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Haftung - Sonderrechte und Verfolgungsfahrten

Auch bei Verfolgungsfahrten stellt sich die Frage der Verhältnismäßigkeit im besonderen Maße. In Anlehnung an ein Urteil des VG Berlin aus dem Jahr 2017 ist im Zusammenhang mit einer Verfolgungsfahrt durch die Inanspruchnahme von Sonderrechten die Anlasstat, also der Grund für die Verfolgungsfahrt, von ausschlaggebender Bedeutung.

VG Berlin 2017: Der Umstand, dass es sich um eine Verfolgungsfahrt gehandelt hat, ändert an der rechtlichen Bewertung nichts. Es gelten insoweit keine anderen Maßstäbe als bei anderen Sonderrechtsfahrten. Grund zur Eile besteht in allen derartigen Fällen, etwa auch bei Rettungseinsätzen. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass es sich bei dem Delikt, das Anlass für die Verfolgung war, um einen Autodiebstahl handelte und nicht um ein schwerwiegendes Verbrechen. Dies hätte bei einer Gesamtabwägung umso mehr Anlass bieten müssen, Leib und Leben der übrigen Verkehrsteilnehmer nicht zu gefährden.
Die Klägerin [die Polizeibeamtin, die Sonderrechte in Anspruch genommen hatte] handelte sorgfaltswidrig, mithin fahrlässig und auch im Übrigen schuldhaft.
Die ausgesprochene Geldbuße in Höhe von 150,- Euro ist auch aus Sicht des Gerichts angemessen und zur Pflichtenmahnung ausreichend.
Mildernd fällt ins Gewicht, dass die Klägerin bislang disziplinarrechtlich unbescholten war und gute dienstliche Leistungen gezeigt hat. Das Gericht bewertet auch, dass die Klägerin aus dem Stress des Augenblicks heraus einer Fehleinschätzung unterlegen ist, als sie das Anhalten des Querverkehrs fehlerhaft so deutete, dass auch für das Einsatzfahrzeug bereits eine Gasse gebildet worden sei. Hinzu kommt, dass der Vorfall mittlerweile etwa drei Jahre zurückliegt und daher davon ausgegangen werden kann, dass die Klägerin bereits aufgrund dieser eher maßvollen Geldbuße und unter dem Eindruck des Disziplinarverfahrens zu künftig sorgfältigerem Umgang mit Sonderrechtsbefugnissen veranlasst wird.

VG Berlin, Urteil vom 16.11.17 – 80 K 10.16 OL

Es kann davon ausgegangen werden, dass der Dienstherr den Fahrer eines Dienstfahrzeuges nur in Ausnahmefällen in Anspruch nehmen wird.

 Grund dafür ist, dass die Schwelle hin zur „groben Fahrlässigkeit“ wohl noch nicht erreicht ist. Diese Schwelle aber muss überschritten worden sein, um als Polizeibeamtin oder als Polizeibeamter für Schäden haftbar gemacht werden zu können, die bei der Ausübung polizeilicher Aufgaben entstanden sind.

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