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Überholen - Begriffsdefinition
BGH 2016: Leitsatz: 1. Das
Tatbestandsmerkmal des Überholens wird auch durch ein Vorbeifahren von
hinten an sich in derselben Richtung bewegenden oder verkehrsbedingt
haltenden Fahrzeugen verwirklicht, das unter Benutzung von Flächen
erfolgt, die nach den örtlichen Gegebenheiten zusammen mit der Fahrbahn
einen einheitlichen Straßenraum bilden.
An anderer Stelle:
Überholen im
Sinne der Straßenverkehrsordnung meint den tatsächlichen Vorgang des
Vorbeifahrens von hinten an Fahrzeugen anderer Verkehrsteilnehmer, die
sich auf derselben Fahrbahn in dieselbe Richtung bewegen oder
verkehrsbedingt halten. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift des §
315c Abs. 1 StGB, der auf den Schutz des Lebens, der Gesundheit und
bedeutender Sachwerte vor im Gesetz näher bezeichneten, besonders
gefährlichen Verhaltensweisen im Verkehr abzielt, ist die Reichweite des
Tatbestands des § 315c Abs. 1 Nr. 2b StGB indes nicht auf
Überholvorgänge im Sinne der Straßenverkehrsordnung beschränkt.
[Überholen im Sinne von § 315c StGB bedarf insoweit einer Auslegung,
die dem Regelungsgehalt der Strafrechtsnorm entspricht].
An
anderer Stelle heißt es in dem Beschluss:
Ausgehend von der Wortbedeutung und unter
Berücksichtigung des Umstands, dass das Sichbewegen auf derselben
Fahrbahn kein taugliches Kriterium für eine abschließende Erfassung
besonders gefährlicher Fälle des Vorbeifahrens liefert, wird das
Tatbestandsmerkmal des Überholens auch durch ein Vorbeifahren von hinten
an sich in derselben Richtung bewegenden oder verkehrsbedingt haltenden
Fahrzeugen verwirklicht, das unter Benutzung von Flächen erfolgt, die
nach den örtlichen Gegebenheiten zusammen mit der Fahrbahn einen
einheitlichen Straßenraum bilden. Danach ist ein Überholen
beispielsweise gegeben bei einem Vorbeifahren über Seiten- oder
Grünstreifen, über Ein- oder Ausfädelspuren oder über lediglich durch
Bordsteine oder einen befahrbaren Grünstreifen von der Fahrbahn
abgesetzte Rad- oder Gehwege. Dagegen fehlt es an einem Überholvorgang
etwa bei einem Vorbeifahren unter Benutzung einer von der Fahrbahn
baulich getrennten Anliegerstraße oder mittels Durchfahren einer
Parkplatz- oder Tank- und Rastanlage auf der Bundesautobahn.
Ebenso wenig wie das Überholen nach der
Straßenverkehrsordnung einen Spurwechsel nach Abschluss des
Überholvorgangs voraussetzt, kommt es für den strafrechtlichen Begriff
des Überholens nach § 315c Abs. 1 Nr. 2b StGB darauf an, dass die Fahrt
nach dem Vorbeifahren an dem anderen Fahrzeug auf dessen Fahrbahn
fortgesetzt wird.
BGH, Beschluss vom
15. September 2016 - 4 StR 90/16
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