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Home Inhaltsverzeichnis: Umgang mit der Demokratie

Wege in ein fragiles Morgen

Das Eigentümliche des Irrtums besteht darin, ihn nicht als solchen zu erkennen.
Edgar Morin
Der Weg, Seite 166

Inhaltsverzeichnis:

01 Die große Erzählung
02 Es gibt nichts außer Text
03 Denken heißt NEIN sagen
04 Ein Netz aus Drähten
05 Strom aus der Steckdose
06 Kostenexplosion der Energiewende
07 Angst vor 2030
08 Was Ökostrom allein nicht leisten kann
09 Abschalten von Windrädern
10 Leistungsgrenze erneuerbarer Stromversorgung
11 Stromschwankungen und Netzbooster
12 Test- und Entwicklungsphase
13
SuedLink Die Windstromautobahn
14 Was Nordstream 1 und 2 mit Suedlink verbindet?
15 Schlusssätze
16 Quellen

01 Die große Erzählung

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Die große Erzählung hat ihre Glaubwürdigkeit verloren. Dieser vielzitierte Satz des französischen Literaturtheoretikers und Philosophen Jean-François Lyotard (1924–1998) gilt als einer seiner Schlüsselsätze der von ihm „benannten“ Postmoderne.

Anders ausgedrückt: Lyotards Anliegen war es, darauf hinzuweisen, dass sich die „Spielregeln“, womit er die Ordnungsprinzipien der Wahrheitsfindung und der Wahrheitsbeschaffung meinte, sich geändert hätten und somit nicht mehr zeitgemäß seien.

Nicht mehr die Vernunft sei es, die dem politischen Diskurs auf dem Weg der Wahrheitsfindung zugrunde lag, die er für den Kern der Aufklärung hielt, sondern die Beliebigkeit sei es, die heute politikbestimmend sei.

Nicht mehr das Erkenntnisvermögen, also die Essenz der Erzählung von gestern sei es gewesen, die zum postindustriellen Zeitalter und zum Konsens geführt habe, sondern der Dissens und die damit verbundene Disharmonie sei heute sozusagen die Triebfeder neuer Erkenntnisse.

Mit anderen Worten: Nicht mehr in den herkömmlichen Enzyklopädien sei das Wissen gespeichert, sondern in den vielfältigen Datenbanken, wodurch das dort gespeicherte Wissen zu einem entscheidenden Machtfaktor werden konnte und auch wurde und durch dessen Nutzung eine verbindliche „Rationalität“ kaum noch zu finden sei, zumal die Reduzierung der Wirklichkeit auf bloße Informationen zur Selbstzerstörung der Aufklärung geführt habe, deren Leitsatz ja bekanntermaßen lautete: Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!

Diesen Sätzen dürfte heute erneut eine besondere Aktualität zukommen, denn immer häufiger lassen Menschen der Einfachheit halber nicht nur andere, sondern sogar Maschinen für sich denken. Ein Vertrauen, das sich rächen könnte.

So wohl auch die Denkweise von Immanuel Kant, denn in seinem Essay „Zum ewigen Frieden“ heißt es: Dass Könige philosophieren, oder Philosophen Könige würden, ist nicht zu erwarten, aber auch nicht zu wünschen; weil der Besitz der Gewalt das freie Urteil der Vernunft unvermeidlich verdirbt.

An anderer Stelle heißt es:

Die wahre Politik kann also keinen Schritt tun, ohne vorher der Moral gehuldigt zu haben. [...]. Das Recht der Menschen muss heiliggehalten werden, der herrschenden Gewalt mag es auch noch so große Aufopferung kosten. Man kann hier nicht halbieren, und das Mittelding eines pragmatisch bedingten Rechts (zwischen Recht und Nutzen) aussinnen, sondern alle Politik muss ihre Knie vor dem Ersteren beugen, kann aber dafür hoffen, ob zwar langsam, zu der Stufe zu gelangen, wo sie beharrlich glänzen wird.

Daran scheint es mir in der politischen Wirklichkeit von heute zu fehlen. Warum? Die Moderne, das war gestern, das, was heute zählt, das ist die Postmoderne, die Beliebigkeit des Denkens.

Die Moderne, die Michael Eisfeld in seinem Buch „Land ohne Mut“ beschrieben hat, ließ sich noch wie folgt zusammenfassen:

  • Die Urteilskraft hat eine größere Bedeutung als hochspezialisiertes Expertenwissen.

  • Die Moderne fordert dazu auf, sich seines Verstandes zu bedienen, statt sich von den Vormündern in Wissenschaft, Politik und Medien entmündigen zu lassen.

  • Zum Erhalt der Freiheit ist es erforderlich, eine ständige Skepsis gegenüber Machtkonzentrationen aufrecht zu erhalten.

  • Zivilcourage ist ein tragendes Element zur Aufrechterhaltung von Freiheit.

Daraus lässt sich im Sinne von Michael Esfeld ableiten, dass Freiheit dort endet, wo Wissenschaft zur Staatsreligion mutiert, denn auf die Frage, was Wissenschaft wissen kann und was nicht, hat nicht einmal die Wissenschaft selbst eine verbindliche Antwort. [En01].

Anders ausgedrückt: Wenn Wissenschaft und Politik sozusagen zusammenwachsen, dann ist das wirklich eine unheilige Allianz, denn auch die Politik ist, zum Beispiel durch die Zuweisung von Forschungsmitteln, dazu in der Lage, Einfluss darauf zu nehmen, wie wissenschaftliche Ergebnisse auszusehen haben. Auf die Vielfalt der Ergebnisse einer schier unüberschaubaren Fülle von Studien zu Fragen, die den Klimawandel und erst recht auf solche Studien, die Frage der Nachhaltigkeit betreffen, sei an dieser Stelle nur hingewiesen.

Anders ausgedrückt: Wer seine Wahrheit dort finden will, der findet sie dort auch.

Ich denke, dass diese Aussagen heute sozusagen in Echtzeit verfolgt werden können, denn niemand kann sich heute auch nur noch annähernd vorstellen:

  • Wie dem Klimawandel rational zu begegnen ist

  • Soziale Ungleichheit auf ein erträgliches gesamtgesellschaftliches Maß reduziert werden kann

  • Der Krieg in der Ukraine und natürlich auch der im Gaza-Streifen beendet werden kann

  • Die Migrationsströme aufgehalten und

  • Nachhaltigkeit wirklich mehr als ein missbrauchtes Wort sein soll.

Postdemokratie im hier verwendeten Sinne lässt sich somit zuerst einmal als das am Horizont auftauchende Ende des Glaubens an die Lösungs- und Krisenkompetenz der Demokratie verstehen. Diese Kompetenz aber gehört sozusagen zu der Grundidee der Moderne, denn eine freie und gerechte Gesellschaft ist nicht ohne die Freiheit des Individuums zu haben. Diese Freiheit an Experten oder gar an Maschinen abzutreten wird auf Dauer gesehen aus einer Demokratie lediglich eine Scheindemokratie, oder eine Demokratur machen.

Somit können die von Lyotard beschriebenen Thesen durchaus als prophetisch bezeichnet werden, denn die verschiedenen sozialen Bewegungen mit ihren unterschiedlichsten Wahrheiten und Überzeugungen, können heute nicht mehr aus der Politik weggedacht werden.

Dennoch: Lyotards Botschaft, ist kein Plädoyer für Chaos und Beliebigkeit, sondern eine Anleitung zur Reorganisation der Gesellschaft unter Berücksichtigung ihrer realen Vielfältigkeit und der Individualität der Menschen.

02 Es gibt nichts außer Text

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Eine neue große Erzählung muss aus Text bestehen, denn anders lässt sich eine Erzählung nicht erzählen. Insoweit hat auch Jacques Derrida Recht, wenn er schreibt:

Es gibt nichts außer Text.

Das bedeutet aber zumindest für mich nicht, dass es „keine Realität jenseits der Sprache gibt“ und das „Denken nicht nur Nein sagen bedeuten kann“, wie das Jacques Derrida ebenfalls vertritt. Wie dem auch immer sei. Die Postmoderne der achtziger Jahre, im Englischen oft als „French Theory“ bezeichnet, hatte und hat auch immer noch weitreichende Folgen für das Denken und die Kultur der westlichen Welt von heute. Sie führte zum einen zu einer verstärkten Pluralisierung, zum anderen zur Dekonstruktion von überkommenen Ordnungsvorstellungen. Um es mit den zwei berühmt gewordenen Wörtern von Paul Feyerabends auszudrücken:

Anything goes – alles geht.

Das ist das Credo von heute.

Daran mag man glauben, auch wenn sich die Vernunft dagegen sträubt. Dies gilt insbesondere auch für die Sprachfigur der "nachhaltigen Energiewende."

Das bedeutet nicht, dass es keine Nachhaltigkeit gibt. Die würde aber anders aussehen als die, über die heute Loblieder "gesungen" werden.

03 Denken heißt NEIN sagen

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Unter diesem Arbeitstitel hielt der französische Philosoph Jacques Derrida (1930 bis 2004) im Studienjahr 1960-1961 vier Vorlesungen an der Sorbonne in Paris. Im hier zu erörternden Sachzusammenhang scheinen mir die nachfolgend zitierten Aussagen von Derrida hilfreich zu sein.

Dort heißt es:

Wenn das Denken JA sagt, entfremdet es sich, entfremdet es die Verantwortung und seinen Willen zugunsten eines ANDERN, das heißt fatalerweise eines NICHT-DENKENS. Nun muss aber jedes Denken, um ein solches zu sein, für sich selbst verantwortlich sein, sich selbst als alleiniger Richter einsetzen um Herr im eigenen Haus zu sein [En02].“

Bezug nehmend auf Alain heißt es bei ihm dann weiter:

Die Denkfunktion kann nicht delegiert werden.“

Das aber scheint das Bemühen der Politik von heute zu sein, dem gutgläubigen Bürger und natürlich auch der gutgläubigen Bürgerin einzureden, das alles in bester Ordnung sei und die Zukunft schon so gestaltet würde, dass alle davon profitieren können, vor allen Dingen das Klima, natürlich unter Bewahrung der Besitzstände. Niemand wird allein gelassen, so die Botschaft von Olaf Scholz, die im Originaltext lautet:„You’ll never walk alone!“

Diese Botschaft an die "Glaubensfähigkeit der Regierten", hat nicht nur im Bundestag Erheiterung ausgelöst.

Regierungserklärung des Bundeskanzlers 2:30 bis 2:52

Vielleicht ist es hilfreich, sich bei so viel Pathos mit einem weiteren kurzen Zitat von Derrida auseinanderzusetzen, dass er in seiner ersten Vorlesung zum Thema „Denken heißt NEIN sagen“, vortrug:

Jacques Derrida: Was sehe ich, wenn ich die Augen öffne? Was sähe ich, wenn ich alles glauben sollte? In Wirklichkeit ein buntes Farbenspiel wie bei einem Teppich mit einem unverständlichen Muster. Alles zu glauben, also zu allem JA zu sagen, heißt, sich dafür zu entscheiden, nichts zu sehen. [...]. Um etwas zu sehen, braucht es eine umfassende implizite Arbeit an Auswahlentscheidungen, kritischen Untersuchungen und Fragen. Nur indem ich mir Gewalt antue, indem ich der glückseligen Trägheit meiner Anschauungen – von der Kant sagte, dass sie ohne den Verstand blind seien – Gewalt antue, könnte ich die Welt wirklich wahrnehmen [En03].

Das aber würde bedeuten, so Derrida unter Bezugnahme auf Alain, dass ich mich über jede Sache befrage, denn nur der Späher, der prüfend die Hand über die Augen legt, ist ein Mensch, der dazu bereit ist, NEIN zu sagen, denn er sucht nach Wahrheit, soweit das Menschen überhaupt möglich ist. Ich möchte diesen kurzen Diskurs mit einem Satz von Alain [En04] beenden, den ich auch heute noch für sehr zeitgemäß halte. Dieser Satz hat folgenden Wortlaut:

Nichts ist gefährlicher als eine Idee, wenn man nur eine hat [En05].“

Bedauerlicherweise kennt Ideologie nur eine Richtung, denn davon lebt sie ja schließlich. Anders ausgedrückt: Wer ideologisch denkt, schließt zwangsläufig anderes Denken aus, und zwar auch dann, wenn dieses Denken bereits heute als ein Irrweg bezeichnet werden kann. Die Gründe, die die Annahme des eingeschlagenen Irrweges im Hinblick auf das Zauberwort „nachhaltige Energiewende“ zu rechtfertigen vermögen, werden im Folgenden erörtert.

04 Ein Netz aus Drähten

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Die nachhaltige Energiewende setzt ein leistungsstarkes Netz aus Drähten voraus. Gemeint ist das Stromnetz, ohne das kein Strom aus einer Steckdose entnommen werden kann. Kurzum: Ohne ein starkes Leitungsnetzt könnte kein Licht eingeschaltet, im Internet weder gesurft werden, eine Heizung keine Wärme spenden und natürlich auch kein Smartphone aufgeladen werden. Nicht einmal Telefonieren wäre möglich.

Kurzum: Dieses Netz aus Drähten ist unsere Lebensader, denn ohne sicheren und überall frei verfügbaren Strom wäre Demokratie, so wie wir sie heute kennen, nicht mehr möglich, denn würde dieses Netz zusammenbrechen, dann dürfte schon nach wenigen Tagen das Chaos an die Stelle von Sicherheit und Ordnung in Deutschland getreten sein.

Bisher ist es noch nicht zu solch einem Blackout gekommen, obwohl der von Putin plante Mega-Blackout im April 2023 von zwei russischen Whistleblower gerade noch im letzten Moment verhindertet werden konnte [En06].

Ob das auch in Zukunft noch verhindert werden kann, das bleibt abzuwarten. Sollte es tatsächlich irgendwann zu einem flächendeckenden Blackout im Stromnetz kommen, dann wäre das eine Katastrophe, die einem Super-GAU entsprechen würde.

Ich weiß nicht, was Sie über das Stromnetz wissen, festzustellen ist auf jeden Fall, dass das Netz einem Rhythmus unterliegt, das heißt, sich stets an den Bedarf anpassen können muss, den der Endverbraucher bestimmt, denn wenn das Netzwerk durch zu hohen oder zu geringen Stromverbrauch sozusagen aus dem Gleichgewicht gebracht wird, kann es kollabieren, was in unserer hochentwickelten technisierten Welt weitreichende Folgen hätte.

Die magische Grenze eines guten Netzwerkbetriebes liegt bei 50 Hertz.

Diesen Wert gilt es konstant zu halten, denn bereits bei 49,8 Hertz (beginnende Unterversorgung) oder bei einer Netzfrequenz von 50,2 Herzt (beginnende Überversorgung) ist es Aufgabe der Netzbetreiber, entsprechend regelnd einzugreifen, denn eine sich fortsetzende Unterversorgung führt genauso zum Kollaps, wie eine sich fortsetzende Überversorgung.

Hinweis: Mit Hertz (Hz) wird die Anzahl der Schwingungen pro Sekunde bezeichnet, mit der Strom durch das Stromnetz fließt. Das bedeutet, dass 1 Hz einer Schwingung entspricht, die sich in exakt einer Sekunde wiederholt. Bei 50 Herz beträgt die Wiederholungsrate 50 Mal in einer Sekunde.

Damit ein Stromnetz funktionsfähig ist, muss diese Wiederholungsrate beibehalten werden.

Bei geringen Abweichungen können die Netzbetreiber heute noch problemlos Abhilfe schaffen, denn Strom, der aus fossilen Energien gewonnen wird, lässt sich leichtx durch eine Vielzahl vorhandener Steuerungsmöglichkeiten den erforderlichen Gegebenheiten anpassen.

Bei Ökostrom ist das nicht so leicht zu bewerkstelligen.

Warum?

Es ist nicht möglich, Strom in der erforderlichen Menge zu speichern, um länger andauernde Unter- oder Überversorgungen ausgleichen zu können.

Anders ausgedrückt: Es gibt für Strom keine Cloud, wie das zum Beispiel bei der Google-Cloud der Fall ist, in der Daten extern abgelegt und vorgehalten werden können.

Dazu gleich mehr.

Zuerst einmal ist festzustellen, dass ein Blackout - also der Zusammenbruch des Netzwerkes - katastrophale Folgen nach sich ziehen würde. Um die zu verhindern, so heißt es in einer Meldung auf Zeit.de vom 24. September 2023, kämpfen an einem streng bewachten Ort die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Netzbetreibers „50Hertz“ darum, europaweite Stromausfälle zu verhindern. Doch je mehr Ökostrom sich in den Netzen befindet, desto komplizierter wird das.

Insoweit kann Professor Marcel Fratzscher vom DIW durchaus zugestimmt werden, wenn er in seinem Buch „Die Deutschland-Illusion“ schreibt:

Marcel Fratzscher: Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass die Energiewende ein Experiment ist [En07].

Warum?

Allein mit Ökostrom kann ein Netzwerk nicht betrieben werden, denn Ökostrom lässt sich nicht so regulieren, dass rund um die Uhr und flächendeckend ein Stromnetz betrieben werden kann, dessen Harmonie davon abhängt, dass kontinuierlich 50 Hertz dort zur Verfügung stehen. Ökostrom vermag das nicht zu leisten. Grund dafür ist, dass nachts Photovoltaikanlagen keinen Strom erzeugen können, was im Übrigen auch bei Windkraftanlagen bei Windstille oder bei leichter Brise nicht zu leisten vermag. Auch wenn es in einer Meldung auf MDR.de vom 22. Februar 2022 heißt, dass Februar-Stürme für 50 Prozent der Stromproduktion in Deutschland gesorgt haben, bedeutet dieser Rekord der Windenergieerzeugung nicht, dass Windenergie es „schon zu richten vermag“, zumal bei Sturm sich die Windräder sowieso automatisch abschalten, was in der Meldung des MDR nicht einmal erwähnt wird.

Und wenn Strom in Deutschland durch Windräder überproduziert wird, was bei der Gewinnung ökologischen Stroms ebenfalls nicht verhindert werden kann – dann wird dieser überschüssige Strom ins Ausland exportiert, nicht, um damit Geld zu verdienen, sondern im Gegenteil: Dafür muss der deutsche Steuerzahler viel Geld bezahlen.

Anders ausgedrückt: Strom aus der Steckdose dürfte nicht nur immer teuerer werden, sondern wohl auch nicht mehr in dem Maße störungsfrei zur Verfügung stehen, wenn in Deutschland Strom nur noch durch Windräder und Sonnenkollektoren gewonnen werden soll.

Das aber entspricht der Nachhaltigkeitsideologie von heute.

05 Strom aus der Steckdose

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Natürlich hat das Ökostrom zu sein, so zumindest die Sichtweise der Klimaideologen, die diese Sichtweise bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit wohlklingenden Worten unters Volk bringen. Wer aber daran glaubt, dass an irgendeinem Ort in der Bundesrepublik tatsächlich reiner Ökostrom ankommt, oder irgendwann dort ankommen wird, der glaubt auch an das Märchen von Hänsel und Gretel. Grund dafür ist, dass es nicht einmal eine eindeutige Definition von „Ökostrom“ gibt. Um Ökostrom in ein Netz einspeisen zu können, muss der Anbieter heute lediglich garantieren, dass die von ihm eingespeiste Strommenge aus erneuerbaren Quellen stammt. Dass sich dieser Strom im Netz mit anders erzeugtem Strom vermischen, das liegt in der Natur der Sache.

Anders ausgedrückt: Das lässt sich auch gar nicht vermeiden. Als Ökostrom bezeichnet man im Übrigen den Strom, der aus erneuerbaren Energien wie Wind, Wasser und Sonne gewonnen wird.

Lässt man die erforderliche Infrastruktur für die Energieerzeugung einmal außer Acht, dann wird Strom bereits heute tatsächlich weitgehend ohne Ausstoß von Schadstoffen, Feinstaub und klimaschädlichen Gasen erzeugt.

Wahrscheinlich haben Sie beim Lesen dieses Satzes aber nur die beiden letzten Halbsätze zur Kenntnis genommen und bewusst oder unbewusst überlesen bzw. bereits vergessen, dass die für die Gewinnung grünen Stroms zu schaffende Infrastruktur wirklich alles andere als klimafreundlich ist.

Frank Hennig: Der Materialaufwand für eine Windkraftanlage ist erheblich: Bereits eine (relativ kleine) 2,3-Megawatt-Anlage Enercon E82 erfordert 29 Tonnen Verbundmaterial für die Rotorblätter, 12 Tonnen Kupfer, 1,3 Tonnen Aluminium, 73 Tonnen Gusseisen, 238 Tonnen Stahl und 1750 Tonnen Beton – in Summe über 2100 Tonnen Material [En08].

Egal: Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, den Primärenergieverbrauch bis 2050 auf 7200 Petajoule (2000 TWh) zu reduzieren und diese Energie dekarbonisiert als Strom, das heißt unter hundertprozentiger Sektorkopplung zur Verfügung zu stellen.

Als Sektorkopplung bezeichnet man ganz allgemein die Verbindung der „Energiesektoren“ Strom, Wärme und Verkehr. Diese Verbindung gilt es zu optimieren, das heißt, dass Strom aus anderen Quellen mit dem Ökostrom nicht mehr vermischt werden kann und darf, was aber nur dann der Fall sein wird, wenn Strom nicht mehr, wie bisher, auch aus fossilen Energien gewonnen oder aus importiertem Atom- oder Kohlestrom im deutschen Netz vorgehalten wird. Dazu gleich mehr.

Zuerst einmal gilt es festzustellen, dass auch im Jahr 2050 wohl keine Steckdose im Land tatsächlich nur grünen Strom an Endverbraucher liefern wird. In Wirklichkeit wird dann dort, wie das ja auch heute der Fall ist, nur der so genannte Graustrom ankommen, bei dem es sich um einen Mix aus erneuerbaren und fossilen Quellen handelt. Wäre das nicht so, dann müsste für Ökostrom nämlich ein eigenes Stromnetz existieren, was natürlich nicht möglich ist, denn ausschließlich erneuerbare Energien sind gar nicht dazu in der Lage, ein Stromnetz so stabil zu halten, wie das für das Stromnetz von heute, unverzichtbar ist.

Wie dem auch immer sei: Schauen wir uns zuerst einmal das Ziel der Bundesregierung für das Jahr 2050 an:

In der Energieeffizienzstrategie 2050 heißt es: Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, die deutsche Wirtschaft weltweit zur energieeffizientesten Volkswirtschaft zu formen und bis 2050 den Primärenergieverbrauch gegenüber 2008 zu halbieren. Denn nur durch eine kontinuierliche Steigerung der Energieeffizienz können Energiewende und Klimaschutz wirksam und kosteneffizient umgesetzt werden. Die Energieeffizienzstrategie 2050 stellt die Weichen für eine gestärkte Energieeffizienzpolitik und leistet zugleich den deutschen Beitrag zur Erreichung des EU-Energieeffizienzziels (mindestens 32,5 Prozent weniger Primär- und Endenergieverbrauch bis 2030). Die Strategie legt ein neues Energieeffizienzziel 2030 fest, bündelt die dafür notwendigen Maßnahmen der Bundesregierung in einem neuen Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE 2.0) und enthält Festlegungen für die Ausgestaltung eines Dialogprozesses „Roadmap Energieeffizienz 2050 [En09].

Von der Wortgewaltigkeit dieses kurzen Zitates aus der „Energieeffizienzstrategie 2050“ beruhigt und eingelullt, weil niemand weiß, was damit gemeint ist, liest sich die gutachterliche Stellungnahme von Dr.-Ing. Detlef Ahlborn zum Antrag der SPD Fraktion des Landtags Nordrhein-Westfalen gemäß Drucksache 17/7758 „Nachhaltige Industriepolitik für Nordrhein-Westfalen“ weitaus ernüchternder.

Detlef Ahlborn: In einem Mix von Wind- und Solaranlagen stellt sich heraus, dass zur Erreichung dieses Ziels Solarflächen von rund 4000 km2 und eine gesamte von den Rotoren überstrichene Fläche (Rotorfläche) von rund 2500 km2 erforderlich ist. Das entspricht rund 140.000 Windkraftanlagen neuester Bauart. Die tatsächlichen Zahlen liegen noch weit darüber, weil fraglich ist, ob eine Reduktion des Primärenergiebedarfs um 44% erreichbar ist, hier nur die Jahresdurchschnittswerte bilanziert wurden und die anfallenden Speicherverluste eines erforderlichen Speichersystems unberücksichtigt geblieben und nicht alle bereits aufgestellten Windkraftanlagen abgebaut werden.

Deutschland hat eine Fläche von 360.000 km2. Verteilt man die genannten 140.000 Windkraftanlagen gleichmäßig ohne Rücksicht auf Siedlungs-, Verkehrs, und Wasserflächen, so ergibt sich ein mittlerer Abstand von Windrad zu Windrad von 1600m. Die ermittelte gesamte Rotorfläche von 2500 km2 ist im Übrigen so groß, dass die der Windströmung entnommene Energie nicht mehr vernachlässigbar ist. Ein Eingriff in die Energien der strömenden Luft lässt daher eine Verringerung der mittleren Strömungsgeschwindigkeiten der Luft erwarten. Darüber hinaus wird ein Ausbau der sogenannten erneuerbaren Energien in diesen Dimensionen an der Akzeptanz der Bürger des Landes scheitern. In der vorstehenden Betrachtung wurden lediglich Jahresdurchschnittswerte betrachtet. Bei Solarenergie ist erwiesen, dass sie nachts nicht und in den Wintermonaten nur auf niedrigem Niveau verfügbar ist. [...]. Offensichtlich fällt die Summenproduktion aus Wind und solar regelmäßig auf Werte nahe null ab. Damit ist erwiesen, dass abgeschaltete konventionelle (Atom, Kohle und Gas-) Kraftwerke nicht durch Wind- oder Solarstrom ersetzt werden können. Im Bericht der Übertragungsnetzbetreiber 2019 heißt es dazu: „Daher setzen die Übertragungsnetzbetreiber für Wind eine Nichtverfügbarkeit von 99% an [En10]."

Wer sich für ein Gedankenspiel interessiert, das nur vom eigenen Gehirn auf der Grundlage eines kleinen Fotos konstruiert werden kann, dem sei empfohlen, den folgenden Link zu öffnen, um im Anschluss daran der Phantasie freien Lauf zu lassen, denn wer die auf dem Bild zu sehende Windenergie, mit den benötigten weiteren 100.000 Windrädern multipliziert, die erforderlich sein werden, um den Zielvorgaben überhaupt entsprechen zu können, dem dürfte bewusst werden, dass Windkraft auch im Hinblick auf regionale Wetterbeeinflussung nicht nur eine bedeutsame Rolle spielen kann, sondern dies auch aller Voraussicht nach das tun wird.

Windräder in Aktion

Auch dazu mehr an anderer Stelle. Ein anderer Aspekt von zusätzlich benötigten 100.000 Windrädern soll an dieser Stelle nur der Vollständigkeit halber hinzugefügt werden.

Detlef Ahlborn: Vergleichsweise neu sind die Erkenntnisse zur Größenordnung der Verluste von Insekten an Windkraftanlagen. Ging man bisher davon aus, dass ihr Flug nicht bis zur Höhe der Rotorblätter reicht, führte ausgerechnet eine Dienstleistungsbranche der Windindustrie zu der Erkenntnis, dass dies nicht stimmt. Spezialisierte Firmen zur Rotorblattreinigung sind nötig, um die Beläge durch Tausende toter Insekten zu entfernen, um den Wirkungsgrad durch glatte Blattoberflächen wieder zu sichern. Auf 1200 Tonnen pro Jahr beziehungsweise fünf bis sechs Milliarden Insekten pro Tag während der warmen Jahreszeit beziffert man nun die Verluste.

An anderer Stelle heißt es, Bezug nehmend auf die bereits bestehenden 30.000 Windräder:

Die überstrichene Rotorblattfläche der fast 30.000 Windkraftanlagen beträgt etwa 200 Millionen Quadratmeter. Das entspricht einer Wand von 200 Metern Höhe und 1000 Kilometern Länge, also einer Distanz von Aachen bis Warschau. Durch diese schreddernde Wand müssen Milliarden von Fluglebewesen hindurch, entsprechend hoch sind die Verluste. Der Luftdurchlass beträgt etwa 10 Millionen Kubikkilometer, was dem Zehnfachen des deutschen Luftraums bis auf 2000 Meter Höhe entspricht [En11].

Bei einem Ausbau der Windkraftanlagen um 100.000 Windräder, würden sich die oben genannten Größen natürlich mehr als verdreifachen.

Es kann davon ausgegangen werden, dass dadurch auch der Fachkräftemangel im Hinblick auf die für den Erhalt von Windkraftanlage erforderlichen Wartungs- und Reparaturmaßnahmen zu einem Problem werden könnte, denn 100.000 Windräder müssen nicht nur gewartet und repariert, sondern auch gesäubert werden, was einen hohen Personal- und Pflegeaufwand erforderlich macht. Und wenn diese Windkraftanlagen erst einmal alt geworden sind, was kaum mehr als 30 Jahre Betriebszeit umfasst, dann müssen diese Anlagen natürlich auch klimaneutral und umweltverträglich, also nachhaltig, entsorgt werden. Das gilt natürlich auch für die restlose Beseitigung der riesigen Fundamente und natürlich auch um die Entsorgung der Rotoren der Windräder, was der Entsorgung von Asbest entspricht.

Wartung von Windkraftanlagen

Und was die Kosten dafür anbelangt? Die werden bedeutsam sein.

06 Kostenexplosion der Energiewende

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Diesbezüglich heißt es in einer Meldung der Neuen Züricher Zeitung im Dezember 2023 wie folgt:

NZZ.ch vom 19.12.2023: Eine Welt nur mit Solar- oder Windstrom? Die Kosten würden explodieren. Wer die Energiewende will, schwört auf erneuerbare Energien. Doch ein Forscher mahnt: Damit das gelingt, braucht es in einem Bereich einen gewaltigen Innovationsschub. Sonst steigen die Kosten ins Unermessliche. Wollte Deutschland seinen Strom allein aus Windanlagen gewinnen, müsste es 300.000 Turbinen aufstellen statt den derzeitigen 30 000 [En12].

07 Angst vor 2030

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Die Furcht davor, dass in 2030 nicht genügend Energiesicherheit bestehen könnte, ist groß - offenbar auch bei der Bundesnetzagentur.

Welt.de vom 21.12.2023: „Systemrelevante“ Anlagen. Verbot der Stilllegung – Bundesnetzagentur überrascht mit Veto gegen Kohleausstieg.

Die Ampelkoalition wollte den Kohleausstieg auf 2030 vorziehen. Doch wie WELT jetzt erfuhr, untersagt die Bundesnetzagentur die vorzeitige Stilllegung von Kohlekraftwerken. Die Entscheidung klingt wie ein Misstrauensvotum gegen die Kraftwerksstrategie von Wirtschaftsminister Habeck [En13].

Ergänzend dazu heißt es auf Focus.de:

Focus.de vom 21. 12.2023: Habecks Behörde rebelliert gegen Wirtschaftsminister. Bundesnetzagentur stoppt kompletten Kohleausstieg vor 2031. Damit rebelliert die Behörde, die zum Amtsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gehört, gegen den zuständigen Minister Robert Habeck. Laut „ Welt “ gab die Bundesnetzagentur, also Habecks eigene Behörde, damit der Beschwerde mehrerer Stromnetzbetreiber nach, die Kohlekraftwerke auch nach 2030 noch als „systemrelevant“ sehen. Vor dem 31. März 2031 soll demnach kein Kohleblock stillgelegt werden [En14].

Weitere Ausführungen zu Zukunftsaussichten konnte ich zumindest den so genannten Leitmedien im Internet nicht finden, denn der Artikel auf Welt.de zu dieser Thematik verbirgt sich bedauerlicherweise hinter einer Bezahlschranke. Informationen, die dem woken Zeitgeist und der vorherrschenden Nachhaltigkeitsideologie nicht entsprechen, lassen sich dennoch im Internet finden, zum Beispiel auf der Webseite des liberal konservativen Meinungsmagazins „Tichys Einblick“.

Tichyseinblick.de vom 22.12.2022: Die Netzagentur, die zum Amtsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums gehört, soll darüber wachen, dass noch genügend Stromerzeugungskapazitäten am Netz sind. Sie muss den Anträgen von Kraftwerksbetreibern zustimmen, wenn die Kraftwerksblöcke stilllegen wollen. Jetzt hat sie erklärt, diese Kraftwerksblöcke seien systemrelevant und würden für die Netzstabilität benötigt.

Sie würden allerdings nur selten laufen, so ein Sprecher der Agentur. Die Blöcke sollten als Reserve auf Abruf durch Netzbetreiber fungieren. Dies ist allerdings eine extrem teure Angelegenheit. Die Kraftwerksblöcke sollen herumstehen, müssen gewartet werden, Kraftwerker müssen bezahlt werden. Das alles kostet viel Geld, ohne dass mit dem Verkauf von Strom die Kosten wieder hereingeholt werden können.

Die bezahlt letztlich der Stromkunde. Dabei wird der Strom für die Stromverbraucher im kommenden Jahr schon deutlich teurer. Der sogenannte Bundeszuschuss von 5,5 Milliarden Euro zur Stabilisierung der Netzentgelte wird abgeschafft; die Stadtwerke haben jetzt ihre Preiserhöhungen bekannt gegeben. Laut dem Vergleichsportal Check24 hat die Hälfte der Stadtwerke ihre Netzentgelte für das kommende Jahr neu kalkuliert.

Wie Check24 jetzt zusammengefasst veröffentlicht hat, werden Verbraucher mit einer Erhöhung der Strompreise von 32 Prozent rechnen müssen. Das bedeutet für einen durchschnittlichen Haushalt etwa 200 Euro Mehrkosten für Strom gegenüber diesem Jahr [En15].

Seit der Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke ist die Bundesrepublik im Winter folglich noch mehr auf Stromimporte angewiesen. Dabei kann es sich natürlich auch um Atomstrom handeln, der aus der Schweiz oder aus Frankreich importiert, aus meist alten Atomkraftwerken stammt. Übrigens: In Europa hat man sich darauf geeinigt, dass es sich bei Atomstrom um "grünen" Strom, also um Ökostrom handelt.

Wie dem auch immer sei: Da der Strombedarf mit der Energiewende europaweit steigt, dürfte die Versorgungssicherheit dadurch zwangsläufig abnehmen.

Die ökologische Nachhaltigkeit leidet somit unter dem Atomausstieg, denn um ganzjährig Strom zu haben, laufen die Kohlekraftwerke nunmehr auf Hochtouren. Deutschland gehört somit weiterhin zu den zehn Nationen mit dem höchsten CO2-Ausstoß pro Kopf durch Kohlekraftwerke [En16].

Wie dem auch immer sei. Im Vergleich zur Energiegewinnung aus LNG dürfte die Energiegewinnung aus Kohle weitaus umweltschädlicher sein.

Importiertes LNG soll viel klimaschädlicher als Kohle sein.

"Einer neuen US-Studie zufolge ist es viel klimaschädlicher, Energie aus importiertem Flüssiggas (LNG) zu gewinnen, als auf das Verfeuern von herkömmlicher Kohle zu setzen. „Die absoluten Treibhausgasemissionen von LNG sind im schlimmsten Fall um 274 Prozent höher als die von Kohle“, heißt es in der noch nicht veröffentlichten Analyse des Methan-Forschers Robert W. Howarth von der Cornell University".

08 Was Ökostrom allein nicht leisten kann

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Die Menge des durch Wind- oder Sonnenenergie erzeugten Stroms ist immer abhängig von den jeweils vorgefundenen äußeren Gegebenheiten. Anders ausgedrückt: Nachts wird auch die beste Photovoltaik-Anlage keinen Strom erzeugen können. Das gilt natürlich auch für Windräder bei Windstille. Die werden sogar zwangsabgeschaltet, wenn der Wind zu stark bläst.

Ein Stromnetz allein von Ökostrom abhängig zu machen, käme somit nicht nur einem wirtschaftlichen, sondern auch einem politischen Selbstmord gleich, denn bei einer Stromüberproduktion, die bei günstigen Witterungsverhältnissen nicht ungewöhnlich ist, aber auch bei einer Stromunterproduktion würde es zu Netzzusammenbrüchen kommen, die katastrophale Folgen nach sich ziehen würden.

Schon heute ist es nicht mehr ungewöhnlich, dass Deutschland seine Stromüberschüsse tagsüber zu Niedrigpreisen verkaufen muss, um sie nachts oder bei Windstille teuer zurückkaufen zu müssen. Warum? Sobald es viel Wind und viel Sonne gibt, kommt es zu einer Stromschwemme, die den Endverbraucher teuer zu stehen kommt, denn die dadurch anfallenden Kosten müssen ja letztendlich bezahlt werden.

09 Abschalten von Windrädern

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Sturm bedeutet somit nicht, mehr Strom, sondern weniger Strom.

Wetter.de 2015: Ab einer bestimmten Windstärke werden Windenergieanlagen bei Sturm abgeschaltet, um Schäden zu vermeiden, etwa durch allzu starke Schwingungen [...]. Wenn die Belastung zu groß wird, kann die Stabilität der Anlage gefährdet werden. Eine weitere Gefahr ist, dass die elastischen Rotorblätter an den Turm stoßen können. Deswegen messen Sensoren ständig die genauen Windgeschwindigkeiten. Ab einer Windstärke von etwa 90 Stundenkilometern drehen sich die Rotorblätter automatisch aus dem Wind, um wenig Angriffsfläche zu bieten. Sie werden nicht fixiert, drehen sich aber nicht mehr. Die Steuerungssoftware schaltet die Anlage ab. In diesen Fällen ist der Grenzwert zum Abschalten vom Windrad-Hersteller festgelegt.

Die Sicherheit ist aber nicht der einzige Grund dafür, dass Windräder still stehen, obwohl der Wind gehörig bläst. Denn gerade wenn der Wind besonders heftig weht, wird am meisten Strom produziert, womöglich sogar zu viel. Da der Ausbau des Stromnetzes nicht so schnell vorankommt, wie Windräder aus dem Boden schießen, kann das Netz überlastet werden - besonders nachts, wenn die Nachfrage nach Strom gering ist. Gespeichert werden kann die überschüssige Energie nicht.

Zur Verhinderung von Eisschäden werden Windräder ebenfalls abgestellt. Das ist der Fall, wenn die Rotorblätter witterungsbedingt vereisen [En17].

Auch in einer Meldung der Tagesschau vom 23.1.2023 heißt es.

Tagesschau.de vom 23.1.2023: Probleme bei der Energiewende. Wenn Windräder stillstehen müssen.

Bei Überkapazitäten in den Stromnetzen herrscht ebenfalls Stillstand auf den Windfarmen. Wenn es so viel Energie gibt, dass gar nicht alles eingespeist werden kann, stehen in der Regel die Windräder als Erstes still. Denn diese lassen sich flexibler abstellen und wieder in Betrieb nehmen als beispielsweise ein Braunkohlekraftwerk. Viel Energie, die so verloren geht: Nach Zahlen der Bundesnetzagentur konnten alleine in 2021 gut 5,8 Milliarden Kilowattstunden an Strom aus Windkraft nicht eingespeist werden. Das ist etwa ein Prozent des deutschen Gesamtstromverbrauchs [En18].

Festzustellen ist, dass es auch heute immer noch an einem gesamtwirtschaftlichen Konzept fehlt, wie ein filigranes Stromnetz funktionsfähig gehalten werden kann, wenn in dieses Netz nur noch Ökostrom oder nachhaltig erzeugter Strom eingespeist werden soll.

Der Fehlerteufel liegt sozusagen immer im Detail.

In einer Studie der TU Graz heißt es zum Beispiel:

TU Graz 3.6.2022: Neue Herausforderungen für das Stromnetz: Die zunehmende Einspeisung von nachhaltigen Energien – wie beispielsweise Photovoltaik.

Als noch wenige Kleinanlagen ins Netz eingespeist haben gab es die Regelung, sie möglichst schnell vom Netz zu trennen und die großen Kraftwerke stabilisieren zu lassen“, erklärt Renner. „Heute aber sind dezentrale Kleinkraftwerke in Summe eine so ernstzunehmende Größe, dass sie den gleichen Regeln wie die großen Kraftwerke folgen müssen. Würden sich plötzlich Zehntausende Photovoltaikanlagen vom Netz trennen oder gleichzeitig wieder Energie ins Netz einspeisen, würde das zu gewaltigen Problemen führen [En19].“

10 Leistungsgrenze erneuerbare Stromerzeugung

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Damit Deutschland bis zur Mitte des Jahrhunderts klimaneutral ist, sollen regenerative Quellen viel mehr Strom liefern als die heute insgesamt produzierten rund 500 Terawattstunden. Was aber würde es bedeuten, wenn im Norden Deutschlands mehr Windräder errichtet würden, als das wirtschaftlich sinnvoll ist?

Eine Antwort darauf hat das Max-Planck-Institut für Biogeochemie wohl gefunden, denn in einer Presseerklärung des Instituts vom 14. Juli 2022 heißt es:

Max-Planck-Institut 2022: Viele Turbinen schwächen den Wind.

Da Turbinen dem Wind Energie entziehen und einen Windschatten erzeugen, werden sie meist in einem Abstand von vier bis sechs Rotordurchmessern, also etwa 600 bis 800 Metern, errichtet. Dann kann die Energie von oben nachgeliefert werden. Das gilt jedoch nur begrenzt: Je mehr Windräder in einer Region stehen, desto weniger kann die Atmosphäre die Verluste ausgleichen – der Wind wird schwächer. Dieser Effekt dürfte beim geplanten Ausbau an Land in einigen Regionen den Stromertrag reduzieren und wird eine große Rolle für den angestrebten Ausbau in der Nordsee spielen.

An anderer Stelle heißt es:

Windkraft braucht Platz: Im Jahr 2021 waren an Land Windkraftanlagen mit 56 Gigawatt Nennleistung installiert, 2050 könnten es 200 Gigawatt sein. Wie Forschende des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie berechnet haben, wird der Stromertrag durch Entzug von Windenergie um 8 Prozent reduziert, wenn die Anlagen proportional zur Landesfläche (Szenario A) verteilt werden. Dann würden besonders viele neue Anlagen in den südlichen Bundesländern entstehen. Wenn Turbinen proportional zu den heute vorhandenen Anlagen (Szenario B) errichtet werden, also vor allem in den nördlichen Bundesländern, sinkt der Ertrag um gut 10 Prozent. Das Gebiet, das in der Nordsee für Windkraftanlagen zur Verfügung steht, ist viel kleiner als die Landfläche Deutschlands. Dort soll bis 2050 mit 70 Gigawatt aber ein Drittel der an Land angestrebten Leistung installiert werden. Daher ist dort mit einer Ertragsreduktion von 40 Prozent zu rechnen. Das würde die Kosten der Stromerzeugung dort deutlich erhöhen [En20].

11 Stromschwankungen und Netzbooster

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Das schwankende Windstromaufkommen ist der Wirtschaftlichkeit der Elektrolyseure auf jeden Fall abträglich. Ausgeglichen werden können diese Schwankungen durch regelungsfähige Kraftwerke oder, wie das Technikgläubige behaupten, durch Batterien, obwohl sich die Problemlösung durch Pufferbatterien (Netzbooster) aus Kostengründen gar nicht stellen sollte, um diesen Mangel auszugleichen.

Warum?

Es geht bei solchen Netzboostern nicht um Batterien, die Strom im Megabitbereich speichern können, sondern um eine Speichergröße in Gigabit-Bereich, wenn wirklich Versorgungssicherheit so gewährleistet werden soll. Wie dem auch immer sei. Netzbooster befinden sich immerhin schon im Bereich der Testphase.

Und so funktionieren Netzbooster: Seit Jahren müssen die Übertragungsnetzbetreiber immer häufiger in den Netzbetrieb eingreifen, wenn besonders viel Energie von Norden nach Süden transportiert werden soll und deshalb die Überlastung einzelner Leitungen droht. Dazu werden Strom erzeugende Anlagen, die vor dem Engpass liegen, heruntergeregelt. Solche präventiven Redispatch-Maßnahmen sind teuer. Netzbooster, wenn sie denn dazu in der Lage sind, den für Ausgleichsmaßnahmen erforderlichen Strom aufzunehmenund vorzuhalten, um ihn dann bei Bedarf wieder dem Netz zuzuführen, könnten somit durchaus den Redispatch-Bedarf und die damit verbundenen Kosten senken, wenn, ja wenn die hohen Kosten nicht währen, ohne die es Netzbooster nicht geben kann. Abhilfe schaffen könnte hier ein Sondervermögen Netzbooster.

Netzbooster greifen im Übrigenauch erst dann ein, wenn schon ein Fehler vorliegt. Sie funktionieren also reaktiv. Techniker nennen das den n-1-Fall. Tritt er ein, ist schnelles Handeln gefragt. Netzbooster können im Gegensatz zu konventionellen Kraftwerken innerhalb von wenigen Sekunden einspringen. Sie nutzen regelbare Lasten (zum Beispiel einen regelbaren Verbraucher) vor dem Netzengpass in Verbindung mit einer schnell aktivierbaren Energiequelle (zum Beispiel eine große Batterie) hinter dem Engpass [En21].

Redispatch-Maßnahmen: Darunter sind Eingriffe in die Erzeugungsleistung von Kraftwerken zu verstehen, um Leitungsabschnitte vor einer Überlastung oder einem Leistungsabfall zu schützen. Droht an einer bestimmten Stelle im Netz ein solcher Fehler, dann werden Kraftwerke angewiesen, ihre Einspeisung zu drosseln bzw. zu erhöhen. Auf diese Weise wird ein Lastfluss erzeugt, der die Störung sozusagen neutralisiert.

Meldepflicht von Redispatch-Maßnahmen: Gemäß § 13 Abs. 7 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz - EnWG) sind über die Gründe von durchgeführten Anpassungen und Maßnahmen die hiervon unmittelbar Betroffenen und die Regulierungsbehörde unverzüglich zu informieren.

Gesetzesmonster: Da der § 13 EnWG einen 2.072 Wörter umfassenden Text aufweist, der bei normaler Schriftgröße einen Umfang von 6 Textseiten im DIN-A-4 Format aufweist und wirklich sehr viel Lesekompetenz erfordert, halte ich es für zielführend, nur die für diesen Text bedeutsamen Absätze zu zitieren:

§ 13 Abs. 7 bis 9 EnWG

(7) Über die Gründe von durchgeführten Anpassungen und Maßnahmen sind die hiervon unmittelbar Betroffenen und die Regulierungsbehörde unverzüglich zu informieren. Auf Verlangen sind die vorgetragenen Gründe zu belegen.

(8) Reichen die Maßnahmen nach Absatz 2 nach Feststellung eines Betreibers von Übertragungsnetzen nicht aus, um eine Versorgungsstörung für lebenswichtigen Bedarf im Sinne des § 1 des Energiesicherungsgesetzes abzuwenden, muss der Betreiber von Übertragungsnetzen unverzüglich die Regulierungsbehörde unterrichten.

(9) Zur Vermeidung schwerwiegender Versorgungsstörungen müssen die Betreiber von Übertragungsnetzen alle zwei Jahre eine Schwachstellenanalyse erarbeiten und auf dieser Grundlage notwendige Maßnahmen treffen. Das Personal in den Steuerstellen ist entsprechend zu unterweisen. Über das Ergebnis der Schwachstellenanalyse und die notwendigen Maßnahmen hat der Betreiber eines Übertragungsnetzes alle zwei Jahre jeweils zum 31. August der Regulierungsbehörde zu berichten.

Diejenigen Leserinnen und Leser, die sich für gesetzlich verfügte Gesetzesmonster interessieren, können die Norm über folgenden Link aufrufen.

§ 13 Systemverantwortung der Betreiber von Übertragungsnetzen

In was für einem Umfang Redispatch-Maßnahmen erforderlich werden, wenn die so genannte Windstromautobahn SuedLink nach neuesten Planungen 2028 in Betrieb genommen wird, auf diese Frage kann es heute noch keine Antwort geben, denn erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Sobald aber der Zustand erreicht ist, von dem ab nur noch klimaneutral gewonnener Strom in den Netzen transportiert wird, können „Betriebsstörungen“ wohl nur durch gespeicherten Strom ausgeglichen werden. Das sind Batterien in einem Format, der nur noch in Kubikmetern gemessen werden kann, die, damit sich das moderner anhört, Netzwerkbooster genannt werden. Die befinden sich aber zurzeit noch in der Test- und Entwicklungsphase.

12 Test- und Entwicklungsphase

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Booster würden an allen etwa 1000 Knotenpunkten innerhalb der Windkraftautobahn SuedLink vorgehalten werden müssen, um das Übertragungsnetz flexibel steuern zu können.

Warum?

Wenn erst einmal SuedLink in seiner vollen Leistungsstärke genutzt wird, was im Übrigen auch für andere Netze gilt, die mit Windstrom versorgt werden, wird das die Trassen unweigerlich hin und wieder an ihre Leistungsgrenzen bringen. Daher müssen flexible Netzbetriebsmittel dazu in der Lage sein, in großen Batterien Windstrom aus dem Norden, der nicht gebraucht wird, aufzunehmen, um ihn dann bei Bedarf wieder abgeben zu können.

Wie zum Beispiel ein 200 Megawatt-Netzbooster aussieht, davon können Sie sich einen Eindruck verschaffen, wenn Sie folgenden Link aktivieren.

200 Megawatt-Netzbooster

200 Megawatt-Speicher werden aber wohl kaum für längerandauernde Störungen ausreichen. Deshalb wird bereits an Netzboostern mit erheblich größerer Speicherfähigkeit geforscht.

Wie dem auch immer sei:

Wenn Sie wissen möchten, wie ein 500 Megawatt-Fluence-Netzbooster in Süddeutschland aussehen könnte, dann öffnen Sie bitte folgenden Link.

500 Megawatt-Booster

Ergänzend dazu heißt auf der Webseite des Handelsblatts vom 20.1.2023 wie folgt:

Handelsblatt.com: Obwohl Deutschland mitten in der Energiekrise steckt, stehen täglich viele Windräder still. Sie werden gestoppt, wenn sie mehr Strom produzieren, als das Netz vertragen kann. Das kostet den Stromverbraucher viel Geld: 2021 lagen die sogenannten Redispatch-Kosten für solche Sicherheitsmaßnahmen bei rund 2,3 Milliarden Euro.

In Zukunft könnte sich das ändern. Schon in zweieinhalb Jahren soll der weltweit größte Batteriespeicher im Nordosten Baden-Württembergs den Betrieb aufnehmen. Über eine Fläche von 4,5 Fußballfeldern sollen sich Lithium-Ionen-Batterien mit einer Leistung von 250 Megawatt in mehreren Containern dann neben dem Umspannwerk in Kupferzell erstrecken [En22].

Wie viele leistungsfähige „Netzwerkbooster“ benötigt werden, um im Falle einer notwendig werdenden Redispatch-Maßnahme zur Verfügung zu stehen, weiß heute noch niemand. Es dürfte aber wohl keine Übertreibung sein, von mehr als 1000 Umspannwerken auszugehen, die über Netzbooster verfügen müssen, um die 2028 betriebsbereite Winkraftautobahn SuedLink störungsfrei betreiben zu können. Ob bis dahin schon alle benötigten "Netzwerkbooster" betriebsbereit sein werden, kann zumindest bezweifelt werden. Die, die dann bereits vorhanden sind, dürften dann aber für länger andauernde Störungen wohl kaum ausreichen, es sei denn, dass in der Störungszeit die Gas- oder Kohlekraftwerke wieder hochgefahren werden können, die dann, wenn sie wieder leistungsafähig sind, dazu in der Lage wären, größere Störungen ausgleichen zu können.

13 SuedLink Die Windstroautobahn

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Auf der Webseite der TransnetBW GmbH, die das Strom-Übertragungsnetz in Baden-Württemberg betreibt und damit sowohl die Stromversorgung in der Region als auch in Deutschland und in Europa sicherstellt, heißt es:

TransnetBW: Als leistungsstarke Gleichstromleitung ist SuedLink elementar für die sichere, stabile Stromversorgung von morgen. Für eine erfolgreiche Energiewende in Deutschland kommt dieser Infrastrukturmaßnahme eine zentrale Bedeutung zu [En23].

Zum Start für Stromautobahn SuedLink heißt es ergänzend dazu auf der Webseite der Bundesregierung, Stand: 27. Juli 2023, wie folgt:

Bundesregierung: Bundeswirtschaftsminister Habeck hat mit dem Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW den Startschuss zum Bau des ersten Konverters für die künftige Stromautobahn „SuedLink“ gegeben. Ab 2027/28 sollen über diese sowie die „SuedOstLink“ große Mengen Windstrom nach Bayern und Baden-Württemberg fließen [En24].

Dabei handelt es sich aus Sicht des hessischen Landesverbands des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND Hessen) um eine überflüssige Stromtrasse, weil die nur für seltene Stromlastspitzen erforderlich sei, so dass dieses Problem einfacher und auch weitaus kostengünstiger und umweltfreundlicher gelöst werden könne. Der BUND bezieht sich dabei auf ein Gutachten von Prof. Dr. Lorenz Jarass und Dipl.-Ing. Carsten Siebels, die beide zu dem Ergebnis kommen, dass SuedLink nur für seltene Stromlastspitzen erforderlich ist [En25].

14 Was Nordstream 1 + 2 mit Suedlink verbindet?

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Was das Schicksal von Nordstream 1 und 2 anbelangt, dürfte wohl noch jeder Leserin und jedem Leser in Erinnerung sein, denn beide Pipelines wurden am 26. September 2022 mit vier Sprengungen zerstört. Dabei wurden beide Stränge von Nord Stream 1 und einer der beiden Stränge von Nord Stream 2 unterbrochen.

Die Sprengungen erfolgten in einer Tiefe von 70 bis 80 Metern.

Wie die Stromtrasse von SuedLink unterirdisch verlegt wird, das zeigt ein Foto, das Sie über den folgenden Link aufrufen können.

Die Kabel werden auf freier Fläche 1 bis 2 Meter unter dem Erdreich verlegt.

Verlegung eines Stromkabels für Suedlink

Auch das folgende Video, das ebenfalls im Internet zur Verfügung steht, gibt Auskunft über das Gesamtprojektes SuedLink.

Video SuedLink

Und worin besteht jetzt die Gemeinsamkeit mit Nordstream 1 und 2?

Für einen Terroristen dürfte es wirklich keine unmögliche Leistung sein, mit der dafür notwendigen Menge Sprengstoff irgendwo in der 700 km umfassenden Länge dieser Windstromautobahn ein großes Loch in diese Stromtrasse zu sprengen.

Im Gegensatz zu den bisher üblichen Überlandleitungen, die bei Schäden, auch wen ein oder mehrere Masten gesprengt worden sein sollten, schnell repariert werden können, dürfte eine Trennung der Kabel von SuedLink eine Situation schaffen, die sich nicht so schnell beseitigen lässt.

Anders ausgedrückt: Je komplizierter eine Technik ist, umso fragiler, hier zu verstehen im Sinne von angreifbar und zerstörbar, wird sie auch. Fragilität ist sogar messbar. Diesbezüglich heißt es bei Nassim Nicolas Taleb wie folgt:

Nassim Nicolas Taleb: Fragilität ist vergleichsweise gut messbar, ganz im Gegensatz zu Risiken, die mit seltenen Ereignissen zusammenhängen. Wir können (Anti)Fragilität einschätzen, ja sogar messen, wohingegen wir Risiken und die Wahrscheinlichkeit von Schocks und seltenen Ereignissen nicht kalkulieren können, wie gebildet wir auch immer sein mögen. Risikomanagement, wie es heute gehandhabt wird, ist das Studium eines Ereignisses, das in der Zukunft eintreten wird, und nur ein paar Wirtschaftswissenschaftler und andere Verrückte können aller Erfahrung zum Trotz behaupten, sie seien in der Lage, das zukünftige Vorkommen dieser seltenen Ereignisse „messen“ zu können. Dennoch gibt es Dummköpfe, die ihnen das abnehmen, obwohl die Erfahrung mit solchen Behauptungen und die Erfolgsbilanz besagter Wissenschaftler klar dagegen spricht [En26].

Nun ist das Leben in einer Risikogesellschaft ohne Risiken nicht möglich. Dennoch stellt sich die Frage, wie groß die Risiken für so genannte Lebensadern sein dürfen, die von einer Industriegesellschaft in Kauf genommen werden müssen, zu denen sicherlich auch die gesicherte Energieversorgung gehört.

Zwar können auch Hochspannungsleitungen für längere Zeit ausfallen, wie das zum Beispiel beim Münsterländer Schneechaos am 25. November 2005 der Fall gewesen ist, in dem eine ganze Region 6 Tage lang ohne Strom war, denn 82 Strommasten knickten damals wie Streichhölzer ein.

Wetter.de vom 26.11.2021: Rund 250.000 Menschen wurden von der Stromversorgung abgeschnitten, den 19.000 Einwohner-Ort Ochtrup traf das Schneetief besonders hart. Die Menschen dort lebten bis zu sechs Tage im Dunkeln. Insgesamt dauerten die Reparaturarbeiten der Stromleitungen Wochen, der Gesamtschaden belief sich auf 100 Millionen Euro [En27].

Aber nicht nur seltene Wetterkapriolen, auch Terroranschläge haben ganze Stromnetze bereits lahmgelegt, wenn auch nicht in Deutschland.

Südtiroler Feuernacht: In der Nacht auf den 12. Juni jährt sich die sogenannte Südtiroler „Feuernacht“ zum 60. Mal. Die Anschläge des Befreiungsausschusses Südtirol (B.A.S.) erreichten 1961 ihren Höhepunkt. Allein in dieser Nacht wurden 37 Strommasten gesprengt, um die Weltöffentlichkeit auf die Unterdrückung der deutschsprachigen Minderheit in Südtirol aufmerksam zu machen [En28].

Mit welchen Folgen jedoch zu rechnen ist, wenn die Windstromautobahn SuedLink Zielobjekt von Terroranschlägen werden sollte, ist zurzeit wohl kaum absehbar.

Anfälligkeit der Stromkabel von SuedLink: Immerhin liegen die Stromkabel nur 1 bis 2 Meter unter dem Boden. An etwa jeder zweiten Verbindungsstelle kommen so genannte Crossbondingmuffen zum Einsatz, deren Abdeckplatten sogar einige Zentimeter aus dem Erdboden herausragen. Dort, wo es erforderlich erscheint, werden diese Zugänge mit Anfahrschutzbügeln ausgestattet. Wer also eine geeignete Stelle für einen Sprengstoffanschlag sucht, der wird nicht lange suchen müssen, denn diese Bügel sind gut sichtbar, wie das der folgenden Animation entnommen werden kann, die im Internet vorgehalten wird.

Wechselstrom-Erdverkabelung im Höchstspannungsnetz

15 Schlusssätze

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Denken heißt Nein sagen. Wozu aber gilt es nein zu sagen? Zur Welt, zum Prediger, zum Tyrannen, zum Politiker oder zum Wissenschaftler? Das wäre in Anlehnung an Derrida nur Schein.

Jacques Derrida: In all diesen Fällen sagt das Denken NEIN zu sich selbst. Es bricht die glückliche Ruhe. [Ruhe und Unruhe. Glück des Schlummers]. Es trennt sich von sich selbst. Es kämpft gegen sich selbst. Es gibt auf der Welt keinen anderen Kampf. Warum gibt es auf der Welt keinen anderen Kampf? Weil ich, bevor ich dem anderen die Stirn biete und um dem Anderen – in all seinen Formen, dem Mitmenschen, der Welt, dem Tyrannen, dem Prediger oder sogar dem Freund – die Stirn zu bieten kann, in mir einem inneren Feind die Stirn bieten muss, einem inneren Defätisten (Schwarzseher), der mir den Schlaf einflüstert, der mir zu Flucht rät, der mich dazu drängt, nachzugeben, mich ungeprüft, gefahrlos besiegen oder überzeugen zu lassen [En29].

Es bedarf somit schon viel Überwindung, sich selbst auf den Weg zu machen, um herauszufinden, ob es sich bei der mit großem Aufwand betriebenen Erzählung von einer klimaneutralen Großtechnik wirklich um eine tragfähige Zukunftslösung handelt, oder ob es nicht doch besser wäre, zuerst einmal eine Zukunft zu beschreiben, die realisierbar und zumutbar ist.

Diese Frage können Sie nur selbst beantworten, weniger faktenbasiert, aber dafür unter Gebrauch Ihres gesunden Menschenverstandes.

Jacques Darrida zumindest geht von der Vorstellung aus, dass zu jedem Willen auch die Bejahung des Guten gehört. Das dazugehörige JA geht, so seine Sicht der Dinge, dem Denken des NEINS voraus, weil der Wille zum Guten zur ursprünglichen Natur des Menschen gehört, so dass die Entscheidung für das Falsche eines gewissen Aufwandes bedart, damit das Gute (Richtige) verdrängt werden kann.

Wie dem auch immer sei.

Das hinterfragende NEIN dient auf jeden Fall dem Zweck, den Irrtum zu vermeiden.

Ich wünsche Ihnen ein gutes und ein erfahrungsreiches neues Jahr 2024.

Mit freundlichen Grüßen
Alfred
Rodorf

1. Januar 2024

16 Quellen

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Endnote_01
Michael Esfeld. Land ohne Mut. Eine Anleitung für die Rückkehr zu Wissenschaft und Rechtsordnung. Achgut Edition 2023, Seite 22 - 24
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Endnote_02
Jacques Derrida. Denken heißt Nein sagen. Passagen Verlag 2022, Seite 29
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Endnote_03
Ebd. Derrida, Seiten 3 und 4
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Endnote_04
Émile-Auguste Chartier war ein französischer Denker und Schriftsteller, der zwischen den beiden Weltkriegen hohes Ansehen als „moralische Stimme“ Frankreichs genoss. Mit seiner Kolumnenform Propos prägte er eine neue literarische Gattung. In der Regel ist er unter seinem Pseudonym Alain bekannt.
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Endnote_05
Alain: https://beruhmte-zitate.de/autoren/alain/
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Endnote_06
Merkur.de vom 8.12.2023: Putin plante Mega-Blackout in Deutschland: Last-Minute-Rettung durch Whistleblower enthüllt.
https://www.merkur.de/wirtschaft/wladimir-putins-gescheiterter-coup-bericht-
enthuellt-rettung-deutschlands-vor-mega-blackout-92714032.html
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Endnote_07
Marcel Fratzscher. Die Deutschland-Illusion. Carl-Hanser-Verlag 2014, Seite 96
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Endnote_08
Frank Hennig. Klimadämmerung. Vom Ausstieg zum Abstieg. Ein Plädoyer für mehr Vernunft. Seite 99 unter Verweis auf VDI-Nachrichten 35/11
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Endnote_09
Energieeffizienzstrategie 2050:
https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/
publikationen/energieeffizienzstrategie-2050-1708334
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Endnote_10
Landtag NRW - 17. Wahlperiode - Stellungnahme 17/2251
https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/
dokumentenarchiv/Dokument/MMST17-2251.pdf
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Endnote_11
Ebd. Detlef Ahlborn
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Endnote_12
NZZ.ch vom 19.12.2023: Eine Welt nur mit Solar- oder Windstrom? Die Kosten würden explodieren
https://www.nzz.ch/wirtschaft/eine-welt-nur-mit-solar-
oder-windstrom-die-kosten-wuerden-explodieren-ld.1770463
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Endnote_13
Welt.de vom 21.12.2023: Bundesnetzagentur überrascht mit Veto gegen Kohleausstieg.
https://www.welt.de/wirtschaft/plus249179614/Bundesnetzagentur-
ueberrascht-mit-Veto-gegen-Kohleausstieg.html
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Endnote_14
Focus.de vom 21.12.2023. Bundesnetzagentur stoppt kompletten Kohleausstieg vor 2031.
https://www.focus.de/politik/deutschland/bundesnetzagentur-stoppt-kohleausstieg-vor-2031-jetzt-rebelliert-habecks-behoerde-gegen-den-wirtschaftsminister_id_259519405.html
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Endnote_15
Tichyseinblick.de vom 21.12.2023: Reserve für Netzstabilität Bundesnetzagentur verbietet vorzeitige Stilllegung von Kohlekraftwerken.
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/bundesnetzagentur-
verbietet-stilllegung-kohlekraftwerke/
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Endnote_16
NZZ.ch vom 22.12.2023. Die gelähmte Republik: Deutschland ist ein Stillstandland.
https://www.nzz.ch/der-andere-blick/die-gelaehmte-republik-
deutschland-ist-ein-stillstandland-ld.1771614
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Endnote_17
Wetter.de vom 24. 2. 2015: Warum Windräder bei Wind manchmal abgeschaltet werden müssen.
https://www.wetter.de/cms/warum-windraeder-bei-wind-
manchmal-abgeschaltet-werden-muessen-2222753.html
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Endnote_18
Tagesschau.de vom 23.1.2023:
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/windkraft-probleme-101.html
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Endnote_19
Studie Uni Graz 2022: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/09/PD23_351_43312.html
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Endnote_20
Max-Planck-Institut für Biogeochemie vom 14. Juli 2022. Windkraft, aber richtig.
https://www.bgc-jena.mpg.de/news/2022/windkraft
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Endnote_21
Was ist eigentlich ein Netzbooster?
https://www.haustec.de/energie/batteriespeicher/
was-ist-eigentlich-ein-netzbooster#SnippetTab
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Endnote_22
Handelsblatt.com vom 20.1.2023: Energiewende: Siemens-Tochter baut Mega-Batteriespeicher für Strom.
https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/energiewende-
siemens-tochter-baut-mega-batteriespeicher-fuer-strom/28724584.html
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Endnote_23
TransnetBW:
https://www.transnetbw.de/de/netzentwicklung/projekte/suedlink
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Endnote_24
Bundesregierung. Start der Stromautobahn Suedlink.
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/
netzausbau-energiewende-2172720
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Endnote_25
BUND. SuedLink: Überdimensionierte Stromtrassen – kostengünstige und umweltfreundliche Alternativen machen sie überflüssig
https://www.bund-hessen.de/pm/news/suedlink-kostenguenstige-umweltfreundliche-
alternativen-machen-ueberdimensionierte-stromtrassen-ueberfluessig/
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Endnote_26
Nassim Nicolas Taleb: Antifragilität. Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen. Knaus-Verlag 2013, Seite 28
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Endnote_27
Wetter.de vom 26. November 2021: Die Schnee-Katastrophe 2005.
https://www.wetter.de/cms/mega-schneechaos-vor-
16-jahren-im-muensterland-4655877.html
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Endnote_28
60 Jahre „Feuernacht:
https://www.rainews.it/tgr/tagesschau/articoli/2021/06/
tag-60-Jahre-Feuernacht-ec482038-b08f-4658-9b2b-0340e76f2a4e.html
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Endnote_29
Jacques Derrida. Denken heißt Nein sagen. Passagen Verlag 2022, Seite 31/32
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