2021 - 14 U 186/20
Die
Vorfahrtsregelung gilt auch bei so genanntem
Stop-and-go-Verkehr. Diesbezüglich heißt es in einem Beschluss
des OLG Hamm aus dem Jahr 2018 wie folgt:
OLG Hamm 2018:
Wie schon die Formulierung im Gesetz „Vorfahrt“ zeigt, muss
allerdings ein Mindestmaß an Bewegung im Verkehr auf der
durchgehenden Fahrbahn der Autobahn geherrscht haben, da
ansonsten nicht von „Fahrt“ gesprochen werden kann. Steht der
Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn hingegen, so gibt es
keine „Vorfahrt“, die Vorrang haben könnte. Bei stehendem
Verkehr auf der durch-gehenden Fahrbahn würde es auch keinen
Sinn machen, den Auffahrenden dazu
zwingen
zu wollen, eine bestehende – hinreichend große - Lücke zwischen
zwei stehenden Fahrzeugen nicht zu nutzen.
Das
bedeutet allerdings nicht, dass schon bei jeglichem
verkehrsbedingten Halt auf der durchgehenden Fahrbahn – und sei
er auch zeitlich noch so kurz - bereits die Vorfahrtsregelung
des § 18 Abs. 3 StVO keine Geltung mehr beanspruchen könnte.
Erst wenn der Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn in einer
Weise zum Stehen gekommen ist, dass mit einer erneuten
Fahrbewegung in kürzerer Frist nicht zu rechnen ist, ist das der
Fall. Ansonsten würde die Regelung ausgehebelt. Der Senat
bestätigt daher ausdrücklich die Rechtsprechung, dass § 18 Abs.
3 StVO auch bei sog. „Stop-and-Go-Verkehr“ gilt.
OLG
Hamm, Beschluss vom 3. Mai 2018 - 4 RBs 117/18
19 Zu beachtende Grundregel
TOP
Bei
jedem Fahrstreifenwechsel haben sich Fahrstreifenwechsler wie
folgt zu verhalten:
§ 7
Abs. 5 StVO (5) In allen Fällen darf ein Fahrstreifen nur
gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer
Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Jeder Fahrstreifenwechsel
ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die
Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen.
Eine
Missachtung dieser Grundregel ist bußgeldbewehrt.
107100 Sie wechselten den Fahrstreifen und gefährdeten
dabei Andere. § 7 Abs. 5, § 49 StVO; § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG;
31 BKat 30,00 Euro
107101 Sie wechselten den Fahrstreifen und verursachten
dabei einen Unfall. § 7 Abs. 5, § 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 Abs.
1, 3 Nr. 5 StVG; 31.1 BKat; § 19 OWiG 35,00 Euro
107106 Sie wechselten den Fahrstreifen, ohne dies
rechtzeitig und deutlich anzukündigen. § 7 Abs. 5, § 49 StVO;
§ 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG; 29 BKat 10,00 Euro
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