Beurteilung von
Leistung
Inhaltsverzeichnis:
01
Einführung in das Thema 02 Rechtscharakter
der Beurteilung 03 Bedeutung der
Beurteilung 04 Regelung in Rechtsnormen
05 Sicht des BVerfG 06 Sicht
des BVerwG 07 Beurteilungsbeiträge –
Gesamturteil 08 Begründung des
Gesamturteils 09 Aufhebung einer
Beurteilung 10 Bevorzugte
Beurteilungen/Beförderungen von Frauen 11 Quellen
01
Einführung in das Thema
TOP
Die nachfolgend
zitierten Sätze von Max Weber (1864 bis 1920) sind über 100
Jahre alt. Dennoch scheinen sie zeitlos zu sein, denn auch heute
noch sind gute Beurteilungen, die Vorgesetzte über nachgeordnete
Beamten schreiben, von Verhaltensweisen abhängig, die sich nach
den Vorstellungen derjenigen auszurichten haben, die
Beurteilungen erstellen. In einem seiner Vorträge aus dem Jahr
1919 heißt es bei Max Weber wie folgt:
Max Weber:
Der echte Beamte [...]
soll
seinem eigentlichen Beruf nach nicht Politik treiben, sondern:
»verwalten«, unparteiisch vor allem, – auch für die sogenannten
»politischen« Verwaltungsbeamten gilt das, offiziell wenigstens,
soweit nicht die »Staatsräson«, d.h. die Lebensinteressen der
herrschenden Ordnung, in Frage stehen. Sine ira et studio
[objektiv
und sachlich; unvoreingenommen = AR],
»ohne Zorn und Eingenommenheit« soll er seines Amtes walten. Er
soll also gerade das nicht tun, was der Politiker, der Führer
sowohl wie seine Gefolgschaft, immer und notwendig tun muss:
kämpfen. Denn Parteinahme, Kampf, Leidenschaft –
ira et studium
[mit Wut
und Leidenschaft = AR]
–
sind das Element
des Politikers.
Und vor allem: des politischen Führers. Dessen Handeln steht
unter einem ganz anderen, gerade entgegengesetzten Prinzip der
Verantwortung, als die des Beamten ist.
Ehre des
Beamten ist die Fähigkeit, wenn – trotz seiner Vorstellungen –
die ihm vorgesetzte Behörde auf einem ihm falsch erscheinenden
Befehl beharrt, ihn auf Verantwortung des Befehlenden
gewissenhaft und genau so auszuführen, als ob er seiner eigenen
Überzeugung entspräche: Ohne diese im höchsten Sinn sittliche
Disziplin und Selbstverleugnung zerfiele der ganze Apparat.
An
anderer Stelle:
Der
Verwaltungsstab, der den politischen Herrschaftsbetrieb wie
jeden anderen Betrieb in seiner äußeren Erscheinung darstellt,
ist nun natürlich nicht nur durch jene Legitimitätsvorstellung,
von der eben die Rede war, an den Gehorsam gegenüber dem
Gewalthaber gekettet. Sondern durch zwei Mittel, welche an das
persönliche Interesse appellieren: materielles Entgelt und
soziale Ehre. Lehen der Vasallen, Pfründen der
Patrimonialbeamten, Gehalt der modernen Staatsdiener, –
Ritterehre, ständische Privilegien, Beamtenehre bilden den Lohn,
und die Angst, sie zu verlieren, die letzte entscheidende
Grundlage für die Solidarität des Verwaltungsstabes mit dem
Gewaltinhaber [En01].
Dieses
besondere Gehorsamsverhältnis bzw. Loyalitäts- und
Abhängigkeitsverhältnis gegenüber vorgesetzten Stellen ist -
auch im Hinblick auf Beurteilungen von Beamtinnen und Beamten -
wohl auch heute noch von ausschlaggebender Bedeutung.
Anders ausgedrückt:
Ein Beamter, der zum Widerspruch neigt, wird es schwer haben,
herausragende Beurteilungen zu bekommen, um Funktionsstellen
einnehmen zu können, die Führungsverantwortung beinhalten.
Bei der
Polizei dürfte diese Folgebereitschaft bereits bei der
Beförderung von Beamten des gehobenen Dienstes nach A12 und erst
recht bei Beförderungen nach A13 ausschlaggebend sein.
Hinsichtlich der Zulassung zum Studium an der
Deutschen
Hochschule der Polizei (DHPol)
für die Bewerberinnen und Bewerber, die im höheren
Polizeivollzugsdienst verwendet werden möchten und über die
dafür erforderlichen Voraussetzungen verfügen, ist im Rahmen
des
Bewerbungsverfahrens
von der Behörde, in der die sich bewerbende Person Polizeidienst
versieht, eine entsprechende Beurteilung zu erstellen, die an
irgendeiner Stelle im Auswahlverfahren nicht unbedeutend sein
dürfte.
Es kann
somit davon ausgegangen werden, dass bei der Auswahl geeigneter
Bewerberinnen und Bewerber für den höheren Polizeidienst
Loyalität als eine wesentliche Voraussetzung anzusehen ist.
Wie dem auch immer sei:
Bei der Auswahl von Führungskräften gehen sogar im Rahmen der
wissenschaftlichen Eignungsdiagnostik Psychologen davon aus,
dass oftmals nach dem Motto: Schmidt sucht Schmidtchen,
Personalentscheidungen getroffen werden.
Grafik 1
Auswahl nach dem Motto: Intelligence to please
Auch
bekannt als vorauseilender Gehorsam.
Grafik 2
Nichtberücksichtigung auffälliger Bewerber
Während
die erste Grafik eine Botschaft transportiert, die sich oftmals
als eine erfolgreiche Strategie verstehen lässt, um nicht nur
gute Beurteilungen zu erhalten, sondern auch auf der
Karriereleiter aufsteigen zu können, enthält die zweite Grafik
eine andere Botschaft, die darin besteht, dass es einnem roten
Gummibärchen im Kreis gelber Gummibärchen wohl kaum möglich sein
dürfte, eine wirklich gute Beurteilung zu erhalten und erst
recht keine Führungsfunktion übertragen zu bekommen. Ausnahmen
bestätigen die Regel.
02 Rechtscharakter der Beurteilung
TOP
Beurteilungen sind keine Verwaltungsakte, da sie keine
Außenwirkung haben, denn beurteilt werden nur
Amtswalter
einer Behörde, deren Handeln dieser Behörde zugeordnet werden
und somit auch nur innerhalb dieser Behörde Bedeutung erlangen,
denn lediglich dienstliches Handeln wird vorrangig beurteilt.
Beurteilt werden kann aber auch außerdienstliches Verhalten,
soweit dadurch beamtenrechtliche Pflichten verletzt werden.
Bei
Beurteilungen handelt es sich somit um eine reine Leistungs- und
Befähigungsfeststellung, auf deren Grundlage spätere behördliche
Entscheidungen getroffen werden können, wie zum Beispiel
Beförderungen.
Wie dem auch immer sei:
Gegen
schlechte Beurteilungen können davon betroffene Beamte
Widerspruch einlegen. Wird diesem Widerspruch nicht
stattgegeben, kann dagegen vor einem Verwaltungsgericht Klage
erhoben werden.
BVerwG
2016:
Weil eine dienstliche Beurteilung als solche kein Verwaltungsakt
und deshalb auch nicht der Bestandskraft fähig ist (...), ist
die unmittelbare Anwendung von
§ 48
VwVfG
zur Rücknahme rechtswidriger dienstlicher Beurteilungen
ausgeschlossen. Da eine dienstliche Beurteilung dem Beamten aber
gleichwohl im Hinblick auf Auswahl- und
Beförderungsentscheidungen eine schutzwürdige Position
vermittelt, ist ihre nachträgliche Aufhebung von Amts wegen nur
analog
§ 48
VwVfG
unter den dort geregelten Voraussetzungen zulässig. Denn das Maß
und die Wirksamkeit der Rechtsschutzgewährung richtet sich nicht
nach der von der Behörde gewählten Handlungsform, sondern nach
der Intensität und der Dauer des staatlichen Rechtseingriffs
(...).
An
anderer Stelle:
Wäre die
dienstliche Beurteilung ein Verwaltungsakt, könnte sie nur durch
einen anderen Verwaltungsakt als dessen Gegenteil (actus
contrarius)
aufgehoben werden (...). Entsprechendes gilt für die Aufhebung
der dienstlichen Beurteilung eines Beamten. Zuständig für die
Erstellung einer dienstlichen Beurteilung - und damit auch für
die Aufhebung einer solchen - ist grundsätzlich der
Behördenleiter, der die Kompetenz auf andere Vorgesetzte des zu
beurteilenden Beamten delegieren kann.
BVerwG,
Urteil vom 17.03.2016 - 2 A 4.15
Analoge
Anwendung des § 48 VwVfG bei der Rücknahme von Beurteilungen:
§ 48 VwVfG (Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes)
03 Bedeutung der Beurteilung
TOP
Es ist
eine Tatsache, dass Beurteilungen für Personalentscheidungen von
ausschlaggebender Bedeutung sind. Zutreffend ist aber auch, dass
dienstliche Beurteilungen von Beamten in Anlehnung an die
ständige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nur beschränkt
einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung unterliegen. Kommt es
dennoch zu einem Verwaltungsstreitverfahren, hat sich die
verwaltungsgerichtliche Überprüfung darauf zu beschränken, zu
prüfen, ob Beurteiler:
-
Gegen Verfahrensvorschriften verstoßen haben
-
Anzuwendende Rechtsbegriffe verkannt wurden
-
Von
einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist
-
Allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet wurden oder:
-
Sachfremde Erwägungen in die Beurteilung eingeflossen sind.
Dies
lässt die Feststellung zu, dass dem Dienstherrn ein großer
Beurteilungsspielraum zusteht, wenn es darum geht,
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu beurteilen.
Beurteilte hält das aber nicht davon ab, im zunehmenden Maße vor
Verwaltungsgerichten sowohl gegen Beurteilungen als auch gegen
sonstige Personalentscheidungen zu klagen, die auf der Grundlage
von Auswahlverfahren erfolgten, wenn dabei nicht im gebotenen
Umfang auf Beurteilungen zurückgegriffen wurde.
Die
anwachsende Zahl der Klagen in diesem Bereich hat gezeigt, dass
in den zurückliegenden Jahren Beamte vor Gericht oftmals
erfolgreich ihre Rechte erstreiten konnten. Deshalb ist es im
Zusammenhang mit Fragen, die die Personalauswahl betreffen,
unvermeidbar, aufzuzeigen, welch eine zentrale Rolle
Beurteilungen im Rahmen von Personalentscheidungen zukommt.
04 Regelung in Rechtsnormen
TOP
Auf der
Grundlage bloßer Verwaltungsvorschriften dürfen Beurteilungen
nicht erstellt werden. Zu den Verwaltungsvorschriften zählen
auch die Erlasse. Erlassregelungen kommen jedoch in Betracht,
wenn Gesetze solche Regelungen zulassen. Dazu gleich mehr.
BVerwG 2021:
Angesichts dieser Bedeutung von dienstlichen Beurteilungen für
die allein nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG zu treffende
Auswahlentscheidung können die Vorgaben für die Erstellung von
Beurteilungen nicht allein Verwaltungsvorschriften überlassen
bleiben. Die grundlegenden Vorgaben für ihre Erstellung müssen
in Rechtsnormen geregelt werden. Rechtsstaatsprinzip und
Demokratiegebot verpflichten den Gesetzgeber, die für die
Verwirklichung eines Grundrechts oder - wie hier - eines
grundrechtsgleichen Rechts maßgeblichen Regelungen im
Wesentlichen selbst zu treffen und diese nicht dem Handeln und
der Entscheidungsmacht der Exekutive zu überlassen. Wesentlich
in diesem Sinne sind alle Regelungen, die für die Verwirklichung
dieses Rechts erhebliche Bedeutung haben und sie besonders
intensiv betreffen (...). Zudem ist die Regelungsform des
Gesetzes für das Beamtenverhältnis typisch und sachangemessen;
die wesentlichen Inhalte des Beamtenrechts sind daher durch
Gesetz zu regeln (...).
BVerwG,
Urteil vom 07.07.2021 - 2 C 2.21
Auf der
Grundlage des Landesbeamtengesetzes NRW können Polizeibeamtinnen
und Polizeibeamte beurteilt werden. Absatz 1 ermächtigt die
Landesregierung dazu, ergänzende Vorschriften zu erlassen.
§ 92 LBG NRW (Dienstliche Beurteilung, Dienstzeugnis)
Welche
ergänzenden Regelungen das im Einzelnen sind, das kann der
„Neufassung der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der
Beamtinnen und Beamten im Bereich der Polizei (BRL Pol) –
Runderlass des Ministeriums des Innern – 403-26.00.05 - vom 21.
März 2023 entnommen werden.
Neufassung der Richtlinien
05 Sicht des BVerfG
TOP
Die
nachfolgenden Aussagen zum grundsätzlichen Stellenwert von
Beurteilungen orientieren sich an einem Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2003 – 2
BvR
311/03. Die dort getroffenen Aussagen der Verfassungsrichter
machen deutlich, welch einen Stellenwert Beurteilungen
einnehmen.
BVerfG 2002:
Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ist die
dienstliche Beurteilung eines Beamten vorrangige Grundlage für
am Leistungsprinzip im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG orientierte
Entscheidungen über dessen Verwendung und dienstliches
Fortkommen, weil und soweit sie maßgebliche und zuverlässige
Aussagen zu seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung
enthält (...). Daraus folgt, dass eine Beurteilungspraxis, die
diesen Anforderungen nicht gerecht wird und ohne sachlichen
Grund nicht hinreichend zwischen den zu Beurteilenden
differenziert, den von Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Anspruch
des im Beförderungsauswahlverfahren unterlegenen Bewerbers auf
beurteilungs- und ermessensfehlerfreie Entscheidung über seine
Bewerbung verletzt. In einem solchen Fall fehlt es insgesamt an
einer tragfähigen, dem Gebot der
Bestenauslese
entsprechenden Grundlage für die Auswahlentscheidung.
BVerfG:
Beschluss vom 29.07.03 - 2 BvR 311/03
Für den
Fall, dass mehrere Bewerber gleich beurteilt wurden, muss nach
Sicht der Verfassungsrichter vorausgesetzt werden können, dass
die Gleichheit der Beurteilungsergebnisse auf der Anwendung
differenzierter Beurteilungsmaßstäbe beruhen, die sicherstellen,
dass dem verfassungsrechtlichen Gebot der
Bestenauslese
auch tatsächlich entsprochen wurde.
In
Fällen jedoch, in denen sich ausschließlich mit Spitzennoten
beurteilte Bewerber um eine Beförderungsstelle bewerben, sei
dies - so die Verfassungsrichter - ein deutlicher Hinweis auf
eine nicht mit Art. 33 Abs. 2 GG zu vereinbarende
Beurteilungspraxis.
In einem
solchen Fall ist es deshalb Sache des Dienstherrn, darzutun und
glaubhaft zu machen, dass die gleichförmigen Beurteilungen
entgegen dem ersten Anschein dennoch das Ergebnis einer mit Art.
33 Abs. 2 GG vereinbarenden, differenzierte Maßstäbe anwendenden
Beurteilungspraxis beruhen.
Wie
verwaltungsgerichtlich „sauber“ zwischen beurteilungsgleichen
Bewerbern zu verfahren ist, wird an anderer Stelle in diesem
Aufsatz erörtert. An dieser Stelle sei nur der Hinweis erlaubt,
dass das Ansehen von Beurteilungen in Mitarbeiterkreisen nicht
allzu hoch eingeschätzt wird, denn Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter halten nicht viel von den Beurteilungen ihrer
Vorgesetzten. Die Gründe dafür sind, dass die bei Bedarf sowieso
„passend“ gemacht werden und für die überwiegende Mehrheit eine
Beurteilung mit 3 Punkten - eine Beurteilung, die wohl für 70
Prozent der Bediensteten als Standardbeurteilung angesehen
werden kann - kaum glaubwürdig vorhandene Leistungsunterschiede
zu spiegeln vermag.
Wie dem auch immer sei:
Hier soll es zuerst einmal ausreichen, festzustellen, dass das
Bundesverfassungsgericht davon ausgeht, dass Beurteilungen eine
verlässliche Auskunft über die Eignung, Leistung und Befähigung
von Beamten geben.
06 Sicht des
BVerwG
TOP
Einen
vergleichbaren Stellenwert nehmen Beurteilungen auch in der
ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein. Die
folgenden Ausführungen entsprechen sinngemäß einem Urteil des
Zweiten
Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Mai 1965 - 2 C
146.62.
-
Dort
heißt es u.a., dass dienstliche Beurteilungen von
entscheidender Bedeutung für die dienstliche Verwendung des
Beamten, insbesondere für Beförderungen sind.
-
Die
Richter des Bundesverwaltungsgerichts gehen davon aus, dass
die dienstliche Beurteilung dazu geeignet ist, den Beamten
in seinen Rechten zu verletzen, wenn sie rechtswidrig ist,
z.B. nicht auf sachlichen Erwägungen, sondern auf Willkür
beruht oder auf Grund eines unrichtigen Sachverhalts
erstellt wurde.
-
Die
Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob und in welchem
Grade ein Beamter, die für sein Amt und für seine weitere
Laufbahn erforderliche Befähigung und fachliche Leistung
aufweist, muss auf nachvollziehbaren Begründungen beruhen.
-
Auch
können Befähigung und Leistung eines Beamten nicht allein an
hergebrachten, allgemeinen und für das Berufsbeamtentum
schlechthin geltenden Wertmaßstäben gemessen werden.
-
Das
von der Rechtsordnung dem Dienstvorgesetzten anvertraute
Urteil über die Bewährung des einzelnen Beamten hängt
vielmehr von den zahlreichen fachlichen und persönlichen
Anforderungen des konkreten Amtes und der Laufbahn ab, das
ein Beamter ausübt.
BVerwG,
Urteil vom 13. Mai 1965 - 2 C 146.62
Diese
Anforderungen, im Einzelnen zu bestimmen und aus ihnen den
„Durchschnitt“ der Beamten als Maßstab für eine
durchschnittliche, überdurchschnittliche oder
unterdurchschnittliche Beurteilung zu ermitteln, und an ihnen zu
ermessen, mit welchen Fähigkeiten und Leistungen der einzelne
Beamte den „Durchschnitt“ der ihm ranggleichen Beamten erreicht,
überschreitet oder unterschreitet, ist ausschließlich Sache des
Dienstherrn.
Nur
dieser oder der für ihn handelnde jeweilige Vorgesetzte soll
nach dem erkennbaren Sinn der Regelung ein Werturteil darüber
abgeben, ob und inwieweit der einzelne Beamte diesen
Anforderungen entspricht.
Dieses
Werturteil ist daher - ähnlich wie eine Prüfungsentscheidung
oder wie die pädagogisch-wissenschaftliche Würdigung einzelner
Prüfungsleistungen - mit einer abschließenden Gesamtnote
abzuschließen, einem ausschließlich dem Dienstherrn
vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis.
Für
solche Werturteile geht das Bundesverwaltungsgericht in
ständiger Rechtsprechung davon aus, dass dem Dienstherrn oder
die von ihm ermächtigten Beamten eine Beurteilungsermächtigung
zusteht, deren verwaltungsgerichtliche Nachprüfung der
Rechtmäßigkeit von Beurteilungen sich darauf zu beschränken hat,
ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den
gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt
hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist
oder allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder
sachfremde Erwägungen angestellt hat.
Ergänzend
dazu sei an dieser Stelle auch aus einem Urteil des
Zweiten
Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 1980 - 2 C
8.78 zitiert:
BVerwG 1980:
Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle einer dienstlichen
Beurteilung ist auf die Überprüfung beschränkt, ob der
Dienstherr gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat, von einem
unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die anzuwendenden
Begriffe oder den gesetzlichen Rahmen verkannt, allgemein
gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen
angestellt hat. Hingegen darf das Gericht nicht die fachliche
und persönliche Beurteilung des Beamten durch seinen
Dienstvorgesetzten in vollem Umfang nachvollziehen oder diese
durch eine eigene Beurteilung ersetzen. Denn nur der für den
Dienstherrn handelnde Vorgesetzte soll ein Werturteil darüber
abgeben, ob und inwieweit der Beamte den - ebenfalls vom
Dienstherrn zu bestimmenden - fachlichen und persönlichen
Anforderungen des Amtes und der Laufbahn entspricht.
Bei
einem derartigen dem Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender
Erkenntnis steht diesem eine der gesetzlichen Regelung immanente
Beurteilungsermächtigung zu.
An
anderer Stelle
Innerhalb des normativ gezogenen Rahmens obliegt es
grundsätzlich der Entscheidung des Dienstherrn, wie er die ihm
aufgegebene Aussage zu den einzelnen Beurteilungsmerkmalen
gestalten und begründen will. Tatsächliche Grundlagen, auf denen
Werturteile beruhen, sind dabei nicht notwendig, in die
dienstliche Beurteilung aufzunehmen. Der Dienstherr kann
einerseits einzelne Tatsachen oder Vorkommnisse im
Beurteilungszeitraum aufgreifen und aus ihnen wertende
Schlussfolgerungen ziehen, wenn er sie etwa zur
Charakterisierung des Beamten für besonders typisch hält oder
für eine überzeugende Aussage zu einzelnen Beurteilungsmerkmalen
für wesentlich erachtet. Er kann sich andererseits aber auch auf
die Angabe zusammenfassender Werturteile aufgrund einer
unbestimmten Vielzahl nicht benannter Einzeleindrücke und
Einzelbeobachtungen während des Beurteilungszeitraumes
beschränken. Schließlich kann er die aufgezeigten verschiedenen
Möglichkeiten, über Eignung und Leistung des Beamten ein
aussagekräftiges, auch für Dritte verständliches Urteil
abzugeben, in abgestufter Form nebeneinander verwenden bzw.
miteinander verbinden.
An
anderer Stelle
Hiernach
muss der Beamte Werturteile in dienstlichen Beurteilungen,
sofern sie fehlerhaft sind und ihn deshalb in seinen Rechten
verletzen, nicht widerspruchslos und ohne wirksame
Abhilfemöglichkeit hinnehmen. Schon die dienstliche Beurteilung
selbst muss in einer die gerichtliche Nachprüfung ermöglichenden
Weise klar abgefasst werden. Sodann gibt die Eröffnung und
Besprechung der dienstlichen Beurteilung Gelegenheit, dem
Beamten die Ergebnisse der dienstlichen Beurteilung sowie
einzelne Werturteile und ihre Grundlagen näher zu erläutern.
Hält der Beamte die Beurteilung oder einzelne in ihr enthaltenen
Werturteile auch danach noch für sachlich nicht gerechtfertigt,
so kann er die Beseitigung oder Änderung der Beurteilung oder
die Erstellung einer neuen Beurteilung beantragen und - sofern
nicht landesgesetzlich ausgeschlossen - einen entsprechenden
Widerspruch erheben.
BVerwG -
Urteil vom 26. Juni 1980 - 2 C 8.78
Deshalb
müssen dienstliche Beurteilungen dem Beamten eröffnet und mit
diesem erörtert werden. Hält der Beamte die Beurteilung oder
einzelne in ihr enthaltenen Werturteile im Anschluss an die
Erörterung für sachlich nicht gerechtfertigt, steht ihm der
Rechtsweg offen.
Entscheidend für die Bestandskraft einer Beurteilung ist, dass
das darin enthaltene Werturteil über die Eignung, Leistung und
Befähigung eines Beamten keine formelhafte Behauptung bleiben
darf, sondern dass es für den Beamten einsichtig und für
außenstehende Dritte nachvollziehbar wird, dass der Beamte die
Gründe und Argumente des Dienstherrn nicht nur erfährt, sondern
auch nachvollziehen kann, welche Gründe zu dem Urteil geführt
haben.
Anlässlich
anstehender Personalentscheidungen können ältere dienstliche
Beurteilungen als zusätzliche Möglichkeiten der
Informationsgewinnung berücksichtigt werden. Sie stellen jedoch
keine Hilfskriterien für eine Auswahlentscheidung dar.
Hilfskriterien: Was
darunter zu verstehen ist, dass kann einem Beschluss des OVG NRW
aus dem Jahr 2019 entnommen werden:
OVG NRW 2019:
Dem Prinzip der Bestenauslese ist [...] im Rahmen der
Anwendung der Hilfskriterien größtmögliche Geltung zu
verschaffen. Dem kann der Dienstherr insbesondere dadurch
Rechnung tragen, dass er sich primär auf solche Hilfskriterien
stützt, die am besten über Eignung, Befähigung und fachliche
Leistung der Bewerber Aufschluss geben. Dies wird regelmäßig auf
wissenschaftlich fundierte Verfahren zur Eignungsfeststellung
wie z. B. strukturierte Auswahlgespräche oder Assessment-Center
zutreffen. Allenfalls eine nachrangige Bedeutung kann
demgegenüber eignungsfernen Hilfskriterien wie dem Dienst- bzw.
Lebensalter der Konkurrenten oder der Standzeit im aktuellen
Statusamt zukommen.
OVG NRW, Beschluss vom 19.03.2019 - 1 B 1301/18
Dennoch: Wenn mehrere Bewerber sich auf die gleiche Stelle
bewerben, zählt in erster Linie die aktuelle Beurteilung.
Bereits
in den Leitsätzen einer Entscheidung des BVerwG aus dem Jahr
2003 heißt es:
BVerwG 2003:
1. Ist
unter mehreren Bewerbern eine Auswahl für die Besetzung eines
Beförderungsdienstpostens zu treffen, so sind Feststellungen
über Eignung, Befähigung und Leistung in erster Linie auf
dienstliche Beurteilungen zu stützen; dabei kommt auch
zurückliegenden Beurteilungen Erkenntniswert zu. Erst wenn alle
unmittelbar leistungsbezogenen Erkenntnisquellen ausgeschöpft
sind und die Bewerber „im Wesentlichen gleich“ einzustufen sind,
sind Hilfskriterien heranzuziehen. Dabei ist der Dienstherr
nicht an eine bestimmte Reihenfolge gebunden. 2.
Binnendifferenzierungen innerhalb einer Notenstufe sind bei der
Auswahlentscheidung zu berücksichtigen, soweit sie zulässig
sind.
BVerwG –
Urteil vom 27.2.2003 – 2 C 16.02
Darüber
hinausgehend entspricht es der ständigen Rechtsprechung im
Rahmen von Konkurrentenklagen, dass die angerufenen
Verwaltungsgerichte erst dann, wenn alle unmittelbar
leistungsbezogenen Erkenntnisquellen ausgeschöpft sind und die
Bewerber als „im Wesentlichen gleich“ einzustufen sind,
Hilfskriterien herangezogen werden können.
Soll ein
Beförderungsamt besetzt werden, ist der Dienstherr dazu
verpflichtet, über die Bewerbungen unter Beachtung der
verfassungsrechtlichen Kriterien der Eignung, Befähigung und
Leistung zu entscheiden und bei der Besetzung des
Beförderungsamtes keinen Bewerber zu übergehen, der im Vergleich
mit den anderen Bewerbern die vom Dienstherrn aufgestellten
Kriterien am besten erfüllt.
Deshalb
sind in Bezug auf den bei Beförderungen oder Stellenbesetzungen
anzuwendenden Grundsatz der
Bestenauslese
zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in
erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien
zurückzugreifen.
Das
sind die Beurteilungskriterien:
-
Neben
aktuellen dienstlichen Beurteilungen sind auch frühere
dienstliche Beurteilungen zu berücksichtigen. Aus ihnen
ergeben sich jedoch keine Hilfskriterien für die
Auswahlentscheidung. Vielmehr handelt es sich um
Erkenntnisse, die über Eignung, Befähigung und fachliche
Leistung des
Beurteilten
Aufschluss geben und die deswegen gegenüber Hilfskriterien
vorrangig sind.
-
Vor
allem bei einem Vergleich zwischen den Bewerbern um ein
Beförderungsamt können sie bedeutsame Rückschlüsse und
Prognosen für die künftige Bewährung in dem Beförderungsamt
gewonnen werden.
-
Soweit wirksame dienstliche Beurteilungen im maßgeblichen
Zeitpunkt der Auswahlentscheidung fehlen, hindert dies den
Dienstherrn nicht daran, das Stellenbesetzungsverfahren
durchzuführen.
-
Von der
Behörde sind jedoch die eignungs-,
leistungs-
und befähigungsrelevanten Merkmale des Bewerbers zu
ermitteln, die einen Vergleich nach den Anforderungen des
Art. 33 Abs. 2 GG ermöglichen.
-
Auch
dabei ist die originäre, durch die Verwaltungsgerichte nicht
ersetzbare Beurteilungskompetenz des Dienstherrn maßgeblich.
-
Hat
dieser es versäumt, die Auswahlentscheidung auf fehlerfreie
Grundlagen zu stützen, und ist es nicht mehr möglich, eine
gesicherte Vergleichsbasis zu rekonstruieren, so trägt der
Dienstherr die materielle Beweislast dafür, dass der nicht
ernannte Bewerber auch nach einem fehlerfreien
Auswahlverfahren ohne Erfolg geblieben wäre.
-
Dies
gilt sowohl für die nachzuholende Auswahl als auch für den
Schadensersatz wegen unterbliebener Beförderung, denn die
Beschaffung und die Erhaltung der für die
Auswahlentscheidung erforderlichen Grundlagen liegt
ausschließlich in dem Verantwortungs- und Verfügungsbereich
der zuständigen Behörde.
BVerwG,
Urteil vom 27.2.2003 - 2 C 16. 02
BVerwG,
Urteil vom 21.08.2003 - 2 C 14/02
Abschließend noch einige kurze Zitate aus einem Beschluss des
Oberverwaltungsgerichtes NRW aus dem Jahr 2004. Dort heißt es,
dass die dienstliche Beurteilung der Verwirklichung des mit
Verfassungsrang ausgestatteten Grundsatzes dient, Beamte nach
Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung einzustellen,
einzusetzen und zu befördern.
OVG
NRW:
Die dienstliche Beurteilung dient der Verwirklichung des mit
Verfassungsrang ausgestatteten Grundsatzes, Beamte nach Eignung,
Befähigung und fachlicher Leistung einzustellen, einzusetzen und
zu befördern (Art. 33 Abs. 2 GG). Ihr Ziel ist es, die den
Umständen nach optimale Verwendung des Beamten zu gewährleisten
und so die im öffentlichen Interesse liegende Erfüllung
hoheitlicher Aufgaben (Art. 33 Abs. 4 GG) durch Beamte
bestmöglichst zu sichern. Zugleich dient die dienstliche
Beurteilung auch dem berechtigten Anliegen des Beamten, in
seiner Laufbahn entsprechend seiner Eignung, Befähigung und
Leistung voranzukommen. Ihr kommt die entscheidende Bedeutung
bei der Auswahlentscheidung des Dienstherrn und der dabei
erforderlichen „Klärung einer Wettbewerbssituation“ zu.
Dies
verlangt größtmögliche Vergleichbarkeit der im Rahmen von
Beurteilungen erhobenen Daten. Die dienstliche Beurteilung soll
den Vergleich mehrerer Beamter miteinander ermöglichen und zu
einer objektiven und gerechten Bewertung des einzelnen Beamten
führen. Daraus folgt, dass die Beurteilungsmaßstäbe gleich sein
und gleich angewendet werden müssen. Die Einheitlichkeit des
Beurteilungsmaßstabes ist unabdingbare Voraussetzung dafür, dass
die Beurteilung ihren Zweck erfüllt, einen Vergleich der Beamten
untereinander anhand vorgegebener
Sach-
und Differenzierungsmerkmale zu ermöglichen. Denn ihre
wesentliche Aussagekraft erhält eine dienstliche Beurteilung
erst aufgrund ihrer Relation zu den Bewertungen in anderen
dienstlichen Beurteilungen.
OVG
NRW vom 16.12.2004 - 1 B 1576/04
07 Beurteilungsbeiträge – Gesamturteil
TOP
Beurteilungen werden oftmals auf der Basis von
Beurteilungsbeiträgen erstellt. Diesbezüglich heißt es in einem
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2016 wie
folgt:
BVerwG 2016:
Beurteilungsbeiträge müssen die Informationen enthalten, die es
dem Beurteiler erlauben, diejenigen in der Beurteilung zu
bewertenden Elemente der Eignung, Befähigung und Leistung (Art.
33 Abs. 2 GG) zutreffend zu erfassen, über die er keine oder
keine hinreichende aus eigener Anschauung gewonnene Erkenntnis
besitzt.
An
anderer Stelle:
Schließlich
leidet die dienstliche Beurteilung auch nicht deshalb an einem
Begründungsdefizit, weil das Gesamturteil nicht gesondert
begründet worden ist. Zwar ist das Gesamturteil einer
dienstlichen Beurteilung regelmäßig
begründungspflichtig.
Entbehrlich ist eine Begründung für das Gesamturteil aber
ausnahmsweise dann, wenn im konkreten Fall eine andere Note
nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note -
vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf
Null
- geradezu aufdrängt.
BVerwG,
Urteil vom 17.03.2016 - 2 A 4.15
08 Begründung des Gesamturteils
TOP
Fehlt es
an der Begründung des Gesamturteils, dann führt das zur
Rechtswidrigkeit der Beurteilung. Diesbezüglich heißt es in
einem Beschluss des OVG NRW aus dem Jahr 2017 wie folgt:
OVG NRW 2017:
Die Regelbeurteilung ist schon deshalb rechtswidrig, weil es an
einer Begründung des Gesamturteils fehlt. Nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bedarf das
Gesamturteil einer dienstlichen Beurteilung im Unterschied zu
den Einzelbewertungen in der Regel einer gesonderten Begründung.
Gesamturteil und Einzelbewertungen müssen in dem Sinne
miteinander übereinstimmen, dass sich das Gesamturteil
nachvollziehbar und plausibel aus den Einzelbewertungen
herleiten lässt. Dabei steht es im Ermessen des Dienstherrn
festzulegen, welches Gewicht er den einzelnen Merkmalen
beimessen will. Diese Gewichtung bedarf aber einer Begründung,
weil nur so die Einhaltung gleicher Maßstäbe gewährleistet und
das Gesamturteil nachvollzogen und einer gerichtlichen
Überprüfung zugeführt werden kann. Ein individuelles
Begründungserfordernis für das Gesamturteil rechtfertigt sich
auch aus dessen besonderer Bedeutung als primär maßgebliche
Grundlage bei einem späteren Leistungsvergleich in einem an Art.
33 Abs. 2 GG zu messenden Auswahlverfahren.
Die
Begründungsnotwendigkeit besteht insbesondere dann, wenn der
Dienstherr, was zulässig ist, ein
Ankreuzverfahren
ohne zusätzliche individuelle textliche Begründungen wählt und
die Bildung eines Gesamturteils deshalb einer zusammenfassenden
Bewertung bedarf.
Die
Begründung des Gesamturteils ist materieller Bestandteil der
dienstlichen Beurteilung und hat deshalb in ihr selbst zu
erfolgen. Anders als etwa bei nachträglich erhobenen Einwänden
gegen Einzelbewertungen in der dienstlichen Beurteilung genügt
es nicht, das Gesamturteil nachträglich zu plausibilisieren. Die
Nachholung
der erforderlichen Begründung im gerichtlichen Verfahren ist
deshalb nicht möglich. Ansonsten käme die besondere Bedeutung,
die dem Gesamturteil im Vergleich zu den Einzelbewertungen
zukommt, nicht zum Tragen und würde die Begründung ihre Funktion
der Herstellung einer materiell richtigen Entscheidung nicht
erfüllen. Die Einheitlichkeit der Maßstäbe, die der Bildung des
Gesamturteils zugrunde zu liegen hat, kann nur dann hinreichend
gewährleistet und ggf. gerichtlich überprüft werden, wenn diese
von vorneherein in der Beurteilung niedergelegt ist.
OVG
Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.09.2017 - 6 B 639/17
09 Aufhebung einer Beurteilung
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In einem
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2016 heißt es
dazu:
BVerwG 2016:
Zwar liegt
es grundsätzlich im Rahmen der organisatorischen
Gestaltungsfreiheit des Dienstherrn, zu bestimmen, durch wen er
die Aufgabe der dienstlichen Beurteilung der Beamten wahrnimmt
(dasselbe gilt für deren Aufhebung, wie sie hier im Streit
steht); das braucht nicht der Dienstvorgesetzte zu sein. Weder
das Bundesbeamtengesetz noch die Bundeslaufbahnverordnung
enthalten hierzu ausdrückliche Bestimmungen. In der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist insoweit sowohl
auf den beurteilenden Dienstvorgesetzten Bezug genommen worden
(weil dies die Regel bildet); gelegentlich wird aber auch in
allgemeiner Form auf den (oder die) beurteilenden Vorgesetzten
oder für die Beurteilung zuständigen Beamten abgehoben. In jedem
Fall muss der Dienstherr bei der Bestimmung, durch wen er die
Aufgabe der dienstlichen Beurteilung (oder hier ggf. deren
Aufhebung) wahrnimmt, den sachlichen Zusammenhang dieser Aufgabe
mit der Wahrnehmung der Dienst- und Fachaufsicht beachten. Dem
ist regelmäßig dann Genüge getan, wenn der Beamte von seinem
Dienst- oder anderen Vorgesetzten persönlich beurteilt wird,
nach deren dienstlichen Anordnungen (Weisungen) zu der von ihm
geforderten Amtsführung er sich zu richten hat.
BVerwG,
Urteil vom 17.03.2016 - 2 A 4.15
10
Bevorzugte Beurteilungen/Beförderungen von Frauen
TOP
Im Juli 2025 hat das
Verwaltungsgericht in Lüneburg die Polizeidirektion in Lüneburg
angewiesen, die geplante Förderung der Frauenquote in
Führungspositionen bei der Polizei einzustellen, denn die
Behörde soll Beurteiler angewiesen haben, in den Beurteilungen
von männlichen Polizisten nicht nur die Leistung als Maßstab zu
nehmen, sondern auch das Geschlecht als negativen Aspekt
zu werten.
In der Landeszeitung
Winsener Anzeiger vom 18.7.2025 heißt es dazu:
Landeszeitung.de:
Gericht stoppt Vorgaben für Beförderungen bei der
Polizeidirektion Lüneburg. Die Richter sprechen in ihrem Urteil
von einem Verstoß gegen das Grundgesetz und fordern den
Dienstherren auf, sich „fair und unparteiisch sowie
geschlechtergerecht gegenüber allen zu Beurteilenden“ zu
verhalten.
Ausgelöst wurde das juristische Verfahren schon vor rund zwei
Jahren durch ein internes Papier der Polizeidirektion, in dem es
unter anderem darum ging, wie man die Unterrepräsentanz von
Frauen in Führungspositionen beseitigen könne. Ein Hebel sei,
auch im „Unterbau“ verstärkt Frauen zu befördern. So heißt es in
dem Schreiben, dass 69 Prozent der Beförderungen nach A11
(Polizeihauptkommissar) an Frauen gehen müssten. Das
Verwaltungsgericht Lüneburg hat dieses Vorgehen jetzt gestoppt.
Der
urteilende Richter wird wie folgt zitiert:
„Es
hat im Polizeikommissariat Uelzen eine Maßstabsverschiebung
zugunsten des weiblichen Geschlechts stattgefunden.“ [En02]
Hinsichtlich der bevorzugten Beförderung von Frauen heißt es in
einem Beschluss des VG Düsseldorf aus dem Jahr 2016 wie folgt:
VG Düsseldorf 2016:
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist
es
[...]
unzulässig,
wenn der Dienstherr allein aufgrund gleicher Gesamturteile der
Bewerber „vorschnell“ etwa auf das Hilfskriterium „weibliches
Geschlecht“ zurückgreift und Frauen unter Verstoß gegen Art. 33
Abs. 2 GG (Bestenauslese)
bevorzugt. Einem solchen Hilfskriterium darf erst dann Bedeutung
beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich der
Beurteilungen anhand leistungsbezogener Kriterien auch unter
Berücksichtigung der Einzelmerkmale kein Vorsprung eines
Bewerbers ergibt.
Lässt sich
auch im Wege einer inhaltlichen Ausschöpfung der aktuellen
Beurteilungen kein Vorsprung eines der Bewerber feststellen,
sind als weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien die
Aussagen in den jeweiligen
Vorbeurteilungen
und gegebenenfalls in noch älteren Beurteilungen zu
berücksichtigen, sofern sie für den aktuellen Leistungsvergleich
Aussagekraft besitzen.
Wichtig:
Beförderungen sind nach den Grundsätzen des § 9 des
Beamtenstatusgesetzes vorzunehmen. Frauen sind bei im
Wesentlichen
gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt
zu befördern, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers
liegende Gründe überwiegen. Von einer im Wesentlichen gleichen
Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung im Sinne von Satz 2
ist in der Regel auszugehen, wenn die jeweils aktuelle
dienstliche Beurteilung der Bewerberin und des Mitbewerbers ein
gleichwertiges Gesamturteil aufweist.
An
anderer Stelle:
Für den
hier interessierenden Bereich der Beförderung von Beamten hat
der Bund von seiner gesetzgeberischen Kompetenz in Gestalt von §
9
BeamtStG
Gebrauch gemacht.
§ 9
BeamtStG
(Kriterien der Ernennung)
Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher
Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung,
Rasse
oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder
Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen
oder sexuelle Identität vorzunehmen.
Danach sind
Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung
ohne Rücksicht auf Geschlecht (Hervorhebung durch die Kammer),
Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion
oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft,
Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen. Diese Regelung
ist - soweit es das Merkmal der Eignung anbelangt -
abschließend. Für einschränkende landesrechtliche Regelungen -
wie § 19 Abs. 6 Satz 3
LBG
NRW -, wonach von einer im
Wesentlichen
gleichen Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung bereits
dann auszugehen ist, wenn die jeweils aktuelle dienstliche
Beurteilung der Bewerberin und des Mitbewerbers ein
gleichwertiges Gesamturteil aufweist, ist kein Raum mehr.
Die
Regelung im § 19 Abs. 3 Satz 3
LBG
NRW wurde durch die Neufassung von § 19 Abs. 3 Satz 3
LBG
NRW [jetzt § 19 Abs. 6 LBG NRW] den Vorgaben des
Verwaltungsgerichts entsprechend angepasst, nachdem auch das OVG
Münster der Rechtsauffassung des VG Düsseldorf im Februar 2017
folgte.
VG Düsseldorf 2016:
Diese
Ausführungen
[gemeint sind die des Beschwerdeführers]
verkennen,
dass der Bund in dem hier maßgeblichen Regelungsbereich des
Leistungsprinzips eine abschließende Regelung getroffen hat.
Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung auch, dass
dem Beamtenstatusgesetz die Konzeption zugrunde liegt, das
Statusrecht hinsichtlich der wesentlichen Kernbereiche wie z.B.
bei der Begründung des Beamtenverhältnisses oder für Pflichten
und Rechte der Beamten erschöpfend zu regeln.
Die
Feststellung eines Qualifikationsvorsprungs setzt aber - was
sich auch aus den in dem vorgenannten Beschluss weiter
angeführten Entscheidungen ergibt - voraus, dass eine
inhaltliche Ausschöpfung der dienstlichen Beurteilungen der
Bewerber vorgenommen worden ist. Hierauf soll es aber nach § 19
Abs. 6 Satz 3
LBG
NRW jedenfalls in der Regel nicht mehr ankommen.
Angesichts der fehlenden Gesetzgebungskompetenz des Landes geht
die Kammer der Frage nicht weiter nach, ob die angeführten
Neuregelungen nicht auch aus weiteren Gründen durchgreifenden
verfassungsrechtlichen Zweifeln begegnen. Anzumerken ist, dass
bereits fraglich erscheint, ob der Gesetzgeber hinreichend
berücksichtigt hat, dass der in Art. 33 Abs. 2 GG verankerte
Leistungsgrundsatz auch dem öffentlichen Interesse an einer
Besetzung eines öffentlichen Amtes gerade mit dem
leistungsstärksten Bewerber und damit auch der Sicherung der
Qualität des öffentlichen Dienstes dient.
Zwar ist
die Förderung der Gleichberechtigung in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG
grundrechtlich verankert. Dieser verfassungsrechtliche Grundsatz
ist aber nicht darauf gerichtet, die Geltung des
Leistungsgrundsatzes nach Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe
öffentlicher Ämter generell einzuschränken.
VG
Düsseldorf, Beschluss vom 05.09.2016 - 2 L 2866/16
Fünf
Monate später wurde der Beschluss des VG Düsseldorf durch die
Richter des OVG Münster bestätigt. Auch die Richter des OVG
Münster hielten die damalige Neuregelung, die zwischenzeitlich
geändert worden ist, für verfassungswidrig.
OVG Nordrhein-Westfalen,
Beschluss vom 21.02.2017 - 6 B 1109/16
§ 19 Abs. 6
LBG
NRW (Neu)
(6)
Beförderungen sind nach den Grundsätzen des § 9 des
Beamtenstatusgesetzes vorzunehmen. Soweit im Bereich der für die
Beförderung zuständigen Behörde im jeweiligen Beförderungsamt
der Ämtergruppe eines Einstiegsamtes in einer Laufbahn weniger
Frauen als Männer sind, sind Frauen bei gleicher Eignung,
Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt zu befördern,
sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe
überwiegen; ist die Landesregierung die für die Beförderung
zuständige Behörde, so ist maßgebend der Geschäftsbereich der
obersten Landesbehörde, die den Beförderungsvorschlag macht.
Die
bevorzugte Beförderung von Polizeibeamtinnen scheint aber immer
noch nicht in allen Länderpolizeien zufriedenstellend gelöst
worden zu sein, zumindest im Land Niedersachsen haben zurzeit
mehrere Polizeibeamte die Verwaltungsgerichte angerufen, um
prüfen zu lassen, ob Frauen bevorzugt beurteilt werden dürfen,
um dann natürlich auch bevorzugt befördert werden zu können.
Es kann
davon ausgegangen werden, dass solch eine Verfahrensweise mit
dem Grundgesetz nicht vereinbar sein kann.
11
Quellen
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Endnote_01
Max
Weber, Politik als Beruf.
https://www.projekt-gutenberg.org/webermax/polberuf/titlepage.html
Zurück
Endnote_02
Männer benachteiligt? Gericht stoppt Vorgaben für Beförderungen
bei der Polizeidirektion Lüneburg.
https://www.landeszeitung.de/lokales/lueneburg-lk/lueneburg/lueneburg-gericht-stoppt-polizei-befoerderung-nach-geschlecht-WXOFS55NMBBVZNFS4JJY4FMTVQ.html
Zurück
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