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FCK-GRN-Sticker auf dem Privathandy
eines Polizeibeamten ... ein Dienstvergehen?
Inhaltsverzeichnis:
01 Anzeige
einer Straftat/eines Dienstvergehens 02 Zur
Verwendung von Aufklebern
03
FCK-GRN-Sticker
und die
Polizei 04
Folgen der Anzeige/des Posts im Überblick
05 Strafverfahren gegen den Polizeibeamten
06 Dienstrechtliche Bewertung 07
Verletzung der Neutralitätspflicht 08
Verletzung der Pflicht zur politischen Mäßigung
09 Benutzung privater Smartphones im Dienst
10 Disziplinarrechtliche Würdigung 11
Strafrechtliche Würdigung des Anzeigenerstatters
12 Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung
(DSGVO) 13 Regelungen im
Kunsturheberschutzgesetz 14 Personen der
Zeitgeschichte als Rechtfertigungsgrund 15
Was ist heute noch normal? 16 Quellen
01
Anzeige einer Straftat/eines Dienstvergehens
TOP
Medien haben im November
2025 (gut 6 Monate nach Einleitung eines Strafverfahrens gegen
einen Polizeibeamten aufgrund der Anzeige eines Heilbronner
Stadtrates Ende April 2025), darüber berichtet, dass die gegen
den Polizeibeamten erhobene Beschuldigung – bei der es sich um
eine Beleidigung gehandelt haben muss, denn die Verletzung der
Neutralitätspflicht durch einen Polizeibeamten ist keine Straftat – eingestellt wurde.
Der im Gemeinderat
der Stadt Heilbronn sitzende Stadtrat, dessen Namen hier nicht
genannt wird, hatte anlässlich einer Verkehrsunfallaufnahme
einen Polizeibeamten fotografiert, der sein privates Handy – das
mit einem
„FCK GRN-Sticker"
versehen war – benutzte, um Unfallfotos anzufertigen.
Durch den
Sticker „FCKGR“
hatte sich der Stadtrat nicht nur persönlich beleidigt gefühlt,
sondern in diesem Verhalten des Polizeibeamten auch eine Neutralitätspflichtverletzung
durch die Polizei erkannt, die er ebenfalls zur Anzeige brachte. Das von dem Stadtrat gefertigte
„Beweisfoto“ wurde nicht nur im Internet einer breiten
Öffentlichkeit zugänglich gemacht, sondern auch als Beweisstück
für eine begangene polizeiliche Neutralitätspflichtverletzung
verwendet, begangen
durch den fotografierten Polizeibeamten der Polizei in Heilbronn,
der das Beweisfoto mit der Aufforderung übersandt wurde,
disziplinarische Maßnahmen gegen den Polizeibeamten zu ergreifen.
Sechs Monate nach dem
Vorfall im April 2025 - im Novemner 2025:
Auf Anfragen von Medien zur
bekannt gewordenen Verfahrenseinstellung wird der Standpunkt der
Polizei in Heilbronn zu diesem Vorgang auf
Stern.de
vom 5.11.2025 wie folgt geschildert:
Stern.de
vom 5.11.2025:
Es habe sich aber nicht um ein Diensthandy gehandelt. In einem
Disziplinarverfahren wurde dennoch ein Verstoß gegen das
sogenannte Neutralitätsgebot festgestellt. Denn Polizeibeamte
müssen politisch neutral sein. Es handle sich aber nicht um
strafrechtlich relevantes Verhalten, sagte ein Sprecher der
Polizei. Der
Mann habe sich zudem einsichtig gezeigt. Den Sticker musste er
entfernen.
Link zur Meldung des Stern
Auf der
Instagram-Seite der Partei „Die Partei“, wurde kurz nach dem
Vorfall im April 2025, am 30. April 2025 eine Presseerklärung mit folgendem
Wortlaut auf Instagram veröffentlicht:
Partei.heilbronn
27
Wo.
PRESSEMITTEILUNG
Stadtrat
[xxx] stellt Anzeige gegen Polizeibeamten wegen
Neutralitätsverstoß.
Heilbronn,
30. April 2025 – Stadtrat [xxx] hat Strafanzeige gegen einen
Polizeibeamten gestellt, nachdem dieser während eines Einsatzes
ein Telefon mit einem deutlich sichtbaren Sticker der Aufschrift
„FCK GRN“ genutzt hat. Die Abkürzung steht für „Fuck Grüne“ und
richtet sich klar gegen die Partei Bündnis 90/Die
Grünen. Solche Sticker werden vor allem über einschlägig
rechtsextreme Versandhäuser vertrieben.
Ob es
sich bei dem Gerät um ein privates oder dienstliches Telefon
handelt, ist derzeit unklar – fest steht jedoch, dass es im
Rahmen eines offiziellen Einsatzes sichtbar genutzt wurde.
„Dass
ein Polizeibeamter im Dienst ein solches politisch aufgeladenes
und inhaltlich aggressives Statement offen zeigt, ist mit dem
staatlichen Neutralitätsgebot unvereinbar“, so [xxx]. „Und um es
ganz klar zu sagen: Mir ist es völlig egal, gegen welche Partei
sich ein solcher Sticker richtet – parteipolitische
Meinungsäußerungen haben im Dienst nichts zu suchen. Das gilt
für jede politische Richtung gleichermaßen.“
[xxx]
warnt davor, den Vorfall zu unterschätzen: „Wenn Polizisten
öffentlich mit Symbolen auftreten, die klar parteiisch oder
sogar extremistisch aufgeladen sind, erschüttert das das
Vertrauen in eine neutrale, rechtsstaatliche Polizei. Besonders
betroffen sind davon Menschen, die ohnehin oft mit Vorurteilen
oder Ausgrenzung konfrontiert sind.“
„Ich
selbst bin queer – und weiß, wie wichtig das Vertrauen in
staatliche Institutionen ist, gerade für Menschen aus
marginalisierten Gruppen. Wenn ich als Betroffener in einer
Konfliktsituation auf einen Beamten treffe, der offen zeigt,
dass er bestimmte politische Überzeugungen ablehnt oder sogar
verachtet, stellt sich automatisch die Frage: Werde ich hier
noch objektiv behandelt? Fühle ich mich hier sicher?“
Mit der
Anzeige sollen sowohl mögliche strafrechtliche als auch
disziplinarrechtliche Konsequenzen geprüft werden. [...] Fordert
eine lückenlose Aufklärung des Vorfalls.
Presseerklärung im Original auf Instagram
Da sich
der Vorfall bereits im April 2025 ereignete, dürfte es
zielführend sein, diesbezüglich aus der Rhein-Neckar Zeitung vom
8.5.2025 zu zitieren.
NRZ.de vom 8.5.2025:
Heilbronn. Der Heilbronner Stadtrat xxx (Die Partei) hat, wie
berichtet, bei der Polizei Heilbronn Anzeige erstattet, Anlass
und Beweis war ein Foto, auf dem ein Polizeibeamter in Uniform,
gut erkennbar, während eines Unfall-Einsatzes mit einem Handy
fotografiert. Es trägt einen Sticker mit einer eindeutig
herabwürdigenden Botschaft [En01].
Das
Foto, das der Meldung beigefügt ist, lässt vermuten, dass es
sich dabei nicht um das Beweisfoto handeln kann, denn keines der
beiden folgenden Fotos lässt eine Identifizierung des
Polizeibeamten zu, wohl aber die von einer uniformierten Person
in Polizeiuniform begangene Verletzung
der polizeilichen Neutralitätspflicht.
Anonymisierte
Beweisfoto in der RNZ
Ein
anonymisiertes Foto wird auch auf der Instagramseite der Partei
„Die Partei“ verwendet.
Anonymisiertes Beweisfoto auf Instagram
Bevor
dieser nunmehr in groben Zügen beschriebene Sachverhalt einer
näheren Betrachtung unterzogen wird, ist festzustelolen,
dass nicht nur das Verhalten des Polizeibeamten, sondern auch
das des anzeigenden Stadtrates einer Prüfung bedarf.
02 Zur Verwendung von Aufklebern
TOP
Es
entspricht nicht meinem Sprachgebrauch, mich der Vulgärsprache
zu bedienen. Das gilt auch für die Beschreibung von Aufklebern,
die sich der Vulgärsprache bedienen. Im hier zu erörternden Sachzusammenhang ist
das bedauerlicherweise unvermeidbar, denn nur so kann aufgezeigt werden,
auf was für einem niedrigen Niveau heute politische Meinungen
geäußert werden. Das gilt zumindest für das drei Buchstaben
umfassende FCK-Akronym, das für „fuck you“ steht:
Fuck you:
Scheiß auf dich.
Fuck you
ist eine vulgäre englische Sprachfigur, die Verachtung oder
Verachtung ausdrückt, die sich sowohl an eine, Person, aber auch
an eine Vielzahl von Personen richten kann.
Und das
mit so viel Geschmacklosigkeit sogar Geld verdient werden kann,
das dürfte in der Welt von Heute wohl auch niemanden überraschen.
FCK-GRN-Sticker
Was
jedoch mehr als die Käuflichkeit der Sticker anbelangt dürften
erforderlich werdende
Antworten auf die nachfolgend aufgelisteten fünf Fragen sein:
-
Was geht in den Köpfen von
Menschen vor, die Vulgärsprache dem Denken vorziehen?
-
Was fordert der Rechtsstaat ein,
wenn ein Polizeibeamter sich anlässlich dienstlicher
Aufgabenwahrnehmung mittels eines Aufklebers, der ein
privates
Smartphone „ziert“, seine Neutralitätspflicht verletzt?
-
Was ist von einer Polizeibehörde
zu halten, die es zulässt, dass private Smartphones zur
Erledigung dienstlicher Aufgaben verwendet werden, zum
Beispiel zur Dokumentation eines Unfallgeschehens?
-
Wiegt der Sticker „FCK GRN“
schwerer, als eine mögliche Missachtung von
Datenschutzbestimmungen im Zusammenhang mit der Verbreitung
des oben skizzierten Beweisfotos durch den Stadtrat im Internet?
-
Was geht in dem Kopf eines
Stadtrats vor, der sozusagen ein Porträtfoto, das die
Missachtung des Neutralitätsgebotes durch einen
Polizeibeamten beweisen soll, für jedermann sichtbar in den
sozialen Medien verbreitet?
-
Könnte es sich dabei sogar um
eine Straftat im Sinne von § 164 StGB (Falsche
Verdächtigung), um ein strafbares Verbreiten von Fotos im Sinne
des Kunsturheberschutzgesetzes bzw. um ein verbotenes
Handeln im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) handeln?
Auf all
diese Fragen werde ich versuchen, vertretbare Antworten zu
finden. Zuvor aber sind noch einige Fragen zu klären, die im
unmittelbaren Zusammenhang mit dem „FCK-GRN-Sticker“
stehen.
03 FCK-GRN-Sticker
und die Polizei
TOP
Der oben
skizzierte Heilbronner Fall zeigt, wie schnell Polizeibeamte in
den Fokus eines „Disziplinarverfahrens“ geraten können, denn ein
Polizeibeamter wurde während seines Dienstes fotografiert, auf
dessen Smartphone ein Sticker mit der Aufschrift „FCK GRN“
klebte.
Das Foto verbreitete sich in Windeseile in den sozialen
Medien und sorgte bundesweit für Schlagzeilen.
Nach meinem
Kenntnisstand wurde von der Staatsanwaltschaft das
Strafverfahren, das gegen den Polizeibeamten wegen eines
Verstoßes gegen § 185 StGB (Beleidigung) eingeleitet worden war,
eingestellt, der dann aber die Polizei in Heilbronn, so die Meldungen
in den Medien, disziplinarrechtliche Maßnahmen folgen ließen,
denn dort gingen Vorgesetzte davon aus, dass der Polizeibeamte,
der mit einem Smartphone, das mit einem FCK-GRN-Sticker versehen
war, Unfallaufnahmen fertigte, gegen das Neutralitäts- und Mäßigungsgebot verstoßen
habe.
In einer Pressemeldung hieß es sogar,
dass der Beamte den Sticker von seinem Smartphone entfernen
musste.
Wie dem auch immer sei:
Der Fall verdeutlicht, dass selbst Äußerungen, die durch ein
Smartphone gemacht werden, das sich im Privatbesitz befindet,
disziplinarrechtliche Folgen ausgelöst werden können, denn: egal ob
Sticker, Social-Media-Posts oder politische Kommentar – was im
privaten Umfeld noch als freie Meinungsäußerung gilt – kann im
Polizeidienst schnell als Verstoß gegen die dienstliche
Neutralität gewertet werden.
Polizeibeamtinnen und
Polizeibeamten kann somit nur geraten werden, sich sowohl im
Dienst als auch außerhalb des Dienstes so zu verhalten, dass
niemand daran Anstoß nehmen kann. In Anbetracht der auch in
Polizeibehörden eingerichteten Meldestellen für
"diskriminierende Äußerungen etc." und damit verbundenen
Überlegungen, ob überhaupt und wann ein Unterlassen von
Meldungen dienstrechtlich überhaupt noch zu rechtfertigen ist,
sollte jede Polizeibeamtin und jeder Polizeibeamte darüber
nachdenken, wohin sich der Polizeiberuf entwickelt. Die Vielzahl
von Meldestellen und auch der nachfolgende Erlass des
Innenministeriums des Landes NRW lassen erkennen, dass
unüberlegte Worte durchaus dienstrechtliche Probleme erzeugen
können.
Leitlinien für die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen zum
Schutz nationaler Minderheiten vor Diskriminierungen
RdErl. d. Innenministeriums v. 15.12.2008
Wichtig: Hingewiesen werden muss hinsichtlich
der Meinungsfreiheit von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten
bei der Ausübung ihres Berufs auch auf den "Erlass zur
Errichtung und Organisation interner Meldestellen im
Geschäftsbereich des Ministeriums des Innern Nordrhein-Westfalen
nach dem Hinweisgeberschutzgesetz - Runderlass des Ministeriums
des Innern - 51-01.17.01 - vom 21. Juli 2023, der deutlich
macht, dass dieser Erlass auch im Zusammenhang mit den Grenzen
der politischen Meinungsfreiheit und wohl auch für nicht
"meldepflichtiges Gerede" von Bedeutung ist.
In dem Erlass heißt es zum Beispiel:
4.2
Schutz der Identität
Die interne Meldestelle
behandelt die Identität der hinweisgebenden Person vertraulich.
Die Identität der hinweisgebenden Person darf ohne deren
ausdrückliche Zustimmung keinen anderen Personen als gegenüber
den befugten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der internen
Meldestelle sowie den sie bei der Erfüllung dieser Aufgaben
unterstützenden Personen bekannt werden. Dies gilt auch für alle
anderen Informationen, aus denen die Identität der
hinweisgebenden Person direkt oder indirekt abgeleitet werden
kann. 5
Aufgabe, Rechte und Pflichten der
internen Meldestelle
Die interne Meldestelle hat die
Aufgabe, Meldungen nachzugehen, die Stichhaltigkeit der Meldung
zu prüfen und dazu beizutragen, etwaige Verstöße abzustellen.
Sie ergreift insbesondere die erforderlichen Folgemaßnahmen.
5.3
Dokumentation
Die interne Meldestelle ist
verpflichtet, Meldungen, Rechercheergebnisse, Folgemaßnahmen
sowie alle weiteren im Zusammenhang mit einer Meldung stehenden
Dokumente in dauerhaft abrufbarer Weise unter Beachtung des
Vertraulichkeitsgebots zu dokumentieren. Die Dokumentation ist
drei Jahre nach Abschluss des Verfahrens zu löschen. Die
Dokumentation kann länger aufbewahrt werden, um die
Anforderungen nach diesem Gesetz oder nach anderen
Rechtsvorschriften zu erfüllen, solange dies erforderlich und
verhältnismäßig ist (§ 11 des Hinweisgeberschutzgesetzes).
Erlass im Volltext
Anders ausgedrückt:
Meinungsfreiheit, dienstliche Neutralität und auch der Gebrauch der Sprache müssen miteinander
in Einklang gebracht werden, um nicht in den Fokus
dienstrechtlicher Ermittlungen zu geraten. Wer als Polizeibeamtin oder als
Polizeibeamter dennoch durch seine Sprache oder durch sein
Kommunikationsverhalten in den Verdacht gerät, eine
Dienstrechtsverletzung begangen zu haben, sollte wissen, dass er Rechte hat, und dass es rechtliche Wege gibt, nicht nur gegen überzogene
Maßnahmen, sondern sich auch gegen ungerechtfertigte Anschuldigungen
und natürlich auch gegen rechtswidrige Verletzungen von Persönlichkeitsrechten zur
Wehr zu setzen.
Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Bilder im
Internet verbreitet werden, auf denen handelnde Personen
identifiziert werden können. Dazu mehr an anderer Stelle in
diesem Aufsatz.
04 Folgen der Anzeige/des Posts im Überblick
TOP
Folgen für den Polizeibeamten:
-
Den Pressemeldungen kann
entnommen werden, dass gegen den Beamten ein Strafverfahren
eingeleitet wurde, das dann aber, nach Abschluss der
Ermittlungen, durch die Staatsanwaltschaft eingestellt wurde.
Das bedeutet, dass ein Smartphone, versehen mit einem „FCK
GRN Sticker“, nicht den Tatbestand der Beleidigung erfüllt,
denn nur solch ein strafbares Handeln kam anlassbezogen
überhaupt in Betracht.
-
Erst nach Abschluss der
strafrechtlichen Ermittlungen, denn strafrechtliche
Ermittlungen gehen dienstrechtlichen Ermittlungen immer
vor, ist zu prüfen, ob es sich bei dem Verhalten des
Polizeibeamten um ein dienstrechtliches Fehlverhalten
handelt, das mit den Mitteln der Disziplinargesetze geahndet
werden kann. Da sowohl der Bund, aber auch die Länder über
eigene Disziplinargesetze verfügen, wird in diesem Aufsatz
in Anlehnung an die Bestimmungen im Bundesdisziplinargesetz
(BDG) das Fehlverhalten des fotografierenden Polizeibeamten erörtert.
Folgen für den Anzeigenerstatter:
Den
Pressemitteilungen kann nicht entnommen werden, ob gegen den
Anzeigenerstatter ebenfalls Ermittlungsverfahren eingeleitet
wurden.
In
Betracht kommen nachfolgend aufgeführte Rechtsverstöße:
-
Falsche Verdächtigung im Sinne
von § 164 StGB
-
Strafbares Handeln im Sinne des
Kunsturheberschutzgesetzes (KunstUrhG) durch die Verbreitung
von Bildnissen ohne das dafür erforderliche Einverständnis
der fotografierten Person.
-
Unzulässige Verbreitung eines
Porträtfotos eines Polizeibeamten im Internet ohne dessen
Einwilligung gemäß Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
Im
Folgenden werden zuerst einmal die Handlungen erörtert, die dem
Polizeibeamten vorgeworfen wurden/werden:
05 Strafverfahren gegen den Polizeibeamten
TOP
Die
Polizei hat, wenn ihr eine Straftat wegen Beleidigung angezeigt
wird, diese auch dann entgegenzunehmen, wenn es sich bei der
angezeigten Straftat um ein so genanntes Privatklagedelikt
handelt. Eine Beleidigung ist ein Privatklagedelikt.
Diesbezüglich heißt es in der StPO wie folgt:
§ 374
Abs. 1 Nr. 2 StPO (Zulässigkeit; Privatklageberechtigte)
(1) Im Wege
der Privatklage können vom Verletzten verfolgt werden,
ohne daß
es einer
vorgängigen
Anrufung der Staatsanwaltschaft bedarf, 2. eine Beleidigung (§§
185 bis 189 des Strafgesetzbuches), wenn sie nicht gegen eine
der in § 194 Abs. 4 des Strafgesetzbuches genannten politischen
Körperschaften gerichtet ist.
Kurzum:
Besteht die anzeigende Person - in diesem Fall der Stadtrat - auf der Entgegennahme der Anzeige
durch die Polizei, dann kann die Polizei den Anzeigenerstatter
wohl auf den Privatklageweg hinweisen, nicht aber ihn auf den
Privatklageweg verweisen. In der Regel werden solche Anzeigen,
wenn der Anzeigenerstatter darauf besteht, ohne weitere
Bearbeitung durch die Polizei direkt an die Staatsanwaltschaft
mit der Bitte weiterleiten, zu prüfen, ob das Verfahren
einzustellen, bzw. welche Ermittlungshandlungen zu treffen sind,
falls die
StA
Ermittlungen doch erforderlich halten sollte, oder den
Anzeigenerstatter auf den Privatklageweg zu verweisen.
Wie dem auch immer sei:
Die Geringfügigkeit des Anlasses lässt erkennen, dass hier
ein Verhalten angezeigt wurde, das mit hoher Wahrscheinlichkeit
nicht einmal als eine Straftat anzusehen ist.
Warum?
Die
Verwendung eines
„FCK-GRN-Stickers" kann nur dann als eine strafbare
Handlung im Sinne von § 185 StGB (Beleidigung) angesehen
werden, wenn dadurch eine Person oder eine spezifische Personengruppe
beleidigt wird. Allgemeine Sprüche wie „FCK CPS“ oder „ACAB“ sind
aber in der Regel als Meinungsäußerungen zu bewerten, die durch
die Meinungsfreiheit geschützt sind. Entscheidend ist, ob zum
Beispiel der Aufdruck solcher Buchstaben auf einem Sticker eine
individuelle oder allgemeine Kollektivbeleidigung darstellt.
Anders ausgedrückt:
Sprüche wie „FCK CPS“ („Fuck Cops“) oder „ACAB“ („All Cops Are
Bastards“) sind meist als allgemeine Meinungsäußerung zu
verstehen und werden nicht als strafbare Beleidigung gewertet.
Im Analogieverfahren gilt das auch für die Mitglieder der Partei
„Die Grünen/Bündnis 90“, denn auch hier handelt es sich um ein
zahlenmäßig unbestimmtes Kollektiv und nicht um Einzelpersonen
oder überschaubare Gruppen, die durch den Sticker „FSC GRN“
beleidigt werden sollen. Solch ein Sticker
drückt eine Meinung aus, daran ändert auch der Gebrauch der
Vulgärsprache nichts.
BVerfG, Pressemitteilung Nr. 23/2015 vom
28. April 2015:
Das Tragen eines mit der Buchstabenkombination „FCK CPS“
beschrifteten Ansteckers im öffentlichen Raum ist vor dem
Hintergrund des Grundrechts auf Meinungsfreiheit nicht ohne
weiteres strafbar.[...]. Die Verurteilung wegen Beleidigung
gemäß § 185 Strafgesetzbuch (StGB) setzt voraus, dass sich die
Äußerung auf eine hinreichend überschaubare und abgegrenzte
Personengruppe bezieht; ansonsten ist der Eingriff in die
Meinungsfreiheit nicht gerechtfertigt.
Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Beschwerdeführerin wurde von
einer Polizeistreife angetroffen, wobei sie einen Anstecker
trug, der mit der Buchstabenkombination „FCK CPS“ beschriftet
war. Das Amtsgericht verurteilte die Beschwerdeführerin wegen
Beleidigung gemäß § 185 StGB. Das Gericht begründete die
Verurteilung damit, dass „FCK CPS“ als Abkürzung für „Fuck Cops“
stehe und diese Äußerung eine Kundgabe der Missachtung sei, weil
sie den sozialen Wert der betroffenen Personen im Amt betreffe
und schmälern solle. Die Revision der Beschwerdeführerin zum
Oberlandesgericht blieb ohne Erfolg.
Wesentliche Erwägungen der Kammer: Die angegriffenen
Entscheidungen des Amtsgerichts und des Oberlandesgerichts
verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf
Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.
1. Der
Aufdruck „FCK CPS“ ist nicht von vornherein offensichtlich
inhaltlos, sondern bringt eine allgemeine Ablehnung der Polizei
und ein Abgrenzungsbedürfnis gegenüber der staatlichen
Ordnungsmacht zum Ausdruck. Es handelt sich um eine
Meinungsäußerung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.
Die
strafrechtliche Verurteilung der Beschwerdeführerin greift in
dieses Grundrecht ein [En02].
Anmerkung:
Sollte der Anzeigenerstatter, bei dem es sich um einen Stadtrat
handelte, meinen, durch § 188 StGB (Gegen Personen des
politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und
Verleumdung) besonders geschützt zu sein, ist anzumerken, dass
der Beleidiger dann zumindest wissen muss, dass er es mit einer „im
politischen Leben des Volkes stehenden Person“ zu tun hat, die
darüber hinausgehend durch die Beleidigung dann auch noch
„in ihrem öffentlichen Wirken erheblich beeinträchtigt worden
sein muss“. Dazu bietet der hier zu erörternde Vorfall keinen Anlass.
Anzunmehmen ist, dass das
Strafverfahren, das sich gegen den Polizeibeamten richtete, von
der Staatsanwaltschaft auf der Grundlage von § 170 StPO
eingestellt wurde.
§ 170
StPO (Entscheidung über eine Anklageerhebung)
(1)
Bieten die Ermittlungen genügenden Anlass zur Erhebung der
öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch
Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.
(2)
Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein.
[...].
06 Dienstrechtliche Bewertung
TOP
Da dem
Beamten, dessen privates Smartphone zum Zeitpunkt des Vorfalls
mit einem „FCK-GRN-Sticker“ versehen war, weder ordnungswidriges
noch strafbares Verhalten vorgeworfen werden kann, stellt sich
dennoch – auch nach der Einstellung des Strafverfahrens durch die
StA
– die Frage, ob es sich bei der Handlung des Beamten um ein
Fehlverhalten handelt, das disziplinarrechtlich zu ahnden ist.
Diesbezüglich heißt es im Bundesdisziplinargesetz (BDG)
wie folgt:
§ 13
BDG (Bemessung der Disziplinarmaßnahme)
(1) Die
Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu
bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu
berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem
Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der
Allgemeinheit beeinträchtigt hat.
Da es
sich bei der Bemessung um eine Ermessensentscheidung des Dienstvorgesetzten
handelt, ist zuerst einmal zu klären, was für ein Fehlverhalten
in Betracht kommt und wie schwer das Fehlverhalten wiegt, durch
das der Polizeibeamte auffällig geworden ist.
Drei
Fehlverhaltensweisen kommen hier in Betracht:
-
Verletzung der Neutralitätspflicht
-
Verletzung der Pflicht zur politischen Mäßigung
-
Benutzung eines privaten Smartphones zur Dokumentation eines
Unfalls.
Ob das
zuletzt genannte Fehlverhalten im Zusammenhang mit der Bewertung
des dienstlichen Verhaltens eines Polizeibeamten überhaupt
bewertet wurde, kann den Presseveröffentlichungen nicht
entnommen werden. Nach der hier vertretenen Rechtsauffassung
wiegt dieses Fehlverhalten dennoch schwerer, denn mit
privaten Smartphones dürfen grundsätzlich keine Beweise
gesichert werden, die einer Person zugeordnet werden können, was
bereits beim Fotografieren eines Autokennzeichens der Fall ist.
Im Übrigen haben Polizeibehörden dafür Sorge zu tragen, dass
ihre Beamten davon in Kenntnis gesetzt worden sind, dass private
Datenendgeräte, wozu auch Smartphones gehören, zu dienstlichen
Zwecken nicht eingesetzt werden dürfen. Polizeibehörden die das
dennoch stillschweigend billigen, kommen ihrer Fürsorgepflicht
nicht nach.
07 Verletzung der Neutralitätspflicht
TOP
Hinsichtlich der Neutralitätspflicht wird im Folgenden aus
Urteilen zitiert, die diesbezüglich eindeutig sind.
BVerfG 2022:
Die Verpflichtung von Polizeivollzugsbeamten, im Dienst die
vorgeschriebene Uniform zu tragen, sei vor allem durch das
Erfordernis gerechtfertigt, die Legitimation der Beamten für
polizeiliche Maßnahmen äußerlich kundzutun. Die Uniform sei
einerseits sichtbares Zeichen für die Ausstattung ihrer Träger
mit hoheitlichen Befugnissen. Zum anderen solle die Uniform die
Neutralität ihrer Träger zum Ausdruck bringen und sichtbares
Zeichen dafür sein, dass die Individualität der
Polizeivollzugsbeamten im Dienst hinter den Anforderungen des
Amtes zurücktrete. Dieser durch die Uniform vermittelte
„Anschein der Neutralität“ könne durch ein Erscheinungsbild
uniformierter
Polizeibeamter
beeinträchtigt werden, das die Individualität übermäßig
hervorhebe und daher aus dem Rahmen des Üblichen falle.
BVerfG,
Beschluss vom 18. Mai 2022 - 2 BvR 1667/20
Davon
kann auch dann ausgegangen werden, wenn Polizeibeamte
Smartphones benutzen, die mit dem Sticker „FCK GRN“ versehen
sind.
So auch
die Richter des BGH in ihrem Urteil aus dem Jahr 2022.
BGH 2022:
Er [der beklagte Polizeibeamte] trägt eine Uniform mit der
Aufschrift „POLIZEI“ in Brusthöhe und darunter zwei Aufnäher.
Einer davon zeigt ein Schwert mit Schild und Flügeln. Darüber
steht: „RECTE FACIENDO NEMINEM TIMEAS“, übersetzt: „Tue Recht
und scheue niemand“. Der andere zeigt ein griechisches Omega mit
Spartanerhelm und gekreuzten Schwertern, darunter steht: „ΜΟΛΟΝ
ΛΑΒΕ“ (Molon
Labe), übersetzt: „Komm und hol sie dir“.
An
anderer Stelle heißt es, im Hinblick auf die Verbreitung eines
„Beweisfotos“ im Internet, wie folgt:
Der Kläger
habe keinen Anspruch auf Unterlassung der Wiedergabe seines
unverpixelten Bildes im Zusammenhang mit der Berichterstattung.
Bei dem verbreiteten Foto handele es sich um ein Bildnis aus dem
Bereich der Zeitgeschichte
[Hervorhebung von mir].
Es zeige den Kläger bei seinem Einsatz anlässlich des Festivals
„Schild und Schwert“ im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit.
Das
Vertrauen der Bevölkerung in die Neutralität, Objektivität,
Unparteilichkeit und Verfassungstreue der Polizei hängt zu einem
erheblichen Teil vom Auftreten und dem äußeren Erscheinungsbild
dieser Beamten ab. Auch nach außen müssen Polizeibeamte eine
innere Haltung ausdrücken, die durch Neutralität, Distanz und
Objektivität geprägt ist (...). Treten bei einem dienstlichen
Einsatz aufgrund an der Uniform getragener Symbole Zweifel an
dieser Haltung von Polizeibeamten auf, liegt eine
Auseinandersetzung mit der Bedeutung dieser Symbole und der
dadurch möglicherweise zum Ausdruck kommenden Haltung im
gesellschaftlichen Interesse.
Wer als
Polizist bei einem dienstlichen Einsatz private Aufnäher auf
seiner Uniform sichtbar trägt, tritt bewusst aus der Menge der
einheitlich gekleideten Einsatzkräfte hervor. Er hinterlässt den
Eindruck, eine Botschaft, eine private Meinung, kundtun zu
wollen. Denn die Uniform soll die Neutralität ihres Trägers zum
Ausdruck bringen. Sie soll sichtbares Zeichen dafür sein, dass
die Individualität der Polizeivollzugsbeamten im Dienst hinter
die Anforderungen des Amtes zurücktritt. Polizeiliche Maßnahmen
sollen losgelöst von der Person des handelnden Beamten als
Maßnahmen des Staates empfunden werden (...). Diese Neutralität
hat der Kläger durch die Verwendung von Aufnähern auf der
Uniform bewusst aufgehoben.
BGH,
Urteil vom 8. November 2022 - VI ZR 1319/20
Und auch in
einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2020
heißt es, die Neutralitätspflicht von Polizeibeamten betreffend
und
sich auf die (LT-Drs.
17/21474, S. 1) beziehend, wie folgt:
BVerwG
2020:
Mit der Dienstkleidung und insbesondere der von
Polizeivollzugsbeamten zu tragenden Uniform soll, neben einer
Kennzeichnung der Ausstattung mit hoheitlichen Befugnissen, die
Neutralität ihrer Träger zum Ausdruck gebracht werden. Diese
wäre insbesondere bei Tätowierungen oder auffallendem
Körperschmuck (Piercings, Ohrtunnel o. Ä.) im sichtbaren Bereich
beeinträchtigt. Individuelle Interessen müssen gegenüber der
Notwendigkeit eines einheitlichen/neutralen Erscheinungsbilds
zurücktreten. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber - jedenfalls
für Polizeivollzugsbeamte, die zum Tragen von Dienstkleidung
verpflichtet sind - selbst die Entscheidung über ein generelles
Verbot für Tätowierungen und andere nicht sofort
ablegbare
Erscheinungsmerkmale in dem beim Tragen der Uniform sichtbaren
Körperbereich getroffen hat. Das Amt eines hoheitlich tätigen
Polizeivollzugsbeamten erfordert nach dem für den Senat
maßgeblichen Regelungswillen des bayerischen Gesetzgebers, dass
der einzelne Polizeivollzugsbeamte im beim Tragen von
Dienstkleidung sichtbaren Körperbereich auf äußerlich erkennbare
dauernde Körpermodifikationen grundsätzlich zu verzichten hat.
Mit der
Dienstkleidung und insbesondere der von Polizeivollzugsbeamten
zu tragenden Uniform wird, neben einer Kennzeichnung der
Ausstattung mit hoheitlichen Befugnissen, die Neutralität ihrer
Träger zum Ausdruck gebracht. Die Uniform ist sichtbares Zeichen
dafür, dass die Individualität der Polizeivollzugsbeamten im
Dienst hinter die Anforderungen des Amtes zurücktritt.
Polizeiliche Maßnahmen sollen losgelöst von der Person der
handelnden Beamten als hoheitliche Maßnahmen des Staates
wahrgenommen werden (...).
Das
Vertrauen in die Neutralität, Objektivität und Unparteilichkeit
von Personen, die - wie Polizeivollzugsbeamte - hoheitliche
Maßnahmen durchsetzen, hängt zu einem erheblichen Teil von dem
Auftreten und dem äußeren Erscheinungsbild dieser Beamten ab.
Auch nach außen hin müssen Polizeivollzugsbeamte deshalb -
vergleichbar dem neutralen Auftreten von Richtern,
Staatsanwälten, Rechtspflegern oder Rechtsreferendaren etwa
während einer Verhandlung (...) - eine innere Haltung
ausdrücken, die durch Neutralität, Distanz und Objektivität
geprägt ist (...).
BVerwG,
Urteil vom 14. Mai 2020 – 2 C 13.1
Dem
anzeigenden Stadtrat ist somit zuzustimmen, dass der Gebrauch eines
Smartphones, versehen mit dem gut sichtbaren Sticker „FCK GRN“
als eine Verletzung der Pflicht zur Neutralität anzusehen ist.
08 Verletzung der Pflicht zur politischen
Mäßigung
TOP
2025
haben sich die Richter des Verwaltungsgerichts München zur
Pflicht zur politischen Mäßigung wie folgt positioniert:
VG
München 2025:
Für die Anwendung und Auslegung der die Meinungsfreiheit des
Beamten einschränkenden Vorschrift des § 33 Abs. 2
BeamtStG
ist jeweils im konkreten Fall das Interesse des Beamten an der
Betätigung der Meinungsfreiheit seinen besonderen Dienst- und
Treuepflichten gegenüberzustellen und gegeneinander abzuwägen.
Der zu beachtende Schutzzweck besteht darin, die
Funktionsfähigkeit des Beamtentums dadurch zu gewährleisten,
dass zum einen im Rahmen des Dienstbetriebes störende politische
Auseinandersetzungen vermieden werden, andererseits die
politische Neutralität der Amtsführung und das Vertrauen der
Öffentlichkeit hierauf nicht gefährdet oder auch nur in Zweifel
gezogen werden kann. Eine politische Meinungsäußerung liegt
deshalb nicht nur dann vor, wenn sie sich auf die Darstellung
von Programmen und politischen Zielen solcher Gruppierungen
bezieht, die die Beteiligung an der politischen Meinungsbildung
in den Institutionen der repräsentativen Demokratie – wie die
hergebrachten politischen Parteien – erstreben, sondern auch bei
Äußerungen und Aktivitäten von Gruppierungen, die solches nicht
anstreben, wenn durch sie der Schutzzweck der Norm berührt wird.
Dazu gehören Fragen, die von grundlegender Bedeutung für die
Bundesrepublik Deutschland und ihrer Bürger sind, die innerhalb
und außerhalb politischer Parteien kontrovers diskutiert werden.
Wer gegen die politische Mäßigungspflicht
verstößt, verstößt stets auch gegen die Neutralitätspflicht.
[Hervorhebung von mir.]
Die Pflicht
zu unparteiischer und gerechter Amtsführung ist die
einfachrechtliche Konkretisierung eines hergebrachten
Grundsatzes des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5
GG.
Aus
ihr folgt das an den Beamten gerichtete Gebot, sich nicht in
einer die Besorgnis der Parteilichkeit begründenden Weise zu
verhalten, sodass keine Zweifel an der unparteiischen
Amtsführung durch den Beamten entstehen. Eine Besorgnis der
Parteilichkeit ist dann angezeigt, wenn objektive Gründe
vorliegen, die aus Sicht eines vernünftigen Betrachters
Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Beamten erregen. Dafür
kommt es nicht darauf an, ob der Beamte tatsächlich parteiisch
ist und dem Gerechtigkeitsgebot zuwiderhandelt. Es genügt
insoweit der „böse Schein“. Bereits dieser ist nämlich geeignet,
das Vertrauen in eine sachgerechte Dienstverrichtung
schwerwiegend und nachhaltig zu erschüttern.
Innerdienstliche politische Meinungsäußerungen des Beamten
unterliegen somit zusätzlichen Beschränkungen, die sich aus den
Erfordernissen eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebs ergeben. Die
Mäßigungs- und Neutralitätspflicht des Beamten gebieten, dass er
durch seine politische Betätigung im Dienst seine
Arbeitsleistungspflicht nicht verletzt, den Dienstbetrieb nicht
beeinträchtigt sowie keine Störung des Arbeitsfriedens
hervorruft. Grundsätzlich gilt, dass sich der Beamte einer
politischen Betätigung im Dienst regelmäßig zu enthalten hat.
Außerdem
muss das Verhalten einer Beamtin oder eines Beamten innerhalb
und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht
werden, die ihr bzw. sein Beruf erfordern. Bei und im
Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit tritt der Beamte als
Repräsentant des Staates auf, wobei von ihm ein unparteiisches,
gerechtes und vertrauenswürdiges Verhalten erwartet werden darf.
Die Wohlverhaltenspflicht ist etwa verletzt, wenn
Meinungsäußerungen eines Beamten in ihrem jeweiligen Kontext den
Bereich sachlicher Kritik verlassen und die Grenze dessen, was
im Interesse eines störungsfreien Dienstbetriebs hingenommen
werden kann, überschreiten.
VG
München, Urteil v. 08.05.2025 – M 19L DB 23.4977
Anders ausgedrückt:
Wer bei der Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben ein privates Smartphone
mit einem für andere sichtbaren Sticker „FCK-GRN“ verwendet, dem
fehlt es nicht nur an Sensibilität, sondern auch an einem
einzufordernden polizeilichen Berufsverständnis. Wer so naiv seine politische
Meinung als uniformierter Polizeibeamter kundtut, dem kann
eigentlich nur noch geraten werden, sich zu schämen. Das aber
ist keine Disziplinarmaßnahme, die das Disziplinargesetz des
Landes NRW vorsieht.
09 Benutzung privater Smartphones im Dienst
TOP
Die
Benutzung eines privaten Smartphones, sowohl zur Beweissicherung
als auch zur Erhebung personenbezogener Daten lässt das Gesetz
nicht zu. Grund dafür ist, dass Daten, die Bestandteil von
Ermittlungsakten oder von Verkehrsunfallanzeigen werden sollen,
nicht in Privatbesitz gehören. Solche Daten dürfen deshalb nur
mittels dienstlich zur Verfügung gestellter Hilfsmittel erhoben
werden. Im Zusammenhang mit der fotografischen Sicherung von
Unfallspuren und Fahrzeugbeschädigungen verfügt deshalb jede
Streifenwagenbesatzung über dienstlich zur Verfügung gestellte
Digitalkameras. Dadurch ist sichergestellt, dass erhobene Daten
ausschließlich unter Nutzung polizeilicher Hardware
weiterverarbeitet werden, wozu auch das Erheben solcher Daten
gehört.
Beweisfotos können natürlich auch mit dienstlich zur Verfügung
gestellten Smartphones gemacht werden, mit denen die
Länderpolizeien zunehmend ihre Polizeibeamtinnen und
Polizeibeamten ausrüsten. Dass auf solche Dienst-Smartphones
keine Sticker gehören, das versteht sich hoffentlich von selbst.
Wie dem auch immer sei:
Es kann davon ausgegangen werden, dass immer noch private
Smartphones zur Erledigung polizeilicher Aufgaben von
Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten benutzt werden, obwohl das
- von Ausnahmen abgesehen – nicht zulässig ist. In mehreren
gerichtlichen Entscheidungen, bei denen es um Ersatzansprüche
von Polizeibeamten ging, deren private Smartphones bei der Nutzung zu
dienstlichen Zwecken beschädigt worden waren und die deshalb von
ihren Dienstherren Schadenersatz einforderten, heißt es
wie folgt:
OVG
Niedersachsen 2007:
Mit Bescheid vom 22. Februar 2002 lehnte der Beklagte den Antrag
des Klägers auf Schadensersatz ab mit der Begründung, nach dem
Runderlass des
Niedersächsischen
Innenministeriums vom 23. Mai 1997 sei die Nutzung privater
Mobilfunktelefone für dienstliche Zwecke nicht vorgesehen. Nach
diesem Erlass seien auch keine Genehmigungen hierzu zu erteilen.
Werde ein privates Mobiltelefon eigeninitiativ für dienstliche
Zwecke genutzt, so bestehe kein Anspruch auf Kostenerstattung
für die Reparatur des privaten Mobiltelefons.
OVG
Niedersachsen, Urteil vom 27.11.2007 - 5 LB 190/05
So auch
die Sichtweise der Richter beim Verwaltungsgericht Oldenburg.
VG
Oldenburg 2003:
Gemäß Ziffer 3.2 der Verwaltungsvorschriften zu § 96 sei ein
Ersatz für private Gegenstände ausgeschlossen, die der Beamte
anstelle dienstlich zur Verfügung stehender Gegenstände benutzt
habe, es sei denn, der Dienstherr habe die Benutzung
ausdrücklich gestattet. Gemäß Erlass des
Niedersächsischen
Innenministeriums vom 23. Mai 1997 seien bei der Polizei des
Landes Niedersachsen für die überlagernde
Sprech-Funk-Kommunikation Mobilfunktelefone in den öffentlichen
Mobilfunkdiensten eingesetzt. Dafür stünden in ausreichendem
Ausstattungsumfang dienstliche Mobilfunktelefone zur Verfügung.
Die Nutzung privater Mobilfunktelefone für dienstliche Zwecke
sei nicht vorgesehen. Insofern sei hier auch keine Genehmigung
zu erteilen. Werde ein privates Mobiltelefon ausnahmsweise
eigeninitiativ für dienstliche Zwecke genutzt, so bestehe kein
Anspruch auf Kostenerstattung bzw. anteilige Kostenerstattung
für die Beschaffung, Reparatur, oder Wiederbeschaffung des
Mobiltelefons. Da keine Genehmigung des Dienstherrn zur Nutzung
des privaten Handys vorgelegen habe, könne dem Kläger auch kein
Schadensersatz gewährt werden.
VG
Oldenburg, Urteil vom 27.08.2003 - 6 A 977/01
Auch auf
der Website des Landesbeauftragten für den Datenschutz des
Landes NRW heißt es, die Nutzung privater Mobilfunktelefone
betreffend:
Landesbeauftragte Polizei NRW 2025:
Polizei – Finger weg von der WhatsApp-Nutzung! Unter
Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in Nordrhein-Westfalen wird
anscheinend teils dienstlich über
WhatsApp-Gruppen
kommuniziert. Doch selbst wenn Behörden oder Vorgesetzte die
Nutzung der Messenger-App im Dienst tolerieren, ist das hoch
problematisch.
Mit anderen Worten:
Es gibt keinen Erlass für die Nutzung
privater
Mobilfunktelefone für dienstliche Zwecke bei der Polizei NRW. Es
kann dennoch davon ausgegangen werden, dass die Nutzung privater
Datenendgeräte zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben in der Regel
untersagt ist.
Die
Benutzung von Datenendgeräten, zu denen auch Smartphones
gehören, sind deshalb in allen Ländern durch Erlasse geregelt.
In NRW
ist das die „Dienstanweisung zum Datenschutz beim Betrieb von
Datenendgeräten der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen
(Datenschutzanweisung), RdErl.d. Innenministeriums v. 8.7.1987 –
IV A 5 1805/3“. Dieser Erlass steht im Internet aber
nur als Kopferlass zur Verfügung. Das bedeutet, dass der Inhalt
des Erlasses – mit Ausnahme der Überschrift – im Internet nicht
eingesehen werden kann.
Großzügiger verfährt in NRW jedoch die Justiz. In der
„Dienstanweisung zum Datenschutz und zur Informationssicherheit
beim Einsatz von IT-Geräten bei Justizbehörden des Landes
Nordrhein-Westfalen“ heißt es zum Beispiel wie folgt:
-
Die Speicherung von
personenbezogenen Daten außerhalb der dafür bestimmten
Speicherorte ist vorbehaltlich der Regelung zur Speicherung
dienstlicher Informationen auf privaten IT-Geräten nach § 7
Abs. 2 zu unterlassen.
-
Auf einem privaten IT-Gerät
gespeicherte Informationen sind umgehend revisionssicher zu
löschen, soweit eine weitere Speicherung dort nicht mehr
erforderlich ist, spätestens jedoch bei Abschluss des
Verfahrens.
-
Die Nutzung privater
E-Mail-Accounts, privater Cloud-Dienste, Messenger-Dienste
und sozialer Medien zum Austausch von vertraulichen
Informationen und personenbezogenen Daten zu dienstlichen
Zwecken ist untersagt. Dies gilt insbesondere auch für die
Umleitung, Weiterleitung oder Speicherung dienstlicher
Informationen.
-
Die Behördenleitung hat dafür zu
sorgen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch
regelmäßige Maßnahmen für die Anforderungen des
Datenschutzes und der Informationssicherheit sensibilisiert
werden. Dies gilt insbesondere bei der Ausgabe mobiler
Geräte oder anlässlich der Anzeige privater Geräte.
-
Die Behördenleitung hat dafür
Sorge zu tragen, dass den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
eine sachgerechte Ausstattung mit IT-Geräten für ihre
Diensterfüllung zur Verfügung steht. Erforderlichenfalls hat
sie den Bedarf der zuständigen Stelle rechtzeitig
anzuzeigen. Die Aus- und Rückgabe sind zu dokumentieren.
-
Die Behördenleitung hat jährlich
bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern abzufragen, ob und
welche bislang noch nicht gemeldeten privaten IT-Geräte
dienstlich genutzt bzw. welche gemeldeten privaten IT-Geräte
nicht mehr genutzt werden. Nicht Gegenstand der Abfrage sind
Smartphones, die lediglich dazu genutzt werden, dienstliche
Anrufe auch außerhalb des Büros entgegennehmen zu können.
Dienstanweisung des Justizministeriums NRW im Volltext
10 Disziplinarrechtliche Würdigung
TOP
Den
bisherigen Ausführungen kann entnommen werden, dass der
Polizeibeamte, der ein privates Smartphone, versehen mit einem
Sticker „FCK-GRN“ zur Wahrnehmung dienstlicher Aufgaben
benutzte, sich nicht korrekt verhalten hat. Was die unseriöse
Verletzung der Neutralitätspflicht anbelangt, heißt es – um
diesen Faden noch einmal aufzugreifen – in einem Beschluss des
Verwaltungsgerichts Thüringen aus dem Jahr 2012, wie folgt:
VGT
Thüringen 2012:
Erscheinungsformen fallen aus dem Rahmen des Üblichen und sind
geeignet, die Neutralitätsfunktion der Polizeiuniform zu
beeinträchtigen, wenn sie unter Berücksichtigung der
gesellschaftlichen Anschauungen als unkorrekt oder unseriös
anzusehen sind. Dies ist nicht bereits dann der Fall, wenn sie
die Mehrheit der Bevölkerung für die eigene Person ablehnt oder
allgemein nicht für vorteilhaft hält. Vielmehr kann eine
Erscheinungsform erst dann als unkorrekt oder unseriös gelten,
wenn so auftretende Personen von weiten Kreisen der Bevölkerung
ausgegrenzt werden oder ihnen doch Vorbehalte der Art begegnen,
die erwarten lassen, dass sie bei der Amtsausübung nicht ernst
genommen werden oder ihnen das dabei erforderliche Vertrauen
nicht entgegengebracht wird.
VG
Thüringen, Beschluss vom 13.8.2012 - 4 E 824/12 We
In
Verbindung mit allen bisher erörterten Fehlverhalten eines
Polizeibeamten, der ein private Smartphones zur
Beweissicherung eines Sachverhaltes benutzte, der aktenkundig gemacht
wird, stellt sich aus der Gesamtschau aller Fehlverhalten nunmehr
die Frage, wie das Verhalten des Polizeibeamten in seiner Gesamtheit gesehen disziplinarrechtlich zu ahnden ist.
Diese
Frage kann hier nicht abschließend geklärt werden, denn diese
Antwort setzt eine genaue Kenntnis des Sachverhalts voraus. Da
gegen den Polizeibeamten strafrechtlich ermittelt wurde, diese
Ermittlungen aber eingestellt wurden, ist die Frage möglicher
dienstrechtlicher Folgen in Anlehnung an den § 14 LDG NRW wie
folgt zu beantworten.
§ 14 Abs. 1 Nr. 1
BDG
(Zulässigkeit von Disziplinarmaßnahmen nach Straf- oder
Bußgeldverfahren)
(1) Ist
gegen einen Beamten im Straf- oder Bußgeldverfahren unanfechtbar
eine Strafe, Geldbuße oder Ordnungsmaßnahme verhängt worden oder
kann eine Tat nach § 153a Abs. 1 Satz 5 oder Abs. 2 Satz 2 der
Strafprozessordnung nach der Erfüllung von Auflagen und
Weisungen nicht mehr als Vergehen verfolgt werden, darf wegen
desselben
Sachverhalts
1. ein Verweis, eine Geldbuße oder eine Kürzung des Ruhegehalts
nicht ausgesprochen werden. [...].
Zu solchen Maßnahmen ist es nicht gekommen, so dass
disziplinarrechtliche Maßnahmen nunmehr in Betracht kommen.
Die gesetzlich zugelassenen Disziplinarmaßnahmen sind gesetzlich
wie folgt geregelt:
§ 5 Abs. 1 BDG
(Arten der Disziplinarmaßnahmen)
(1)
Disziplinarmaßnahmen gegen Beamtinnen und Beamte sind: 1.
Verweis (§ 6) 2. Geldbuße (§ 7) 3. Kürzung der
Dienstbezüge (§ 8) 4. Zurückstufung (§ 9) und 5.
Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10). [...].
Hinsichtlich der Schwere des Fehlverhaltens kommt als
schwerweigendste Disziplinarmaßnahme in diesem Fall wohl nur ein Verweis in
Betracht. Denkbar ist aber auch eine Rüge, wenn der
Dienstvorgesetzte das für ausreichend hält.
§ 6
BDG
(Verweis)
Der
Verweis ist der schriftliche Tadel eines bestimmten Verhaltens
des Beamten. Missbilligende Äußerungen (Zurechtweisungen,
Ermahnungen oder Rügen), die nicht ausdrücklich als Verweis
bezeichnet werden, sind keine Disziplinarmaßnahmen.
Anders ausgedrückt:
Eine Rüge, dürfte im hier zu erörternden Sachzusammenhang
unverzichtbar sein.
Im Gegensatz
zu einem schriftlichen Verweis, der eine offizielle
Disziplinarmaßnahme ist, wäre das für den Beamten eine sehr
günstige Regelung.
Hinweis:
Eine Rüge kann, wie eine Ermahnung oder Abmahnung auch, in die
Personalakte aufgenommen werden, muss aber nicht.
Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte haben das Recht,
Einsichtnahme in ihre Personalakte zu nehmen und bei einer dort
eingetragenen unberechtigten Rüge auf deren Entfernung Klage zu
erheben. Eine Rüge, die unrechtmäßig ist, muss entfernt werden,
da sie die berufliche Zukunft behindern kann. Eine rechtmäßige
Rüge kann nach einer gewissen Zeit entfernt werden, wenn der
Vorfall nicht mehr von Bedeutung ist.
Welche Regelungen der Dienstherr des Beamten für geeignet,
erforderlich und verhältnismäßig hält, liegt in seinem Ermessen.
11 Strafrechtliche Würdigung des
Anzeigenerstatters
TOP
Als
strafbares Verhalten kommt in Betracht:
Wissentliche falsche Verdächtigung im
Sinne von § 164 StGB:
Bei diesem Delikt handelt es sich um ein Offizialdelikt.
Tatbestandlich handelt, wer eine Person anzeigt, eine Straftat
begangen zu haben, obwohl das nicht zutrifft.
§ 164
Abs. 1 und 2 StGB (Falsche Verdächtigung)
(1) Wer
einen anderen bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von
Anzeigen zuständigen Amtsträger oder militärischen Vorgesetzten
oder öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat
oder der Verletzung einer Dienstpflicht in der Absicht
verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche
Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe
bestraft.
(2)
Ebenso wird bestraft, wer in gleicher Absicht bei einer der in
Absatz 1 bezeichneten Stellen oder öffentlich über einen anderen
wider besseres Wissen eine sonstige Behauptung tatsächlicher Art
aufstellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder
andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder
fortdauern zu lassen.
[...].
Wie dem auch immer sei:
Festzustellen ist, dass eine wissentliche Falschanzeige eine
Straftat ist, die schwere
rechtliche Folgen haben kann (Geldstrafen oder
Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren). Sie wird strafrechtlich
verfolgt, sobald jemand vorsätzlich eine falsche Anschuldigung
gegenüber einer Behörde erhebt, um eine andere Person
fälschlicherweise einer Straftat zu bezichtigen. Das Strafmaß
hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Tatbestandlich
handelt auch, wer durch eine falsche Verdächtigung dafür sorgt,
dass gegen einen Amtsträger disziplinarrechtliche Ermittlungen
eingeleitet werden.
12 Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung
(DSGVO)
TOP
In einem
Urteil des OLG Dresden vom 9. September 2025 heißt es im
Hinblick auf die Verbreitung von Bilddaten ohne Einwilligung der
davon betroffenen Person bereits in den Leitsätzen wie folgt:
OLG Dresden 2005:
Leitsatz: 1. Die Rechtmäßigkeit der Nutzung eines Lichtbilds mit
personenbezogenen Daten des Betroffenen für eine
Ordnungswidrigkeitenanzeige
beurteilt sich allein nach den Vorschriften der DSGVO.
Leitsatz
5. Das Hochladen eines Lichtbildes mit personenbezogenen Daten
des Betroffenen auf einer Anzeigeplattform im Internet kann
einen datenschutzrechtlichen Kontrollverlust begründen.
OLG
Dresden, 4. Zivilsenat, Urteil vom 9. September 2025, Az.: 4 U
464/25
Diesem
Urteil lag ein Beweisfoto zugrunde, das einen Falschparker und
dessen Beifahrer zeigte, das von dem „Fotografen“ aus dessen Website
hochgeladen wurde.
Wie dem auch immer sei:
Die
Ausführungen der Richter des OLG Dresden im Hinblick auf den
Missbrauch von Fotografien, die im Internet verbreitet werden,
lassen sich durchaus auch im so genannten Analogverfahren auf
den hier zu erörternden Sachverhalt anwenden.
In dem Urteil
heißt es an anderer Stelle wie folgt:
OLG Dresden 2025:
Die DSGVO erfasst ihrem sachlichen Anwendungsbereich nach gem.
Art. 2 Abs. 1 DSGVO jegliche Verarbeitung (Art. 4 Nr. 2 DSGVO)
von personenbezogenen Daten (Art. 4 Nr. 1 DSGVO), gleich ob sie
automatisiert erfolgt oder nicht. Bei einer
nicht-automatisierten Verarbeitung muss die zusätzliche
Voraussetzung erfüllt sein, dass die personenbezogenen Daten in
einem Dateisystem (Art. 4 Nr. 1 DSGVO) gespeichert sind oder
gespeichert werden sollen. Art. 4 Nr. 1 DSGVO bestimmt, dass
personenbezogene Daten alle Informationen über eine bestimmte
oder bestimmbare natürliche Person (“betroffene Person“) sind.
Als bestimmbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt
oder indirekt identifiziert werden kann. Die Anfertigung und
Verwendung des von dem Beklagten am 28.01.2024 gegen 12:04 Uhr
in L...... auf der D...... Straße xx (Höhe Bushaltestelle)
gefertigten Fotos, das den Kläger als Beifahrer in einem
Fahrzeug zeigt,
unterfällt
den datenschutzrechtlichen Vorschriften (Art. 2 Abs. 1 DSGVO),
da der Beklagte sie mittels Handy digital gefertigt, dort
gespeichert und auf dem Server der „weg.li“-App hochgeladen hat,
Art. 4 Nr. 2 DSGVO, Art. 3 Abs. 1 DSGVO. Werden Aufnahmen, die
personenbezogene Daten enthalten, auf eine Plattform hochgeladen
und damit für Internetnutzer veröffentlicht, stellt dies eine
ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung dieser Daten dar
(...).
Das LG
hat zudem nach Inaugenscheinnahme festgestellt, dass der Kläger
auf einem der Fotos erkennbar ist, was vom Beklagten im
Berufungsverfahren nicht mehr bestritten wird, so dass das Foto
biometrische Daten aber auch Metadaten wie Uhrzeit und Standort
des Klägers enthält.
Der
Beklagte ist Verantwortlicher i.S.d. Art 4 Nr. 7 DSGVO, denn er
hat mittels Anfertigen des Fotos und Hochladen über die Zwecke
und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten
entschieden, die Betreiber der Website „weg.li.de“ haben die
Daten in seinem Auftrag verarbeitet, Art. 4 Nr. 8 DSGVO.
Hinweis:
Bei dem Polizeibeamten, dessen Porträtfoto der Stadtrat im
Internet veröffentlicht hat, handelt es sich nicht um eine
Person, die vom Geltungsbereich der DSGVO ausgenommen ist.
Immaterieller Schaden im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO kann
auch der bloße und kurzzeitige Verlust der Kontrolle über eigene
personenbezogene Daten infolge eines Verstoßes gegen die DSGVO
sein. Weder muss eine konkrete missbräuchliche Verwendung dieser
Daten zum Nachteil des Betroffenen erfolgt sein noch bedarf es
sonstiger zusätzlicher spürbarer negativer Folgen (...). Für die
Schadensschätzung bei einem auf den Kontrollverlust an
personenbezogenen Daten gestützten Ersatzanspruch kommt es auf
die Sensibilität dieser Daten, ferner Art und Dauer des
Kontrollverlusts und die Möglichkeit zur Wiedererlangung der
Kontrolle an (...).
Ferner
hat der Kläger zu Recht darauf hingewiesen, seine Daten seien
auf den Server der Betreiber der App hochgeladen und dort
weiterverarbeitet worden. Wer dort Zugang zu den Daten gehabt
habe oder was damit dort passiert sei, könne er nicht konkret
nachvollziehen.
Vor
diesem Hintergrund ist ein Kontrollverlust über Daten des
Klägers festzustellen, für den der Senat einen Betrag von 100,-
EUR als angemessenen, aber auch ausreichenden Ausgleich für
gerechtfertigt erachtet.
Der
Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Erstattung von
vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 627,13 €.
OLG
Dresden, 4. Zivilsenat, Urteil vom 9. September 2025, Az.: 4 U
464/25
Die
folgenden Zitate aus der DSGVO sollte jeder kennen, der meint,
jedes Foto hochladen zu können, das er angefertigt hat.
Art.
6 Rechtmäßigkeit der Verarbeitung
(1) Die
Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der
nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:
a) Die betroffene Person hat ihre Einwilligung zu der
Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für
einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben;
Art.
10
Verarbeitung
von personenbezogenen Daten über strafrechtliche Verurteilungen
und Straftaten
Die
Verarbeitung personenbezogener Daten über strafrechtliche
Verurteilungen und Straftaten oder damit zusammenhängende
Sicherungsmaßregeln aufgrund von Artikel 6 Absatz 1 darf nur
unter behördlicher Aufsicht vorgenommen werden oder wenn dies
nach dem Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten, das
geeignete Garantien für die Rechte und Freiheiten der
betroffenen Personen vorsieht, zulässig ist. Ein umfassendes
Register der strafrechtlichen Verurteilungen darf nur unter
behördlicher Aufsicht geführt werden.
Art.
82 Haftung und Recht auf Schadenersatz
(1) Jede
Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein
materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, hat
Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen
den Auftragsverarbeiter.
Übrigens:
Auch der
fotografierte Fahrer hätte gegen die Verbreitung seines Fotos im
Internet Klage führen und diese Klage auch für sich erfolgreich
durchführen lassen können. Hat er aber – im Gegensatz zu seinem
erbosten Beifahrer - nicht.
So ist das Leben:
Wo kein Kläger, da ist auch kein Richter.
Auch die
Einlassung eines übereifrigen Fotografen, durch das von ihm
gefertigte Beweisfoto eine Person der Zeitgeschichte abgebildet
zu haben, die sich rechtswidrig verhält, was bei einem
Polizeibeamten anzunehmen ist, der durch den Sticker seines
Smartphones die Hassbotschaft „FCK
GRN“
verbreitet,
vermag nicht zu überzeugen, denn bei der Aufnahme eines
Verkehrsunfalls handelt es sich nicht um ein Ereignis der
Zeitgeschichte, sondern um ein Ereignis, dass sich
täglich auch in Heilbronn ereignet und folglich zum ganz
normalen polizeilichen Berufsalltag gehört.
Solche
normalen Polizeieinsätze zu fotografieren fallen nicht unter die
Kategorie der Dokumentation von „Personen der Zeitgeschichte“.
Das trifft allenfalls bei Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte
zu, die an Einsätzen von öffentlichem Interesse beteiligt sind.
Aber auch dann gilt für Veröffentlicher gefertigter Fotos die Verpflichtung, bei der
Veröffentlichung von Bildern, die nicht von so genannten VIP (Very
Important Persons)
gefertigt wurden, die Persönlichkeitsrechte abgebildeter
Personen, wozu auch Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte gehören, durch die Verpixelung ihrer
Gesichter, vor der Verbreitung "unkenntlich" zu machen
sind.
13 Regelungen im Kunsturheberschutzgesetz
TOP
Die genaue
Bezeichnung des Gesetzes lautet: Gesetz betreffend das
Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie
(KunstUrhG).
Täter im
Sinne dieses Gesetzes ist eine Person, die ein Bildnis ohne die
erforderliche Einwilligung der abgebildeten Person verbreitet
oder öffentlich zur Schau stellt und dabei gegen die §§ 22 und
23 des Kunsturhebergesetzes verstößt.
§ 22
KunstUrhG
Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten
verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. [...].
§ 23
KunstUrhG
(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen
verbreitet und zur Schau gestellt werden: 1. Bildnisse aus dem
Bereiche der Zeitgeschichte.
§ 33
KunstUrhG
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe
wird bestraft, wer entgegen den §§ 22, 23 ein Bildnis verbreitet
oder öffentlich zur Schau stellt. (2) Die Tat wird nur auf
Antrag verfolgt.
Strafbar im
Sinne des
KunstUrhG
macht sich, wer beispielsweise ohne Erlaubnis Fotos von
Personen ins Internet stellt oder diese anderweitig
verbreitet.
Die Strafverfolgung erfolgt jedoch nur auf Antrag
des Betroffenen.
Täter
ist:
-
Wer ohne Einwilligung ein Bildnis
einer anderen Person verbreitet oder öffentlich ausstellt,
ohne deren Einwilligung zu haben.
-
Die Handlung muss gegen die
Regelungen des Kunsturhebergesetzes verstoßen, die das Recht
am eigenen Bild regeln.
-
Die Tat kann sowohl zivilrechtliche Ansprüche des
Abgebildeten auslösen (z.B. Unterlassung) als auch
strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
-
Welche Straftaten sind relevant?
Verbreitung oder öffentliche Zurschaustellung: Die Person
stellt ein Bildnis einer anderen Person der Öffentlichkeit
zur Verfügung, z.B. durch das Hochladen auf
Social-Media-Plattformen oder das Veröffentlichen in einer
Zeitung.
-
Ausnahmen bei „Personen der
Zeitgeschichte“: Dazu gleich mehr.
Wer die
Straftat begeht, kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem
Jahr oder mit einer Geldstrafe bestraft werden.
Antragsdelikt: Die Tat wird aber nur verfolgt, wenn der
Betroffene (oder ein Angehöriger) einen Strafantrag gestellt
hat.
14 Personen der Zeitgeschichte als
Rechtfertigungsgrund
TOP
Das
Anfertigen von Aufnahmen von Polizeieinsätzen ist grundsätzlich
erlaubt, solange die Beamten dadurch nicht in ihrer Arbeit gestört
werden. Das bedeutet aber nicht, dass auch Aufnahmen von ganz
normalen Einsätzen der Polizei gemacht werden dürfen, durch - in
Anschluss daran - die
Persönlichkeitsrechte davon betroffener Polizeibeamten verletzt
werden.
Festzustellen ist, dass ein Veröffentlichen von Aufnahmen, die
Persönlichkeitsrechte zum Beispiel dadurch verletzen, indem die
handelnde Person durch die Aufnahmen identifiziert werden kann,
grundsätzlich rechtswidrig sind.
Das „Recht am eigenen Bild“ gilt auch für Polizeibeamte, wenn die sich dienstrechtlich nicht korrekt
verhalten, zumindest was eine Veröffentlichung dieses
Fehlverhaltens im Internet oder
in den sozialen Medien sozusagen zur Schau gestellt wird.
Daraus ergibt sich:
Um eine Strafbarkeit zu vermeiden, dürfen unverpixelte Bilder
von Polizisten aus Routineeinsätzen, die sich nicht zu
„zeitgeschichtlichen Ereignissen“ zählen lassen, nicht
publiziert werden, wenn handelnde Personen darauf erkannt
(identifiziert) werden können.
Die
Richter des BGH hatten 2007 darüber zu entscheiden, welchen
Schutz auch „Personen der Zeitgeschichte“ für sich in Anspruch
nehmen können. Im Rahmen dieser Entscheidung musste auch geklärt
werden, was unter der Sprachfigur „Person der Zeitgeschichte“ zu
verstehen ist.
BGH 2007:
Die
Öffentlichkeit hat einen Anspruch darauf, über das Zeitgeschehen
unterrichtet zu werden und damit über alle Fragen von
allgemeinem gesellschaftlichen Interesse. Deshalb darf
grundsätzlich die Presse zur Wahrnehmung ihrer meinungsbildenden
Aufgaben hierüber berichten, wobei sie keiner Zensur unterliegt
und nach publizistischen Kriterien selbst entscheiden darf, was
sie des öffentlichen Interesses für wert hält. Dabei muss sie
allerdings die geschützte Privatsphäre desjenigen beachten, über
den sie berichten will, so dass es stets einer
Interessenabwägung bedarf.
An
anderer Stelle heißt es:
Aus § 23
KUG hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des
Bundesgerichtshofs den abkürzenden Begriff der „Person der
Zeitgeschichte“ entwickelt. Als „relative“ Person der
Zeitgeschichte ist eine Person anzusehen, die durch ein
bestimmtes zeitgeschichtliches Ereignis das Interesse auf sich
gezogen hat. Deshalb darf sie ohne ihre Einwilligung nur im
Zusammenhang mit diesem Ereignis abgebildet werden. Demgegenüber
gilt als „absolute“ Person der Zeitgeschichte eine Person, die
aufgrund ihres Status und ihrer Bedeutung allgemein öffentliche
Aufmerksamkeit findet, so dass sie selbst Gegenstand der
Zeitgeschichte ist und deshalb über sie berichtet werden darf.
Auch sie hat jedoch ein Recht auf Privatsphäre, das nicht auf
den häuslichen Bereich beschränkt ist. Vielmehr muss sie die
Möglichkeit haben, sich an anderen, erkennbar abgeschiedenen
Orten unbehelligt von Bildberichterstattung zu bewegen (...).
Unter
Bezugnahme auf die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und
Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK) heißt es:
Dabei
[gemeint ist die Zuordnung zur Zeitgeschichte] ist der
Beurteilung ein normativer Maßstab zugrunde zu legen, welcher
der Pressefreiheit und zugleich dem Schutz der Persönlichkeit
und ihrer Privatsphäre ausreichend Rechnung trägt (...).
Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an
vollständiger Information über das Zeitgeschehen. Dabei ist der
Begriff des Zeitgeschehens in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zugunsten
der Pressefreiheit zwar in einem weiten Sinn zu verstehen, doch
ist das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird
der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch
den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine
Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die
Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der
Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist,
lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände
des Einzelfalls entscheiden.
Mithin
kommt eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung
grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Berichterstattung ein
Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betrifft (...). Dabei
darf allerdings der Begriff der Zeitgeschichte nicht zu eng
verstanden werden. [...]. [Im] Hinblick auf den
Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur
Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz
allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem
gesellschaftlichem Interesse, und wird mithin vom Interesse der
Öffentlichkeit bestimmt.
BGH,
Urteil vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06
Und was
die Veröffentlichung von Bildern anlässlich von polizeilichen
Routinemaßnahmen anbelangt, heißt es in einem Urteil des
Kammergerichts Berlin aus dem Jahr 2023 wie folgt:
KG Berlin 2023:
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass jegliche im
Internet veröffentlichte Information, die sich auf
personenbezogene Daten bezieht, unter den Begriff der
„journalistischen Tätigkeiten“ fiele (vgl. EuGH aaO). Zwar kann
ein im Internet veröffentlichtes Video über eine Polizeimaßnahme
als journalistische Tätigkeit anzusehen sein, wenn damit auf
angeblich rechtswidrige Praktiken der Polizei aufmerksam gemacht
werden soll (...). An einem – wie hier – alltäglichen
Routinepolizeieinsatz besteht indes kein derartiges Interesse,
dass er in den Medien hätte verbreitet werden müssen (...). Zu
beachten ist auch, dass die Mehrzahl von Fotoveröffentlichungen
im Internet, z.B. auf Websites, Blogs oder Social
Media-Plattformen, zwar Ausdruck von persönlichen Ansichten ist
oder der Selbstdarstellung dient. Journalistische Zwecke werden
damit jedoch nicht verfolgt (...).
KG
Berlin, Urteil vom 30.11.2023 - 2 ORs 31/23, 2 ORs 31/23 - 121
Ss 130/23
Anders ausgedrückt:
Aus dem Urteil des Kammergerichts Berlin lässt sich ableiten,
dass es sich bei Fotos, die von Außenstehenden anlässlich
polizeilicher Verkehrsunfallaufnahmearbeit gefertigt wurden,
nicht um die Dokumentation eines Polizeieinsatzes von öffentlichem
Interesse im Sinne der
KunstUrhG
(auch als KUG bezeichnet) handelt.
Aus dem Fehlverhalten eines
einzelnen Polizeibeamten zu schließen, dass es hier um
polizeitypisches Handeln geht, über das die Öffentlichkeit
informiert werden muss, ist abwegig, besser gesagt rechtswidrig.
Wer sich über polizeiliches Fehlverhalten beschwerden will, dem
stehen andere - weitaus effektivere - Möglichkeiten zur
Verfügung, den Polizeibeamten für sein Fehlverhalten in Anspruch
zu nehmen.
15 Was ist heute noch normal?
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Auf
diese Frage eine zutreffende Antwort zu finden ist nicht leicht.
Hier der
Versuch einer Antwort:
Es ist
nicht normal, wenn Polizeibeamte private Smartphones zur
Dokumentation polizeilicher Ermittlungsarbeit einsetzen, die mit
einem "FCK-GRN-Sticker" versehen sind.
Normal
scheint hingegen das Geltungsbedürfnis einer Vielzahl von
Einzelpersonen zu sein, jedes festgestellte Fehlverhalten sofort
der Weltöffentlichkeit in der Hoffnung mitzuteilen, dafür mit
möglichst vielen Links für diese heroische Tat belohnt zu werden.
Wie dem auch immer sei:
In einer Zeit vor dieser (un)normalen
heutigen Zeit wäre es üblich gewesen, dass sich ein
Beschwerdeführer unmittelbar an die Dienststelle des Beamten
gewendet hätte, der sich erkennbar falsch und vorwerfbar
verhalten hat. Dann wäre es wahrscheinlich sogar dazu gekommen,
dass der Beschwerdeführer und der Beamte, über den Beschwerde
geführt wurde, im Beisein des Vorgesetzten, der die Beschwerde
entgegengenommen hat, das Fehlverhalten gemeinsam
erörtern würden.
Dazu wäre es
sicherlich nicht gekommen, wenn sich beim
ersten Gespräch bereits der Verdacht einer Straftat ergeben
hätte, die einem Polizeibeamten vorgehalten werden kann.
Die
Folge einer angezeigten Straftat hätte die sofortige Einleitung eines Strafverfahrens
durch Entgegennahme einer Strafanzeige zur Folge gehabt.
Wahrscheinlich wäre eine Anzeige sofort im Anschluss an das Gespräch
aufgenommen und der Anzeigenerstatter danach auch als
Zeuge vernommen worden, um ihm weitere Unannehmlichkeiten zu
ersparen.
Wie dem auch immer sei: In einer Gesellschaft, die
noch wusste, wie Konflikte gelöst werden können, zumindest die, die
Einzelpersonen betreffen, wäre die oben zuletzt genannte Option
sicherlich
erfolgversprechender gewesen, als das bei der Normalität von
heute der Fall zu sein scheint.
16 Quellen
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Endnote_01 Meldung
der Rhein-Neckar Zeitung vom 8.5.2025:
https://www.rnz.de/region/sinsheim-kraichgau_artikel
,-Heilbronn-FCK-GRN-Handy-Aufkleber-Reaktionen
-auf-die-Anzeige-_arid,1566615.html
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Endnote_02 BVerfG, Pressemitteilung Nr. 23/2015
vom 28. April 2015.
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/
Pressemitteilungen/DE/2015/bvg15-023.html
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