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Home Inhaltsverzeichnis : Umgang mit der Demokratie

Der freie Mensch und seine Regierung

Inhaltsverzeichnis:

01.0 Der freie Mensch und seine Regierung
02.0 Was unter Regierung zu verstehen ist?
02.1 Die Herrschaft des Gesetzes
02.2 Situation zur Zeit der Französischen Revolution
02.3 Englands „Checks and Balances“
02.4 Das Zeitalter der Massen
02.5 Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg
02.6 Die
Präsidialisierung der Demokratien
02.7 Das Führerprinzip des Nationalsozialismus
02.8 Das Parlament und die Regierung des Grundgesetzes
03.0 Ansehensverlust der Regierung von heute
04.0 Das Demokratieförderungsgesetz der Bundesregierung
05.0 Die Bundesregierung und „deren“ Demokratieverständnis
06.0 Moral als Politikersatz
07.0 Hassrede in den sozialen Medien
08.0 Der freie Mensch muss Fragen stellen ....
09.0 Wer nicht fragt, muss
glauben
10.0 Die Demokratie ist
missbrauchsanfällig
11.0 75 Jahre Grundgesetz
11.1 Packen Sie jetzt das Grundgesetz weg
11.2 Feierlicher geht es nicht
11.3 Standpunkt von Andreas Voßkuhle
11.4 Wer ist ein Verfassungspatriot?
11.5 Wer ist ein Verfassungsfeind?
11.6 Armin Laschet zum Sylter Skandalvideo
11.7 Schlusssätze

01.0 Der freie Mensch und seine Regierung

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Kaum eine Sprachfigur ist vieldeutiger als die des freien Menschen. Dass es sich dabei sogar bedauerlicherweise um eine Illusion handelt, deren Zweck darin besteht, dem Freiheitsbegriff einen der jeweiligen Zeit entsprechenden Bedeutungsinhalt zu geben, liegt in der Natur der Sache, denn Veränderung ist sozusagen der Normalzustand dieser Welt. Dazu gehören auch die Vorstellungen von Freiheit.

Dennoch: Menschsein bedeutet, frei zu sein, frei denken und auch frei sprechen und auch frei handeln zu können, soweit dadurch die Rechte anderer nicht verletzt werden.

Wie dem auch immer sei: Thomas Hobbes (1588 bis 1679) äußert sich zum Freiheitsbegriff in seinem Buch „Leviathan“ wie folgt:

Thomas Hobbes: Was bedeutet es, frei zu sein? Nach dieser eigentlichen und allgemein anerkannten Bedeutung des Wortes [gemeint ist eine Freiheit, die keinen Widerständen ausgesetzt ist] ist ein freier Mensch, wer nicht daran gehindert wird, Dinge nach seinem Willen zu tun, zu denen er aufgrund seiner Kraft und seines Verstandes fähig ist [En01].1

An anderer Stelle heißt es, „dass von Natur aus ein jeder das Recht auf alles hat“, was aber bedeuten würde, dass der Mensch des Menschen größter Feind wäre. Um das zu verhindern, heißt es bei Hobbes:

 

Thomas Hobbes: Es entspricht den Regeln der Vernunft, dass jedermann nach Frieden streben sollte, soweit er Hoffnung hat, ihn zu erlangen, und dass er, wenn er ihn nicht erlangen kann, alle Hilfen und Vorteile des Krieges suchen und von ihnen Gebrauch machen darf. Der erste Teil dieser Regel enthält das erste und grundlegende Naturgesetz, nämlich Frieden zu suchen und zu halten. [...]. Von diesem grundlegenden Naturgesetz, das dem Menschen befiehlt, nach Frieden zu streben, wird das zweite Gesetz abgeleitet, das ein Mensch bereit sein soll, wenn andere es auch sind, soweit er es im Interesse des Friedens und seiner Verteidigung für notwendig hält, diesem Recht auf alle Dinge zu entsagen und mit so viel Freiheit gegen andere zufrieden zu sein, wie er anderen gegen sich selbst zustehen würde [En02].2

Dafür bedarf es, so kann es bei Thomas Hobbes nachgelesen werden, eines Souveräns, dessen Aufgabe es ist, geltendes Recht erhalten und auch durchsetzen zu können.

Thomas Hobbes: Der Souverän entscheidet über alles, was für Frieden und Verteidigung seiner Untertanen nötig ist, und entscheidet darüber, welche Lehren sich für ihre Unterweisung eignen. [...]. Ihm steht auch das Recht auf richterliche Gewalt und auf die Entscheidung von Streitfragen zu. [...]. Und das Recht, Krieg zu führen und Frieden zu schließen, wie es ihm am besten dünkt. [...]. Und das Recht, alle Räte und Minister für Krieg sowie Frieden auszuwählen. [...]. Und das Recht der Verleihung von Ehre und Rang. [...]. Diese Rechte sind unteilbar und können durch keine Übertragung ohne ausdrücklichen Verzicht auf die Souveränität aufgegeben werden [En03].3

Gut 300 Jahre nach der Veröffentlichung des Leviathans heißt es in dem Buch von Hans Kelsen (1881 bis 1973), einem der bedeutendsten Rechtswissenschaftler des 20. Jahrhunderts, in der „Reine Rechtslehre“ unter der Überschrift „Das Freiheitsminimum“ wie folgt:

Hans Kelsen: Die Freiheit, die dem Menschen von der Rechtsordnung einfach dadurch negativ gelassen wird, dass die Rechtsordnung dem Menschen nicht ein bestimmtes Verhalten verbietet, muss von der Freiheit unterschieden werden, die die Rechtsordnung dem Menschen positiv garantiert. Die Freiheit eines Menschen, die darin gesteht, dass ihm ein bestimmtes Verhalten erlaubt, weil nicht verboten ist, ist nur insoweit durch die Rechtsordnung garantiert, als diese den anderen Menschen gebietet, diese Freiheit zu respektieren, ihnen verbietet in diese Freiheitssphäre einzugreifen, das heißt, ein Verhalten verbietet, durch das jemand an dem ihm nicht verbotenen, und in diesem Sinne erlaubten, Verhalten verhindert wird [En04].4

Dass es zur Wahrung und Durchsetzung dieser und auch anderer Rechte eines Staates, einer Verfassung, einer Rechtsordnung, einer Regierung, einer Verwaltung und natürlich auch einer Rechtsprechung bedarf, wird von Hans Kelsen explizit erörtert.

Hans Kelsen: Neben Gesetzgebung und Rechtsprechung wird Verwaltung als eine der drei Funktionen bezeichnet, die in der traditionellen Theorie als die wesentlichen Staatsfunktionen angesehen werden. Gesetzgebung und Rechtsprechung sind Rechtsfunktionen im engeren Sinne, das heißt Funktionen, durch die die Normen der staatlichen Rechtsordnung erzeugt und angewendet werden. [...]. Die diese Funktionen leistenden Individuen sind Rechtsorgane. Dass sie als solche Staatsorgane sind, das heißt also, dass ihre Funktion dem „Staate“, das ist der durch die staatliche Rechtsordnung konstituierten Rechtsgemeinschaft zugeschrieben werden, bedeutet, dass sie auf die Einheit der dieser Gemeinschaft konstituierenden Zwangsordnung bezogen werden. Diese Zwangsordnung ist eine „staatliche“ Rechtsordnung. [...]. Die als Staatsverwaltung bezeichnete Tätigkeit ist zu einem großen Teil von der gleichen Art wie Gesetzgebung und Rechtsprechung, nämlich Rechtsfunktion im engeren Sinne von Erzeugung und Anwendung von Rechtsnormen. Die Funktion des obersten Verwaltungsorgans, der Regierung, besteht in der ihr von Verfassung übertragenen Beteiligung an der Gesetzgebung, in der Ausübung der ihr von Verfassung erteilten Ermächtigung, Staatsverträge abzuschließen, in der verfassungsmäßigen Erlassung von Verordnungen und von Verwaltungsbefehlen an die ihr unterstellten Verwaltungsorgane und Untertanen- das heißt: in der Erzeugung und Anwendung genereller und individueller Normen [En05].5

02.0 Was unter Regierung zu verstehen ist?

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Die Regierung, auch Gubernative genannt, ist die Spitze der Exekutive. Anders ausgedrückt: Die Exekutive setzt sich in Deutschland aus der Regierung (der sogenannten Gubernative) und der öffentlichen Verwaltung (der sogenannten Administrative) zusammen.

Auf Bundesebene gehören zur Exekutive die Bundesregierung sowie sämtliche Verwaltungsbehörden des Bundes (Bundesbehörden), einschließlich der Ministerien, denn bei diesen Verwaltungseinheiten handelt es sich um oberste Bundesbehörden.

Da die Mitglieder der Bundesregierung in Deutschland in der Regel auch Abgeordnete des Bundestages sind, besteht eine Gewaltenverschränkung zwischen Exekutive und Legislative. Außerdem wird der Bundeskanzler durch den Bundestag gewählt und kann, wenn dafür eine Mehrheit vorhanden ist, im Wege des konstruktiven Misstrauensvotums vom Bundestag abberufen werden.

Auf Landesebene setzt sich die Exekutive aus der jeweiligen Landesregierung und der Landesverwaltung zusammen. Auch hier besteht eine Gewaltenverschränkung zwischen Exekutive und Legislative, denn auch die Regierungsmitglieder in den Ländern sind zugleich auch Abgeordnete in den jeweiligen Landesparlamenten.

Diese kurze Übersicht über den Aufbau der Gubernative im Bund und in den Ländern dürfte aber wohl kaum ausreichen, die Sprachfigur „Regierung“ hinreichend mit Leben zu füllen, denn die Vorstellungen, was unter einer „Regierung“ in einer Demokratie zu verstehen ist, haben sich im Laufe der Zeit mehrfach verändert. Aus diesem Grunde ist es erforderlich, zumindest grob aufzuzeigen, wie sich diese Sprachfigur von ihren Anfängen bis heute entwickelt hat.

02.1 Die Herrschaft des Gesetzes

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Das demokratische Ideal besteht in der Vorstellung der „Herrschaft des Gesetzes“. Die Folge davon war, dass im 18. Jahrhundert die Vorstellung „Es lebe das Gesetz“ sozusagen den Markenkern einer Demokratie gehörte.

Das bedeutete, dass die eigentliche Macht in einer Demokratie sich in den Händen des Parlaments, der Legislative, der gesetzgebenden Gewalt befindet.

02.2 Situation zur Zeit der Französischen Revolution

Die Parole „Es lebe das Gesetz“ bestimmte das Demokratieverständnis zur Zeit der Französischen Revolution.

Pierre Rosanvallon: Dieses Gesetzesverständnis hatte eine totalisierende Dimension. Es war nicht zu trennen von der Utopie der Macht, die in der Lage wäre, die Gesellschaft vollständig zu erfassen und im Einzelnen zu bewegen [En06].6

Um dieses Ziel verwirklichen zu können, war es erforderlich, die Exekutive abzuqualifizieren und zu marginalisieren, indem sich deren Aufgabe ausschließlich darauf beschränken sollte, die Gesetze auszuführen.

Pierre Rosanvallon: Sollte die Herrschaft des Gesetzes gleichbedeutend mit der Souveränität des Volkes sein, musste die Exekutive also in starkem Maße kanalisiert und eingedämmt, im Idealfall auf ein Minimum beschränkt werden [En07].7

Anders ausgedrückt: Die Demokratievorstellungen zur Zeit der Französischen Revolution gingen von der Annahme einer führerlosen – unpersönlichen Exekutive - aus, deren Aufgabe darin bestand, den Gesetzen Geltung zu verschaffen.

02.3 Englands „Checks and Balances

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Andere Vorstellungen über die Verteilung der Macht im Staat entstanden in England. Dort wurde nicht nur der Parlamentarismus auf europäischem Boden erfunden. Dort entstand auch die liberale Auffassung einer Exekutivgewalt, die sich zur Legislative in einem Verhältnis der „Checks and Balances“, also der gegenseitigen Kontrolle befinden sollte. Diese Sichtweise führte dazu, dass eine damit verbundene Stärkung der Exekutive keinen absolutistischen oder herrschaftlichen Charakter einnehmen konnte. In der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika wurde dieses Prinzip umgesetzt.

02.4 Das Zeitalter der Massen

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Die oben skizzierte ursprüngliche Vorstellung der Verteilung von Macht änderte sich mit dem Aufkommen der „Angst vor den Massen“, deren Macht sich durch die Einführung des Wahlrechts damals nicht mehr leugnen ließ, weil die Eliten davon ausgingen, dass es sich bei den vielen Wählern um ungebildete Menschen handelte, die unfähig dazu waren, rationale Entscheidungen treffen zu können und somit nicht dazu in der Lage waren, sich an einer sachkundigen Debatte über die Definition des Gemeinwohls beteiligen zu können [En08]. 8

Für den damals sehr einflussreichen französischen Soziologen, Anthropologen und Psychologen Gustave Le Bon (1841 - 1931) stand fest, dass der Parlamentarismus sozusagen der Vergangenheit angehörte.

Gustave Le Bon: Die großen Fragen, die in den Parlamenten zu lösen sind, können nur mit einer Mehrheit gelöst werden, die sich eng um einen Staatsmann schart, der in der Lage ist, sie zu führen, nicht mit Zufallsmehrheiten, die sich in derselben Woche auflösen, in der sie sich gebildet haben [En09].9

02.5 Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg

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Mit dem Ersten Weltkrieg endete das demokratische Ideal, Demokratie ausschließlich als eine Perfektionierung der Legislative zu betrachten.

Pierre Rosanvallon: Die Zeit war gekommen, den Abstand zwischen den beiden Begriffen zu verringern, die man gern als Gegensätze behandelte: Autorität auf der einen, Demokratie auf der anderen Seite. Der Kommandogedanke, der sich in der Kriegsführung aufgedrängt hatte, wurde nicht mehr als von vornherein unvereinbar mit der Anerkennung der Volkssouveränität betrachtet; er wurde nicht mehr mit der strukturell entwürdigenden Sicht der Unterwerfung unter einen fremden Befehl gleichgesetzt [...]. Zugleich begann sich zu dieser Zeit in der Vorstellung vieler Leute die Figur des Führers als positive und für die moderne Welt notwendige Entscheidung durchzusetzen. [...]. In Deutschland sprach man vom Führerprinzip [En10].10

Wie dem auch immer sei: Das modern gewordene Wort „Technisierung“ trug ebenfalls dazu bei, ein Regierungssystem zu kreieren, das von Experten organisiert und kontrolliert werden musste, denn dazu waren die gewählten Abgeordneten wohl kaum in der Lage, denn ihnen fehlte das dafür erforderliche Expertenwissen.

02.6 Die Präsidialisierung der Demokratien

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Zurzeit gibt es weltweit über 60 präsidiale Regierungssysteme und über 110 semipräsidentielle und gut 90 parlamentarische Regierungssysteme. Während in präsidialen Regierungssystemen dem Präsidenten die höchste Entscheidungsmacht zukommt, handelt es sich bei den semipräsidentiellen Regierungssystemen um eine Mischung aus dem präsidentiellen und dem parlamentarischen System, auch als duale Exekutive bezeichnet.

Bei den parlamentarischen Demokratien handelt es sich um Regierungsformen, bei der nicht die Bürger über die Politik entscheiden, sondern das von ihnen gewählte Parlament. Das Parlament ist dafür verantwortlich, im Namen des Volkes Gesetze zu erstellen, politische Entscheidungen zu treffen und die Regierung zu überwachen.

In präsidialen Regierungssystemen wird der Präsident in der Regel vom Volk, oder, wie das in den USA der Fall ist, von Wahlmännern in sein Amt gewählt.

Anders ausgedrückt: Die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger der USA wählen ihren Präsidenten nicht direkt. Gewählt werden vom Volk vielmehr die Wahlmänner, die wiederum über das Staatsoberhaupt und seinen Vize entscheiden.

Wie dem auch immer sei: Bei der ersten deutschen Demokratie, der Weimarer Republik, handelte es sich um eine Präsidialdemokratie, denn der Reichspräsident wurde direkt vom Volk gewählt. Max Weber, der einen maßgeblichen Einfluss auf den Text der Weimarer Reichsverfassung hatte, verwies in diesem Sachzusammenhang auf die von ihm entwickelte Theorie der plebiszitären Demokratie, wofür er im Deutschen den Begriff plebiszitäre Führerdemokratie geprägt hatte.

Max Weber: Die Bedeutung der aktiven Massendemokratisierung ist: dass der politische Führer nicht mehr auf Grund der Anerkennung seiner Bewährung im Kreise einer Honoratiorenschicht zum Kandidaten proklamiert, sondern dass er das Vertrauen und den Glauben der Massen an sich und also seine Macht mit massendemagogischen Mitteln gewinnt. Dem Wesen der Sache nach bedeutet dies eine cäsaristische Wendung der Führerauslese. Und in der Tat neigt jede Demokratie dazu. Das spezifisch cäsaristische Mittel ist ja: das Plebiszit [En11].11

Dass die Weimarer Republik aus verfassungsrechtlicher Sicht betrachtet, an dem Notverordnungsrecht des Reichspräsidenten scheiterte, dürfte hinreichend bekannt sein, siehe Artikel 48 der Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 (WRV).

Artikel 48 WRV
Wenn ein Land die ihm nach der Reichsverfassung oder den Reichsgesetzen obliegenden Pflichten nicht erfüllt, kann der Reichspräsident es dazu mit Hilfe der bewaffneten Macht anhalten.

Der Reichspräsident kann wenn im Deutschen Reiche die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört oder gefährdet wird, die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen treffen, erforderlichenfalls mit Hilfe der bewaffneten Macht einschreiten. Zu diesem Zwecke darf er vorübergehend die in den Artikeln 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 festgesetzten Grundrechte ganz oder zum Teil außer Kraft setzen.

Von allen gemäß Abs. 1 oder Abs. dieses Artikels getroffenen Maßnahmen hat der Reichspräsident unverzüglich dem Reichstag Kenntnis zu geben. Die Maßnahmen sind auf Verlangen des Reichstags außer Kraft zu setzen.

Bei Gefahr im Verzuge kann die Landesregierung für ihr Gebiet einstweilige Maßnahmen der in Abs. 2 bezeichneten Art treffen. Die Maßnahmen sind auf Verlangen des Reichspräsidenten oder des Reichstags außer Kraft zu setzen.

Das Nähere bestimmt ein Reichsgesetz.

02.7 Das Führerprinzip des Nationalsozialismus

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Die Machtfülle des Reichspräsidenten wurde in der Nazizeit durch das Führerprinzip ersetzt.

Führerprinzip: Das „Führerprinzip“ galt als das Grundgesetz der nationalsozialistischen Weltanschauung. Es verpflichtete nach dem Motto „Führer befiehl, wir folgen“ zu blindem Gehorsam und bedingungsloser Treue gegenüber Hitler als dem obersten „Führer“ und die jeweilige Gefolgschaft zu Gehorsam gegenüber den Befehlen der Führer auf mittlerer und unterer Ebene [En12].12

Carl Schmitt (1888 bis 1985), der führende Chefjurist im Dritten Reich, verherrlichte die Exekutive geradezu und erweiterte deren Vorstellungsbild auf eine Art und Weise, die er als „Theorie der souveränen Diktatur“ bezeichnete. In seinem Essay „Politische Theologie“ beschrieb er die Notwendigkeit, den Zweck der Diktatur darin zu sehen, eine neue Ordnung zu schaffen. Die von ihm eingeforderte Diktatur unterschied sich wesentlich von der im römischen Cäsarenreich, die dem Cäsaren nur in Ausnahmefällen und auch nur zeitlich begrenzt das Recht einräumte, allein Entscheidungen zu treffen. Bei der von Carl Schmitt gewollten Diktatur handelte es sich um einen Dauerzustand und nicht um eine vorübergehende Machtübertragung.

Pierre Rosanvallon: Im Zusammenspiel und Einvernehmen mit der (diktatorischen) Exekutive erfuhr das Volk seine wirkliche Souveränität und die Erfüllung seines Willens als Abkehr von einem Repräsentativsystem, das die parlamentarische Gesetzesproduktion als Ausdruck des Allgemeinwillens begriff. Die Glorifizierung der Exekutive machte die kompromisslose Ablehnung der liberalen Demokratie somit unumgänglich [En13].13

Anders ausgedrückt: Führer befehle, wir folgen.

Konsequenterweise wurde, dieser Sichtweise folgend, durch den Beschluss des Großdeutschen Reichstags vom 26. April 1942 der Reichstag aufgelöst.

Wikipedia: Der Beschluss des Großdeutschen Reichstags vom 26. April 1942 war der letzte vom Reichstag während der Zeit des Nationalsozialismus getroffene Beschluss. Im Kern ging es um die Vollendung der Gleichschaltung des Verwaltungsapparats. Darüber hinaus bedeutete er die endgültige und uneingeschränkte Durchsetzung des Führerprinzips.

02.8 Das Parlament und die Regierung des Grundgesetzes

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Der Deutsche Bundestag ist das höchste Verfassungsorgan der Bundesrepublik Deutschland und das einzige Staatsorgan, das direkt vom Volk gewählt wird.

Daraus leitet sich sowohl das Recht als auch die Pflicht ab, die Herrschaft zu bestellen und nach eigenem Entschluss sie auch jederzeit abberufen zu können.

Gemeint ist die Wahl des Bundeskanzlers, der gemäß Artikel 63 Abs. 1 GG vom Bundestag auf Vorschlag des Bundespräsidenten ohne Aussprache gewählt wird.

Die Bundesminister, die zusammen mit dem Bundeskanzler die Bundesregierung bilden, werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten sowohl ernannt als auch entlassen, siehe Art. 64 GG.

Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür auch die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung, siehe Art. 65 GG.

Soweit, so gut. Aufgabe des Bundestages ist es natürlich auch, die Bundesregierung und die von ihr geleitete Exekutive zu kontrollieren. Dabei muss sich das Kontrollrecht auf alle politischen Gebiete und auf alle der Weisung der Regierung unterliegenden Verwaltungsgebiete erstrecken.

Da der Bundestag als einziges Staatsorgan aus unmittelbaren Wahlen hervorgeht und insoweit den Souverän, das Volk, vertritt, sollte davon ausgegangen werden können, dass hier – auch unter Beachtung seiner Unabhängigkeit und seines Vorranges als politisches Führungsgremium – die wichtigsten Entscheidungen im Deutschen Bundestag getroffen werden. Diesbezüglich sind jedoch Zweifel angebracht.

Zumindest wurde die Entscheidung, die 2015 von der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel getroffen wurde und die darin bestand, die Grenzen für Hunderttausende von Flüchtlingen zu öffnen, vom Parlament nicht getroffen. Aus diesem Grunde zweifelt auch der ehemalige Bundesverfassungsrichters Udo di Fabio, der ein entsprechendes Rechtsgutachten erstellt hat, an der Rechtmäßigkeit der Grenzöffnung.

Sogar die Hausjuristen des Deutschen Bundestages kamen zu dem Ergebnis, dass es nach wie vor „unklar“ ist, ob die Ausnahmetatbestände des Asylgesetzes § 18 Absatz 4 Nr. 2 AsylG „als Grundlage für die Einreisegestattungen ab Ende August/Anfang September 2015 herangezogen werden konnten“. Die Juristen kommen vielmehr zu der bemerkenswerten Ansicht, dass die Rechtsgrundlage, nach der die Bundesregierung weitreichende Entscheidungen getroffen hat, nicht erkennbar ist.

Einreiseverweigerung und Einreisegestattung nach § 18 Asylgesetz

Dieser kurze Hinweis auf politische Entscheidungen von großer Tragweite sollten nach der hier vertretenen Auffassung immer einem Parlamentsvorbehalt unterliegen. Die politische Realität zeigt aber, wo die Macht im Staat liegt, wenn es darum geht, in Ausnahmesituationen sofort Entscheidungen treffen zu wollen/müssen. In solchen Situationen ist, um mit den Worten von Carl Schmitt fortzufahren:

Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet [En14].14

Mit diesem Satz eröffnet Carl Schmitt seine politische Theologie, die erstmalig 1922 publiziert wurde.

An anderer Stelle heißt es, den Ausnahmezustand betreffend:

Carl Schmitt: Alles Recht ist Situationsrecht. Der Souverän schafft und garantiert die Situation als Ganzes in ihrer Totalität. Er hat das Monopol dieser letzten Entscheidung. Darin liegt das Wesen der staatlichen Souveränität, die also richtigerweise nicht als Zwangs- oder Herrschaftsmonopol, sondern als Entscheidungsmonopol juristisch zu definieren ist, wobei das Wort Entscheidung in dem noch weiter zu entwickelnden allgemeinen Sinne gebraucht wird. Der Ausnahmefall offenbart das Wesen der staatlichen Autorität am klarsten. Hier sondert sich die Entscheidung von der Rechtsnorm, und (um es paradox zu formulieren) die Autorität beweist, dass sie, um Recht zu schaffen, nicht Recht haben braucht [En15].15

Daran hat sich bis heute nichts geändert, siehe zum Beispiel die bereits oben kurz angesprochene Grenzöffnung für Hunderttausende von Flüchtlingen durch die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel im Jahr 2015.

Wie dem auch immer sei: Die Rolle der Regierung, insbesondere die des Bundeskanzlers und der von ihm geleiteten Bundesregierung verstand sich schon in den Gründungsjahren der Republik, genauer gesagt zur Adenauerzeit, als eine Demokratie, die von Konrad Adenauer einmal, wenn auch nur im Scherz, wie folgt beschrieben wurde: „Ich bin diktatorisch, nur mit stark demokratischem Einschlag.“

Was einst Konrad Adenauer aussprach, das trifft auch auf andere Bundesregierungen zu, denn nicht umsonst hat das Bundesverfassungsgericht von der Bundesregierung mehrfach eine stärkere Beteiligung des Parlaments, des Deutschen Bundestages, eingefordert.

03.0 Ansehensverlust der Regierung von heute

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Was das Ansehen und insbesondere was das Vertrauen in die Bundesregierung anbelangt, ist es zurzeit nicht gut bestellt.

Statista.de vom 5.1.2024: Den Ergebnissen einer Umfrage in Deutschland zum allgemeinen Vertrauen in die Regierung zufolge, gaben im Herbst 2023 rund 52 Prozent der Befragten in Deutschland an, der Regierung eher nicht zu vertrauen [En16].16

Der Ansehens- und Vertrauensverlust in Bezug auf den Bundestag, auf die Bundesregierung und auch im Hinblick auf den Bundeskanzler, können einer Forsa-Statistik entnommen werden, die über den folgenden Link aufgerufen werden kann. Das Ergebnis ist mehr als besorgniserregend.

Forsa: Bundestag, Regierung, Kanzler

Wie mit solch einem Ansehen in der Bevölkerung die Demokratie dauerhaft vor ihrem Verfall bewahrt werden soll, daran zu glauben fällt schwer, obwohl Politiker nicht müde werden, sozusagen gebetsmühlenhaft dazu aufzufordern, das „wir“ unsere Demokratie verteidigen und schützen müssen. Dazu gleich mehr.

Zuerst einmal einige Ausführungen zum Selbstverständnis von Regierungen, denen es von Natur aus ein Anliegen ist, möglichst frei entscheiden zu können.

Anders ausgedrückt: Es entsteht zumindest der Eindruck, dass die jeweils amtierende Bundesregierung das Parlament eher als eine Bremse im Hinblick auf die von ihr geplanten Veränderungen wahrnimmt und somit die Abgeordneten im Deutschen Bundestag nur dann in Entscheidungen eingebunden werden, wenn das die Verfassung einfordert.

Ansonsten weiß die Bundesregierung, dass ein Zuviel an Transparent der Demokratie eher schadet als nutzt, denn der 20. Deutschen Bundestag besteht, Stand 2024, aus 734 Abgeordneten, die nicht nur gern in Fernsehkameras sprechen, sondern auch simultan über das Internet ihre Nachrichten verbreiten, und somit nichts geheim halten, was die Bundesregierung gern unter sich aushandeln möchte.

Wie dem auch immer sei: 1956 noch konnte sich Bundeskanzler Konrad Adenauer vor dem Bundesparteitag der CDU am 20.09.1956 über den Perfektionismus des Deutschen Bundestages beklagen.

Konrad Adenauer: Der Perfektionismus unserer Parlamente ist allmählich untragbar geworden. Wenn zum Beispiel ein Gesetz vom Bundesrat an den Bundestag geht, und das Gesetz - ich weiß nicht, wie es heißt - hatte schon 250 Paragraphen - für meinen Geschmack waren hundert Paragraphen zu viel -, und es kommt dann aus dem Bundestag heraus mit 500 Paragraphen, dann kommt allmählich ein Perfektionismus in die Gesetzgebung, der die ganzen Dinge so schwierig und kompliziert macht, dass es einfach nicht mehr zu ertragen ist. Das Gleiche gilt auch von den Steuergesetzen [En17].17

Heute hat sich das Blatt dahingehend geändert, dass die meisten Gesetzesvorlagen aus dem Kreis der Bundesregierung kommen und der Perfektionierungsanspruch an den Wortlaut der Gesetze zwischenzeitlich eine Wortgewaltigkeit angenommen hat, die nur noch als monströs bezeichnet werden kann und von der anzunehmen ist, dass die Abgeordneten im Deutschen Bundestag, die über solche Gesetze zu entscheiden haben, selbst nicht mehr wissen, was sie da wirklich verabschieden.

Als Beispiel für nur eine von vielen anderen Monsterregelungen sei nur der § 174 TKG (Manuelles Auskunftsverfahren) genannt, der regelt, unter welchen Voraussetzungen die Polizei beim jeweiligen Telekommunikationsanbieter Bestandsdaten von Kunden anfordern kann und darf.

Diese Befugnis umfasst immerhin 3.150 Wörter, die zu lesen nicht nur äußerste Sorgfalt, sondern auch Selbstüberwindung erfordert, um dem Gedankengang des Gesetzgebers überhaupt folgen zu (können) wollen.

Aber entscheiden Sie selbst:

§ 174 TKG (Manuelles Auskunftsverfahren)

Und nun zu den Zahlen: In der 20. Wahlperiode verabschiedete der Deutsche Bundestag insgesamt 255 Gesetzesinitiativen. Die Mehrzahl der verabschiedeten Gesetze beruhte auf Regierungsvorlagen.

Beim Bundestag eingebracht 418

Regierungsvorlagen 225
Initiativen des Bundesrates 35
Initiativen des Bundestages 158

Vom Bundestag verabschiedet 255

Regierungsvorlagen 188
Initiativen des Bundesrates 2

Initiativen des Bundestages 62 [En18]
18

In diesem Sachzusammenhang gesehen noch einmal ein Statement von Altbundeskanzler Konrad Adenauer, dieses Mal aus dem Jahr 1962:

Konrad Adenauer: Ich darf hier nochmals sehr nachdrücklich feststellen, dass keine Regierung etwas leisten kann, wenn nicht das Parlament das Siegel auf die Arbeit der Regierung drückt. Die Regierung ist vom Parlament abhängig. Ihre Erfolge sind abhängig vom Parlament, und da wir doch alle für das deutsche Volk in seiner Gesamtheit arbeiten wollen, richte ich an das gesamte Parlament die dringende Bitte, die Arbeit der Regierung, sei es kritisierend, sei es fördernd, zu unterstützen, aber auf alle Fälle zügig zu unterstützen [En19].19

04.0 Das Demokratieförderungsgesetz der Bundesregierung

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Eine Demokratie, die von Regierungspolitikern gebetsmühlenhaft öffentlich kundgetan, vor sich selbst geschützt werden muss, also vor den Bürgerinnen und Bürgern, befindet sich auf dem besten Weg, den Pfad der Demokratie zu verlassen, um zu einer Demokratur zu werden. Damit ist ein Zwischending zwischen der Demokratie und der Diktatur gemeint.

Die ersten Schritte dazu sind bereits getan, denn der Entwurf des Gesetzes zur Stärkung von Maßnahmen zur Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und politischen Bildung (Demokratiefördergesetz – DFördG) befindet sich bereits im parlamentarischen Weg.

Demokratiefördergesetz – DFördG: Deutschland braucht ein breites Engagement für die Demokratie sowie überzeugte Demokratinnen und Demokraten. In den vergangenen Jahren ist das Modell einer offenen, pluralistischen und vielfältigen Gesellschaft in einem gewaltengeteilten, demokratischen Rechtsstaat zunehmend unter Druck geraten. Die Bundesregierung ist daher entschlossen, die Demokratie in Deutschland als Gesellschaftsform und Grundlage des Zusammenlebens zu schützen, weiter zu gestalten und für aktuelle und zukünftige Herausforderungen zu stärken.

An anderer Stelle:

Die Demokratie lebt von engagierten Menschen, die in ganz Deutschland ihre Interessen in den verschiedenen demokratischen Institutionen, Parteien und Wählervereinigungen vertreten oder sich in zahlreichen Initiativen, Vereinen und Organisationen für ein vielfältiges, pluralistisches und gewalt- und diskriminierungsfreies Miteinander einsetzen im Bereich der Demokratieförderung und -stärkung, der politischen Bildung sowie bei der Auseinandersetzung mit und der Prävention jeder Form des politischen oder religiös begründeten Extremismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sowie der Demokratiefeindlichkeit.

An anderer Stelle:

In den vergangenen Jahren haben insbesondere die rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten immer weiter zugenommen. Daneben zeigen unter anderem Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Islam- und Muslimfeindlichkeit, Queerfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit, Sexismus, Behindertenfeindlichkeit und Extremismen wie Rechtsextremismus, islamistischer Extremismus, Linksextremismus sowie Hass im Netz, Desinformation und Wissenschaftsleugnung und die gegen das Grundgesetz gerichtete Delegitimierung des Staates die Vielzahl demokratie- und menschenfeindlicher Phänomene auf. Durch sie wird das friedliche und respektvolle Zusammenleben in unserem Land in besorgniserregender Art und Weise beschädigt.

An anderer Stelle:

Dabei nehmen die Verbreitung von Verschwörungsideologien, Desinformation und Wissenschaftsleugnung, eine sich zunehmend radikalisierende Szene (etwa vor dem Hintergrund der öffentlichen Coronamaßnahmen), die neue Bündnisse zwischen verschiedenen radikalisierten Milieus schafft, aber auch Hass und Hetze im Internet sowie multiple Diskriminierungen und Bedrohungen immer weiter zu.

An anderer Stelle:

Die Bekämpfung jeder Form des politisch oder religiös begründeten extremismus- und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sowie der Demokratiefeindlichkeit ist daher ebenso wie der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und die Vermittlung demokratischer, freiheitlicher Werte sowie die Vermittlung von Recht und Rechtsstaatlichkeit eine gesamtgesellschaftliche und dauerhafte Aufgabe von zentraler politischer Bedeutung.

An anderer Stelle:

Dazu gehören unter anderem auch Maßnahmen der zivilgesellschaftlichen Beratungs-, Präventions- und Ausstiegsarbeit, des „Empowerments“ von Selbstorganisationen und Betroffenengruppen im Sinne der Selbstbefähigung, Selbstermächtigung und Selbstbestimmung sowie Maßnahmen zum Schutz vor Angriffen auf Engagierte.

Zur Lösung des oben skizzierten Problems enthält der Gesetzesentwurf folgende Ausführungen:

Zur Stärkung der Demokratie, zur politischen Bildung, zur Prävention jeglicher

Form von Extremismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sowie zur

Gestaltung von gesellschaftlicher Vielfalt und Teilhabe wird der Bund zukünftig auf Grundlage eines ausdrücklichen gesetzlichen Auftrags bundeseigene Maßnahmen durchführen sowie Maßnahmen Dritter fördern, sofern sie von überregionaler Bedeutung sind und in erheblichem Bundesinteresse liegen. Die gesetzliche Verankerung gewährleistet die notwendige Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen und die damit verbundene nachhaltige Absicherung der Maßnahmen im Bereich der Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und politischen Bildung. Damit geht ein Zuwachs an Planungssicherheit für den Bund und die Zivilgesellschaft einher. [...]. Des Weiteren wird durch eine längerfristige Förderung von Maßnahmen gewährleistet, dass zivilgesellschaftliche Akteure bereits bewährte Strukturen nicht nur aufrechterhalten, sondern vor allem auch weiterentwickeln können, um den sich teils wandelnden gesellschaftlichen Herausforderungen Rechnung tragen zu können.

Die Bundesregierung geht hinsichtlich der Notwendigkeit eines Demokratieförderungsgesetzes davon aus, dass es zu diesem Gesetz keine Alternative gibt. Das bedeutet, dass ein Verzicht auf solch ein Gesetz nicht in Betracht kommen kann. Deshalb hält es die Bundesregierung, die dieses Gesetz in den Bundestag eingebracht hat, für unverzichtbar, die Kompetenzen des Bundes diesbezüglich zu erweitern.

Zitat: Das Demokratiefördergesetz als materielles Gesetz bekräftigt die Rolle des Bundes in der Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und politischen Bildung, regelt die Eckpfeiler der Förderbedingungen und stärkt die Zivilgesellschaft nachhaltig, da der Gesetzgeber diese Tätigkeiten als dauerhafte Aufgaben auch des Bundes bestätigt.

Gesetzesentwurf

05.0 Die Bundesregierung und „deren“ Demokratieverständnis

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Wer den Gesetzesentwurf des Demokratieförderungsgesetzes unvoreingenommen liest, wird wohl kaum die Feststellung in Abrede stellen können, die da lautet, dass es einen Unterschied gibt zwischen der Demokratie, die für alle gilt, und einer anderen Demokratie, nämlich die, die im Gesetzesentwurf enthalten ist. Es vermag auch nicht zu überraschen, dass hinsichtlich der Zuständigkeiten deutlich wird, dass es die Exekutive ist, der die Aufgabe obliegen soll, die Demokratie zu schützen, siehe § 7 des Demokratiefördergesetzes (DFördG).

§ 7 DFördG
Zuständigkeit und Zuwendungsbescheid

(1) Die Ausführung dieses Gesetzes obliegt den obersten Bundesbehörden im Rahmen der jeweiligen Ressortzuständigkeit. Diese können Aufgaben auf nachgeordnete Bundesoberbehörden übertragen.

(2) Im Zuwendungsbescheid ist die Rückforderung nicht zweckentsprechend verwendeter Fördermittel sicherzustellen.

Diese Aufgabenzuweisung lässt zumindest die Vermutung zu, dass durch dieses Gesetz die Macht derjenigen, die politische Macht in diesem Staate ausüben, und das ist vorrangig die Exekutive, nicht viel von der Herrschaft des Volkes halten.

Deshalb verzichtet auch kaum ein Politiker in seinen Reden auf die Floskel „unsere Demokratie“, denn es gibt kaum eine Bundestagsdebatte, in der auf die Sprachfigur „unsere Demokratie“ verzichtet wird.

Was damit gemeint sein könnte, das kann zum Beispiel einer Rede der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel entnommen werden, die sie am 3. März 2010 zur Vorstellung des Allensbacher Jahrbuchs der Demoskopie hielt:

Angela Merkel: Wir können im Rückblick auf die Geschichte der Bundesrepublik sagen, dass all die großen Entscheidungen keine demoskopische Mehrheit hatten, als sie gefällt wurden. Die Einführung der sozialen Marktwirtschaft, die Wiederbewaffnung, die Ostverträge, der NATO-Doppelbeschluss, das Festhalten an der Einheit, die Einführung des Euro und auch die zunehmende Übernahme von Verantwortung durch die Bundeswehr in der Welt – fast alle diese Entscheidungen sind gegen die Mehrheit der Deutschen erfolgt. Erst im Nachhinein hat sich in vielen Fällen die Haltung der Deutschen verändert. Ich finde es auch vernünftig, dass sich die Bevölkerung das Ergebnis einer Maßnahme erst einmal anschaut und dann ein Urteil darüber bildet. Ich glaube, das ist Ausdruck des Primats der Politik. Und an dem sollte auch festgehalten werden.

Im Klartext: Erst „im Nachhinein“ also, wenn alles schon entschieden ist, darf sich die Bevölkerung „das Ergebnis einer Maßnahme“ anschauen und sich dann damit abfinden, was die Mächtigen für sie entschieden haben.

Hinsichtlich der Ausübung von Regierungsmacht bedeutet das: Wir tun das, was wir für richtig erachten. Und damit das so bleibt, dafür bedarf es eines Demokratieförderungsgesetzes, dessen Ziel es ist, die Demokratie vor solchen Bürgerinnen und Bürgern zu schützen, die unter Demokratie vielleicht doch etwas anderes verstehen, als die Politiker, die ihre Macht, also „ihre Demokratie“ geschützt wissen wollen.

Worum geht es im Demokratieförderungsgesetz tatsächlich?

Es geht:

  • Um Einschränkungen der durch das Grundgesetz garantierten Meinungsfreiheit durch die Bundesregierung, insbesondere durch das Bundesinnenministerium und dem diesem Ministerium nachgeordneten weisungsabhängigen Bundesamt für Verfassungsschutz

  • Schon heute gilt: Aufgestellte Behauptungen bedürfen heute oftmals keiner Beweise mehr

  • Political Correctness und Angstmache fördert das DFördG noch mehr als das bisher schon der Fall ist

  • Kampfbegriffe wie: Hass und Hetze, Delegitimierung des Staates, Coronaleugner, Klimaleugner, Impfgegner, Putin-Versteher, Querdenker oder auch Schwurbler: der politische Gegner wird zum Feind gemacht

  • Meldestellen, Zensur und das Errichten von „Brandmauern“ tragen zur weiteren Spaltung der Gesellschaft bei. Sie sollen angeblich die Demokratie schützen

  • Verfolgung unliebsamen Verhaltens auch unter der Strafbarkeitsgrenze wird den Handlungsspielraum von Sicherheitsbehörden erweitern

  • Aufruf der Regierung zu Demonstrationen, deren Ziel es ist, die Opposition zu beschädigen bzw. ihr Rechte zu verweigern, die allen anderen Parteien zustehen, können als Schutzmaßnahmen für die Demokratie erklärt werden.

Kurzum: Kontenkündigungen, überfallartige Hausdurchsuchungen, Entlassungen, Entfernung aus dem Staatsdienst und sogar monatelange Untersuchungshaft sind die bereits eingetretenen „Kollateralschäden“ eines Demokratieverständnisses, das der Staat für sich selbst in Anspruch nimmt, um sich sozusagen vor seinen Bürgern zu schützen.

Das, was sich die amtierende Bundesregierung erkennbar wünscht, ist ein „neuer Mensch“, der alle Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens betrifft.

06.0 Moral als Politikersatz

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Politische Gutmenschen, und dazu gehören auch in der Ampelregierung amtierende Ministerinnen und Minister, machen zurzeit von der moralischen Keule regen Gebrauch. Michael Andrick bezeichnet diese Art von alternativlos denkenden Menschen als Fundamentalisten.

Michael Andrick: Fundamentalisten meinen, und oft sogar völlig aufrichtig, Andersdenkende bekehren und ihnen notfalls direkt den Mund verbieten zu müssen, damit die von ihnen exklusiv und allgemeingültig erkannte Wahrheit in Ruhe umgesetzt werden kann. Sie betreiben dann ihrer Selbstvorstellung danach, was sie als „Schutz der Demokratie“ und überhaupt aller hehren und schönen Dinge (wie Toleranz, Pluralität, Freiheit und Recht) verstehen und richten die Demokratie, die friedliche Selbstregierung eines Volkes durch geordneten Streit, dabei zugrunde [En20].20

Zu einem offenen Streit über die Probleme von heute kommt es aber nicht, weil den politisch Verantwortlichen dazu nicht nur der Mut, sondern auch die Einsicht in die Notwendigkeit eines solchen Diskurses fehlt.

Anders ausgedrückt: Regieren heißt, das umzusetzen, was die Regierenden für richtig halten. Wer das nicht will, der muss entweder ignoriert werden – wenn er politisch unbedeutend ist – oder neutralisiert bzw. ausgegrenzt werden, wenn es sich bei Andersdenkenden um politische Gegner handelt, mit denen man nicht einmal Koalitionen eingehen will.

Wie dem auch immer sei: Im Regime des Moralismus, so heißt es bei Michael Andrick, wünschen sich die Regierenden eine breitgefächerte gesellschaftliche Koalition moralisch richtig denkender Menschen. Was damit gemeint ist, das kann – zumindest ansatzweise – dem Internetportal No-hate-speech.de entnommen werden. Dieses Portal ist so umfangreich, dass im hier zu erörternden Sachzusammenhang die Sichtung der folgenden Seite ausreicht, um sich einen Eindruck darüber verschaffen zu können, worum es geht.

Portalseite „No-hate-speech“

Dass dieses Portal, wie viele andere auch, mit öffentlichen Mitteln finanziert wird, das soll hier nur festgestellt werden.

Michael Andrick: Betreiber (des o.g. Internetportals) ist ein Verband von „Neuen Deutschen Medienmachern“, der 2017 mit mehr als 500 000 Euro aus dem Kanzleramt mitfinanziert wurde und dessen frühere Chefin, Ferda Ataman, später Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung wurde. Immerhin versteht man so gleich, was der Unterschied zwischen einem Journalisten und einem „Medienmacher“ ist: Journalisten kontrollieren die Mächtigen, „Medienmacher“ erstellen mit ihrer Finanzierung eben ... nun ja, Medien, die etwas anderes als Machtkontrolle betreiben, weil die Mächtigen sie Finanzieren [En21].21

Drucksache 19/5134

Noch deutlicher im Hinblick auf den Umgang mit Diskriminierungen dürfte das Berliner Register anzusehen sein, einer Meldestelle für eine Vielzahl von Diskriminierungen und extrem rechte Aktivitäten.

Berliner Register

Auf der Startseite des Berliner Registers heißt es: Wir, die Berliner Register, wollen gegen Diskriminierung und Ausgrenzung vorgehen. Wir dokumentieren deshalb Vorfälle, die im Alltag in Berlin passieren.

Die Vorfälle müssen einen rassistischen, antisemitischen, LGBTIQ*-feindlichen, NS-verharmlosenden Hintergrund haben oder sie richten sich gegen Obdachlose, Menschen mit Behinderungen oder gegen demokratisch engagierte Personen. Wir machen sie sichtbar und gewinnen Verbündete, um dagegen vorzugehen.

Auf dieser Seite kannst du Vorfälle melden und dir in der Chronik alle anderen dokumentierten Vorfälle ansehen. Und du findest Anlaufstellen, Kontakte der bezirklichen Register und Hinweise zu Beratungsstellen.

Ob dadurch die Ursachen für Meinungsäußerungen unterhalb der Strafbarkeitsgrenze reduziert werden können, dürfte mehr als fraglich sein. Den Machern solcher Meldestellen kommt es wohl vorrangig darauf an, Menschen daran zu gewöhnen, erlebte Diskriminierungen zu melden. Was das bedeutet, das drückt Michael Andrick wie folgt aus:

Michael Andrick: Die juristischen Grundlagen und die Melde-Infrastruktur dafür zu schaffen, „Hassrede“ im Netz und anderswo zu „bekämpfen“ bedeutet, Gesinnungsprüfung zur Staatsaufgabe zu erklären und Denunziationsgeist in die Bevölkerung zu tragen. Die Aufforderung „Gesinnungsverstöße“ zu melden und dafür sogar staatliche Stellen einzurichten – wie erst jüngst auch wieder mit der „Meldestelle Antifeminismus“ geschehen -, ist das Kennzeichen intoleranter, ideologischer totalitärer Gesinnung. Bei der Antisemitismusstelle handelt es sich um ein Projekt der Fachstelle Gender, GMF und Rechtsextremismus [En22].22

Diesbezüglich heißt es auf der Website der Antisemitismusstelle wie folgt:

Meldestelle Antifeminismus.: Als Fachstelle beraten und schulen wir bundesweit Zivilgesellschaft, Politik, Jugendarbeit, Bildungseinrichtungen und Medien im Umgang mit Rechtsextremismus, Rechtspopulismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.

Mit dem Vorhaben einer bundesweiten online Meldestelle zu Antifeminismus, soll nicht nur das Erheben von Daten, sondern vor allem auch die Unterstützung von Betroffenen und Zivilgesellschaft ermöglicht werden. Wir bieten weitergehende Unterstützung und die Vermittlung von psychosozialer, juristischer und Betroffenenberatung an und bringen und setzen uns auf politischer Ebenen gegen Antifeminismus ein.

Unsere Arbeit als Meldestelle Antifeminismus verstehen wir ebenso als Teil eines gemeinsamen zivilgesellschaftlichen Prozesses, der zum Teil neue Wege beschreitet und dabei kontinuierlich weiterentwickelt werden soll. Wir freuen uns über Austausch und Rückmeldungen.

Förderung

Dank geht an das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für die Förderung des Projekts im Rahmen des Bundesprogramms Demokratie leben [En23].23

07.0 Hassrede in den sozialen Medien

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Um diese Sprachfigur der Hassrede in diesem Sachzusammenhang klären zu können, ist es erst einmal erforderlich, festzustellen, dass es sich beim Hass um eine Emotion handelt. Daraus folgt, dass Hass grundsätzlich als eine individuelle Gefühlsregung anzusehen ist. Erst dann, wenn Menschenansammlungen emotional so aufgewühlt sind, dass durch die Art und Weise ihres Verhaltens mit großer Wahrscheinlichkeit darauf geschlossen werden kann, dass sie ihre Wut und ihren Hass zum Ausdruck bringen, kann das Wort Hass von seiner Wortbestimmung her überhaupt richtig verwendet werden. Ob diese Qualität auch geschriebenen Worten unterstellt werden kann, dürfte mehr als fraglich sein, zumindest in den wohl meisten Fällen als Hassposts bezeichneten Geschmacklosigkeiten im Internet und anderswo.

Wie dem auch immer sei: Die Philosophen der Aufklärung wären mit der Beschreibung von Hass wohl eher zurückhaltender gewesen, als das heute der Fall ist, denn diese Denker gingen noch davon aus, dass Sprache dazu geeignet ist, objektive Wahrheiten zu formulieren.

Im Gegensatz zu diesen Denkern vertritt zum Beispiel der französische Philosoph Jacques Derrida (1930 bis 2004), einem der Hauptvertreter der Dekonstruktion die Position, dass „‚Dekonstruktion“ die konstitutive und notwendige Möglichkeit eindeutigen und endgültigen Verstehens mittels Sprache ausschließt. Derrida zufolge ist Sprache nämlich nie eindeutig, weil sich kein Wort eindeutig einer Bedeutung zuordnen lässt.

Anders ausgedrückt: In Anlehnung an die Lehre des Konstruktivismus entsteht die Wirklichkeit immer im Kopf des Betrachters. Das heißt: Wenn der Leser eines Posts meint, dass es sich bei dem Gelesenen um Hate Speech handelt, dann ist das auch so, auch wenn das gar nicht der Gefühlslage des Senders dieser Botschaft entspricht.

Daraus lässt sich schließen, dass es sich bei „Hate Speech“ (Hassrede) um einen politischen Kampfbegriff handelt. Diejenigen, die diese Sprachfigur verwenden, benutzen das Wort Hate Speech offensichtlich und für jedermann erkennbar als ein Machtmittel in einem Diskurs, dessen Ziel darin besteht, das Böse zu erkennen um es beim Namen zu benennen, um dadurch das Gute in der eigenen Position hervorheben zu können.

Michael Andrick: „Hassrede“ kann deshalb immer nur ein politischer Kampfbegriff sein, weil er – außer in seltenen oder konstruierten Einzelfällen – nicht mit Sicherheit auf die konkreten Aussagen eines Menschen angewandt werden kann. „Hass“ ist eine psychologische und moralische Kategorie, die eine nicht direkt beobachtbare Gesinnung hinter dem beobachtbaren Verhalten bezeichnet. Wegen des spekulativen Charakters seiner Anwendung sollte „Hass“ in Rechtsstaaten nicht ohne Not als juristische Kategorie genutzt werden. Im Rechtsstaat werden gesetzlich verbotene Taten geahndet, bei Freiheit der Rede und der Gesinnung. Eine Gesinnungspolizei einzuführen oder die Bevölkerung zur Gesinnungsschnüffelei anzuhalten, ist mit dem Geist des Rechtsstaates unvereinbar. Das erkennt das Bundesministerium für Justiz (BMJ) in seiner Kommunikation zum Gesetzespaket gegen „Hass und Hetze“ von 2022 auch subtil an: Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung sind nicht von der Meldepflicht [des Gesetzespakets gegen Hass und Hetze, M.A.] Umfasst, da die Abgrenzungen zu von der Meinungsfreiheit umfassten Aussagen hier im Einzelfall schwierig sein kann [En24].24

Hinsichtlich des Ziels, das mit dem Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Massenkriminalität (NetzDG) verfolgt werden soll, heißt es auf der Website des Bundesjustizministeriums wie folgt:

BMJ 2022: Zur Stärkung der Strafverfolgung in sozialen Netzwerken wird das NetzDG mit dem am 3. April 2021 in Kraft getretenen Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität um eine Meldepflicht erweitert. Mit dieser werden die Anbieterinnen und Anbieter sozialer Netzwerke verpflichtet, bestimmte, besonders schwere Straftaten an eine Zentralstelle beim Bundeskriminalamt (BKA) zu melden. Die Anbieterinnen und Anbieter müssen den Inhalt und die zur Verfügung stehenden Daten des Inhalteverfassers bzw. der Inhalteverfasserin (inkl. der letzten Log-In IP) an das BKA übermitteln. Dieses identifiziert anschließend die Täterinnen und Täter und leitet die Daten an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden weiter. Wegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Köln vom 1. März 2022 wird die Meldepflicht derzeit nicht durchgesetzt [En25].25

Hinweis: Hass ist keine Straftat, soweit diese Emotion nicht zugleich auch Tatbestandsmerkmal eines Straftatbestandes ist. Insoweit ist es naheliegend, dass die Sprachfigur „Hate Speech“ (Hassrede) dem Zweck dient, eine Gesinnungsdemokratie vorzubereiten.

Wie lässt sich das verhindern?

08.0 Der freie Mensch muss Fragen stellen ....

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Den folgenden Text habe ich dem Nachwort eines Buches entnommen, das Ulrike Lausen und Tom Lausen im Dialog mit der Künstlichen Intelligenz ChatGTP geschrieben haben.

Die Fragen, die die Autoren der Künstlichen Intelligenz stellen machen deutlich, dass in einer perfekten Datenumgebung Antworten generiert werden, die zu überzeugen vermögen, wenn Fragen beantwortet werden, die ChatGTP aus einer schier unüberschaubaren Datenfülle generieren kann. Aber auch die KI gerät ins Grübeln, wenn ihr die richtigen Fragen gestellt werden. Bevor Sie den kurzen Dialog der Autoren mit der KI lesen, zum Verständnis von GPT ein kurzer Hinweis über das, was diese KI kann:

Hinweis: GPT ist die Abkürzung für „Generative Pre-trained Transformer“. ChatGPT nutzt künstliche Intelligenz, um menschliche Sprache zu verstehen und so eine der menschlichen Sprache ähnelnde Antwort zu erzeugen. ChatGPT ist der Prototyp eines dialogbasierten Chatbots. Dieser wurde von OpenAI entwickelt. Im November 2022 wurde er als Beta-Version veröffentlicht [En26].26

Auf die Frage der Autoren, ob ChatGTP eher autonom lernt, oder nur ausgewählte Daten verwendet, antwortet die KI wie folgt:

ChatGTP: ChatGTP lernt nicht von allein im Sinne eines autonomen Zugriffs auf oder einer eigenständigen Beschaffung von Informationen nach seinem initialen Training. Stattdessen wird ChatGPT mit ausgewählten Daten trainiert, die von Entwicklern und Datenwissenschaftlern zusammengestellt werden [En27].27

Anders ausgedrückt. Die KI kann nur solche Daten verarbeiten, über die sie verfügt. Zum selbständigen Denken ist die KI nicht in der Lage. Dennoch: Bei dem „Gespräch“ das die Autoren über die Auswirkungen der Pandemie führten, wird deutlich, wozu bereits heute Künstliche Intelligenz in der Lage ist. Trotzdem gelingt es den Autoren, durch das Stellen richtiger Fragen auch Chat GPT an ihre Grenzen zu bringen.

Und nun zu den Zitaten aus dem Nachwort des Buches von Ulrike und Tom Lausen:

Lausen: Was geschieht, wenn Menschen aufhören, Fragen zu stellen und alles vertrauensvoll hinnehmen, was ihnen Regierung und Medien präsentieren?

ChatGTP: Wenn Menschen aufhören zu hinterfragen, können mehrere Konsequenzen entstehen, die sowohl individuelle als auch gesellschaftliche Auswirkungen haben. Fragen zu stellen, ist ein grundlegender Aspekt menschlicher Neugierde, Intelligenz und des Lernprozesses. Sie ermöglichen es uns, Informationen zu sammeln, Verständnis zu vertiefen, kritisch zu denken und die Welt um uns herum zu erforschen.

Hier einige Auswirkungen, die entstehen könnten, wenn Menschen aufhören zu hinterfragen:

Verlust des kritischen Denkens: Fragen stellen, fördert das kritische Denken, indem es uns dazu bringt, Informationen zu analysieren. Ohne diese Praxis könnten Individuen leichter manipulierbar und anfälliger für Fehlinformationen werden. Fragen zu stellen, ist ein zentraler Bestandteil des kritischen Denkens. Ohne Fragen würden Menschen dazu neigen, Informationen und Situationen nicht mehr kritisch zu bewerten, was zu einer weniger informierten und reflektierten Gesellschaft führen könnte.

Eingeschränkte Innovation und Kreativität: Viele wissenschaftliche, technische und künstlerische Durchbrüche beginnen mit einer Frage. Ohne die Fähigkeit und den Willen, Fragen zu stellen, könnten Fortschritte in vielen Bereichen verlangsamt werden oder gar zum Stillstand kommen.

Machtungleichgewichte verstärken, erhöhtes Risiko für Macht und Kontrolle: Das Stellen von Fragen ist ein Weg, Macht zu hinterfragen und zur Rechenschaft zu ziehen. Wenn Menschen aufhören, Autoritäten oder, den Status quo zu hinterfragen, könnte dies zu einer unkontrollierten Machtkonzentration und zum Missbrauch dieser Macht führen [En28]. 28

Die Antwort von ChatGTP im Hinblick auf die von den Autoren gestellte Frage, führt noch weitere Aspekte auf, die hier nicht zitiert werden. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, wenn sie Antworten lesen, die von einer nicht denkenden Maschine generiert wurden. Wer sich über die Leistungsfähigkeit der Künstlichen Intelligenz ein vollständigeres Bild machen möchte, dem kann ich nur empfehlen, das Buch von Ulrike und Tom Lausen zu lesen.

Link zum Buch

09.0 Wer nicht fragt, muss glauben

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Wer fest an etwas glaubt, der oder die hält es nicht für erforderlich, Fragen zu stellen. Nach meiner Wahrnehmung ist diese Glaubensfähigkeit bereits fester Bestandteil der Ideologien geworden, die heute von sich behaupten, alternativlos zu sein.

Das postfaktische Glaubensbekenntnis

Ich glaube an die Demokratie, der besten Regierungsform aller Zeiten, die uns in Frieden, Wohlstand und Freiheit leben und gedeihen lässt, und natürlich glaube ich auch an ihre Diener und ihre Prediger, die im Wissen der demokratischen Wahrheit uns den richtigen Weg zu gehen vorgeben, um uns davor zu bewahren, auch nur geringfügig vom demokratischen Weg abzuweichen, denn die Ungläubigen, die das tun, sind keine Demokraten, sondern entweder unbelehrbare Extremisten, Querdenker oder Verschwörungstheoretiker, Nazis, Faschisten, Islamisten oder Rechtsextremisten. Nur wer vom Unglauben ablässt, und sich aus voller Überzeugung zu den unhinterfragbaren und alternativlosen Werten „unserer“ Demokratie bekennt, dem können seine Irrtümer vergeben werden. Wer dazu nicht bereit ist, der ist ein Demokratiefeind, den es zu bekämpfen und auszugrenzen gilt, denn es gibt nur eine Wahrheit: unsere. Deshalb stelle ich auch keine Fragen, denn Glaube beruht auf der Überzeugung, dass unser Glaube unhinterfragbar ist.

Alfred Rodorf

Schlusssatz:

Dies ist das Glaubensbekenntnis einer Gesinnungsdiktatur, für die es bereits in der Bundesrepublik Deutschland unübersehbare Anhaltspunkte gibt und die Soziologen und Philosophen sogar schon dazu bewogen hat, die Demokratie des Grundgesetzes als eine Demokratur zu bezeichnen.

10.0 Die Demokratie ist missbrauchsanfällig

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Das ist eine unbestreitbare Tatsache.

Diese Überschrift stelle die Redaktion der Neuen Züricher Zeitung (NZZ.de vom 23.05.2024) einem Interview voran, in dem, wie ich finde, gut der Kern eines Interviews, das die Redaktion mit dem ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier führte, zusammengefasst wird.

Ausgehend von der Vorstellung, dass es früher einmal anders war, antwortet Hans-Jürgen Papier auf die Frage: Hat sich das Stabilisierungspotenzial der Verfassung nach einem Dreivierteljahrhundert verbraucht?, wie folgt:

Hans-Jürgen Papier: Nein, das sehe ich überhaupt nicht. Ich warne auch vor diesen Untergangsszenarien. Das Grundgesetz, das ja bekanntlich 1949 als Provisorium für das von den Westalliierten besetzte Westdeutschland erlassen worden ist, genießt in der Bevölkerung als Verfassung des vereinigten Deutschland hohe Zustimmung. Die rechtsstaatliche Demokratie ist stark – wenigstens auf der normativen Ebene.

Und auf der praktischen?

Nun, wir haben in Deutschland inzwischen schon eine gewisse Politikverdrossenheit, bei einigen vielleicht sogar eine Demokratieverdrossenheit.

Woher rührt die?

Jedenfalls nicht daher, dass die Deutschen mehrheitlich an der rechtsstaatlichen Demokratie zweifelten. Sie haben eher Probleme mit der praktischen Gestaltung der Demokratie durch die politischen Parteien.

An anderer Stelle kritisiert Hans-Jürgen Papier die Bundesinnenministerin Nancy Faeser wie folgt:

Hans-Jürgen Papier: Und Innenministerin Faeser will gegen Meinungsäußerungen von Rechtsextremisten auch unterhalb der Strafbarkeitsgrenze vorgehen. Aus dem Verfassungs- wird so der Verfassungsschutzstaat. [...]. Aber ich gebe zu, dass die wehrhafte Demokratie missbrauchsanfällig ist. In bester Absicht kann die Freiheitsidee beschädigt werden. Gerade die Meinungsfreiheit aber ist konstitutiv für die Demokratie. Das hat das Bundesverfassungsgericht immer wieder bestätigt. Deshalb sind auch Parteiverbot und Verwirkungsregelung an ganz strenge Voraussetzungen gebunden.

An anderer Stelle äußert sich der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts zur direkten Demokratie, die das Grundgesetz bedauerlicherweise nicht vorsieht, wie folgt:

Hans-Jürgen Papier: Die Schweiz fährt mit der direkten Demokratie auch in komplexen Zeiten gut. In der Schweiz gibt es eine andere demokratische Kultur. Die Schweizer verfügen über ein anderes staatsbürgerliches Selbstverständnis als die Deutschen. Insofern halte ich das nicht einfach für auf Deutschland mit seiner Tradition der Repräsentation und seinen Erfahrungen mit einer direkten Demokratie übertragbar. Aber ich habe schon vor Jahren vorgeschlagen, auf Bundesebene ein Initiativrecht des Volkes bei der Gesetzgebung einzuführen. Das Volk würde damit nicht zum Gesetzgeber, würde vom Parlament aber verlangen können, sich mit bestimmten Dingen zu befassen. Beispielsweise im Bereich von Migrations- und Ausländerpolitik, aber etwa auch Sozialpolitik. Wichtige Themen werden von der Politik seit Jahren nicht aufgegriffen oder nicht richtig angegangen. Damit könnte die Repräsentationslücke geschlossen werden, über die wir eingangs sprachen [En29].29

Kurzum: Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts beklagt sich sozusagen um die wachsende Dominanz der Exekutive, die durch das zurzeit im Bundestag zu verabschiedende Demokratieförderungsgesetz, über das erstmals am Donnerstag, den 16. März 2023 im Bundestag beraten wurde, den Einflussbereich der Exekutive auf die Gesinnung des Volkes erweitern möchte. Dabei handelte es sich um den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur „Stärkung von Maßnahmen zur Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und politischen Bildung“ (Bt-Drucks. 20/5823) beraten.

Gesetzentwurf der Bundesregierung

11.0 75 Jahre Grundgesetz

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Aus der Vielfalt von Statements, die hochrangige Politiker anlässlich der „75-Jahres-Feier des Grundgesetzes“ kundgetan haben, kann über den folgenden Link ein kurzes Statement von Bundeskanzler Scholz aufgerufen werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz zu:
75 Jahre Grundgesetz.
Ein Grund zum Feiern

Gefeiert haben diesen Geburtstag die führenden Politiker in geschützten Räumen bzw. in einem abgesperrten Areal um den Reichstag, das von einer Armee von Polizisten gesichert wurde.

Bereits im Vorfeld der anstehenden 75 Jahre Grundgesetz, hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ein Buch mit dem Titel „Wir“ veröffentlicht, in dem er verkündete, dass die Bundesrepublik 2024 – trotz all ihrer Erfolge – nicht mit ruhiger Selbstzufriedenheit sowohl die „75 Jahre Grundgesetz“ als auch den Fall der Berliner Mauer vor 35 Jahren feiern kann. Den Extrakt des Buches fasst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in den Schlusssätzen seines Buches wie folgt zusammen:

Frank-Walter Steinmeier: Uns gemeinsam ist vieles geglückt. Geglückt, weil sich Millionen von Menschen für unser Land, für ihre Mitmenschen eingesetzt haben. Jede Generation stand vor Herausforderungen. Die Menschen haben sie gemeistert, weil sie nicht gegen, sondern für unsere Demokratie gearbeitet haben. Sie haben „wir“ gesagt und das gemeinsame Ganze bewahrt. Ich vertraue auf die demokratische Mehrheit, die Deutschland trägt. Unsere freiheitliche Demokratie wird die Jahre der Bewährung bestehen [En30].30

Dieses „Wir“ hat zumindest bisher bei den Lesern kaum Begeisterungsstürme ausgelöst, denn dieses Buch stand bei Amazon Anfang Mai 2024 auf Bestellrang 26.545.

11.1 Packen Sie jetzt das Grundgesetz weg

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Alternativ zu den wohlgesetzten Worten namhafter Politiker zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes, hier der Zugriff auf ein kurzes Video, das für die betroffene junge Frau wirklich keinen Anlass geboten haben wird, das Grundgesetz zu feiern.

Bitte packen Sie jetzt das Grundgesetz weg!“, so die Überschrift eines Videos.

Was ich mir bisher nicht habe vorstellen können: Mit diesen Worten forderte ein uniformierter Polizeibeamter anlässlich einer Grundgesetz-Demo am Berliner Rosa-Luxemburg-Platz im Mai 2020, eine junge Frau dazu auf, ihr Grundgesetz wieder einzupacken, welches sie demonstrativ vor der Brust hielt. Dies sei eine nicht zulässige politische Meinungsäußerung. Die Frau wolle, so der Polizist, eine „Message“ austragen und das dürfe sie hier an diesem Ort nicht.

Heute, da 75 Jahre Grundgesetz gefeiert werden, macht ein zwei Minuten dauerndes Video deutlich, dass die Wichtigkeit und Unantastbarkeit des Grundgesetzes sich von gutgesetzten Worten durch erlebte Wirklichkeit sich durchaus von wohlgesetzten Worten unterscheiden kann. Aber entscheiden Sie selbst:

Video
Packen Sie jetzt das Grundgesetz weg

11.2 Feierlicher geht es nicht

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Wie eine festliche Videobotschaft zur 75-Jahresfeier des Grundgesetzes auch aussehen kann, das macht ein Video deutlich, das über den folgenden Link aufgerufen werden kann. Die dort sprechenden Politikerinnen der Partei „Die Grünen/Bündnis90“ zelebrieren ihr Auftreten mit erkennbar sichtbarer Andacht, begleitet von festlicher Klaviermusik im Hintergrund, sozusagen ehrerbietend, auf jeden Fall aber hoheits- und salbungsvoll, der Würde des Anlasses sozusagen einen kirchlichen Anstrich geben zu wollen. Ob es den Politikerinnen so gelingt, ein Wirgefühl für diese Demokratie entstehen zu lassen, können nur Sie selbst entscheiden.

Video
Das Grundgesetz ist die Grundlage unseres Zusammenlebens

11.3 Standpunkt von Andreas Voßkuhle

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Am 23. Mai 2024 wurde in den Tagesthemen der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle zum Grundgesetz befragt:

Andreas Voßkuhle: Unsere Demokratie befindet sich zurzeit in einer Phase der Herausforderung, aber wir haben ein leistungsstarkes Grundgesetz im Hintergrund, deshalb bin ich guter Zuversicht, dass wir die Herausforderungen, die wir zu stemmen haben, auch gemeinsam stemmen werden.

Als ein ernstzunehmendes Problem bezeichnete Voßkuhle Kräfte in Deutschland, die einen Systemwechsel fordern und sich dadurch nicht mehr auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung befinden.

Andreas Voßkuhle: Das Grundgesetz hat das Prinzip der wehrhaften Demokratie, das in den 30er Jahren entwickelt worden ist, aufgenommen und verwirklicht. [...]. Mit den Instrumenten [Parteienverbot, Vereinsverbot, Verwirkung von Grundrechten] muss man umsichtig umgehen, aber wir haben sie.

Hinweis: Die Idee einer „streitbaren“ oder auch „wehrhaften“ Demokratie ist keine „Erfindung“ der Mütter und Väter des Grundgesetzes. Solche Vorstellungen wurden in der Politikwissenschaft bereits in den 1930-iger Jahren diskutiert.

Wie dem auch immer sei: Ein Parteienverbot hält Andreas Voßkuhle nicht für zielführend, wohl aber die Diskussion darüber, die zurzeit stattfindet und die deutlich macht, dass wir sowohl ein Parteien- als auch ein Vereinsverbot kennen und auch Grundrechte verwirkt werden können, wozu es aber in den zurückliegenden 75 Jahren nicht gekommen ist.

Andreas Voßkuhle: Das Grundgesetz ist eine sehr leistungsstarke Verfassung. Wir sind mit ihr sehr gut gefahren. Es ist eine Vorbildverfassung auch für viele andere Staaten geworden und sie ist im Kern eine sehr funktionsfähige und eine wirklich herausragende Verfassung.

Aber das sagt nichts darüber aus, dass man Dinge immer wieder verändern kann. Im Augenblick sprechen wir über die stärkere verfassungsrechtliche Absicherung des Bundesverfassungsgerichts. Man kann darüber nachdenken, dass man vielleicht noch etwas stärker plebiszitäre Elemente in die Verfassung einschreibt. Das wird häufig als Mangel wahrgenommen. In einer Zeit, in der die Bürger sich von der Demokratie abwenden, könnte das eine Möglichkeit sein, sie wieder etwas zu aktivieren, ihnen zu zeigen, das sie mitentscheiden können, mitbestimmen können und dass sich diese Mitbestimmung, diese Selbstbestimmung, die die Demokratie ja ausmacht, sich nicht nur auf den Wahlvorgang beschränkt, sondern dass sie in vielen Bereichen möglich ist und ein Bereich davon deshalb auch plebiszitäre Elemente sein sollten, wie wir sie auch auf Länderebene und Kommunalebene bereits haben und dort sind die Erfahrungen auch durchaus positiv [En31].31

Insbesondere die Ergänzung des Grundgesetzes durch plebiszitäre Elemente könnte tatsächlich ein Weg aus der Vertrauenskrise sein. Die Umsetzung solcher Vorstellungen würde aber voraussetzen, den Gedanken der repräsentativen Demokratie, der im Kern darin besteht, dass politische Mehrheiten entscheiden, zu Lasten der Mächtigen (Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat) aufgeweicht werden müssten.

Damit ist nicht zu rechnen.

Warum?

Nichts ist schwerer, als auf Macht zu verzichten oder abzugeben. Das gilt auch für eine Beschneidung der Macht. Das, was die Macht will, das ist immer mehr Macht. Sie ist insoweit vergleichbar mit dem Kapitalismus, der ohne Wachstum ebenfalls nicht auskommen kann. Das ist das Problem der Exekutive von heute.

11.4 Wer ist ein Verfassungspatriot?

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Auf diese Frage eine passende Antwort zu finden ist dann schwer, wenn vom bestehenden Sprachgebrauch führender Politiker ausgegangen wird, die das Grundgesetz gern als einen Aufruf verstanden haben wollen, die Demokratie, so wie sie jetzt ist, zu erhalten und gegen ihre Feinde zu verteidigen.

Anders ausgedrückt: Die politische Elite erwartet von allen Bürgerinnen und Bürgern, sich als Verfassungspatrioten zu verstehen.

Wer oder was aber soll das sein? Das Wort Patriot setzt voraus, sein Vaterland zu lieben. Für den Verfassungspatrioten bedeutet das, das Grundgesetz zu lieben. Das aber ist unmöglich, denn wer kann schon ein kleines Buch lieben, das aus 146 Artikeln besteht, von denen die meisten ja nicht einmal die 19 Grundrechte in ihrer Gesamtheit kennen?

Im Deutschen Wörterbuch der Gebrüder Grimm (DWB), das in der Zeit von 1838 bis 1852 entstand, heißt es unter dem Stichwort „Patriot“ sinngemäß wie folgt:

Das aus dem Französischen Stammende Wort Patriotismus (Patriotisme) bedeutet Vaterlandsliebe.

Beispiele:

  • So groß ist sein Patriotismus

  • Der ächteste [das kommt von achten und wertschätzen] Patriotismus belebet mich

  • Selbstgefälliger Patriotismus (Goethe 28, 187).

Das Adjektiv „patriotisch“, dass ebenfalls aus dem Französischen kommt (patriotique) definieren die Gebrüder Grimm wie folgt:

  • vaterlandsliebend

  • aus Vaterlandsliebe hervorgegangen

  • dem Vaterland dienend

  • In Zukunft patriotischer werden

  • Der patriotisch eifernde Mann.

Solche Vorstellungen, den Patriotismus betreffend, dürfte aber schon seit einigen Jahren der Makel eines „rechten Gedankenguta“ anhaften, wenn nicht gar völkische Vorstellungen zum Ausdruck zu bringen.

Wie dem auch immer sei: Im Gegensatz dazu heißt es auf der Website der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, unter der Überschrift: Patriotismus heute wie folgt:

Bundesakademie für Sicherheitspolitik: Patriot zu sein heißt damit, fest in den Wurzeln zu stehen, die uns die Verfassung ausweist. Sie ist ja für sich selbst erst seit 1949 geltendes Recht. Sie ist aber aus zahlreichen Erfahrungen unserer Geschichte gespeist und in Grundsätze umgesetzt, die sich vielfach, zuletzt auch bei der Vereinigung 1990 in bester Weise bewährt haben. Patriot zu sein heißt andererseits auch, bewusst in unserer Geschichte zu stehen, in allem, was sie uns an Gutem und an Schlimmem im Gelingen und im Scheitern gebracht hat. In dieser Geschichte zu stehen heißt auch, anzuerkennen, dass es im geteilten Deutschland unterschiedliche Biographien gegeben hat, die aber für die Zukunft den gleichen Wert haben [En32].32

Aus der Sicht von heute betrachtet, scheint das Grundgesetz – so zumindest die Lesart der Bundesregierung – tatsächlich nur die Bürgerinnen und Bürger zu lieben, die sich klar, eindeutig und unmissverständlich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen.

Das aber ist nicht der Fall, denn 2017 haben die Richter des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen eines Rechtsstreits, der die Parteienfinanzierung betraf, entschieden, unter welchen Voraussetzungen eine Partei als „unpatriotisch“, also als verfassungsfeindlich bezeichnet werden darf. In den Leitsätzen dieses sehr umfangreichen Urteils heißt es unter anderem:

BVerfG 2017: Der Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne von Art. 21 Abs. 2 GG umfasst nur jene zentralen Grundprinzipien, die für den freiheitlichen Verfassungsstaat schlechthin unentbehrlich sind.

Ihren Ausgangspunkt findet die freiheitliche demokratische Grundordnung in der Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG). Die Garantie der Menschenwürde umfasst insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität sowie die elementare Rechtsgleichheit.

Ferner ist das Demokratieprinzip konstitutiver Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Unverzichtbar für ein demokratisches System sind die Möglichkeit gleichberechtigter Teilnahme aller Bürgerinnen und Bürger am Prozess der politischen Willensbildung und die Rückbindung der Ausübung der Staatsgewalt an das Volk (Art. 20 Abs. 1 und 2 GG).

Für den Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sind schließlich die im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Rechtsbindung der öffentlichen Gewalt (Art. 20 Abs. 3 GG) und die Kontrolle dieser Bindung durch unabhängige Gerichte bestimmend. Zugleich erfordert die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit des Einzelnen, dass die Anwendung physischer Gewalt den gebundenen und gerichtlicher Kontrolle unterliegenden staatlichen Organen vorbehalten ist.

Der Begriff des Beseitigens der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bezeichnet die Abschaffung zumindest eines ihrer Wesenselemente oder deren Ersetzung durch eine andere Verfassungsordnung oder ein anderes Regierungssystem. Von einem Beeinträchtigen ist auszugehen, wenn eine Partei nach ihrem politischen Konzept mit hinreichender Intensität eine spürbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bewirkt.

Dass eine Partei die Beseitigung oder Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung anstrebt, muss sich aus ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger ergeben.

Rn: 546: Das Grundgesetz hat sich für das Modell der parlamentarisch-repräsentativen Demokratie entschieden, weshalb der Wahl des Parlaments bei der Herstellung des notwendigen Zurechnungszusammenhangs zwischen Volk und staatlicher Herrschaft besondere Bedeutung zukommt (...). Den Rahmen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verlässt demgemäß, wer den Parlamentarismus verächtlich macht, ohne aufzuzeigen, auf welchem anderen Weg dem Grundsatz der Volkssouveränität Rechnung getragen und die Offenheit des politischen Willensbildungsprozesses gewährleistet werden kann.

Rn: 547: Schließlich ist der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit unverzichtbarer Teil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG. Er zielt auf die Bindung und Begrenzung öffentlicher Gewalt zum Schutz individueller Freiheit (...) und ist durch eine Vielzahl einzelner Elemente geprägt, die in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG nur teilweise normativ verankert sind (...). Für den Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sind dabei die Rechtsbindung der öffentlichen Gewalt (Art. 20 Abs. 3 GG) und die Kontrolle dieser Bindung durch unabhängige Gerichte bestimmend. Zugleich erfordert der Schutz der Freiheit des Einzelnen, dass die Anwendung physischer Gewalt den gebundenen und gerichtlicher Kontrolle unterliegenden staatlichen Organen vorbehalten ist. Das Gewaltmonopol des Staates (...) ist deshalb ebenfalls als Teil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG anzusehen.

Rn: 548: 2. Zweite Voraussetzung für die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei gemäß Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG ist, dass diese eine „Beseitigung“ oder „Beeinträchtigung“ der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im oben beschriebenen Sinne anstrebt.

BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13

Anders ausgedrückt: Jeder, der sich im Rahmen der oben genannten Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts bewegt, kann als ein Verfassungspatriot angesehen werden, auch wenn es vielen schwerfällt, die Andersdenkenden gern diese Eigenschaft verweigern würden.

Für die Partyteilnehmer, die im Mai 2024 auf Sylt sich unmöglich benommen haben, überhaupt noch als Patrioten bezeichnet oder bereits als Verfassungsfeinde anzusehen sind, dieser Frage hat im Mai 2024 sich sozusagen zu einem Hype entwickelt.

Video
Sylter Skandalvideo

Und wenn dann noch, in Anschluss an das „Gegröle dummer Leute auf Sylt“, die SPD mit Bezug auf die dort gerufenen Parolen auf Instagram unter dem schwarz-rot-goldenen Banner ursprünglich geschrieben hatte:

Deutschland den Deutschen, die unsere Demokratie verteidigen“, spätestens dann wird deutlich, dass beim Gebrauch der deutschen Sprache heute höchste Zurückhaltung geboten ist.

Warum?

Nach einer Vielzahl negativer Reaktionen wurde der Post sofort gelöscht. Eine Parteisprecherin bestätigte am Freitagabend auf Anfrage den Inhalt der nicht mehr abrufbaren Nachricht.

Rheinische Post: Stattdessen schrieb die Partei (Rechtschreibung wie im Original): „Wir haben gerade einen Post veröffentlicht mit dem wir auf’s Schärfste verurteilen, was wir alle in einem Video aus Sylt gesehen haben. Dabei haben wir es nicht geschafft, einen Ton zu treffen, der alle mitnimmt. Dafür möchten wir uns aufrichtig entschuldigen. Uns geht es darum, klar zu machen, dass wir dieses Land nicht den Rechtsextremen und Hasspredigern überlassen wollen [En33].“33

Ob Betrunkenen so viel Aufmerksamkeit gebührt, auf diese Frage weiß ich keine Antwort. Was ich mir aber nicht vorstellen kann, ist, dass es den Vorstellungen des Parlamentarischen Rates entsprach, ein Grundgesetz zu schaffen, das wie eine Koranschule (Madrasa) funktionieren soll, in der junge Muslime den Koran auswendig zu lernen haben und dabei, wenn sie etwas Falsches rezitieren, mit einem lernfördernden Schlag auf den Kopf rechnen müssen.

Naheliegender dürfte es sein, dass die Partygäste vom Verfassungsschutz nachrichtendienstlich überwacht werden. Weitaus schlimmer aber dürfte für einige der Teilnehmer bereits die Tatsache geworden sein, dass ihre Identitäten öffentlich verbreitet wurden und einige Arbeitgeber sogar „solchermaßen fehlgeleitete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ fristlos entlassen haben.

Anders ausgedrückt: Wenn das die Zukunft des „Rechtsstaats des Grundgesetzes“ sein soll, dann dürfte der Verfall der Demokratie wohl kaum noch zu bremsen sein.

Warum?

11.5 Wer ist ein Verfassungsfeind?

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Man kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus in diesen Tagen. Ein Land in Hysterie. Auf einer Sylter Party wurde ein Anschlag auf die Demokratie versucht. Dummes Gegröle reicht dazu bereits aus.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hat für diese unsägliche Tat bereits die Höchststrafe eingefordert.

Es ist zum Heulen:

Überall Nazis, wohin das Auge auch reicht.

Wer heute so mutig ist, und in Feierlaune „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ singt, befindet sich bereits auf sehr dünnem Eis. Zumindest besteht schon dann der Anfangsverdacht, zum rechtsextremen Meinungsspektrum zu gehören.

Es ist wirklich beeindruckend, besser gesagt verrückt, wie das mediale und politische Deutschland mit Besoffenen umgeht, die wirklich dummes Zeug grölen. Dafür sogar die Höchststrafe einfordern.

Dann müsste aber der Gesang den Tatbestand der Volksverhetzung verwirken, was eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren nach sich ziehen könnte, siehe § 130 StGB (Volksverhetzung).

Es dürfte an der Zeit sein, sich wieder des gesunden Menschenverstandes zu bedienen. Was darunter zu verstehen ist, das kann einem Video entnommen werden, das über den folgenden Link aufgerufen werden kann. Die Vernunft dieses Mannes, der der sich selbst als einen Migranten bezeichnet, verfügt über ein Demokratieverständnis, das vollumfänglich den Werten des Grundgesetzes entspricht. Diese Vernunft zeigt, dass Demokratie doch noch eine Chance haben kann, wenn sich die Vernunft wieder durchsetzen sollte. Was darunter zu verstehen ist, davon kann sich jeder überzeugen, der den folgenden Link aktiviert:

Video
Wer nicht gesündigt hat, der sollte den ersten Stein werfen.

11.6 Armin Laschet zum Sylter Skandalvideo

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Wenn Sie das Video des Mannes, der sich selbst als Migrant bezeichnet, gesehen und seine Worte gehört und für zutreffend befunden haben, dann kann und will ich es Ihnen nicht ersparen, das von mir erstellte Wortprotokoll zur Kenntnis zu nehmen, das nur wenige Sätze enthält, die im „Bericht aus Berlin vom 26.5.2024“ zwischen Tina Hasselt und dem ehemaligen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) ausgetauscht wurden:

Tina Hasselt: Das so genannte Sylt-Video empört ja jetzt seit einigen Tagen die Republik ... junge Leute die völlig ungeniert „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“ grölen .... jetzt tauchen immer mehr solcher Videos auf an unterschiedlichen Stellen. Was passiert da gerade, und vor allem, was muss man dagegen tun?

Armin Laschet: Also diese Sylt-Szenerie die ist ja in jeder Hinsicht daneben und abscheulich. Weil das ist die Elite des Landes, das sind die reichen jungen Kinder, die scheinbar in ihrer Erziehung nicht gelernt haben, das man nicht gegen andere Menschen, die unter ihnen stehen, hetzt. Ich glaube aber, die haben ihren Preis bezahlt. In kürzester Zeit waren alle Namen veröffentlicht, sie haben alle ihren Job verloren, und ich glaube als Gesellschaft müssen wir darauf achten, dass das bei allen diesen Vorfällen gilt [En34].34

Solch ein Statement vom ehemaligen Ministerpräsidenten des Landes NRW zu hören, der sein Erstes juristisches Staatsexamen vor dem OLG Köln in Rechts- und Staatswissenschaften abgelegt hat, macht zumindest mich betroffen.

Nicht nur, dass es befremdend ist, es für normal zu halten, dass Personen nicht nur öffentlich mit ihren vollständigen Namen an den Pranger gestellt werden, sondern sogar fristlose Kündigungen für alle zur Norm werden sollte, macht betroffen, denn in einem Rechtsstaat ist es zumindest nach meinem Rechtsverständnis üblich, personenbezogene Daten auch dann noch zu anonymisieren, wenn ein Gericht über die Strafbarkeit des festgestellten Fehlverhaltens bereits entschieden hat, so zumindest die Rechtslage bei Normalbürgern.

Und wer es als Politiker für geboten und verhältnismäßig hält, dass für solch eine „Geschmacklosigkeit“ fristlose Kündigungen und darüber hinausgehend sogar mediale Autodafés angemessen sind, eine Bestrafung, die zur Zeit der portugiesischen Inquisition dazu führte, eine Person auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen, was heute, ohne Brennholz zu verwenden, für die Leitmedien als auch für alle sozialen Medien eine wirklich leichte Übung ist ... Also: Wer das für eine gerechte Strafe hält, dem kann nur geraten werden, sich mit dem Geist des Grundgesetzes zu beschäftigen, dessen erster Satz lautet: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Solche eine Äußerung anlässlich der 75-Jahres-Feier einem Millionenpublikum zuzumuten? Mir fehlen die Worte.

Bevor ich es vergesse:

Bei der Veröffentlichung der personenbezogenen Daten der Partyteilnehmerinnen in den Medien könnte es sich durchaus um eine Straftat handeln.

Der § 126a StGB (Gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten) sieht nämlich vor, dass eine Verbreitung personenbezogener Daten, die dazu führt, dass die betroffene Person der Gefahr ausgesetzt ist, Opfer einer Straftat zu werden, mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe geahndet werden kann. Sind die veröffentlichten Daten nicht all­gemein zugänglich, kann die Strafe sogar drei Jahre Haft betragen.

§ 126a StGB (Gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten)

Warum?

Es kann davon ausgegangen werden, dass den Teilnehmern der Party eine Vielzahl von Hassmails, möglicherweise sogar in Verbindung mit Bedrohungen sozusagen unaufgefordert zugesandt wurden.

11.7 Schlusssätze

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Das, was an dem Grundgesetz „liebenswert“ ist, hier zu verstehen im Sinne von ansprechend, überzeugend, positiv, wohltuend, attraktiv, anziehend und schutzwürdig, das ist die Freiheit der Andersdenkenden, soweit diese nicht gegen Strafgesetze verstößt, denn ohne diese Freiheit kann eine Demokratie dauerhaft nicht existieren. Zu hoffen bleibt, dass diese „Liebe zur Freiheit“, die den Kern des Grundgesetzes ausmacht, nicht in den nächsten 25 Jahren verloren geht. Es wäre wirklich eine Schande, bei der 100-Jahresfeier sogar den Verlust der Freiheit bedauern zu müssen. Mit der Menschenwürde nehmen wir es heute sowieso nicht mehr allzu ernst, zumindest nicht mit der Würde von Andersdenkenden.

Anders ausgedrückt: Der freie Mensch in einer Demokratie benötigt eine Regierung, die diese Freiheit gewährt, nicht eine Regierung, die diese Freiheit beschneidet, denn das ist nicht ihre Aufgabe.

Mit anderen Worten: Es war wohl Pfingsten im Jahr 1827, als der evangelische Theologe Philipp Spitta (1801 bis 1859), das Kirchenlied „O komm, du Geist der Wahrheit“ schrieb, um die bedauernswerte Lage der Christenheit seiner Zeit zu beschreiben.
Heute ist es erneut  an der Zeit, zumindest die ersten Zeilen dieses Liedes als eine ernstzunehmende Aufforderung und auch als eine unverzichtbare Verpflichtung anzusehen, sich dafür einzusetzen, die eigenen Vernunft vor dem destruktiven Einfluss der „Rechtsgläubigen“ zu schützen, indem diese Vernunft, auf die wir doch alle so stolz sind, wieder die Bedeutung zu geben, die ihr gebührt.

O komm, du Geist der Wahrheit,
und kehre bei uns ein,
verbreite Licht und Klarheit,
verbanne Trug und Schein.

12.0 Quellen

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Endnote_01
Thomas Hobbes. Leviathan. Meiner Verlag 1996, Seite 177
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Endnote_02
Ebd. Thomas Hobbes, Seite 108
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Endnote_03
Ebd. Thomas Hobbes, Seite 150 bis 153
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Endnote_04
Hans Kelsen, Reine Rechtslehre, Mohr Siebeck 2017, Seite 91/92
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Endnote_05
Ebd. Hans Kelsen, Seite 464 bis 466
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Endnote_06
Pierre Rosanvallon: Die gute Regierung, Suhrkamp-Verlag 2018, Seite39
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Endnote_07
Ebd. Pierre Rosanvallon, Seite 42
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Endnote_08
Ebd. Pierre Rosanvallon, sinngemäß Seite 64
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Endnote_09
Ebd. Pierre Rosanvallon, Fußnote 84 auf Seite 66
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Endnote_10
Ebd. Pierre Rosanvallon, Seite 72
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Endnote_11
Max Weber. Politik und Gesellschaft, zitiert nach Pierre Rosanvallon. Die gute Regierung, Seite 111
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Endnote_12
Bundeszentrale für politische Bildung. https://www.bpb.de/themen/antisemitismus/dossier-antisemitismus/504210/fuehrerprinzip/
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Endnote_13
Ebd. Pierre Rosanvallon, Seite 95
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Endnote_14
Carl Schmitt. Politische Theologie. Vier Kapitel zur Lehre von der Souveränität. 10. Auflage Duncker & Humblot 2015
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Endnote_15
Ebd. Carl Schmitt, Seite 19
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Endnote_16
Umfrage in Deutschland zum Vertrauen in die Regierung 2023:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/153823/umfrage/
allgemeines-vertrauen-in-die-deutsche-regierung/
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Endnote_17
Konrad Adenauer: Vor dem Bundesparteivorstand der CDU am 20.9.1956
https://www.konrad-adenauer.de/zitate/demokratie/
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Endnote_18
Statistik der Gesetzgebung – 20. Wahlperiode. Stand der Datenbank: 30.04.2024.
https://www.bundestag.de/resource/blob/870008/9ce71a44792
aeca0c2f4154a3b485f55/gesetzgebung_wp20.pdf
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Endnote_19
Konrad Adenauer: Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 4. Wahlperiode, 53. Sitzung am 14.12.1962, S. 2333.
https://www.konrad-adenauer.de/zitate/demokratie/
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Endnote_20
Michael Andrick: Im Moralgefängnis - Spaltung verstehen und überwinden. Westend-Verlag 2024, Seite 56
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Endnote_21
Ebd. Michael Andrick, Seite 112
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Endnote_22
Ebd. Michael Andrick, Seite 117
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Endnote_23
Amadeu Antonio Stiftung: Antifeminismusstelle.
https://antifeminismus-melden.de/
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Endnote_24
Ebd. Andreas Andrick. Seite 113/114
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Endnote_25
Regeln gegen Hass im Netz – das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG)
https://www.bmj.de/DE/themen/digitales/digitale_
kommunikation/netz_dg/netz_dg_node.html
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Endnote_26
Hat OpenAI: Was ist ChatGPT?
https://chatopenai.de/
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Endnote_27
Ulrike Lausen/Tom Lausen und die KI. Die Untersuchung. Drei Jahre Ausnahmezustand: Ein wegweisendes Gespräch mit künstlicher Intelligenz. Achgut Edition 2024, Seite 28
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Endnote_28
Ebd. Ulrike Lausen und Tom Lausen, Seite 238
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Endnote_29
NZZ.ch vom 23.5.2024: Die wehrhafte Demokratie ist missbrauchsanfällig: Der Ex-Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier lobt das Grundgesetz, sieht aber auch Lücken.
https://www.nzz.ch/international/75-grundgesetz-und-demokratie-
papier-diskutiert-stabilitaet-und-kritik-ld.1830984
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Endnote_30
Frank-Walter Steinmeier: Wir. Suhrkamp-Verlag 2024, Seite 142
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Endnote_31
Tagesthemen vom 23.5.2024:
https://www.ardmediathek.de/video/tagesthemen/tagesthemen-22-15-uhr-23-05-2024/
das-erste/Y3JpZDovL3RhZ2Vzc2NoYXUuZGUvNzliZDY0ODYtODUz
OC00NGU0LWE0ODctZTFhN2Q4ZWJmOGE3X2dhbnplU2VuZHVuZw
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Endnote_32
Bundesakademie für Sicherheitspolitik. Patriotismus heute:Bundesakademie für Sicherheitspolitik. Patriotismus heute: Definition eines zu Unrecht diskreditierten Begriffs.
https://www.baks.bund.de/de/arbeitspapiere/2016/patriotismus-
heute-definition-eines-zu-unrecht-diskreditierten-begriffs
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Endnote_33
RP-online.de vom 25.5.2024: „Ausländer raus“-Rufe im Video.
https://rp-online.de/panorama/deutschland/rassismus-auf-sylt-dj-gigi-d-
agostino-und-robert-habeck-aeussern-sich_aid-113351157
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Endnote_34
Bericht aus Berlin vom 26.5.2024: Tina Hasselt im Gespräch mit Armin Laschet: ab 20:33 Min.
https://www.ardmediathek.de/video/bericht-aus-berlin/
bericht-aus-berlin/das-erste/
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