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Vorbeifahren: Vorrang des Gegenverkehrs
Regelung bei einer sich beidseitig verengenden Fahrbahn:
BGH 2022: Im Falle der
Verengung von zuvor zwei auf nunmehr nur noch einen Fahrstreifen gibt es
- anders als beim Zeichen 121 („Einseitig verengte Fahrbahn“) - nicht
einen durchgehenden und einen endenden Fahrstreifen, sondern beide
Fahrstreifen werden in einen Fahrstreifen überführt. Das Durchfahren der
Engstelle ist daher für sich genommen nicht mit einem
Fahrstreifenwechsel im Sinne des § 7 Abs. 5 StVO verbunden; auch greift
das Reißverschlussverfahren des § 7 Abs. 4 StVO nicht unmittelbar.
Die in der Verengung
liegende und durch das Zeichen 120 signalisierte Gefahr führt jedoch zu
einer erhöhten Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflicht der auf beiden
Fahrstreifen auf die Engstelle zufahrenden Verkehrsteilnehmer im Sinne
des § 1, § 3 Abs. 1 StVO.
Nichts anderes gilt
auch dann, wenn beide Fahrzeuge gleichauf und mit gleicher
Geschwindigkeit an die Engstelle gelangen. Auch in diesem Fall gebührt
dem rechts fahrenden Fahrzeug nicht regelhaft der Vortritt.
Das Gefahrenzeichen
120 enthält eine derartige Vorrangregelung nicht. [...]. Bei Fahrbahnen
mit mehreren Fahrstreifen in eine Richtung ist dieses Rechtsfahrgebot
[...] unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 und 3 StVO aufgehoben, so
dass sich auch der auf dem linken Fahrstreifen der Engstelle nähernde
Verkehrsteilnehmer grundsätzlich verkehrsgerecht verhält. Die Situation
einer Kreuzung oder Einmündung, in der die Vorfahrt hat, wer von rechts
kommt (§ 8 Abs. 1 Satz 1 StVO), ist nicht vergleichbar.
Im Ergebnis hat
daher keines der beiden Fahrzeuge den Vorrang und sind die
Fahrzeugführer gehalten, sich unter gegenseitiger Rücksichtnahme (§ 1
StVO) darüber zu verständigen, wer als erster in die Engstelle einfahren
darf. Gelingt die Verständigung nicht, sind sie dazu verpflichtet, im
Zweifel jeweils dem anderen den Vortritt zu lassen.
BGH, Urteil vom
08.03.2022 - VI ZR 47/21
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