§ 12 StVO – Halten und Parken
Inhaltsverzeichnis:
01.0
Allgemeines
02.0 Zuständigkeit ruhender
Verkehr
03.0 Verbotswidriges Halten/Parken
04.0 Schmale Straßen/Grundstücksausfahrten
05.0 Sicherstellung verkehrsbehindert abgestellter
Fahrzeuge 05.1
Sicherstellung zur
Gefahrenabwehr 05.2 Abwehr einer gegenwärtigen
Gefahr 05.3 Abschleppen oder Umsetzen 05.4
Verbotswidrig abgestellte Pkw 05.5
Feuerwehrausfahrt 05.6
Parken in Fußgängerzonen
05.7 Teilweises Zuparken eines Radweges 05.8
Parken auf Gehwegen/Radwegen bzw. in Sicherheitsbereichen
05.9 Parkverstöße mit Behinderungen 05.10
Abschleppen im Bereich starker Kurven 05.11
Gehwegparken in
Sicherheitsbereichen 05.12 Keine Parkverbote für Radfahrer
06.0 Polizei oder Ordnungsamt
07.0 Quellen
01.0
Allgemeines
TOP
§ 12 StVO (Halten und
Parken) ist zwar trotz seiner 430 Wörter, die dieser Paragraf
umfasst, nicht die wortgewaltigste Verhaltensvorschrift der
StVO. Dieses Qualitätsmerkmal zeichnet mit seinen 613 Wörtern
den § 18 StVO (Autobahnen und Kraftfahrstraßen) aus. Dafür aber
nimmt der § 12 StVO (Halten und Parken) die Spitzenreiterrolle
im Hinblick auf im Bußgeldkatalog definiertes Fehlverhalten ein.
Wenn ich richtig gezählt
habe, kann gegen diese Bestimmung der StVO auf 118
unterschiedliche Arten und Weisen verstoßen werden.
Siehe Bußgeldkatalog 2023 – Seite 85 bis 100 (TBNR 112100 bis
112456)
Zwar wurde der
Bußgeldkatalog 2024 modifiziert. Diese Fassung steht im Internet
aber nur „auszugsweise“ zur Verfügung. Aus diesem Grunde wird
aus dem Bußgeldkatalog 2023 zitiert, in Kauf nehmend, dass sich
im Bußgeldkatalog 2024 die Höhe der Bußgelder verändert haben
und vielleicht auch die eine oder andere TBNR hinzugekommen oder
gestrichen wurde.
02.0
Zuständigkeit ruhender Verkehr
TOP
Bei geringfügigen
Verkehrsordnungswidrigkeiten - dazu zählt auch die große Anzahl
der Parkverstöße - können auch Polizeibeamte schriftliche
Verwarnungen (Knöllchen) erteilen, siehe § 57
OWiG.
§ 57
OWiG
(Verwarnung durch Beamte des Außen- und Polizeidienstes)
Speziellere Zuständigkeitsregelungen sind sowohl im § 48 OBG
NRW (Besondere Regelungen über die Zuständigkeit) als auch in
der
Verordnung zur Bestimmung der für die Verfolgung und Ahndung von
Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständigen Verwaltungsbehörden
Dort
heißt es im § 1 Abs. 1 wie folgt: (1) Die
Zuständigkeit für die Verfolgung und Ahndung von
Ordnungswidrigkeiten nach den §§ 23, 24, 24a und 24c des
Straßenverkehrsgesetzes wird den Kreisordnungsbehörden
übertragen.
Eine
ganz andere Frage ist aber, ob die Polizei dazu verpflichtet
ist, den ruhenden Verkehr zu überwachen.
Während
die Kontrolle des fließenden Verkehrs der Polizei obliegt,
gehört die Überwachung des ruhenden Verkehrs vorrangig zu den
Aufgaben der Stadt und somit zu den Aufgaben der Bediensteten
des Ordnungsamtes.
Folge
dieser Zuständigkeitsregelung ist, dass die Polizei in NRW im
ruhenden Verkehr grundsätzlich nur dann regelnd eingreift, wenn
es durch Parkverstöße zu Behinderungen gekommen ist, die ein
weiteres polizeiliches Einschreiten erforderlich machen.
Beispiel:
Lars und
Mia, die sich zurzeit auf Fußstreife befinden, werden von einem
Passanten angesprochen und gefragt, warum sie, ohne
einzuschreiten, an im Halteverbot abgestellten Pkw vorübergehen.
Der Mann, bei dem es sich um einen Anwohner handelt, sagt: „Es
gehört doch wohl zu den polizeilichen Aufgaben, den
Straßenverkehr zu überwachen. Weshalb schreiten Sie nicht ein?“
Rechtslage?
Lars
informiert den Anwohner wie folgt:
Lars:„Es
tut mir leid, aber es gehört nicht zu unseren vorrangigen
Aufgaben, Parkverstöße zu ahnden. Dafür sind die Bediensteten
der Stadt zuständig. Außerdem bitte ich Sie, zu akzeptieren,
dass über das Ob und das Wie polizeilichen Einschreitens
grundsätzlich die Polizei selbst entscheidet.“
Anwohner:
„Und was kann ich tun, um dieser Falschparkerei ein Ende zu
bereiten?“
Lars:
„Es ist Ihnen natürlich freigestellt, von den verbotswidrig
abgestellten Pkw mit Ihrem Smartphone Fotos zu fertigen und Ihre
Feststellungen der zuständigen Stelle bei der Stadtverwaltung
zukommen zu lassen. Ich kann mir vorstellen, dass das sogar
online geht. Ihre Anzeige setzt dann aber wohl voraus, dass Sie
dazu bereit sind, Ihre Feststellungen ggf. auch vor Gericht als
Zeuge zu bestätigen. Ich weiß nicht, wie sich das örtliche
Straßenverkehrsamt sich zu Anzeigen, die Falschparker betrifft,
positioniert, die von Privatpersonen erstattet werden. Was ich
aber weiß, ist, dass es Städte gibt, die damit ihre Stadtkasse
füllen.
Mit anderen Worten:
Die Polizei entscheidet bei Verkehrsverstößen im ruhenden
Straßenverkehr darüber, ob, wann und wie sie tätig wird. Handelt
es sich lediglich um formale Parkverstöße, wird die Polizei nur
dann einschreiten, wenn die Polizei das tatsächlich für geboten
hält. Das ist dann der Fall, wenn durch geparkte Pkw andere
Verkehrsteilnehmer behindert werden oder Pkw an Stellen
verbotswidrig abgestellt wurden, an denen Pkw wirklich nichts zu
suchen haben, zum Beispiel in Einkaufsstraßen.
Für die
vielen anderen Parkverstöße sind, zumindest ist das in NRW so,
die Bediensteten des städtischen Ordnungsamtes zuständig.
Unabhängig davon gibt es aber auch in NRW und natürlich auch in
den Städten in anderen Bundesländern, eine zunehmende Anzahl von
Privatpersonen, die Falschparker bei den zuständigen städtischen
Behörden anzeigen.
Im März
2024 hat sich zum Beispiel die Stadt Neumünster in den sozialen
Medien unbeliebt gemacht, indem sie Bürgerinnen und Bürger dazu
aufgerufen hat, Falschparker zu melden.
Auf
RTL.de
heißt es diesbezüglich:
„Lasst uns gemeinsam für mehr Verkehrssicherheit in unserer
Stadt sorgen!“ – so lautet das selbsterklärte Ziel der Stadt
Neumünster hinter ihrem umstrittenen Post. Dieser richtet sich
gegen Falschparker, die Zufahrten blockieren oder den Verkehr
behindern. „Als Teil unserer Gemeinschaft könnt ihr jedoch
helfen!“, heißt es weiter. Rechtschaffene Bürgerinnen und Bürger
sollen nämlich eines tun: falschparkende Verkehrssünder an die
Stadt melden – ganz einfach per Mail oder Online-Formular – „am
besten mit Fotos“[En01].
In einer
anderem Meldung auf der Website von „Du bist Halle“ vom 6. März
2024 heißt es:
Dubisthalle.de:
Anzeigenhauptmeister hat in Halle 476 Knöllchen verteilt – 70
Punkte, 17.600 Euro. Bundesweit ist derzeit der
“Anzeigenhauptmeister” Thema in Zeitungs- und Fernsehberichten.
Mit seinem Fahrrad und dem 49-Euro-Ticket fährt er quer durchs
Land. Dabei zeigt der beispielsweise Falschparker an. 4.247
Anzeigen hat der 18-jährige Niclas im vergangenen Jahr gestellt.
Das sorgte für Einnahmen von 140.995 Euro. 84 Städte hat er im
vergangenen Jahr aufgesucht, darunter auch Halle (Saale). Hier
hagelte es 476 Anzeigen. Für die Stadtkasse brachte das 17.600
Euro. Obendrauf waren einige Verstöße auch punktebewehrt.
Insgesamt 70 Flensburg-Punkte bedeuteten die Kontrollen des
Anzeigenhauptmeisters in der Saalestadt[En02].
03.0 Verbotswidriges Halten/Parken
TOP
Als
verbotswidriges Halten ist jede gewollte und nicht
verkehrsbedingte Fahrtunterbrechung. Ungewolltes Liegenbleiben
fällt nicht unter die Sprachfigur des „verbotswidrigen Haltens“.
Im
Bereich eingeschränkter Halteverbote, bei dem es sich eigentlich
um ein Parkverbot handelt, ist es untersagt, auf der Fahrbahn
länger als drei Minuten zu „parken“.
Das
Halten zum Ein- oder Aussteigen ist für die Dauer, der dazu
erforderlichen kurzen „Verweildauer“ erlaubt. Gleiches gilt auch
für ein Halten zum Be- oder Entladen.
Das
Halten in zweiter Reihe ist, in Anlehnung an die Regelung zum
Ein- oder Aussteigen bzw. zum Be- oder Entladen kurzfristig
erlaubt.
Die
weiteren, im § 12 StVO (Halten und Parken) aufgeführten
Halteverbote werden in den folgenden Randnummern erörtert,
soweit es dabei zu Umsetzungen oder Sicherstellungen
verbotswidrig abgestellter Fahrzeuge kommt.
Parken:
Parken ist eine Sprachfigur, die dazu dient, den Gemeingebrauch
öffentlicher Flächen, zu beschreiben. Dieser Gemeingebrauch
besteht darin, ein Fahrzeug auf einer dafür vorgesehenen Fläche
vorübergehend abzustellen, es also vorübergehend nicht mehr zu
nutzen. Während dieser Dauer der Inanspruchnahme einer
„Parkerlaubnis“ ist der Fahrer nicht mehr zur Fahrzeugbedienung
verpflichtet.
Ausgenommen von den „Parkverboten des § 12 StVO“ sind
Fahrzeugführer, die sich wegfahrbereit oder sich in
unmittelbarer Nähe ihres Fahrzeuges befinden, vorausgesetzt,
dass sie nicht länger als 3 Minuten „parken“.
04.0 Schmale Straßen/Grundstücksausfahrten
TOP
Diesbezüglich heißt es in einem Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2019 in den Hauptsätzen
wie folgt:
BVerwG 2019.
1. Die Regelung des § 12 Abs. 3 Nr. 3
Halbs.
2 StVO, wonach das Parken auf schmalen Fahrbahnen auch gegenüber
von Grundstücksein- und -ausfahrten verboten ist, genügt den
Anforderungen des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots.
2. Nach dem
Sinn und Zweck von § 12 Abs. 3 Nr. 3
Halbs.
2 StVO ist eine Fahrbahn dann „schmal“ im Sinne dieser Regelung,
wenn der Berechtigte bei einem Parken von Fahrzeugen auf der
seiner Grundstückszufahrt gegenüber liegenden Straßenseite daran
gehindert oder unzumutbar dabei behindert wird, in das
Grundstück ein- oder von dort auszufahren.
3.
Orientierungswert für die Einordnung einer Fahrbahn als „schmal“
im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 3
Halbs.
2 StVO ist die Unterschreitung einer Fahrbahnbreite von 5,50 m.
Die abschließende Einordnung hängt von den
für den
Betroffenen erkennbaren Umständen
des Einzelfalls ab, etwa der Breite eines zum Ein- und Ausfahren
zusätzlich zur Fahrbahn nutzbaren Gehwegs und der
Übersichtlichkeit und Verkehrsbedeutung der Straße.
BVerwG,
Urteil vom 24.01.2019 - 3 C 7.17
Was
unter einer schmalen Straße im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO
zu verstehen ist, heißt es in einem Beschluss des OVG Saarland
aus dem Jahr 2024 wie folgt:
OVG Saarland 2024:
Eine Fahrbahn ist nicht schmal im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 3
Halbs.
2 StVO, wenn sie mindestens 5.50 m breit ist, wobei eine
abschließende Einordnung von den Umständen des Einzelfalls
abhängt.
OVG
Saarland, Beschluss vom 23.02.2024 - 1 A 91/22
05.0 Sicherstellung verkehrsbehindert
abgestellter Fahrzeuge
TOP
Auch
formalrechtlich verbotswidrig abgestellte Fahrzeuge gefährden
die Rechtsordnung gegenwärtig. Reine Formalverstöße vermögen
aber ein Umsetzen oder eine Sicherstellung von Fahrzeugen in der
Regel nicht zu rechtfertigen. Solche einschneidenden und
kostenpflichtigen Maßnahmen kommen nur dann in Betracht, wenn
dadurch nicht hinnehmbare Behinderungen anderer
Verkehrsteilnehmer ausgelöst werden.
05.1 Sicherstellung zur Gefahrenabwehr
TOP
Gemäß § 43
PolG
NRW (Sicherstellung) können zum Zweck der Gefahrenabwehr Sachen
sichergestellt werden, um:
•
Eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren
•
Eigentum zu schützen
•
Gefährliche Sachen festgehaltener Personen sicherzustellen.
Im hier
zu erörternden Sachzusammenhang ist nur die erste Alternative
der Sicherstellungsbefugnis von Bedeutung.
§ 43
PolG NRW (Sicherstellung)
05.2 Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr
TOP
Eine
gegenwärtige Gefahr ist eine Gefahr, mit deren Eintritt
jederzeit zu rechnen ist. Auch von bereits eingetretene
Störungen können weiterhin gegenwärtige Gefahren ausgehen. Das
ist bei verkehrsbehindernd abgestellten Fahrzeugen gegeben, denn
sie gefährden die Rechtsordnung so lange, bis die Behinderung
beseitigt worden ist. Im hier zu erörternden Sachzusammenhang
werden folgende Fälle erörtert:
•
Abschleppen oder Umsetzen
•
Abschleppen verkehrsbehindernd abgestellter Pkw.
Hinweis:
Im Zusammenhang mit der Sicherstellung von Pkw haben in NRW
einschreitende Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte die Vorgaben
des Erlasses „Sicherstellung von Fahrzeugen“ zu beachten. Dort
heißt es:
Erlassregelung:
Bevor eine Sicherstellung durchgeführt wird, ist stets zu
prüfen, ob der mit der Sicherstellung verfolgte Zweck nicht
durch weniger einschneidende Maßnahmen (z. B. Versetzen des
Fahrzeuges) erreicht werden kann; dies gilt nicht, soweit die
Sicherstellung durch das Gericht, die Staatsanwaltschaft oder
eine Verwaltungsbehörde angeordnet worden ist.
Sicherstellung von Fahrzeugen durch die Polizei
RdErl.
des
Innenministers v. 25.6.1979 -IV A 2 - 2744
05.3 Abschleppen oder Umsetzen
TOP
Der
Terminus „Abschleppen“ wird im hier zu erörternden
Sachzusammenhang als das „Verbringen eines Pkw durch einen
Abschleppdienst auf das Betriebsgelände des jeweils beauftragten
Abschleppunternehmens“ verwendet. Wird ein Abschleppdienst
lediglich damit beauftragt, zum Beispiel einen
verkehrsbehindernd abgestellten Pkw auf eine freie, sich in
Sichtweite befindlichen Standort „umzusetzen“, ist das jedoch
ebenfalls als eine Sicherstellung im Sinne von § 43 Nr. 1
PolG
NRW anzusehen, denn auch für diese Maßnahme ist eine
„gegenwärtige Gefahr“ nachzuweisen.
Außerdem
hat auch in solchen Fällen der Fahrer/Halter die Kosten des
Umsetzens zu tragen. Soweit ein Umsetzen durch Wegschieben
möglich ist, ist das wohl eher als eine Serviceleistung der
Polizei in Form der Selbstvornahme anzusehen. Bei mehr oder
weniger „zugeparkten Pkws“ kann ein Wegschieben durchaus als ein
geeignetes Mittel der Problembeseitigung in Betracht kommen.
Beispiel:
Lars und
Mia versuchen, der Halterin eines Pkw zu helfen, deren Pkw von
anderen Fahrzeugen sozusagen zugeparkt ist. Zumindest lassen es
die Abstände zu den anderen Fahrzeugen sowohl nach vorne als
auch nach hinten nicht mehr zu, aus der Parklücke gefahrlos
herausfahren zu können. Lars versucht, einen der geparkte Pkw zu
„verschieben“ um dadurch den erforderlichen Platz zu schaffen,
der es der Halterin erlaubt, weiterzufahren. Lars hat Erfolg
damit. Rechtslage?
Bei
dieser Lösung der so genannten „praktischer Vernunft“ handelt es
sich weder um eine Sicherstellung, noch um ein Umsetzen, sondern
um eine geeignete, erforderliche und auch verhältnismäßige
Maßnahme zum Zweck der Gefahrenabwehr auf der Grundlage der
polizeilichen Generalklausel.
§ 8
PolG
NRW (Allgemeine Befugnis, Begriffsbestimmung)
05.4 Verbotswidrig abgestellte Pkw
TOP
In den
nachfolgend aufgeführten Fällen ist es grundsätzlich nicht
erforderlich, nach dem Fahrer zu suchen oder den Halter zu
ermitteln, um ihn dann aufzufordern, seinen verbotswidrig
abgestellten Pkw aus der jeweiligen Verbotszone zu fahren, denn
Gerichte haben mehrfach entschieden, dass die sofortige
Hinzuziehung eines Abschleppdienstes zulässig ist, wenn zum
Beispiel Pkw auf folgenden Verkehrsflächen verbotswidrig
abgestellt sind:
•
Behindertenparkplätze
•
Busparkplätze
•
Einmündungen und Kreuzungsbereiche ohne den erforderlichen 5
bzw. 8 m Abstand
•
Ein- und Ausfahrten
•
Feuerwehranfahrtszonen
•
Fußgängerzonen
•
Parken in Sicherheitszonen.
Hinweis:
Dennoch sollten einschreitende Polizeibeamte zumindest
versuchen, den Fahrer ausfindig zu machen. So dürfte auch die
nachfolgend zitierte Stelle aus dem Sicherstellungserlass des
Landes NRW zu lesen sein.
2.21:
Wird der
Verkehr durch ein im öffentlichen Verkehrsraum abgestelltes
Fahrzeug in erheblichem Maße behindert oder ist eine solche
Behinderung mit Sicherheit zu erwarten und kann der
Verantwortliche zur Beseitigung dieser Verkehrsbehinderung
kurzfristig
nicht herangezogen werden, so kann das Fahrzeug sichergestellt
werden.
Sicherstellung von Fahrzeugen durch die Polizei
RdErl. des
Innenministers v. 25.6.1979 -IV A 2 - 2744
Sicherstellungen können angeordnet werden, wenn innerhalb von 10
bis 15 Minuten von der Polizei ein Verantwortlicher nicht
ermittelt werden kann.
Mit anderen Worten:
Steht zum
Beispiel ein Pkw auf einem Behindertenparkplatz vor einem
Supermarkt, ohne dass der dafür erforderliche „blaue
EU-Parkausweis“ im Innenraum sichtbar liegt, dann lässt sich die
festgestellte Verkehrsbehinderung in der Regel meist schneller
durch einen Ausruf nach dem Fahrer mit dem Kennzeichen
XVZ-H-123
im Supermarkt beseitigen, als durch die Hinzuziehung eines
Abschleppdienstes.
Anders ausgedrückt:
Jede
Sicherstellung von Pkw zur Beseitigung von Behinderungen setzt
einen vernunftbegabten anordnenden
Amtswalter
voraus, der das ihm eingeräumte Ermessen pflichtgemäß ausübt.
Reine
Formalverstöße rechtfertigen in der Regel Sicherstellungen nicht
(abgelaufene Parkuhr, Parken im absoluten Halteverbot etc.),
obwohl es sich bei jedem Parkverstoß um ein Dauerdelikt handelt,
das die bestehende Rechtsordnung gegenwärtig gefährdet, solange
diese Störung andauert. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit hat
in solchen Fällen jedoch eine Sicherstellung des Pkw zu
unterbleiben.
05.5 Feuerwehrausfahrt
TOP
2012 hatte
das
VG
Düsseldorf über die Sicherstellung eines Pkw zu entscheiden, der
vor einer Feuerwehrausfahrt parkte. Am Anfang der Straße befand
sich in ca. 15 m Entfernung ein Schild mit dem Aufdruck
„Feuerwehrzufahrt“ und einem Pfeil nach rechts. Die
Sicherstellung des Fahrzeuges war von Mitarbeitern des
städtischen Ordnungsamtes verfügt worden.
VG Düsseldorf 2012:
Die Sicherstellung des Fahrzeugs des Klägers war hier
rechtmäßig. Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit gemäß §
14 OBG NRW als Voraussetzung für das polizeiliche Eingreifen
bestand vorliegend.
§ 14
OBG NRW (Voraussetzungen des Eingreifens) (1) Die
Ordnungsbehörden können die notwendigen Maßnahmen treffen, um
eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche
Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren.
Im
Zeitpunkt des Einschreitens lag ein Verstoß gegen § 12 Abs. 1
Nr. 5 der Straßenverkehrsordnung (StVO) vor, denn das Fahrzeug
des Klägers war im Zeitpunkt der
Abschleppmaßnahme
im Bereich einer amtlich gekennzeichneten Feuerwehrzufahrt
abgestellt. Die Straßenverkehrsordnung kennt ein amtliches
Verkehrszeichen „Feuerwehrzufahrt“ nicht, vielmehr wurde die
Kennzeichnung landesrechtlichen Vorschriften überlassen. Die
Feuerwehrzufahrt ist hier eindeutig und deutlich sichtbar mit
entsprechenden Hinweisschildern ausgewiesen. Sowohl der Beginn
der als auch das Ende des Bereichs ist mit Pfeilen
gekennzeichnet.
An
anderer Stelle:
Ausreichend für eine „Zufahrt“ ist in diesem Zusammenhang, dass
es sich um die für das Heranfahren an ein Gebäude benötigte
Fahrspur bzw. um den Platz für entsprechende
Rangiermöglichkeiten handelt. [...]. Es obliegt auch nicht dem
einzelnen Verkehrsteilnehmer, zu entscheiden, inwieweit der
Bereich einer Feuerwehrzone zugeparkt werden kann, weil er zur
Ein- oder Ausfahrt nicht erforderlich sein könnte.
Die
Abschleppmaßnahme
war erforderlich, denn eine weniger beeinträchtigende Maßnahme
kam nicht in Betracht. Der Aufenthaltsort des Fahrers des PKW
war unstreitig nicht bekannt. Der Nutzen der Sicherstellung
stand auch nicht außer Verhältnis zu den der Klägerin
entstandenen Unannehmlichkeiten. Die Höhe des zu zahlenden
Geldbetrages und die sonstigen Ungelegenheiten sind geringfügig.
Schon deshalb stehen die Nachteile zu dem mit der Maßnahme
erstrebten Erfolg in keinem offensichtlichen Missverhältnis.
Dies gilt nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts
für das Land Nordrhein-Westfalen auch dann, wenn der Zweck des
Abschleppens allein in der Beseitigung des im verbotswidrigen
Parken liegenden Rechtsverstoßes besteht, ohne dass weitere
Beeinträchtigungen (Behinderungen oder Vorbildwirkung)
hinzutreten müssen.
VG
Düsseldorf, Urteil vom 21.08.2012 - 14 K 2727/12
05.6 Parken in Fußgängerzonen
TOP
Diesbezüglich gibt es mehrere Entscheidungen, aus denen die
beiden folgenden Beschlüsse ausgewählt wurden.
VG Lüneburg 2002:
Wird ein Auto in der Fußgängerzone abgestellt, so darf es
abgeschleppt werden. Um eine negative Vorbildwirkung zu
vermeiden, ist ein konsequentes Vorgehen gegen Falschparker
rechtens, da der Bereich ansonsten seine Funktion verlieren
würde.
VG
Lüneburg, Beschluss vom 25.09.2002 - Az: 6 A 196/01
So auch
eine Entscheidung des OVG Mecklenburg-Vorpommerns (Greifswald),
in der die Richter ebenfalls davon ausgingen, dass eine
erforderliche Funktionsbeeinträchtigung eines Fußgängerbereichs
regelmäßig schon dann vorliegt, wenn dort ein Pkw zum Parken
abgestellt ist, ohne dass es dabei zu konkreten Behinderungen
kommt.
OVG Mecklenburg-Vorpommern 2015:
Die Funktion eines Fußgängerbereichs ist nicht erst dann
beeinträchtigt, wenn Fußgänger nicht mehr oder nur mit Mühe an
dem Hindernis (parkendes Fahrzeug) vorbeikommen können oder ein
Fußgängergegenverkehr erschwert wird, sondern bereits dann, wenn
die Fläche für die Fußgängernutzung erheblich eingeschränkt
wird. Das Abschleppen eines verkehrswidrig geparkten Fahrzeugs
ist mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar, ohne
dass es auf das Vorliegen einer konkreten Verkehrsbehinderung
ankommt, wenn mit dem verkehrswidrigen Parken eine
Funktionsbeeinträchtigung der Verkehrsfläche verbunden ist. Dies
ist beim Abstellen eines Fahrzeugs im Bereich eines absoluten
Halteverbots regelmäßig der Fall.
OVG
Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 06.03.2015 - 3 L 201/11
Hinweis:
Trotz dieser Entscheidungen von Verwaltungsgerichten sollte
davon ausgegangen werden, dass
Amtswalter
keine Maschinen sind, die immer dann, wenn sie einen
„Funktionsreiz“ erhalten haben, so reagieren, wie das von einem
Radargerät erwartet wird.
Dennoch:
Das ein detailverliebter Rechtsstaat, der dazu neigt, zumindest
dann null Toleranz zu zeigen, wenn seine
Amtswalter
das für zielführend halten, das kann der folgenden Entscheidung
des VG Mainz aus dem Jahr 2012 entnommen werden.
In der Einlassung des Betroffenen heißt
es:
Er habe sein Fahrzeug weder verkehrsgefährdend noch
verkehrsbehindernd abgestellt. Die bestimmungsgemäße Nutzung der
Fußgängerzone als Aufenthalts-, Kommunikations-, Ruhe- und
Verweilort für Passanten sei nicht gestört worden. Der Roller
habe an einer Außenwand des Kulturzentrums und damit in einem
Randbereich der Fußgängerzone gestanden, der von Fußgängern
nicht als Durchgangsbereich genutzt werde. Zudem habe sich das
Fahrzeug in unmittelbarer Nähe zu der Zufahrtsstraße befunden,
weshalb er den Fußgängerbereich auch nicht habe durchfahren
müssen. Im Übrigen sei er sich nicht bewusst gewesen, dass das
Parken des Motorrollers eine Ordnungswidrigkeit darstelle und
eine Abschleppmaßnahme erforderlich mache. In dem fraglichen
Bereich würden regelmäßig Fahrzeuge abgestellt, wozu der Kläger
ein am 2. April 2011 aufgenommenes Lichtbild vorlegte (Blatt
92), auf dem an der gleichen Stelle insgesamt vier geparkte
Motorräder bzw. Roller zu sehen sind. Die Abschleppmaßnahme sei
auch nicht allein aus generalpräventiven Zwecken wegen einer
negativen Vorbildwirkung gerechtfertigt. Eine solche sei von
seinem Fahrzeug auch nicht ausgegangen, weil sich seinerzeit
keine weiteren Fahrzeuge in dem fraglichen Bereich befunden
hätten.
Bezug
nehmend auf eine Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz hat zur
Abschleppberechtigung
aus Fußgängerzonen (Urteil vom 02. Februar 1999 - Az.: 7 A
12148/98.OVG),
heißt es in dem Beschluss des VG Mainz wie folgt:
VG Mainz 2012:
Demnach genügt für die Annahme eines über die bloße
Generalprävention hinaus gehenden öffentlichen Interesses am
Abschleppen des Fahrzeuges die Funktionsbeeinträchtigung der
Fußgängerzone. Bei der Annahme einer derartigen
Funktionsbeeinträchtigung sind keine allzu hohen Anforderungen
zu stellen. Zwar ist das Abschleppen eines Kraftfahrzeuges für
den Betroffenen durchaus lästig und es sind damit gewisse
Ungelegenheiten verbunden. Die geforderten Geldbeträge sind aber
dem absoluten Betrag nach und auch im Vergleich der mit dem
Betrieb eines Kraftfahrzeugs regelmäßig anfallenden Kosten nicht
hoch. Ferner ist zu berücksichtigen, dass sich der
Verkehrsteilnehmer mit dem Parken in der Fußgängerzone auf
rücksichtslose Weise einen Vorteil verschafft. Im Hinblick
darauf können an den die Maßnahme rechtfertigenden Zweck der
Verhinderung einer Funktionsbeeinträchtigung keine hohen
Anforderungen gestellt werden. Deshalb geht der Senat davon aus,
dass das Parken eines Fahrzeugs im Fußgängerbereich regelmäßig
eine Funktionsbeeinträchtigung darstellt. Bei Fußgängerzonen
tritt die Aufenthaltsfunktion (vgl. § 45 Abs. 1 c StVO) einer
Straße in den Vordergrund: Durch die Einrichtung von Freiflächen
als Spiel-, Kommunikations-, Verweil- und Bewegungsräume und
gleichzeitige Einschränkung des Kfz-Verkehrs auf das für die
Erschließung unbedingt Notwendige, soll der öffentliche
Lebensraum wiederbelebt und die Lebensqualität in
Innenstadtbereichen verbessert werden. Dieser Zweck würde aber
durch das Parken eines Fahrzeugs in der Fußgängerzone und durch
das Befahren dieses Bereichs bis zum Erreichen und beim
Verlassen der Parkposition gestört. Kraftfahrzeuge haben daher
in einer Fußgängerzone grundsätzlich keinen Platz.
In den
Fußgängerbereichen rechnen die Fußgänger grundsätzlich nicht mit
dem Auftauchen von Kraftfahrzeugen, so dass immer die
gegenwärtige Gefahr besteht, dass Personen verletzt werden, wenn
in solchen Bereichen Fahrzeuge verkehren. Dies ist insbesondere
dann der Fall, wenn sie zum widerrechtlichen Parken in diese
Zonen hineinfahren oder wieder hinausfahren. Dort widerrechtlich
abgestellte Kraftfahrzeuge sind somit grundsätzlich als Gefahr
anzusehen.
Rechtlich ohne Belang ist, ob eine konkrete Störung des
Fußgängerverkehrs durch eine Behinderung oder Gefährdung der
Fußgänger verursacht worden ist. Des Weiteren kommt es nicht
darauf an, ob sich die betreffenden Fahrzeuge etwa zu einer
verhältnismäßig ruhigen Zeit an einem fußgängerarmen Ort
(„Randbereich“) einer Fußgängerzone befinden: In diesem Falle
bestehen für eine geringere Zahl von Fußgängern dieselben
Gefahren. Hinzu kommt, dass eine derartige Unterscheidung wegen
der damit verbundenen Schwierigkeiten bei der Prüfung der
rechtlichen Voraussetzungen polizeilichen Einschreitens im
Ergebnis tatsächlich zu einer Aushöhlung des Schutzbereichs der
Fußgängerzonen führen würde. Etwas anderes mag allenfalls dann
gelten, wenn während der Nachtstunden in der Fußgängerzone
keinerlei Fußgängerverkehr stattfindet. Das war hier indessen
nicht der Fall. Dass im Übrigen gerade auch die
„Durchgangsfunktion“ für die Fußgänger zur geschützten Funktion
einer Fußgängerzone gehört und nicht nur deren Spiel-,
Kommunikations- und Verweilfunktion, liegt auf der Hand. Der
ausgewiesene Fußgängerbereich ist „den Fußgängern vorbehalten“,
und zwar unabhängig davon, ob sie diesen nun, was sogar der
häufigste Fall sein dürfte, zum bloßen Durchgang nutzen oder zu
mehr oder weniger langen verschiedenen Aufenthaltszwecken.
Insoweit hebt das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in dem
zitierten Urteil vom 2. Februar 1999 ausdrücklich auch die
Funktion der Fußgängerzone als Bewegungsraum hervor.
Im
Übrigen durfte die Beklagte auch die Tatsache
mitberücksichtigen, dass ein rechtswidrig abgestelltes Fahrzeug
erfahrungsgemäß andere Kraftfahrer zu gleichem verbotswidrigen
Verhalten veranlasst („Nachahmungseffekt“) und von daher zu
besorgende weitere Störungen des Fußgängerbereichs abzuwehren
waren.
VG Mainz,
Urteil vom 28.06.2012 - 1 K 1673/11.MZ
05.7 Teilweises Zuparken eines Radweges
TOP
In einem
Urteil des OVG Hamburg aus dem Jahr 2000 heißt es diesbezüglich
wie folgt:
OVG Hamburg 2000:
Das Abschleppen eines teilweise auf dem Radweg geparkten
Fahrzeugs ist nicht unverhältnismäßig, wenn Radfahrer sonst
gezwungen wären, entweder auf die Fahrbahn einer stark
befahrenen Straße oder auf den angrenzenden Gehweg auszuweichen.
Die
Vereinbarungen zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und
den von ihr beauftragten Abschleppunternehmen sind an dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in seiner Ausprägung als
Äquivalenzprinzip zu messen.
Es ist
nicht zu beanstanden, dass Abschleppunternehmen Kosten für einen
abgebrochenen Abschleppvorgang berechnen dürfen, sobald sich das
angeforderte Abschleppfahrzeug auf dem Weg zum Bestimmungsort
befindet.
OVG
Hamburg, 28.03.2000 - Az: 3 Bf 215/98
05.8 Parken auf Gehwegen/Radwegen bzw. in
Sicherheitsbereichen
TOP
Diesbezüglichhaben die Richter des VG Köln 2011 wie folgt
entschieden:
VG Köln 2011:
Voraussetzung für ein Eingreifen nach diesen Vorschriften ist
eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, der mit den Mitteln
des Ordnungsrechts begegnet werden kann. Zur öffentlichen
Sicherheit im Sinne des Ordnungsrechts gehört u.a. die
Unverletzlichkeit der geschriebenen Rechtsordnung. Eine Gefahr
liegt u.a. dann vor, wenn gegen die Rechtsordnung verstoßen
wird. Dies war vorliegend der Fall. Denn im Zeitpunkt des
Einschreitens der Beklagten lag ein Verstoß gegen § 12 Abs. 4 S.
1 i.V.m. §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 StVO vor, weil das Fahrzeug der
Klägerin auf einem Gehweg geparkt war.
Die
Anordnung der Entfernung des Fahrzeuges der Klägerin im Wege des
Sofortvollzugs war zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr
notwendig und entsprach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit.
Zwar
rechtfertigt auf der einen Seite ein bloßer Verkehrsverstoß
allein nicht ohne Weiteres eine Abschleppmaßnahme. Auch reicht
allein eine Berufung auf eine Vorbildwirkung des fehlerhaften
Verhaltens und auf den Gesichtspunkt der Generalprävention nicht
aus. Auf der anderen Seite kann aber nicht zweifelhaft sein,
dass regelmäßig ein Abschleppen verbotswidrig abgestellter
Fahrzeuge im Falle der Behinderung von anderen
Verkehrsteilnehmern geboten erscheint. Letzteres kann - ohne
Beschränkung auf diese Fallgruppen - etwa der Fall sein beim
Verstellen des gesamten Bürgersteigs oder einem Hineinragen des
Fahrzeugs in die Fahrbahn, bei Funktionsbeeinträchtigungen einer
Fußgängerzone oder beim rechtswidrigen Parken auf einem
Schwerbehinderten-Parkplatz, in Feuerwehranfahrzonen oder -
selbstverständlich - bei einem Abschleppen zur Verhinderung von
Straftaten. Dies lässt sich jeweils nur unter besonderer
Berücksichtigung der Örtlichkeit und unter Abwägung der
wesentlichen Umstände des Einzelfalles beurteilen, wobei eine
rechtmäßige
Abschlepppraxis
in zulässiger Weise auch generalpräventive Zwecke verfolgen
darf.
VG Köln,
Urteil vom 10.11.2011 - 20 K 131/11
Die
Richter des VG Köln beziehen sich auf einen Beschluss des
Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2002, in dem es im
Hinblick auf den zu beachtendenden Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit heißt:
BVerwG 2002:
Zum bundesverfassungsrechtlichen Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit, der auch nach Landesrecht durchgeführte
Abschleppmaßnahmen
beherrscht, [heißt es] dass zwar auf der einen Seite ein bloßer
Verstoß etwa gegen das Verbot des Gehweg-Parkens allein nicht
ohne weiteres eine Abschleppmaßnahme rechtfertigt und auch
allein eine Berufung auf eine bloße Vorbildwirkung des
fehlerhaften Verhaltens und auf den Gesichtspunkt der
Generalprävention nicht ausreichend ist, auf der anderen Seite
aber nicht zweifelhaft sein kann, dass regelmäßig ein
Abschleppen verbotswidrig abgestellter Fahrzeuge im Falle der
Behinderung von anderen Verkehrsteilnehmern geboten erscheint.
Letzteres kann – ohne Beschränkung auf diese Fallgruppen – etwa
der Fall sein beim Verstellen des gesamten Bürgersteiges oder
einem Hineinragen des Fahrzeuges in die Fahrbahn, bei
Funktionsbeeinträchtigungen einer Fußgängerzone oder beim
rechtswidrigen Parken auf einem Schwerbehinderten-Parkplatz, in
Feuerwehranfahrzonen oder – selbstverständlich – auch bei einem
Abschleppen zur Verhinderung von Straftaten. Für alle diese und
weitere
Abschlepp-Fälle
gilt, dass die Nachteile, die mit einer Abschleppmaßnahme für
den Betroffenen verbunden sind, nicht außer Verhältnis zu dem
bezweckten Erfolg (im vorliegenden Zusammenhang vor allem:
Fortfall von Behinderungen oder Belästigungen von anderen
Verkehrsteilnehmern) stehen dürfen, was sich aufgrund einer
Abwägung der wesentlichen Umstände des Einzelfalles beurteilt
[so dass] Abschleppmaßnahme auch ohne konkrete Behinderungen
zwar nicht ausgeschlossen sind, aber naturgemäß die
gegenläufigen Interessen ein größeres Gewicht bekommen.
BVerwG,
Beschluss vom 18. 2. 2002 – 3 B 149.01
05.9 Parkverstöße mit Behinderungen
TOP
Fahrzeugführer, die ihre Fahrzeuge verbotswidrig abstellen und
dadurch andere Verkehrsteilnehmer erheblich behindern, müssen
damit rechnen, dass ihre Fahrzeuge abgeschleppt bzw. umgesetzt
werden, wenn das möglich sein sollte.
Beispiel:
Anlässlich eines Volksfestes hat ein Verkehrsteilnehmer seinen
Pkw im unmittelbaren Einmündungsbereich einer Straße abgestellt,
so dass ein Omnibus nicht weiterfahren kann. Lars und Mia sind
am Einsatzort und stellen fest, dass der Busverkehr erheblich
behindert ist. Eine Möglichkeit, den verkehrsbehindernd
abgestellten Pkw in unmittelbarer Nähe (Sichtweite) abzustellen,
besteht nicht. Mia beauftragt deshalb sofort einen
Abschleppdienst (Vertragsfirma), die den Pkw auf ihr
Betriebsgelände schleppt. Ist die Sicherstellung des Pkw
rechtmäßig?
Als
Befugnis für die Sicherstellung des Pkw kommt § 43 Nr. 1
PolG
NRW in Betracht. Voraussetzung ist, dass eine gegenwärtige
Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung besteht.
Gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 1 StVO ist das Parken vor und hinter
Kreuzungen und Einmündungen bis zu je 5 m von den Schnittpunkten
der Fahrbahnkanten unzulässig. Außerdem hat sich gemäß § 1 Abs.
2 StVO jeder Verkehrsteilnehmer so zu verhalten, dass kein
anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen
unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Diese
Verhaltensregeln wurden verletzt. Der Schaden für das
Sicherheitsgut
Rechtsordnung
ist bereits eingetreten und dauert noch an. Somit ist eine
gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit
(Rechtsordnung) gegeben. Die sofortige Anordnung der
Sicherstellung war geeignet, erforderlich und auch angemessen,
um diesen rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Den Fahrer
ausfindig zu machen war Lars und Mia nicht möglich. Wo hätten
sie auch suchen sollen? Außerdem konnte es dem Busfahrer und den
von ihm transportierten Fahrgästen nicht zugemutet werden,
unnötig lange Wartezeiten hinzunehmen.
05.10 Abschleppen im Bereich starker Kurven
TOP
In einem
Urteil des VG München heißt es diesbezüglich wie folgt:
VG München 2020:
Das Verbot
des Kurvenparkens dient dem Verkehrsfluss im Straßenraum und dem
möglichst weitgehenden Ausschluss von Gefährdungen, die im Falle
seiner Zulassung durch Brems- und Ausweichmanöver entstehen
könnten. Eine Behinderung des fahrenden Verkehrs soll vermieden
werden. Das Verbot trägt zudem dem Umstand Rechnung, dass
Kraftfahrzeuge in Kurvenbereichen nicht per se zum Fahren auf
Sicht verpflichtet sind und darauf vertrauen dürfen, dort durch
stehenden Verkehr unbeeinträchtigt zu bleiben. Vor diesem
Hintergrund wird das Halten durch die Worte „im Bereich von“
nicht nur in, sondern auch so nahe vor oder hinter scharfen
Kurven verboten, dass sich die Gefahr, die ein haltendes Kfz
bilden könnte, in der Kurve nicht auswirken kann. Zudem gilt das
Verbot für beide Fahrbahnseiten, nicht nur für die Innenseite.
Im
Urteil heißt es an anderer Stelle:
Bei einem
Kurvenverlauf im 90-Grad-Winkel ist von einer scharfen Kurve
auszugehen. [...]. Die Polizei durfte somit zur Unterbindung der
dargelegten Ordnungswidrigkeit bzw. zur Beseitigung des
ordnungswidrigen Zustands die notwendige
Abschleppanordnung
treffen.
VG
München, Urteil v. 28.04.2020 – M 7 K 18.5617
05.11 Gehwegparken in Sicherheitsbereichen
TOP
2017 hatten
die Richter des
Bayrischen
VGH über die Zulässigkeit des Abschleppens eines Rollers zu
entscheiden, der auf dem Gehweg vor dem Innenministerium des
Landes Bayern abgestellt worden war, bei dem es sich um einen
Sicherheitsbereich handelte. Durch den abgestellten Roller
wurden andere Verkehrsteilnehmer nicht behindert. Der
Rollerfahrer machte vor Gericht geltend, dass nach ständiger
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts München ein bloßer
Formalverstoß wie das unzulässige Gehwegparken ohne Behinderung
nicht als Anlass für eine (rechtmäßige)
Abschleppmaßnahme
sei.
Bayrischer VGH 2017:
Die
zulässige Anfechtungsklage gegen den angefochtenen
Kostenbescheid des Beklagten hat das Verwaltungsgericht
abgewiesen, weil der Leistungsbescheid rechtmäßig sei und den
Kläger nicht in seinen Rechten verletze. Die auf Art. 25 Nr. 1,
Art. 9 Abs. 1 Satz 1 PAG gestützte polizeiliche
Abschleppanordnung
sei rechtmäßig gewesen. Eine gegenwärtige Gefahr im Sinne des
Art. 25 Nr. 1 PAG liege auch bei einer bereits eingetretenen
Störung durch eine Verkehrsordnungswidrigkeit vor. Durch das
Abstellen seines Rollers [...]
habe
der Kläger eine Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß § 24 StVG in
Verbindung mit § 49 Abs. 1 Nr. 12, § 12 Abs. 4 Satz 1 StVO
begangen. Der hierzu benutzte Bereich zwischen den dort am Rand
gepflanzten Bäumen sei Teil des Gehwegs und damit vom
unmittelbaren gesetzlichen Parkverbot nach § 12 Abs. 4 Satz 1
StVO mit umfasst. [...]. Das Abstellen des Kraftrads auf dem
Gehweg innerhalb des Sicherheitsbereichs bedeute nicht nur einen
rein formalen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung, sondern
beeinträchtige die Funktion des Sicherheitsbereichs, was einer
konkreten Behinderung gleichzustellen sei. Dieser Bereich müsse
jederzeit auch für ein größeres Aufgebot an Einsatzkräften zur
Verfügung stehen, die den Platz im Ernstfall rasch von Personen
und Gegenständen räumen müssten. Dabei stelle die Entfernung von
Krafträdern gegenüber weniger sperrigen Fahrrädern eine
zusätzliche Erschwernis dar. Motorisierte Fahrzeuge würden zudem
ein erhöhtes Gefahrenrisiko bedeuten. Hinzu komme der
generalpräventive Gesichtspunkt der negativen Vorbildwirkung in
diesem Sicherheitsbereich. Bei einem Nichteinschreiten gegen das
Gehwegparken wäre konkret zu befürchten, dass dieser Bereich
ständig von zahlreichen Krafträdern als Abstellfläche genutzt
würde. [...]. Nicht zutreffend ist in diesem Zusammenhang die
klägerische Auffassung, eine „Sicherheitszone“ um das
Dienstgebäude hätte, um überhaupt Wirkung entfalten zu können,
förmlich mit einem „entsprechenden Verkehrszeichen“ festgelegt
bzw. bestimmt sein müssen. Denn in der Straßenverkehrsordnung
ist die förmliche Bestimmung oder Festlegung eines solchen
Sicherheitsbereichs mit der Folge eines dadurch begründeten
Halteverbots nach wie vor [...]
nicht
vorgesehen. Das Erstgericht hat zu Recht darauf verwiesen, dass
sich das Verbot des Gehwegparkens bereits unmittelbar aus § 12
Abs. 4 Satz 1 StVO ergebe und ein zusätzliches amtliches
Halteverbotsschild wegen der Sicherheitszone insoweit weder
erforderlich noch (straßenverkehrsrechtlich) vorgesehen sei.
Bayerischer VGH, Beschluss vom 05.01.2017 - 10 ZB 15.51
05.12 Keine Parkverbote für Radfahrer
TOP
Für
Radfahrer, die ihre Zweiräder auf Gehwegen abstellen, bestehen
keine Parkverbote, insoweit ist das Parken von Fahrrädern auf
Verkehrsflächen, die eigentlich nur Fußgängern vorbehalten sind,
erlaubt. Die Folge davon ist, dass diese Zweiräder nicht einfach
entfernt, umgesetzt oder an eine andere Örtlichkeit verbracht
werden dürfen, denn das Abstellen von Fahrrädern gehört zum so
genannten Gemeingebrauch an öffentlichen Straßen, soweit dadurch
nicht Fußgängern oder Rollstuhlfahrern der Weg versperrt wird.
Anders ausgedrückt:
Spezielle Parkverbote für Fahrräder enthält die StVO nicht. Auch
Fahrradparkverbotsschilder in Fußgängerbereichen müssen deshalb
nicht beachtet werden, so eine Entscheidung der Richter des
Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2004, aus dem hier nur
der Leitsatz zitiert wird:
BVerwG 2004:
Ein eingeschränktes Haltverbot für eine Zone (Zeichen 290/292)
umfasst auch mit den Zusatzschildern 1053-30 (Parken in
gekennzeichneten Flächen erlaubt) und 1060-11 (auch
Fahrräder-Symbol) nicht das Abstellen von Fahrrädern auf
Flächen, die der Nutzung durch Fußgänger vorbehalten sind.
BVerwG,
Urteil vom 29.01.2004 - 3 C
Auch
Mieträder und somit auch E-Scooter unterliegen dem
Gemeingebrauch, soweit sie betriebsbereit und in der Absicht,
sie wieder zu benutzen auf Gehwegen abgestellt werden. Nicht
davon erfasst ist das Aufgeben der Nutzungsabsicht von Personen,
die Mieträder oder auch E-Scooter auf diese Art und Weise
aufgeben, wenn die Dauer der Nutzungserlaubnis abgelaufen ist.
Dazu gleich mehr.
Zuerst
einmal zur Rechtsauffassung der Richter des OVG Hamburg.
OVG Hamburg 2009:
Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 und 2 HWG
dienen die
öffentlichen Wege dem Gemeingebrauch und dürfen
ohne besondere Erlaubnis im Rahmen der Widmung und der
Vorschriften über den Straßenverkehr zum Verkehr benutzt werden,
soweit andere dadurch nicht in ihrem Gemeingebrauch unzumutbar
beeinträchtigt werden und Sondernutzungen nicht entgegenstehen.
Nicht zum Gemeingebrauch gehört die Benutzung eines Weges zu
anderen Zwecken, insbesondere zur Ausübung eines Gewerbes (§ 16
Abs. 2 HWG).
An
anderer Stelle heißt es:
Die
Straßenverkehrs-Ordnung
regelt auch den Fahrradverkehr, wie sich zweifelsohne aus der
ausdrücklichen Erwähnung von Fahrrädern oder Radfahrern in einer
Reihe von Vorschriften ergibt (vgl. z.B. §§ 2 Abs. 4 und 5, 17
Abs. 4 Satz 4, 21 Abs. 3, 23 Abs. 3, 37 Abs. 2 Nr. 5, 41 Abs. 2
Nr. 2, 5 und 6 StVO). Auch soweit Fahrräder in den Vorschriften
nicht konkret angesprochen werden, können sie dennoch Adressaten
der jeweiligen
Ge-
oder Verbote sein, da sie - mit Ausnahme von Kinderfahrrädern (§
24 Abs. 1 StVO) - unbestritten dem Fahrzeugbegriff des § 2 Abs.
1 StVO
unterfallen.
Dementsprechend ist auch das Abstellen von Zweirädern Parken im
Rechtssinne und gelten die in § 12 StVO getroffenen Regelungen
auch für Fahrräder, soweit sich aus dem Wortlaut der Regelungen
oder ihrem Sinn und Zweck nichts anderes ergibt. Danach lässt
das Straßenverkehrsrecht das Abstellen von Fahrrädern im Bereich
der hier allein in Rede stehenden Gehwege - vorbehaltlich der
Grundregel des § 1 Abs. 2 StVO - ohne Einschränkungen zu. Auch
ohne ausdrückliche Gestattung folgt dies daraus, dass das sich
aus § 12 Abs. 4 Satz 1 StVO grundsätzlich ergebende Verbot des
Parkens auf Gehwegen für Fahrräder nicht gilt und deshalb der
die gesamten Vorschriften über die Teilnahme am Straßenverkehr
beherrschende Grundsatz der freien - nur durch ausdrückliche
Verbote beschränkten - Entfaltung des Verkehrsteilnehmers zum
Tragen kommt.
OVG
Hamburg, Beschluss vom 19.06.2009 - 2 Bs 82/09
Auch
E-Bikes und E-Scooter unterliegen den Regelungen im Hinblick auf
den Gemeingebrauch. Das gilt nur dann nicht, wenn sie nicht zur
späteren Wiederinbetriebnahme abgestellt werden.
OVG NRW 2020:
Erfolgt das Parken allein oder überwiegend zu einem anderen
Zweck als dem der späteren Wiederinbetriebnahme des Fahrzeugs,
stellt es sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats als eine
über den Gemeingebrauch hinausgehende Sondernutzung der Straße
dar.
In einem
solchen Fall wird das Fahrzeug zu einer auf die Straße
aufgebrachten verkehrsfremden „Sache“, nicht anders als jeder
beliebige sonstige körperliche Gegenstand. Derartige Vorgänge
fallen bereits aus der Widmung zum Verkehr und damit aus dem
einschlägigen Gemeingebrauch heraus, da sie nicht „zum Verkehr“
geschehen.
An
anderer Stelle:
Ein
Verstoß gegen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung (etwa
durch Parken eines Fahrzeugs auf dem Gehweg) begründet nicht
automatisch eine Sondernutzung.
OVG NRW,
Beschluss vom 20.11.2020 - 11 B 1459/20
Hinweis:
An anderer Stelle heißt es in dem Beschluss des OVG NRW im
Hinblick auf zu entrichtende Sondergebühren, die die Verleiher
von E-Scootern zu zahlen haben, dass den von den Betreibern
gewerblicher Verleihsysteme Sondernutzungsgebühren erhoben
werden können, weil solche Fahrzeuge nach der Benutzung im
öffentlichen Straßenverkehr einfach stehen gelassen werden,
woraus sich eine Sondernutzung des öffentlichen Straßenraums
ableiten lässt.
06.0 Polizei oder Ordnungsamt
TOP
In allen
deutschen Städten und Gemeinden ist entweder die Ordnungspolizei
oder das Ordnungsamt für die Kontrolle des ruhenden Verkehrs und
somit auch für die Durchsetzung festgestellter Regelverstöße
zuständig. In dieser Verantwortung ist die Ordnungspolizei/das
Ordnungsamt dann auch die Behörde, die für das Abschleppen von
regelwidrig geparkten Fahrzeugen innerhalb der Halteverbotszone
zuständig ist, denn grundsätzlich kann davon ausgegangen werden,
dass eine zuständige Behörde auch über die Befugnisse verfügt,
um zugewiesene Aufgaben erfüllen zu können. Im Gegensatz zu
spezialgesetzlichen Regelung im § 43
PolG
NRW (Sicherstellung) steht den
Amtswaltern
der Ordnungsbehörde in NRW lediglich eine Generalklausel zur
Verfügung.
§ 14
OBG NRW (Voraussetzungen des Eingreifens)
(1) Die
Ordnungsbehörden können die notwendigen Maßnahmen treffen, um
eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche
Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren.
Obwohl
Generalklauseln solch schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte
eigentlich nicht vorsehen, weil der Gesetzgeber gehalten ist,
solche Eingriffe in speziellen Befugnissen zu regeln, sehen die Gerichte diese
Ermächtigung im OBG dennoch als
ausreichend an. Diesbezüglich heißt es in einem Urteil des VG
Düsseldorf aus dem Jahr 2013 wie folgt:
VG Düsseldorf 2013:
Die Abschleppmaßnahme war hier rechtmäßig. Die in § 14 OBG NRW
als Voraussetzung des ordnungsbehördlichen Einschreitens
verlangte gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit
bestand vorliegend. Im Zeitpunkt des Einschreitens der Beklagten
lag ein Verstoß gegen § 41 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung
(StVO) in der Fassung vom 01.09.2009 i.V.m. Zeichen 229 der
Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO vor, weil das Fahrzeug des Klägers
unstreitig im Bereich eines Taxenhaltestandes abgestellt war.
Nach den geltenden Vorschriften dürfen dort ausschließlich
betriebsbereite Taxen halten.
Das
Einschreiten der Beklagten war verhältnismäßig.
Es war
geeignet, den Parkverstoß zu beseitigen. Die Abschleppmaßnahme
war auch erforderlich. Ein milderes, gleich geeignetes Mittel,
den Parkverstoß zu beseitigen, bestand nach der dienstlichen
Äußerung nicht. Insbesondere ist die Behörde grundsätzlich nicht
verpflichtet, vor Beauftragung eines Abschleppunternehmers
Ermittlungen über den Aufenthaltsort des Halters oder Fahrers
des verbotswidrig geparkten Fahrzeugs anzustellen, um diesen
aufzufordern, sein Fahrzeug zu entfernen. Hat sich der Fahrer
von dem verbotswidrig geparkten Fahrzeug entfernt und steht er
nicht unmittelbar wie jemand, der sich in Ruf- oder Sichtweite
seines Fahrzeugs aufhält, zur Verfügung, sind grundsätzlich
keine Ermittlungen nach dem Verbleib des Verantwortlichen
veranlasst, weil deren Erfolg zweifelhaft ist und zu nicht
abzusehenden weiteren Verzögerungen führt.
Dies gilt
selbst dann, wenn der Behörde der Wohnort des
Ordnungspflichtigen
im Zeitpunkt der Einleitung der Abschleppmaßnahme bekannt ist
und die Wohnungsanschrift in unmittelbarer Nähe zu dem
verbotswidrig geparkten Fahrzeug liegt.
Es gilt
[...] Die Leitlinie, dass bei einer zeitnah nach Entdeckung des
Verkehrsverstoßes erfolgenden
Abschleppmaßnahme
nur dann eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
in Betracht zu ziehen ist, wenn der Fahrzeugführer ohne
Schwierigkeiten und ohne Verzögerung festgestellt und zur
Beseitigung des verbotswidrigen Parkens veranlasst werden kann.
[...]. Entscheidend ist, dass keine erkennbaren Umstände
vorlagen, die darauf hindeuteten, dass sich der Kläger in
unmittelbarer Nähe des Fahrzeugs befand und innerhalb einer
absehbaren Zeit erscheinen würde. Denn es war keinem Hinweis im
Fahrzeug der konkrete Aufenthaltsort des Klägers zum Zeitpunkt
des festgestellten Verstoßes zu entnehmen. Somit war bereits ein
Nachforschungsversuch nicht möglich,
VG
Düsseldorf, Urteil vom 26.11.2013 - 14 K
3550/13
Hinweis:
Nach der hier vertretenen Rechtsauffassung ist es sachgerecht,
verkehrsbehindernd abgestellte Fahrzeuge von der Polizei nur
dann auf der Grundlage polizeirechtlicher Befugnisse umzusetzen
bzw. sicherzustellen, wenn die eigentlich dafür zuständige
Ordnungsbehörde nicht zu erreichen ist.
Anders ausgedrückt:
In Städten, in denen die Ordnungsämter oder die Ortspolizei mit
eigenem Personal einen Streifendienst unterhalten, kann davon
ausgegangen werden, dass eine originär zuständige Behörde damit
zu beauftragen ist, Maßnahmen zu treffen, die den ruhenden
Verkehr betreffen. Das sieht im Übrigen auch der § 1 PolG NRW so
vor, in dem es heißt:
§ 1
Abs. 1 PolG NRW (Aufgaben der Polizei)
(1) Die
Polizei hat die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit
oder Ordnung abzuwehren (Gefahrenabwehr). Sie hat im Rahmen
dieser Aufgabe Straftaten zu verhüten sowie vorbeugend zu
bekämpfen und die erforderlichen Vorbereitungen für die
Hilfeleistung und das Handeln in Gefahrenfällen zu treffen. Sind
außer in den Fällen des Satzes 2 neben der Polizei andere
Behörden für die Gefahrenabwehr zuständig, hat die Polizei in
eigener Zuständigkeit tätig zu werden, soweit ein Handeln der
anderen Behörden nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint;
dies gilt insbesondere für die den Ordnungsbehörden obliegende
Aufgabe, gemäß § 1 Ordnungsbehördengesetz Gefahren für die
öffentliche Ordnung abzuwehren. Die Polizei hat die zuständigen
Behörden, insbesondere die Ordnungsbehörden, unverzüglich von
allen Vorgängen zu unterrichten, die deren Eingreifen erfordern.
07.0 Quellen
TOP
Endnote_01 RTL.de
vom 12.3.2024: Shitstorm vorprogrammiert: Stadt Neumünster ruft
Bürger dazu auf, Falschparker zu melden!
https://www.rtl.de/cms/neumuenster-stadt-ruft-
buerger-dazu-auf-falschparker-zu-verpetzen-wie-der-anzeigenhauptmeister-5080021.html
Zurück
Endnote_02
Dubisthalle.de vom 06.03.2024: Anzeigenhauptmeister hat in Halle
476 Knöllchen verteilt – 70 Punkte, 17.600 Euro.
https://dubisthalle.de/anzeigenhauptmeister-
hat-in-halle-476-knoellchen-vergeben Zurück
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