Zerrüttung einer offenen
Gesellschaft
Inhaltsverzeichnis:
01.0 Zerrüttung – wie
funktioniert das? 02.0 Der Weg zur offenen Gesellschaft in
Deutschland 03.0 Flüchtlinge, Gastarbeiter, Migranten und
Asylanten 03.1 Flüchtlinge nach Kriegsende 03.2
Gastarbeiter 03.3 Migranten 03.4
Asylanten 03.5
Abschiebungen im großen Stil – Remigration 04.0
Antisemitismus, Islamismus und Rassismus 04.1
Antisemitismus
04.2 Sartres Überlegungen zur Judenfrage 04.3
Antisemitismus
heute 04.4 Antisemitismus an deutschen Schulen 04.5
Islamismus an deutschen Universitäten 04.6
Islamismus in
Deutschland 04.7 Rassismus in Deutschland 05.0
Die offene
Gesellschaft und ihre Feinde 06.0 Wehrhafte Demokratie
07.0 Das deutsche Wesen 08.0
Schlusssätze
01.0
Zerrüttung – wie funktioniert das?
TOP
Mit dem Wort
„Zerrüttung“ ist nicht der Untergang einer offenen Gesellschaft,
sondern eher deren Zerfall, besser gesagt deren Degeneration
gemeint, die darin besteht, dass eine Gesellschaft sich nicht
nur spaltet, sondern Teile von ihr mit allen Mitteln, über die
eine offene Gesellschaft verfügt, nicht nur auszugrenzen
versucht, sondern diesen auszugegrenzten Teilen der Gesellschaft
sogar abspricht, überhaupt demokratisch denken zu können.
Was damit zuerst einmal
gemeint ist, können die folgenden Parolen aufzeigen, an die wir
uns heute fast schon gewöhnt haben:
-
Fuck the AfD!
-
Ich hasse die AfD!
-
Alle
AfDler
töten!
-
Nazis raus!
-
Faschisten raus!
Das lässt sich – im Hinblick
auf Mitglieder der AfD – auch sozialverträglicher
ausdrücken, zum Beispiel durch das Wort „Ausladen“.
Diesbezüglich heißt es auf
BR24.de
vom 9.2.2024 wie folgt:
BR24.de
vom 9.2.2024:
Ausgeladen:
Berlinale-Eröffnungsgala nun doch ohne AfD-Politiker. Der
Aufschrei war groß nach den Enthüllungen der vergangenen Wochen,
dass AfD-Politiker auf der Gästeliste der Eröffnungsgala der 74.
Berlinale standen. Jetzt hat die Festivalleitung ihre Meinung
geändert: Die AfD-Vertreter wurden wieder ausgeladen. Nach
tagelanger Kritik an Einladungen für AfD-Politiker zur
Berlinale-Eröffnung hat die Festivalspitze die Parteivertreter
wieder ausgeladen. Gerade angesichts der Enthüllungen der
vergangenen Wochen zu antidemokratischen Positionen [gemeint ist
das Geheimtreffen in Potsdam im Februar 2023] sei es wichtig,
unmissverständlich Stellung zu beziehen für eine offene
Demokratie, teilte die Berlinale-Spitze am Donnerstag - eine
Woche vor Festivalbeginn - mit
[En01].
Victor
Klemperer (1881 bis 1960) scheint Recht zu haben, als er
schrieb:
Victor Klemperer:
Man zitiert immer wieder Talleyrands
[En02]
Satz, die Sprache sei dazu da, die Gedanken des Diplomaten (oder
eines schlauen und fragwürdigen Menschen überhaupt) zu
verbergen. Aber genau das Gegenteil hiervon ist richtig. Was
jemand willentlich verbergen will, sei es nur vor anderen, sei
es vor sich selber, auch was er unbewusst in sich trägt: Die
Sprache bringt es an den Tag
[En03].
Das
Ausladen von Mitgliedern der AfD von der Teilnahme an der 74.
Berlinade
in Berlin spricht eine deutliche Sprache:
Diese
Parolen kommen mir irgendwie bekannt vor. Vor gut 80 Jahren
hingen solche Aufrufe, Juden betreffend, an allen Türen von
Geschäften und öffentlichen Gebäuden. Noch ist es nicht ganz so
weit mit der Ausgrenzung: Aber – wehret den Anfängen. Die Frage,
die deshalb gestellt werden muss, lautet: Wo soll dieser Hang
zur Ausgrenzung enden?
Am
12.2.2024 stellte Bundesinnenministerin Nancy Fraeser (SPD) ihr
13-Punkte-Programm gegen den Rechtsextremismus vor.
Die Ministerin sagte:
-
Wir
wollen alle Instrumente des Rechtsstaats nutzen, um unsere
Demokratie zu schützen.
-
Wir
wollen rechtsextremistische Netzwerke zerschlagen, ihnen
ihre Einnahmen entziehen und ihnen die Waffen wegnehmen.
-
Es
braucht zusätzliche Maßnahmen und Möglichkeiten, um die
Gefahr des Rechtsextremismus bei der Wurzel zu packen.
Hinsichtlich des Demokratieschutzgesetzes, das
Bundesinnenministerin auf den Weg bringen will, dürften somit
wohl neue juristische Begriffe zu erwarten sein, die es den
Behörden erlauben, „Gefährdungspotenzial“, das
demokratiefeindlich sein könnte, früher zu erkennen und zu
überwachen. Das gilt dann wohl auch für "Neurechte", die über ein
„Aktionspotenzial“ oder über „gesellschaftliche Einflussnahme“
verfügen. Auch für die Geldströme der
Neuen
Rechten dürften wohl neue gesetzliche Regelungen zu erwarten
sein und auch Veranstalter sollen dazu verpflichtet werden, den
Behörden mitzuteilen, wenn die Neuen Rechten die Dienste dieser
Veranstalter in Anspruch nehmen oder nehmen wollen.
Mit anderen Worten:
Zum Schutz der
Demokratie soll eine "Früherkennungseinheit" so
genannte "Desinformationskampagnen" rasch
erkennen und kenntlich machen. Die "Resilienz" von Journalisten
soll gestärkt, der öffentlichrechtliche Rundfunk "geschützt"
werden. Ergänzend dazu wies der Präsident des Bundesamtes für
Verfassungsschutz Thomas Hallweg darauf hin, dass es zwar von
keiner strafrechtlichen Relevanz sei, über "Remigration" zu
diskutieren, wohl aber staatswohlgefährdend.
Und: "Unter dieser
Voraussetzung ist es möglich, Einreiseverbote auszusprechen,
wenn jemand einreist mit dem Ziel, unsere Verfassung zu
beschädigen."
Das dürfte das Ende einer offenen Gesellschaft sein, nicht
bedroht durch die Feinde von außen, sondern ausgelöst durch die
Feinde der Gesellschaft im Innern, wozu dann auch wohl
diejenigen gehören werden, die vorgeben, diese Demokratie zu
schützen, indem sie elementare Rechte von Menschen aufweichen.
Das, was zur Bezeichnug der
Personen noch fehlt, die der staatlichen Überwachung unterliegen,
ist nicht mehr der Gefährder, sondern schon eher der
"Volksschädling", wie es in der Sprache des Nationalsozialismus
hieß, zu dessen Bekämpfung es dann natüßrlich auch spezieller
"Volksschädlingsbekämpfer" bedurfte. Wenn das die Zukunft des
deutschen Rechtsstaates sein soll, dann steht sozusagen
Dunkeldeutschland vor der Tür.
Wie dem auch immer sei: Wenn für solch eine
Politik sich im Deutschen Bundestag Mehrheiten finden, dann
dürfte Victor Klemperer Recht haben, wenn er schreibt, dass die
vollkommene Gemeinschaft Gleichgesinnter
nicht mehr denkt und auch nicht mehr fühlt, sondern einfach nur
folgt.
Mit anderen Worten: Die wahre Gefahr für die Demokratie
liegt in der Abkoppelung der staatlichen Gewalt von den Zügeln
des verfassungsrechtlich zu gewährleistenden Rechts. So weit
darf es nicht kommen. Auch dann nicht, wenn
Bundesinnenministerin Nancy
Faeser
(SPD) erklärt, dass sie die Grenzen des Rechts nicht mehr
akzeptieren will.
Solch ein Gebrauch der Sprache darf nicht
überhört und auch nicht hingenommen werden.
Warum?
Hinsichtlich der Wirksamkeit von Sprache, wenn sie dem Zweck
dient, politische Ziele zu verfolgen, heißt es bei Victor
Klemperer:
Victor KIemperer:
Die stärkste Wirkung (von Sprache) wurde [im
Nationalsozialismus] nicht durch Einzelreden ausgeübt, auch
nicht durch Artikel oder Flugblätter, durch Plakate oder Fahnen,
sie wurde durch nichts erzielt, was man mit bewusstem Denken
oder bewusstem Fühlen in sich aufnehmen musste. Sondern der
Nazismus glitt in Fleisch und Blut der Menge über durch die
Einzelworte,
die Redewendungen, die Satzformen, die er in millionenfachen
Wiederholungen aufzwang, und die mechanisch und unbewusst
übernommen wurden [En04].
Heute
werden solche Sprachmuster nicht mehr millionenfach, sondern
milliardenfach in Internet und in den sozialen Medien
verbreitet.
Zurück zu
Victor Klemperer. Die Zitate stammen aus dem Buch
LTZ
, einem Akronym, das der Autor als „Lingua Termini Imperii“ –
also als die Sprache des Dritten Reiches verstanden haben will.
Wahrscheinlich sind meine Assoziationen zu den Parolen von heute
zu kritisch, aber:
Die oben
zitierten Parolen von heute erinnern zumindest mich an den
Sprachgebrauch in der dunkelsten Zeit des deutschen
Nationalsozialismus. Man braucht nur einige Worte in den oben
aufgezählten Parolen wieder die AfD zu verändern, um zumindest
Überschneidungen erkennen zu können. Auch das Ausschließen von
Kunden, die einen Laden erst dann betreten sollen, wenn sie
keine Nazis sind, oder beim Kauf in einem Onlineshop ankreuzen müssen,
nicht rechtsradikal zu denken, bevor sie Bestellungen aufgeben
dürfen,
erinnert an längst vergangene Zeiten.
Nun soll
dies hier keine Verteidigungsschrift für die AfD werden, ganz
bestimmt nicht, denn deren politische Vorstellungen teile ich
nicht, allein deshalb schon nicht, weil es ihr Ziel ist, aus
einer offenen Gesellschaft eine geschlossene Gesellschaft zu
machen.
In Anlehnung an Martin Sellner, habe auch ich das Programm der
AfD so gelesen, dass es in der Theorienbildung dieser Partei
darum geht, hier entsprechend einzuwirken, siehe Martin Sellner.
Regime Change von rechts - Eine strategische Skizze. Verlag
Antaios - 4. Auflage 2024, aus dem im Folgenden zitiert wird:
Martin Sellner: Die weltanschauliche Aufgabe
besteht vor allem in einer Arbeit am Begriff (insbesondere an
Worten wie "Volk", "Bevölkerung", "Staatsbürger", "Nation",
"Kultur", "Assimilation", "Demokratie", "Staat" etc. Die
Begriffe, Narrative und Konzepte der rechten Theorienbildung
sind von Bewegung und Gegenöffentlichkeit publizistisch und
aktivistisch zu popularisieren. [...]. Die Partei hat die
Aufgabe, diese Konzepte in politische Forderungen und Lösungen
zu gießen und umzusetzen (Seite 67).
An anderer Stelle heißt es:
Der kleinste gemeinsame Nenner bedeutet, den
Bevölkerungsaustausch als Phänomen anzuerkennen, und ihn durch
eine alternative Bevölkerungs- und Identitätspolitik abwenden zu
wollen. Dieser Konsens bildet den Kern eines rechten Lagers
(Seite 28).
Fest steht:
Durch die Remigrationspolitik kann der Bevölkerungsaustausch
erst verlangsamt, dann gestoppt und schließlich umgekehrt
werden. All das wäre ohne jeden Bruch der Verfassung, ohne
Gewalt und in Würde, sogar zum Vorteil der Herrkunftsländer der
Migranten umsetzbar, sofern der politische Wille dazu ausreicht
(Seite 26).
All dies soll Gewaltfrei bewerkstelligt werden.
Wie dem auch immer sei. Allein die
Überschrift dieses
Aufsatzes voraus, sich mit politischen Veränderungen in der
bundesdeutschen Gesellschaft auseinandersetzen zu müssen, die zu
den eigentlichen Schlüsselwörtern dieses Aufsatzes führen
werden, als da sind:
-
Migration
-
Antisemitismus
-
Islamismus
Bedauerlicherweise wurde diesen drei Schlüsselwörter in den
zurückliegenden Jahren mehr oder weniger ihrem Lauf überlassen,
weil sich in einer freien und offenen Gesellschaft gewisse Dinge
einfach von selber regeln.
Anders ausgedrückt: Die Politik
vertraute auf die unsichtbare Hand, die alles regelt. Diese
Illusion dürfte aber wohl heute von niemandem mehr geteilt werden,
denn auch die unsichtbare Hand der freien Marktwirtschaft
funktioniert heute nicht mehr so, wie man das bisher angenommen
hat. Das Verdrängen von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
Problemen, die sich zwischenzeitlich zu Krisen ausgebildet
haben, lassen sich heute durch Schönreden und „Untätigbleiben“
nicht mehr aus der Welt schaffen. Dazu später mehr. Zuerst
einmal gilt es aber aufgezeigen. wie aus dem
Nationalsozialismus der Hitlerdiktatur eine offene Gesellschaft werden konnte.
02.0 Der Weg zur offenen Gesellschaft in
Deutschland
TOP
Diese
Geschichte begann bekanntermaßen nach dem Ende des Zweiten
Weltkrieges, als Politiker in den Westzonen von den dort
verantwortlichen Alliierten dazu aufgefordert wurden, eine
Verfassung auszuarbeiten. Das wurde von Konrad Adenauer, mit dem
Hinweis abgelehnt, dass eine Verfassung die deutsche Einheit
voraussetzen würde. Deshalb entschied man sich für einen anderen
Namen: Grundgesetz.
Bei der Präambel, die sozusagen als ein
Vorwort den folgenden Artikeln vorausgestellt wurde, hieß es in
der Urfassung des Grundgesetzes:
Präambel:
Im
Bewußtsein
seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen
beseelt, seine nationale und staatliche Einheit zu wahren und
als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem
Frieden der Welt zu dienen, hat das Deutsche Volk in den
Ländern
Baden,
Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen,
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig Holstein,
Württemberg-Baden und Württemberg Hohenzollern, um dem
staatlichen Leben für eine Übergangszeit eine neue Ordnung zu
geben, kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beschlossen.
Es hat auch
für jene Deutschen gehandelt, denen mitzuwirken versagt war. Das
gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier
Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu
vollenden
[En05].
Was ist
dazu anzumerken: Dies
(die Vereinigung Deutschlands zu ermöglichen, wann immer sich
dazu die Gelegenheit ergab), war die erste Lebenslüge der noch
jungen Republik, denn vorhandene Möglichkeiten, eine Einigung zu
realisieren, wurden in den Anfangsjahren der Republik mehrfach
nicht genutzt. Grund dafür war, dass für die Adenauerrepublik
Europa und die Anbindung an den Westen wichtiger waren, als eine
Vereinigung mit den Deutschen in der sowjetisch besetzten Zone.
Die
zweite Lebenslüge bestand darin, daran zu glauben, dass es in
einem kapitalistischen System möglich sei, eine auf Dauer
angelegte Wohlstandsgesellschaft entstehen zu lassen, die dem
Gemeinwohl mehr als den Interessen Einzelner verpflichtet sein
sollte.
Das kann in einem kapitalistischen System nicht
gelingen.
Die
dritte Lebenslüge bestand darin, daran zu glauben, dass der
ewige Friede machbar sei.
Und die
vierte Lebenslüge bestand darin, anzunehmen, dass aus
Nationalsozialisten sozusagen von heute auf morgen Demokraten
werden können.
Es würde
zu weit führen, an dieser Stelle die oben genannten Lebenslügen
der bundesdeutschen Republik im Einzelnen zu belegen, obwohl wir
uns auch heute immer noch an den oben genannten Lebenslügen
reiben, und zwar auch die Generationen, die erst nach dem Ende des Zweiten
Weltkrieges geboren wurden.
Einige
Anmerkungen zu den bundesdeutschen Lebenslügen:
Lüge 1:
1991 erfolgte die Wiedervereinigung. Das ist gut so. Dennoch
stellen die Menschen im Westen heute, gut 30 Jahre nach der
Wiedervereinigung fest, dass es sich bei einem Großteil der im
Osten Deutschlands lebenden Menschen um übrig gebliebene
Nationsozialisten handelt, die sozusagen die Assimilation mit
dem deutschen Demokratieverständnis nicht nur verweigert haben,
sondern wohl auch nicht schaffen werden.
Anders ausgedrückt: Der
Osten Deutschlands ist heute die Hochburg der AfD:
Antidemokratisch, rechtsradikal, demokratiefeindlich,
zusammengefasst in dem Mem „Die Ossis sind halt so!“ Solch ein
Verständnis von Miteinander kann nur eines bewirken: den
Niedergang einer Demokratie durch Dummheit auf beiden Seiten.
Lüge 2:
Wohlstandsgesellschaft: Was das beste Deutschland aller Zeiten
anbelangt, das ohne das Wirtschaftswunder gar nicht denkbar
gewesen wäre, ist anzumerken, das die dadurch entstandenen
Probleme nunmehr gelöst werden müssen, am besten dadurch, das
niemand dabei zu Schaden kommt, denn in einer
schuldenfinanzierten Republik sollte es doch wohl möglich sein,
bestehende Probleme, so wie das bisher immer der Fall gewesen
ist, durch Geld sozusagen aus der Welt zu schaffen.
Auf ein
Sondervermögen mehr oder weniger sollte es dann doch wohl nicht
mehr ankommen, oder? So auch die Sichtweise von
CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter, der für die
Bundeswehr am 13.2.2024 ein Sondervermögen in Höhe von 300
Milliarden Euro eingefordert hat
[En06].
Lebenslüge 3:
Der Glaube an den ewigen Frieden dürfte spätestens seit dem 24.
Februar 2022 mit dem russischen Angriff auf die Ukraine
ausgeträumt sein. Nur zur Erinnerung, wenige Tage vor dem
Angriff hielten das deutsche Politiker nicht einmal für möglich.
Lebenslüge 4:
Ich möchte die drei bisher aufgezählten Lebenslügen durch eine
vierte Lebenslüge ergänzen, obwohl ich glaube, dass es sich bei
dieser Lüge wohl eher um einen vorübergehenden Hype emotionaler
Erregung handeln dürfte. Gemeint ist das kollektive Nein gegen
die AfD. Die Tatsache, dass Millionen von Menschen auf die
Straße gehen, um gegen ein Geheimtreffen zu demonstrieren, das
dazu gedient haben soll, Pläne zu erörtern, wie Millionen von
Menschen aus Deutschland vertrieben (remigriert)
werden können, wirft zwangsläufig mehrere Fragen zugleich auf:
Außerdem
ist zu klären, wie es möglich wurde, in einem bisher nicht für
möglich gehaltenen Ausmaß Millionen von Menschen dazu zu
bewegen, sozusagen spontan auf die Straße zu gehen, um gegen
diese erkannte „Demokratiegefahr“ zu protestieren.
Zweifel am
Verteidigungswillen der Demonstrierenden im Hinblick auf den
Erhalt der Demokratie sind nämlich durchaus angebracht, denn die wahre Gefahr für
die Demokratie besteht wohl eher darin, dass der Mainstream
erkannt hat, dass die zunehmenden Wahlerfolge der AfD ihm selbst
gefährlich geworden sind. Und je häufiger dem politischen Gegner
Rassismus, Rechtspopulismus, Demokratie- und erst recht
Fremdenfeindlichkeit vorgehalten werden kann, um so größer die
Wahrscheinlichkeit, Probleme weiterhin unter den Teppich kehren
zu können, wie das schon seit Jahren der Fall ist. Dazu gleich
mehr.
Zumindest nach meiner Wahrnehmung haben die Deutschen ein
seltsames Verständnis über die Staatsform, in der sie leben und
von der sie überzeugt sind, dass ihr Deutschland die beste aller
möglichen Demokratien besteht und die sie - in millionenfacher Anzahl
- spontan zu verteidigen bereit sind, wenn dazu auch nur der
geringste Anlass besteht. Das kann nicht stimmen, denn so
demokratieverliebt sind die Deutschen nicht.
Warum?
Etwa 60
Prozent der Wählerinnen und Wähler sind der Meinung, dass in der
Politik zu viele Kompromisse geschlossen werden und es deshalb
erforderlich ist, starken politische Führungskräften die Zukunft
des Landes anzuvertrauen. Diese Erkenntnisse sind nicht neu,
sondern konnten durch eine Vielzahl von Studien belegt werden,
zum Beispiel durch eine bereits 2003 durchgeführte
Grundlagenstudie zum Freiheitsverständnis der Deutschen,
versehen mit der Überschrift: „Der Wert der Freiheit“
[En07].
Fünfzehn
Jahre später scheint dieser Wunsch nach Führungsstärke, was ja
ein weniger an Freiheit voraussetzt, angewachsen zu sein, so
zumindest suggeriert dies ein Artikel in der Augsburger
Allgemeinen vom 26.7.2018, der die Überschrift trägt:
Wunsch nach Stärke.
Augsburger Allgemeine vom 26.7.2018:
Die
Asyl-Debatte der letzten Wochen hat das Vertrauen in die Politik
beschädigt. Das Thema Migration bleibt auch drei Jahre nach
Beginn der Flüchtlingskrise die größte Sorge der Deutschen. In
einer Umfrage, die das Institut für Demoskopie Allensbach (IfD)
im Auftrag der FAZ durchgeführt hat, gaben 47 Prozent der Bürger
an, dass ihnen die derzeitige Flüchtlingssituation Sorgen
bereitet – und das, obwohl die Zahl der Einreisenden deutlich
gesunken ist. „Unter dem Eindruck der erbitterten Kontroversen
der letzten Wochen ist die Beunruhigung der Bevölkerung über die
Flüchtlingssituation wieder steil angestiegen“, analysierte
IfD-Chefin
Renate Köcher.
Besonders für die Union, die die Debatte vorangetrieben hat,
entwickelt sich das zum Eigentor: Sie sinkt auf den tiefsten
Wert bei dem Institut seit Oktober 2010. CDU und CSU könnten der
Umfrage zufolge mit 30,5 Prozent (nach 33 Prozent im Juni)
rechnen. „Wie im Sommer 2017 unterminiert dieser
Aufregungszyklus auch jetzt die Unterstützung für die
Regierungsparteien und stärkt die AfD“, schreibt Renate Köcher
in der FAZ.
Die
Skepsis, ob die Regierung noch das Heft des Handelns in der Hand
hat, wächst – und das hat Folgen: Die Sehnsucht nach einer
starken politischen Führungspersönlichkeit und effizienterer
Politik wächst. 60 Prozent meinen, es werde in Deutschland zu
sehr auf Kompromisse gesetzt; notwendig seien starke politische
Führungsfiguren.
Meinungsforscherin Renate Köcher erklärt: „Je weniger der Staat
als stark empfunden wird, desto mehr Anziehungskraft entfaltet
die Vorstellung starker Führungsfiguren, die weniger auf
Kompromisse und mehr auf die Durchsetzung ihrer Vorstellungen
aus sind [En08].
Seitdem
sind mehr als 5 Jahre vergangen, Zeit genug, um die AfD zur
stärksten Oppositionspartei im Deutschen Bundestag werden zu
lassen, einer Partei, der es gelungen ist, zumindest in den
ostdeutschen Bundesländern zur Mehrheitspartei aufzusteigen, was
zur Folge hat, dass sie bestehende Machtstrukturen sozusagen ins
Wanken geraten lässt. Was heißt das auf Demokratiedeutsch: Es
kann nicht sein, was nicht sein darf.
03.0 Flüchtlinge, Gastarbeiter, Migranten und
Asylanten
TOP
Hinzuzuzählen wären noch die Gastarbeiter sowie der Hinweis,
dass die Reihenfolge nicht korrekt ist, denn Millionen von
Flüchtlingen haben bereits sowohl vor als auch nach Kriegsende dazu geführt,
dass die Bevölkerungszahl in den Westzonen damit vor große
Herausforderungen gestellt wurde.
03.1 Flüchtlinge nach Kriegsende
TOP
Nach dem
Zweiten Weltkrieg gab es etwa 12 Millionen deutschsprachige
Vertriebene und Flüchtlinge. Von ihnen wurden 7,9 Millionen in
den drei Westzonen und 4 Millionen in der Ostzone aufgenommen
und untergebracht. Trotz der schlechten Nachkriegssituation
versuchten beide deutsche Staaten die Lebenssituation der
Vertriebenen zu verbessern. Sowohl in der Ostzone (SBZ)
als auch in den Westzonen gab es Soforthilfemaßnahmen. In den
Westzonen wurden zunächst mit dem Soforthilfegesetz, das
kurzfristig die Lage dort bessern sollte, wo sie am schlimmsten
war, und später mit dem Lastenausgleichsgesetz dafür gesorgt,
dass deutsche Staatsangehörige, die durch den Krieg und seine
Folgen besonders betroffen waren, eine besondere Unterstützung
erhielten.
Zwischen
1952 und 1961 waren die Vertriebenen mit fast einer Million
Flüchtlingen überrepräsentiert, was auch deren Integration
erschwerte. Teilweise sollte es Jahrzehnte dauern, bis die
Vertriebenen wirklich in ihrer neuen Heimat angekommen waren
[En09].
Anders
ausgedrückt: Für die im Westen notleidenden Menschen waren die
Flüchtlinge eine große Herausforderung. Beliebt waren sie nicht.
03.2 Gastarbeiter
TOP
Auf der
Internetseite „Lebendiges Museum Online“ (LEMO) heißt es:
LEMO:
Seit 1955 werden „Gastarbeiter“ angeworben, um den Mangel an
Arbeitskräften in der westdeutschen Wirtschaft zu vermindern.
Verträge mit Italien (1955), Spanien und Griechenland (1960),
der Türkei (1961), Portugal (1964) und Jugoslawien (1968) regeln
ihre Anwerbung und Vermittlung. Für einen Teil der Zugezogenen
wird Deutschland zur neuen Heimat. Während der Wirtschaftskrise
1973 beschließt die Bundesregierung einen Anwerbestopp für
Arbeiter aus Nicht-EG-Ländern, um den Arbeitsmarkt zu entlasten.
Gleichzeitig bemüht man sich um eine Integration der in
Deutschland lebenden ausländischen Bürger
[En10].
Während
die ersten Gastarbeiter von den Deutschen mit Musikkapellen und
Blumen an den Zielbahnhöfen ihr Reisen willkommen geheißen
wurden, änderte sich dies in den Folgejahren. Grund dafür war,
dass die Gastarbeiter dauerhaft bleiben wollten und durch den
Familiennachzug sich die Situation des Zusammenlebens
verschärfte. Ich möchte mich kurzfassen.
2010
erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU):
Multikulti ist gescheitert.
Auf Spiegel.de vom 16.10.2010 heißt es:
„Der Ansatz für Multikulti ist gescheitert, absolut
gescheitert!“, sagte Kanzlerin Angela Merkel auf dem
Deutschlandtag der Jungen Union (JU) in Potsdam. Man müsse
Migranten nicht nur fördern, sondern auch fordern. Dieses
Fordern sei in der Vergangenheit zu kurz gekommen.
Aber:
Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte
Arbeitgeberpräsident Dieter Hund:
„Die
deutsche Wirtschaft braucht die Zuwanderung von qualifizierten
Fachkräften.“ Der Präsident des Deutschen Industrie- und
Handelskammertages (DIHK), Hans Heinrich Driftmann, warnte,
inzwischen fehlten der Wirtschaft rund 400.000 Ingenieure,
Meister und gut ausgebildete Fachkräfte. Deutschland verzichte
dadurch jährlich auf rund 25 Milliarden Euro Wertschöpfung. „So
geht uns rund ein Prozent Wirtschaftswachstum verloren.“
[En11]
Bis
heute dürfte sich diese, nunmehr bereits 14 Jahre alte Diagnose, eher verschärft, als entspannt haben.
03.3 Migranten
TOP
Migranten, das sind Immigranten, Zuwanderer, Zugezogene,
Neubürger, fremdstämmige Ausländer, Fremdlinge und für die
unverbesserlichen Sprachfaschisten weiterhin die Kanaken.
Kurzum: Menschen mit Migrationshintergrund. Im offiziellen
Sprachgebrauch wird diese Sprachfigur wie folgt definiert:
Destatis.de:
Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst
oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher
Staatsangehörigkeit geboren wurde. Im Einzelnen umfasst diese
Definition zugewanderte und nicht zugewanderte Ausländerinnen
und Ausländer, zugewanderte und nicht zugewanderte
Eingebürgerte, (Spät-) Aussiedlerinnen und (Spät-) Aussiedler
sowie die als
Deutsche
geborenen Nachkommen dieser Gruppen. Die Vertriebenen des
Zweiten Weltkrieges haben (gemäß Bundesvertriebenengesetz) einen
gesonderten Status; sie und ihre Nachkommen zählen daher nicht
zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund
[En12]
Als
Migration wird eine auf Dauer angelegte räumliche Veränderung
des Lebensmittelpunktes einer oder mehrerer Personen verstanden.
Migration, die über Landesgrenzen hinweg erfolgt, wird als
internationale Migration bezeichnet. Wikipedia
Wie dem
auch immer sei.
Auf der
einen Seite wird krampfhaft nach Möglichkeiten gesucht, die
Zuwanderung von Menschen zu verhindern, die in Deutschland nicht
willkommen sind, weil sie nicht nur die Sozialsysteme, sondern
auch andere Probleme schaffte, zum Beispiel in Kitas und in
Schulen, und auf der anderen Seite werden hochqualifizierte
Migranten sozusagen mit offenen Armen willkommen geheißen.
03.4 Asylanten
TOP
Die
genaue Anzahl von Menschen, die in Deutschland Schutz suchen,
ist nicht bekannt.
Mediendienst Integration Stand Januar
2024:
Zahl der Flüchtlinge: Die Zahl der Asylbewerber in Deutschland
ist zwischen 2015 und 2016 stark gestiegen. Die Anzahl der
Flüchtlinge (ca. 1,4 Millionen Stand Januar 2024), die aufgrund
des russischen Angriffs auf die Ukraine (Februar 2022) sind in
dieser Zahl nicht enthalten.
2022 gab
es insgesamt 351.915 Asylanträge, davon 329.120 Erstanträge.
Diese Zahlen berücksichtigen nicht ukrainischen Geflüchtete, die
seit Ende Februar 2022 eingereist sind. In etwa 7 Prozent der
Fälle handelte es sich dabei um Kinder von Geflüchteten, die in
Deutschland geboren sind. Die meisten Schutzsuchende kamen aus
Syrien (102.930 Erstanträge), Türkei (61.181), Afghanistan
(51.275) und dem Irak (11.152). Über 261.601 Anträge hat das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2023 entschieden. Die
Schutzquote lag bei 51,7 Prozent. Dazu zählen Asylberechtigte
nach Art. 16a des Grundgesetzes, Flüchtlinge nach der Genfer
Flüchtlingskonvention, subsidiär Schutzberechtigte und Fälle von
Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder Absatz 7 Satz 1 des
Aufenthaltsgesetzes.
Im
Januar 2024 wurden in Deutschland 28.241 Asylanträge gestellt,
davon 26.376 Erstanträge.
Die
meisten Flüchtlinge kommen aus Syrien (6,5 Millionen Menschen),
der Ukraine (5,7 Millionen), Afghanistan (5,7 Millionen),
Venezuela (5,5 Millionen) und dem Südsudan (2,3 Millionen).
Im Januar
2024 wurden in Deutschland 28.241 Asylanträge gestellt, davon
26.376 Erstanträge [En13].
Um den
Zuzug nicht willkommener Migranten zu verhindern, sind deutsche
Politiker sogar dazu bereit, in Ländern, die nicht zur EU
gehören, so genannte Auffanglager einzurichten, in denen dann
nach Standards, die in Deutschland nicht realisierbar sind, entschieden werden kann, welchem
Flüchtling Asyl gewährt werden kann, und wem nicht.
Anders ausgedrückt:
Das, was mit den abgewiesenen Asylanten im Anschluss daran
geschieht, das liegt nicht mehr im Verantwortungsbereich der
Bundesrepublik Deutschland.
Mit anderen Worten:
Die vielbeschworene Wertegemeinschaft hat nicht nur Risse
bekommen. Wie diese sichtbar gewordenen Risse sprachlich nicht
nur verschönt, zugekleistert oder am besten sogar verdrängt
werden können, daran wird zurzeit intensiv gearbeitet.
03.5 Abschiebungen im
großen Stil –
Remigration
TOP
Durch das
mutmaßliche Potsdamer „Geheimtreffen“ ist
Remigration
innerhalb weniger Tage zum „Unwort des Jahres“ gekürt geworden:
Etwas ganz, ganz Böses soll sich hinter diesem Wort verstecken,
das deshalb am besten niemand mehr benutzen sollte.
Dabei
haben bundesdeutsche Politiker in den letzten vier Jahrzehnten
immer wieder davon gesprochen – insbesondere vor Wahlen, die sie
gewinnen wollten.
Weniger
bekannt ist, dass 1983 sogar ein
Remigrationsgesetz
beschlossen wurde, nämlich das „Gesetz zur Förderung der
Rückkehrbereitschaft von Ausländern“, das die Heimkehr von
arbeitslosen Ausländern in ihre Herkunftsländer fördern sollte.
Zur
Rückkehrhilfe betroffener Personen heißt es in dem Gesetz zur
Förderung der Rückkehrbereitschaft von Ausländern aus dem Jahr
1983 wie folgt:
§2 Abs. 1
RückH
(Höhe der Rückkehrhilfe) (1) Die
Rückkehrhilfe beträgt 10 500 DM. Der Betrag erhöht sich für
jedes Kind des Arbeitnehmers, das sich im Geltungsbereich dieses
Gesetzes rechtmäßig aufhält, mit ihm zurückkehrt und vor dem 1.
Juni 1983 eingereist ist, um 1 500 DM. Dieser Zuschlag wird für
ein Kind nur einmal gewährt [En14].
Dieses
Gesetz war die Folge einer zunehmenden Fremdenfeindlichkeit in
Deutschland. Dazu gleich mehr.
Zurzeit
liegt ein Gesetzesentwurf vor, dessen Ziel es ist, Rückführungen
von Personen ohne Bleiberecht künftig effektiver durchführen zu
können. Hierfür sieht der Gesetzentwurf ein Bündel an Maßnahmen
vor, die effektivere Verfahren und eine konsequentere
Durchsetzung der Ausreisepflicht vorsehen. Durch dieses Gesetz
soll das Aufenthaltsgesetz den neuen Bedürfnissen angepasst
werden.
Die Wörter Rückkehrhilfe oder Unterstützung von
Personen, die von der Ausweisung betroffen sind, sieht dieser
Gesetzesentwurf nicht vor. Das ist auch gar nicht erforderlich,
denn solche Hilfen sind heute schon in den Tiefen des
Aufenthaltsgesetzes geregelt und somit für den Suchenden
auffindbar.
Im Abschnitt 2 des Aufenthaltsgesetzes - der sich an
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wendet – heißt es im
§ 75 dieses Gesetzes, der die Aufgaben des Bundesamtes regelt,
in der Nr. 7 wie folgt:
§ 75 Nr. 7 AufenthG (Aufgaben) Das Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge hat unbeschadet der Aufgaben nach
anderen Gesetzen folgende Aufgaben: 7. Koordinierung der
Programme und Mitwirkung an Projekten zur Förderung der
freiwilligen Rückkehr sowie Auszahlung hierfür bewilligter
Mittel.
Zurück
zur Fremdenfeindlichkeit in Deutschland:
-
In den
1980er Jahre wurden Bürgerinitiativen gegründet
Ausländerstopp und Deutschland den Deutschen! Ein Ende
von Massenzuwanderung und Rückführungen
wurden
einfordert
-
Aber
nicht nur Protestler, auch Politiker griffen und greifen
immer noch das Thema auf, insbesondere dann, wenn es darum
geht, Wahlen zu gewinnen.
-
Schon 1973 wurde das Ende des Anwerbestopps mit der Türkei
beschlossen. Dennoch steigt die Anzahl der Türken an, bis
1982 auf rund 1,5 Millionen, bedingt durch den
Familiennachzug
-
Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) 1982: Mir kommt kein
Türke mehr über die Grenze
-
Studie 1982: 68 Prozent der Deutschen wollen, dass die
Gastarbeiter wieder in ihre Heimatländer zurückkehren
sollen.
-
Helmut Kohl (CDU) 1982: Die Zahl der Türken in Deutschland
muss um 50 Prozent reduziert werden
-
1983
wurde das Gesetz zur Förderung der Rückkehrbereitschaft von
Ausländern verabschiedet
-
Horst Seehofer (CSU) 1983: Wir können weder das Arbeitsamt
noch das Sozialamt für die ganze Welt sein
-
Wahlplakat der CDU im Landtagswahlkampf in Bremen 1991:
Asylmissbrauch beenden – Scheinasylanten konsequent
abschieben
-
Und
Jürgen Rüttgers misslungener Ausspruch „Kinder statt Inder“
spricht eine deutliche Sprache, die nicht näher erörtert zu
werden braucht. Um Ministerpräsident zu werden, muss doch
wohl alles erlaubt sein, oder etwa nicht?
-
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte 2010 das
Projekt Multikulti für gescheitert, um dann in der gleichen
Rede an anderer Stelle zu sagen, dass in Zukunft der Anteil
an Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland weiter
ansteigen werde. Um dann festzustellen:
Wir brauchen keine Zuwanderung, die unsere Sozialsysteme
belasten.
-
2015
öffnete die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die
Grenzen, um insgesamt etwa 1,5 Millionen Menschen einreisen
zu lassen.
Tagesschau.de
vom 6.3.2019:
Es ist der Abend des 4. September 2015, als Angela Merkel
einen Anruf des damaligen österreichischen Kanzlers Werner
Faymann bekommt. Er berichtet ihr von Tausenden
Flüchtlingen, die aus Ungarn kommend nach Österreich und
Deutschland wollen. Beide kommen zu der Einschätzung, dass
die Menschen sich nur mit Gewalt von ihrem Ziel abhalten
lassen würden. Beide schließen diese Option schnell aus. Sie
verabreden, dass Österreich und Deutschland aus humanitären
Gründen ihre Grenzen nicht verschließen könnten
[En15].
-
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte im Oktober 2023:
Wir müssen im großen Stil abschieben. Dadurch machte der
Kanzler die irreguläre Migration zur Chefsache und erklärte
auch, wie er die Zahl der Flüchtlinge reduzieren will.
Tatsache ist:
Mittlerweile leben in Deutschland offiziell über 24 Millionen
Menschen mit so genanntem Migrationshintergrund, das sind mehr
als 25 Prozent der Bevölkerung. Personen mit Asylstatus sind in
dieser Zahl nicht enthalten.
BAMF 2021:
2021
hatten nach Zahlen des Mikrozensus 22,3 Millionen Menschen in
Deutschland einen Migrationshintergrund, was 27,3 Prozent der
Bevölkerung in deutschen Privathaushalten entspricht
[En16].
04.0 Antisemitismus, Islamismus und Rassismus
TOP
Auch
diese Überschrift könnte noch durch Fremdenfeindlichkeit und
auch durch Juden- und Ausländerhass ergänzt werden. Wie dem auch
immer sei, die Ablehnung von Fremden ist auch der deutschen
Nachkriegsgeschichte nicht unbekannt.
04.1 Antisemitismus
TOP
Nie
wieder Antisemitismus! Dieses Meme auf den Antisemitismus von
heute anwenden zu wollen, entspricht einem Wunschtraum, der bis
heute nicht hat Wirklichkeit werden können.
Warum?
Peter
Schäfer, Professor für Judaistik an der Universität Princeton,
hat darüber ein wirklich lesenswertes Buch geschrieben und
nachgewiesen, dass Judenhass und Judenfurcht bereits in der
Antike vorhanden waren. Dass sich dieser Hass und diese Furcht
bis heute erhalten haben, das belegen nicht nur die Ereignisse
der letzten Monate nach dem 7. Oktober 2023 in Deutschland auf
eine aufrüttelnde Art und Weise. Antisemitismus ist in
Deutschland auch noch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges
vorhanden ... mit ansteigender Tendenz bis heute.
Hinsichtlich der Anfänge der Antisemitismusforschung heißt es
bei Peter Schäfer wie folgt:
Peter Schäfer:
Die meisten
Arbeiten über den „antiken Antisemitismus“ seit dem 19.
Jahrhundert bis in die Gegenwart beginnen mit der
methodologischen Voraussetzung, dass die singulären religiösen,
kulturellen und sozialen Eigenschaften des Judentums selbst die
Ursache dessen sind, was später unter dem Begriff des
Antisemitismus bekannt wird. Hoffmann nennt diesen Ansatz
treffend den „substanziellen Erklärungstypus“. Es ist dies eine
Interpretationsmodell, das voraussetzt, dass Antisemitismus
sozusagen ein „natürliches Phänomen in jeder Gesellschaft sei,
das keiner weiteren Erklärung bedürfe“, ein Modell, das [davon
ausgeht, dass dies] „das Wesen des Judentums“ [sei].
An
anderer Stelle heißt es dann:
Der
Judenhass „ist dann auch eben so alt wie das Judentum selbst.“
[En17]
Jeder
Versuch, dieses Vorstellungsbild des Juden, der es letztendlich
selbst schuld ist, verfolgt und getötet zu werden, diesem
Vorstellungsbild gilt es ein deutliches Nein, besser gesagt ein
deutliches „Nie wieder“ entgegenzusetzen. Ob das aber möglich
sein wird, das bleibt abzuwarten, denn Antisemitismus ist nichts
anderes als eine Projektionsfläche für Nichtjuden, ihrem „Hass
auf sich selbst“ dadurch Ausdruck zu verleihen, indem er sich
gegen einen für alles verantwortlichen Sündenbock richtet: den
Juden, wie das im Nationalsozialismus der Fall war.
Joseph
Arthur de Gobineau (1816 bis 1882) der durch seine Schriften
bekannt wurde, die dem Zweck dienten, die Ungleichheit der
Menschenrassen zu begründen, trug wesentlich dazu bei, die
nationalsozialistische Rassenlehre Hitlers ausformulieren zu
können.
Warum?
Graf
Arthur de Gobineau fühlte sich zeit seines Lebens seiner
aristokratischen Bedeutung beraubt. Diesen Verlust seines
ererbten Herrenrechts als Adliger machte aus ihm einen
Demokratiehasser, denn diese Staatsform war seiner Überzeugung
nach verantwortlich für den Verfall der Menschheit. Er war davon
überzeugt, dass nur durch die Reinheit des Blutes, also durch
eine geradlinige und unvermischte Abstammung vom französischen
Feudal- und fränkischen Uradel, dieser Missstand beseitigt
werden könne. Für ihn war es dasselbe, sich sowohl als Franken,
als auch als Germane zu fühlen, denn ihm war es gelungen, die
Gemeinsamkeiten von Franken und Germanen mit der
indogermanischen Sprachfamilie nachzuweisen, die letztendlich
zum Arier führten.
Victor Klemperer:
Graf Arthur de Gobineau war wohl der Erste, der die
Überlegenheit der arischen Rasse, den höchsten und eigentlich
alleinigen Menschenrang des unvermischten Germanentums und seine
Bedrohtheit durch das überall eindringende ungleich schlechtere,
kaum noch menschlich zu nennende semitische Blut. Hier ist alles
gegeben, was das Dritte Reich zu seiner philosophischen
Begründung und für seine Politik braucht
[En18].
Anders ausgedrückt:
Graf Arthur de Gobineau kann durchaus als der Urheber der
blutigen Hitlerdoktrin angesehen werden. Die nach ihm kommenden
Rassisten wie Alfred Ernst Rosenberg (1893 bis 1946) oder der
Engländer Houston Stewart Chamberlain (1855 bis 1927), brauchten
sozusagen bei
Gobineau
nur abzuschreiben.
Wohin
dieser Rassenwahn führte, das sollte, nein das muss heute jedem
hinreichend bekannt sein. Dazu gehört auch der viel zitierte
Satz von Theodor W. Adorno (1903 bis 1969) aus seiner Minima
Moralia
der da lautet:
Nie
wieder Auschwitz.
Über die
Ursachen dieses Zivilisationsbruchs nachzudenken, dazu fanden
sich die Deutschen nach dem Zusammenbruch des Hitlerregimes
jedoch nicht bereit. Jean-Paul Sartre leistete dieses Unvermögen
der Deutschen auf eine wirklich eindrucksvolle Art und Weise.
04.2 Sartres Überlegungen zur Judenfrage
TOP
Ich denke,
dass diese Überlegungen Sartres über den Judenhass auch heute
noch zu den besten Analysen gehört, die sich mit dem Wesen eines
Antisemiten auseinandersetzen, denn ohne den Antisemiten gibt es
keinen Antisemitismus. Auch wenn Jean-Paul Charles
Aymard
Sartre (1905 bis 1980) kein Jude war, wurden seine „Überlegungen
zur Judenfrage“ dennoch von Juden geteilt, die ihn sogar dazu
ermutigten, seine Analyse 1954 zu publizieren, obwohl Sartre das
eigentlich gar nicht wollte.
Jean-Paul Sartre:
Überlegungen zur Judenfrage. Wenn jemand das Unglück des Landes
oder sein eigenes Unglück der Anwesenheit jüdischer Elemente im
Gemeinwesen zuschreibt, wenn er vorschlägt, diesem Zustand
abzuhelfen, indem die Juden bestimmter Rechte beraubt oder von
bestimmten ökonomischen und sozialen Funktionen ferngehalten
oder des Landes verwiesen oder alle ausgerottet werden, sagt
man, er habe antisemitische Anschauungen. [...]. Er mag sie
nicht, sagt man, weil seine Erfahrung ihm gezeigt hat, dass sie
schlecht sind [...]: Ich weigere mich [dies] eine Meinung zu
nennen. [...]. Es ist [vielmehr] die Idee, die man sich vom
Juden macht, die die Geschichte zu bestimmen scheint. [...]. Es
gibt jedoch Menschen, die von der Beständigkeit des Steins [des
Judenhasses] angezogen werden. Sie wollen massiv und
undurchdringlich sein, sie wollen sich nicht verändern.
Eine
solche Lebensweise nennt Sartre Leidenschaft.
Der
Antisemit hat den Hass gewählt. [...]. Er hat auch gewählt,
furchterregend zu sein. Man darf ihn nicht reizen. [...]. Der
Antisemit anerkennt bereitwillig, dass der Jude intelligent und
fleißig ist; er wird sogar einräumen, ihm in dieser Hinsicht
unterlegen zu sein. Dieses Zugeständnis kostet ihn nicht viel
[...]. Je mehr Tugenden der Jude hat, desto gefährlicher ist er.
Der Antisemit macht sich keine Illusionen über sich selbst. Er
betrachtet sich als Durchschnittsmenschen, als einen Menschen
des unteren Durchschnitts. [...] Er braucht unbedingt die
Existenz des Juden: Wem wäre er sonst überlegen? [...]. Der
Jude, sagt er, ist ganz und gar schlecht, ganz und gar Jude. Der
Jude gleicht dem Geist des Bösen. [...]. Der Antisemit ist ein
Sadist reinen Herzens ein Verbrecher. [...]. Was er wünscht, was
er vorbereitet, ist der Tod des Juden. [...]. Wenn der Antisemit
den Juden nicht hätte, müsste er ihn erfinden
[En19].
04.3 Antisemitismus heute
TOP
Die
Frage, die sich mir zu dieser Überschrift stellt, lautet: Wo
soll ich da beginnen? Vielleicht zuerst einmal mit einem Zitat
aus: „Die Protokolle der Weisen von Zion – Die Grundlage des
modernen Antisemitismus – eine Fälschung“.
Fälschung deshalb,
weil dieses Protokoll nicht anderes als eine antisemitische
Fiktion ist, die von Nichtjuden verfasst wurde, die sich in die
Rolle von Juden versetzten und durch deren Fantasiegebilde die
Macht des Judentums zum Ausdruck gebracht wurde. Das folgende
Zitat aus diesen Protokollen ist nur eines von vielen anderen
möglichen Textstellen, die Juden ausgrenzen, weil sie gefährlich
sind:
Das auserwählte Volk:
Die tief greifenden Unterschiede in der geistigen Veranlagung
der Juden und Nichtjuden zeigt deutlich, dass wir Juden das
auserwählte Volk sind. Von unseren Stirnen strahlt hohe
Geisteskraft, während die Nichtjuden nur einen triebmäßigen,
viehischen Verstand haben. Sie können wohl sehen, aber nicht
vorausschauen; sie sind unfähig, etwas zu erfinden, ausgenommen
rein körperlicher Dinge. Daraus geht klar hervor, dass die Natur
selbst uns zur Herrschaft über die ganze Welt vorausbestimmt
hat [En20].
Die
Entstehungsgeschichte dieser Protokolle beruht auch heute noch
auf Spekulationen. Anfänge lassen sich jedoch bis in die Mitte
des 19. Jahrhunderts zurückführen. Als Entstehungsjahre des
Grundtextes wird das Jahr 1897 oder 1898 vermutet.
Das auf
der Grundlage antijüdischer Vorurteile, besser gesagt auf der
Grundlage von Judenhass, im Dritten Reich sich das größte
zivilisatorische Verbrechen der Neuzeit ereignete, kann und darf
nicht vergessen werden.
Weniger bekannt ist, dass der
Antisemitismus auch im bedingungslos kapitulierten Deutschen
Reich 1945 nicht endete, denn Menschen können zwar von jetzt auf
gleich ihre Meinung ändern, nicht aber ihre Überzeugungen. Trotz
aller Entnazifizierung, die im Übrigen sehr nachlässig
durchgeführt wurde, konnten sich ehemalige Antisemiten, die zu
Hitlerzeiten die Mehrheitsmeinung repräsentierten, wohl kaum von ihren Überzeugungen trennen, wohl aber
diese verschleiern und verdecken, was dazu führte, dass auch die
Nachkriegsgenerationen im christlichen Deutschland, sozusagen
von Kindheit an, dahingehend indoktriniert wurden, dass der Jude
nicht nur den christlichen Jesus ans Kreuz geschlagen hatte, sondern
auch die Weltherrschaft anstrebe, wofür er immer zu büßen habe.
Ich kann
mich noch gut daran erinnern, solche Aussagen mehrfach in den
1960er Jahren im Religionsunterricht, der zu meiner Zeit in
einer katholischen Volksschule in einem kleinen Dorf am Rande
des Münsterlandes stattfand, nicht nur gehört, sondern auch
nachgeplappert zu haben.
Michel Friedman:
Ich muss daran denken, dass die katholische Kirche, kaum dass
sie gegründet worden war, die Ermordung des Juden Jesus – wir
sollten heute viel öfter vom Juden Jesus sprechen – den Juden
angeheftet hat. Die Aussage, die Juden hätten Jesus ermordet,
wurde tatsächlich erst 1965, im Zweiten Vatikanischen Konzil,
verworfen [En21].
Bei den
Protestanten fand nach Kriegsende die gleiche Beeinflussung
statt, zumal die evangelische Kirchengemeinde sich schwer dabei
tat, ihre Verflechtungen in das Machtsystem der Hitlerdiktatur
überhaupt anzuerkennen.
Anders ausgedrückt:
Das Erste, was nach dem Krieg auf der Strecke blieb, das war die
Wahrheit.
Erst gut 60 Jahre später, wurde der Versuch
unternommen, aufzuzeigen, wie sehr sogar die staatlichen
Institutionen und auch die Kirchen, sich in der Demokratie des
Grundgesetzes vom Nationalsozialismus angezogen gefühlt hatten
und bereitwillig das getan haben, was das System von ihnen
erwartete.
Was damit
gemeint ist, das kann zumindest in groben Zügen einem
Sachbericht zur Tagung „Christusglaube – Judenhass“, der im
Februar 2018 in der evangelischen Akademie
Villigst
stattfand, entnommen werden.
Christusglaube – Judenhass:
Wir haben in Deutschland ein Problem mit Antisemitismus. Jede
als jüdisch erkennbare Einrichtung muss von der Polizei bewacht
werden. Jüdische Friedhöfe werden geschändet, Stolpersteine
ausgehebelt und zerstört. Es gibt tätliche und verbale Angriffe
gegen Jüdinnen und Juden in aller Öffentlichkeit, es gibt Israel
dämonisierende Transparente und Sprechchöre auf Demonstrationen.
Antisemitismus äußert sich aber nicht nur in strafbaren
Handlungen. Antisemitismus ist nicht nur fester Bestandteil der
Überzeugungen und Ideologie der extremen Rechten; ebenso wenig
ist Antisemitismus nur ein von
Muslim*innen
aus dem Nahen Osten „importiertes“ Problem. Antisemitismus
äußert sich auch in Bildern und Sprache seriöser Medien, in
Schulbüchern und Sonntagsreden, an Stammtischen und mitunter
auch in evangelischen Akademien.
Das heißt, im Kern:
Protestantische Selbstreflexion bezieht sich auf die
Jahrhunderte der christlichen wie der deutsch-nationalen
Formierung eines „Wir“ gegen die Juden. Letzteres aber wird
bislang in den kirchenoffiziellen Analysen des protestantischen
Antisemitismus und Stellungnahmen gegen Judenfeindschaft sehr
unzureichend wahrgenommen.
Wenn
Antisemitismus als Problem der Anderen betrachtet wird oder als
geschichtliches Phänomen, das in der Gegenwart nur noch in
bestimmten Gruppen irrlichtert, mag das auch an den Begriffen
liegen: „Antisemitismus“ wie „Judenfeindschaft“ sind grundlegend
unzureichende, irreführende Bezeichnungen. Denn sie heben nur
auf die Abgrenzung, das Außen, die Konstruktion eines Feindes,
eben „des Juden“, ab. Sie betrachten eine Medaille, als hätte
sie nur eine Seite. Aus dieser Perspektive erscheint ein
selbstreflexiver Ansatz völlig unplausibel
[En22].
Ein
Verweis auf den Antisemiten, so wie ihn Jean-Paul Sartre
analysiert hat, findet man in dieser Broschüre
bedauerlicherweise nicht. Auch das Wort „Antisemit“ wird in
dieser Broschüre nicht einmal erwähnt. Als Ersatz dafür ein so
oft wiederholter Ismus, dass man nach dem Lesen der Broschüre
den Eindruck hat, dass es nur der Antisemitismus ist, der
Probleme schafft.
Dem ist
aber nicht so.
Es sind
die Antisemiten, die Straftaten an Juden begehen.
Michel Friedmann:
In Deutschland wurden 3532 Straftaten registriert, die im
Zusammenhang mit dem Terrorangriff der Hamas stehen, davon 500
antisemitische Delikte. In den USA stiegen in vier Wochen seit
dem 7. Oktober antisemitische Angriffe um 315 Prozent, in
Großbritannien um 537 Prozent, in Brasilien um 961 Prozent. Das
französische Innenministerium zählte 1159 antisemitische
Straftaten. Dreimal so viele wie im ganzen Jahr 2022
[En23].
Und wie
reagiert die deutsche Politik darauf?
Wir
müssen antisemitische Straftaten härter als das bisher der Fall
ist nicht nur verfolgen, sondern auch bestrafen.
Warum
wäre das falsch?
In einem
Kommentar von Tomas
Avenarius,
einem Journalisten und Politologen, der für die Süddeutsche
Zeitung schreibt, heißt es dazu wie folgt:
Sueddeutsche.de
vom 19.11.2023: Antisemitismus:
Der Kampf gegen Antisemitismus darf kein Vorwand für einen
Rechtsruck sein. In dem Artikel heißt es: Das wäre das Übelste,
was Deutschland, den deutschen Juden und den deutschen Muslimen
passieren könnte. Und allen anderen Deutschen übrigens auch
[En24].
Ergänzend dazu heißt es bei Michel Friedman:
Michel Friedman:
Wenn die
AfD den Muslimen also vorwirft, sie seien alle Antisemiten,
würden Juden hassen, müssten deshalb aus Deutschland
hinausgeworfen werden, kann ich nur laut widersprechen. Ja:
Unter den Muslimen gibt es Judenhasser. Sie sind religiös,
politisch radikalisiert, sie sind verblendet. Sie glauben daran,
dass Juden an allem schuld sind und dass, wenn die Juden weg
sind, alles gut wird. Das aber ausgerechnet die zentralen
Figuren der AfD - Björn Höcke, Alice
Weidel
-, die dasselbe glauben, mich nun vor Muslimen warnen, ist
absurd - zumal in der AfD ganz genau die gleichen Grundhaltungen
existieren (oft verbrämt, hinter Chiffren versteckt)
[En25].
Dieser
Begründung schließe ich mich gern an, denn Antisemiten lassen
sich nicht abschrecken, zumindest dann nicht, wenn sie glauben,
unerkannt aktiv werden zu können.
Im Gegenteil:
Antisemitismus
wird heute sogar wieder sichtbar ausgelebt, nicht nur auf der
Straße, sondern sogar in deutschen Schulen.
04.4 Antisemitismus an deutschen Schulen
TOP
Nicht
einmal dort ist es gelungen, die heranwachsenden Antisemiten von
morgen von ihrem Judenhass zu befreien, denn ausprügeln lässt
sich Antisemitismus nicht. Es würde zu weit führen, an dieser
Stelle im Einzelnen darzulegen, was sich an den vielen
Brennpunktschulen in Deutschland, von denen es allein in NRW
bereits 900 gibt, sich heute oder morgen tatsächlich im Hinblick
auf erlebbaren Antisemitismus ereignet. Das sind zum Teil Orte,
an denen Kinder bewaffnet zum Unterricht kommen, Aggressionen
und Gewalt offen ausleben und religiöse Vorstellungen
durchzusetzen versuchen, die nur noch als
fundamentalislamistisch bezeichnet werden können.
Wie
ist das möglich?
Sollte
an deutschen Schulen tatsächlich kein Wert mehr darauf gelegt
werden, die ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schüler im
christlichen Menschenbild bzw. im Sinne des Menschenbildes zu
erziehen, das dem Geist des Grundgesetzes entspricht?
Solche
Bemühungen gibt es zweifelsohne, was aber nicht gelingt, das ist
die wohl kaum noch zu verdrängende Tatsache, dass es
Antisemitismus an deutschen Schulen nicht nur gibt, sondern sich
der dort auch ausbreitet. Das lässt den Schluss zu, dass es
offensichtlich nicht möglich ist, alle Schülerinnen und Schüler
davon zu überzeugen, die Werte einer Demokratie zu
verinnerlichen.
Woran
mag das liegen?
Eher spät,
im Jahr 2021, wies die Lehrergewerkschaft
GEW
auf den wachsenden Judenhass an deutschen Schulen hin und
betonte die Ohnmacht deutscher Lehrer gegenüber muslimischen
Schülern, die ihn verbreiten würden. Auf
Zeit.de
vom 22.5.2021 heißt es: Die Erziehungsgewerkschaft
GEW
beklagt einen wachsenden Antisemitismus an Schulen in
Deutschland. Der Antisemitismus an Schulen hat zugenommen
[En26].
Zeitgleich heißt es auf
News4Teachers.de
vom 22.5. 2021 wie folgt:
Menschenverachtende Ideologien dürfen in unserer Gesellschaft
und selbstverständlich auch in unseren Schulen keinen Platz
haben. Dennoch wissen wir, dass antisemitische Diskriminierungen
auch im Sozialraum Schule vorkommen, denn Schule ist ein Spiegel
unserer Gesellschaft, sagt Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP).
Beleidigungen wie „Du Jude“ seien immer noch auf dem Schulhof zu
hören. „Wir wollen, dass es gar nicht erst zu antisemitischen
Vorfällen kommt“, betont Gebauer. Die Demokratie brauche junge
Menschen, die couragiert gegen jede Form von Rassismus, von
Gewalt und Diskriminierung eintreten
[En27].
Es
entspricht dem Politikstil von heute, mit wohlgesetzten Worten
auf einen gesellschaftlichen Missstand hinzuweisen, um ihn dann
bevorzugterweise der Neuen Rechten zuzuordnen, nicht aber
dazu bereit ist, die dafür notwendigen Mittel zur Anwendung kommen zu lassen, die
erforderlich wären, um diesen Missstand beenden zu können.
Nur
reden allein, das reicht nämlich nicht aus. Und auch noch ein
Beauftragter mehr, vermag keine Abhilfe zu schaffen, und allein
durch Geld lassen sich solche Probleme ebenfalls nicht lösen.
Pressemitteilung der
GEW
vom 26.1.2024:
Als
Bildungsgewerkschaften sehen sie das Erstarken des
Antisemitismus in Deutschland als Folge des Angriffs auf Israel
mit großer Sorge. Gerhard Brand, Vorsitzender des
VBE,
sagte: „Es ist nicht hinnehmbar, dass Jüdinnen und Juden nicht
einmal 80 Jahre nach der Niederlage Nazideutschlands wieder um
ihre Sicherheit in diesem Land fürchten müssen. Alle
Demokratinnen und Demokraten stehen in der Pflicht, tagtäglich
gegen Antisemitismus aufzustehen. Die Politik muss endlich vom
Reden ins Handeln kommen und die Maßnahmen zum Schutz jüdischen
Lebens in unserer Gesellschaft ausweiten und deutlich stärker in
Aufklärung und Prävention investieren. Nur wenn es uns gelingt,
Jüdinnen und Juden zu schützen und ihnen ein Leben in Freiheit
zu ermöglichen, können wir es schaffen, unsere eigene
freiheitliche Demokratie zu erhalten.“
[En28]
Diese
Gefahr dürfte zunehmen, wenn den Dingen weiterhin ihrem Lauf
überlassen werden. Aber auch der Erhalt des Status quo dürfte
unerträglich sein.
Warum?
„Du
Jude“ gehöre mittlerweile zu den häufigsten Beleidigungen auf
deutschen Schulhöfen, hieß es bereits in einer Meldung auf
SpiegelOnline.de
vom 10.4.2018, ergänzt durch den Hinweis, dass, „jüdische
Schülerinnen und Schülern regelmäßig von Mitschülern angegriffen
würden.“ [...]. Der Vorsitzende der deutschen
Polizeigewerkschaft findet sogar, dass es sich bei vielen
Schulen bereits um rechtsfreie Räume handele, in denen die hier
geltenden Gesetze zwar gelten, zum Teil aber nicht mehr
durchgesetzt werden
[En29].
Die
Frage, die zu stellen ist, aber auf die es bisher keine Antwort
gibt, lautet: Kann man in einem rechtsfreien Raum überhaupt
erfolgreich unterrichten und lernen?
Damit
aber noch nicht genug.
Zwölf
Neukönner Schulen bekommen wieder einen Wachschutz.
Seit dem
4.12. 2023 wird dort wieder durch einen privaten Wachschutz für
Sicherheit gesorgt, weil die Eltern darauf bestanden haben.
65.000 Euro kostet der Wachschutz monatlich
[En30].
An
Kölner Schulen wurde sogar der Staatsschutz eingeschaltet.
Diesbezüglich heißt es auf FocusOnline vom 09.02.2024 wie folgt:
FocusOnline:
An einer Gesamtschule in Neuss sollen vier Oberstufenschüler auf
die Einführung der Scharia-Regeln gedrängt haben. Darüber
berichtete zunächst die Rheinische Post. Der Bericht legt nahe,
dass die Jugendlichen zwischen 17 und 19 Jahren im Unterricht
archaische Strafen wie Steinigung befürwortet hätten und die
Demokratie ablehnten.
FocusOnline erhielt die Information aus Staatsschutzkreisen.
Die
Jugendlichen sollen auch auf eine Trennung der Geschlechter im
Klassenzimmer und beim Schwimmen bestanden und muslimische
Mitschüler dazu aufgefordert haben, die strengen Vorschriften
des Islam zu folgen. Wer sich weigerte, soll als schlechter
Muslim beschimpft worden sein. Mädchen seien von den
Scharia-Befürwortern aufgefordert worden, sich zu bedecken und
zu verschleiern.
Dieser
Fall scheint kein Einzelfall zu sein.
In
ähnlicher Weise sollen Schüler im Sommer 2023 an einem Gymnasium
in Bonn versucht haben, einen islamischen Sitten- und
Kleiderkodex durchzusetzen.
FocusOnline zitiert dazu die Bezirksregierung Düsseldorf:
Die
Bezirksregierung Düsseldorf betont jedoch, dass die Vorfälle in
Neuss nicht als Agitation für die Scharia gesehen werden
sollten, sondern als Ausdruck einer strengen Auslegung des
Islam. Von einem Auftreten als Scharia-Polizei an der Schule
könne in diesem Zusammenhang nicht gesprochen werden. Die
Schulleitung hatte dennoch im Dezember die Polizei über
extremistische Umtriebe informiert. Das Aufkommen radikaler
Tendenzen an deutschen Schulen löst eine politische Debatte aus.
Der Neusser Landtagsabgeordnete Jörg
Geerlings
(CDU) betont gegenüber FocusOnline: In deutschen Schulen gilt
das Grundgesetz und nicht die Scharia.
Dilek Engin,
schulpolitische Sprecherin der SPD, sprach von „alarmierenden“
Vorfällen an der Schule in Neuss. Der
FDP-Fraktionsfize
Marc
Lürbke
resümierte, dass
iislamistische
Machtfantasien wie eine
Scharie-Polizei
an Schulen inakzeptabel seien
[En31].
So auch der
beklagenswerte Zustand an der integrierten Gesamtschule in
Stöcken (Hannover), der in einer Meldung des
NRD.de
vom 9.2.2024 wie folgt beschrieben wird:
NDR.de
vom 9.2.2024:
Wenn Lehrkräfte verzweifeln: Die IGS Stöcken schlägt Alarm.
Gewalt, Vandalismus, Bedrohungen: In einem Hilferuf an die
Schulbehörde beklagen Lehrkräfte die Situation an der Schule.
Fast täglich müssten Schüler oder Schülerinnen vom Unterricht
ausgeschlossen werden, heißt es in dem Brief. Das Schulpersonal
habe keine Kraftreserven mehr. Erst im Dezember hatten
Lehrkräfte der
IGS Büssingweg
in Hannover in einem Brandbrief an Behörden und Politik Gewalt
und Vandalismus an der Schule geschildert - und um Hilfe
gebeten.
Schätzungsweise 15 Prozent stören den Schulfrieden.
Viel
Hoffnung auf schnelle Besserung hat das Kollegium der IGS nicht.
Der Brandbrief beschreibt das so: Immer wieder müsse die Polizei
in die Schule gerufen werden
[En32].
04.5 Islamismus an deutschen Universitäten
TOP
Auch an
deutschen Universitäten gehört Antisemitismus wohl wieder zum
Studienalltag. Folge davon ist, dass jüdische Studenten es nicht
mehr wagen, sich als Juden zu erkennen zu geben. Walter
Rosenthal, der Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz (HKR)
äußerte sich dazu bereits im November 2023 wie folgt:
Zeit.de
vom 3.11.2023:
An Wände oder Türen gemalte Davidsterne, andere Graffiti oder
Kundgebungen auf dem Campus, die einschüchtern sollen,
antisemitisch geprägt sind, Terror gutheißen oder das
Existenzrechts Israels infrage stellen, können wir nicht dulden
[En33].
Nach dem
7. Oktober 2023 hat der Antisemitismus an deutschen Unis weiter
zugenommen und jüdische Studierende in Angst und Schrecken
versetzt. Israel-feindliche Propaganda in Bibliotheken und
propalästinensische Demos auf dem Campus.
Anders ausgedrückt:
Der Gaza-Krieg hat an deutschen Unis nicht hinnehmbare Konflikte
ausgelöst.
Auf dem
Campus der Freien Universität in Berlin wurde zum Beispiel ein
jüdischer Student krankenhausreif geschlagen und mit
Knochenbrüchen im Gesicht in ein Krankenhaus eingeliefert. Die
Staatsanwaltschaft geht von einem gezielten Angriff und einem
antisemitischen Hintergrund aus. Gegen den Täter wurde ein
Hausverbot für die Dauer von drei Monaten erlassen, das auf dem
gesamten Campus gilt, und verlängert werden kann.
Der
Zentralrat der Juden fordert hingegen Exmatrikulationen von
Angreifern auf jüdische Studenten. Das scheint aber wohl nicht
möglich zu sein.
TAZ.de
vom 7.2.2024:
Antisemitismus an der FU Berlin: Rauswurf löst kein Problem.
Viele fordern, die Freie Universität solle einen mutmaßlich
antisemitischen Angreifer exmatrikulieren. Doch diese
Möglichkeit hat die Uni gar nicht.
Der brutale
Übergriff auf den jüdischen Studenten
Lahav Shapira
von der Freien Universität (FU) hat eine Debatte über eine
Änderung des Berliner Hochschulgesetzes ausgelöst. Grund dafür
waren Forderungen, etwa vom Zentralrat der Juden und aus der
CDU, den mutmaßlichen Täter und Mitstudenten von
Shapira
nun von der Universität zu exmatrikulieren. Doch das ist derzeit
rechtlich nicht möglich und auch politisch riskant
[En34].
Ehrlich
gesagt, solch eine Entwicklung an deutschen Universitäten gibt
mehr Anlass zur Besorgnis als ein so genanntes Geheimtreffen in
einer Potsdamer Villa. Dagegen zu protestieren würde aber wohl
kaum jemanden dazu bewegen, die geliebte Ruhzezone des Privaten
zu verlassen. Schade!
04.6 Islamismus in Deutschland
TOP
Auf der
Website des Bundesministeriums für Inneres und für Heimat (BMI)
heißt es wie folgt:
BMI Februar 2022:
Islamismus ist eine extremistische Bestrebung. Sie richtet sich
gegen den demokratischen Verfassungsstaat und seine
fundamentalen Werte, seine Normen und Regeln. In Abgrenzung zur
Religion des Islam bezeichnet der Begriff Islamismus eine
religiös verbrämte Form des politischen Extremismus. Unter
Berufung auf den Islam zielt der Islamismus auf die teilweise
oder vollständige Abschaffung der freiheitlichen demokratischen
Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland ab.
Der
Islamismus basiert auf der Überzeugung, dass der Islam nicht nur
eine persönliche, private Angelegenheit ist, sondern auch das
gesellschaftliche Leben und die politische Ordnung bestimmt oder
zumindest teilweise regelt. Der Islamismus postuliert die
Existenz einer gottgewollten und daher wahren und absoluten
Ordnung. Sie steht über den von Menschen gemachten Ordnungen.
Für die
Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland und der
westlichen Staatengemeinschaft stellt der islamistisch
motivierte, internationale Terrorismus eine anhaltende Bedrohung
dar [En35].
Hinsichtlich der Anzahl der in Deutschland lebenden Muslime
dürfte die Anzahl derjenigen, die als islamistische Extremisten
zu bezeichnen sein, kaum noch als gering anzusehen sein.
Und wie
viele davon können als extremistische Islamisten angesehen
werden?
BfV
2022:
Das islamistische
Personenpotzenzial
belief sich 2022 auf gut 27 460 Muslime
[En36].
Was die
Anzahl der in Deutschland lebenden Muslime anbelangt, heißt es
auf der Website des BMI:
BMI:
Deutschland ist in den letzten Jahrzehnten vor allem durch
Zuwanderinnen und Zuwanderer aus muslimisch geprägten
Herkunftsstaaten religiös und kulturell vielfältiger geworden.
Laut der Studie der Deutschen Islam Konferenz (DIK)
„Muslimisches Leben in Deutschland 2020“ leben in Deutschland
mittlerweile zwischen 5,3 und 5,6 Millionen Muslime
(einschließlich alevitischer Religionsangehöriger). Das
entspricht zwischen 6,4 und 6,7 Prozent der Gesamtbevölkerung
von 83,1 Millionen [En37].
Wie dem auch immer sei:
Unbestreitbar dürfte sein, dass gläubige Muslime den Koran als
ein von Allah gegebenes Gesetz betrachten, das zu befolgen ist.
Dazu
gehört auch die Vorstellung vom Gottesstaat.
Das ist
ein Staat, in dem der Sultan der weltliche Herrscher ist, und
der Kalif, als religiöses und zugleich weltliches Oberhaupt
aller Muslime in diesem Staat das eigentliche Sagen hat.
Anders ausgedrückt:
Generell stört die Existenz anderer Religionen die Einheit der
Anbetung Allahs in solch einem Staat. Daraus ergeben sich auch
die Verpflichtung und der Drang, Anhänger und Völker anderer
Religionen unter den Islam zu bringen, auch mit kriegerischen
Mitteln („Dschihad“). Auch Forderungen nach Frauenrechten und
Demokratie werden von einem gläubigen Muslim als Störung der
Einheit der muslimischen Gemeinschaft angesehen.
Mit anderen Worten:
Die muslimische Gemeinschaft braucht keine weltliche, sondern
eine geistige Führung, siehe Sure 3 Vers 79 und 80.
In der Übersetzung von Hartmut
Bobzin
heißt es dort:
Sure 3 Vers
79
und
80 79:
Keinem Menschen steht es zu, dass Gott ihm
das Buch, die
Urteilskraft und die Prophetengabe gibt
und er dann zu den Menschen sagt:
„Seid meine, nicht nur
Gottes Knechte!“
Seid vielmehr Gelehrte Gottes, weil ihr ja das Buch gelehrt
und darin geforscht habt.
80:
Und auch nicht, dass er euch befiehlt, die Engel und Propheten
als Herrn anzunehmen. Ja, wird er euch wohl befehlen, vom
Glauben abzufallen, nachdem ihr schon in Gott ergeben wart?
[En38]
Und
in der Übersetzung von Max Henning:
79:
Nicht geziemt es einem Menschen, dass Allah ihm
gibt die Schrift
und die Weisheit und das Prophetentum und er
alsdann zu den Leuten spräche: „Seid meine Diener neben Allah“.
Vielmehr: „Seid Gottesgelehrte, darum, dass ihr die Schrift
lernet und studiert“. 80:
Und nicht gebiet Er euch, dass ihr euch die Engel oder die
Propheten zu Herren nehmet. Sollte er euch den Unglauben
gebieten, nachdem
ihr Muslime
geworden? [En39]
Hinweis:
Bei diesen
Versen handelt es sich um wichtige Verse im Koran, denn diese
Sure beschreibt das Grundprinzip des islamischen Staatsrechts.
Im Kern geht es um den Schutz der Gläubigen vor der bösen Natur
weltlicher Führer, die nicht - gemeint sind die Gläubigen – nach
den Launen weltlicher Führer, sondern auf der Grundlage
göttlicher Weisheit von dazu Berufenen regiert werden sollen.
Und was
die Toleranz anbelangt, die dem Islam unterstellt wird, bzw. die
wir gern in dieser Religion sehen wollen, heißt es in der Sure
109 (Die Ungläubigen).
In der Übersetzung von Hartmut
Bobzin:
109. Sure -
Die
Ungläubigen
Im Namen Gottes, des barmherzigen Erbarmers. 1 Sprich: „O ihr
Ungläubigen! 2 Ich verehre nicht, was ihr verehrt, 3 Und
ihr verehrt nicht, was ich verehre, 4 Und nicht verehre ich,
was ihr verehrt habt, 5 Und ihr verehrt nicht, was ich
verehre.
6 Euch euere Religion und mir die meine!“
[En40]
Und
in der Übersetzung von Max Henning:
109. Sure -
Die
Ungläubigen
Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen! 1 Sprich: O
ihr Ungläubigen, 2 Ich diene nicht dem, dem ihr dient, 3
Und ihr seid nicht die Diener dessen, dem ich diene. 4 Und
ich bin nicht Diener dessen, dem ihr dient, 5 Und ihr seid
nicht Diener dessen, dem ich diene.
6 Euch euer Glaube und mir mein Glaube.
[En41]
04.7 Rassismus in Deutschland
TOP
Das, was
Rassismus für jeden Einzelnen von uns bedeutet, lässt sich
leicht beantworten. Jeder von uns ist ein Rassist, da schließe
ich mich nicht aus. Warum das so ist, das hat Mohamed
Amjahid
in seinem Buch „Unter Weißen“ auf überzeugende Art und Weise
beschrieben.
Mohamed
Amjahid:
Rassistische Vorurteile finden sich keineswegs bloß bei
unverbesserlichen Rechten, sondern auch bei denen, die sich für
aufgeklärt und tolerant halten. Rassismus ist eine Ideologie,
die besagt, dass bestimmte Menschen mit bestimmten äußerlichen
Merkmalen weniger wert sind als andere Menschen. Rassismus
geschieht zugleich ganz konkret, nebenbei, unbewusst,
gedankenlos. Ohne nachzudenken, beurteilen wir Menschen nach
Kategorien wie Name, Muttersprache, Herkunft, sichtbarer
Religionszugehörigkeit oder Hautfarbe.
Einige
Wissenschaftler gehen davon aus, dass Menschen Rassismus
evolutionär erlernt haben, andere, dass Menschen Rassismus quasi
in ihrer DNA tragen. Einfacher ist die Aussage:
Rassismus im Sinne seiner Wortbedeutung existiert.
Die
Eigenschaft, ein Rassist zu sein, wendet sich aber nur an Weiße,
denn die haben den Rassismus sozusagen erfunden, denn seit der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts haben sich Generationen von
Wissenschaftlern damit beschäftigt, wissenschaftlich zu
begründen, warum Europäer den minderwertigen farbigen Rassen
überlegen seien. Dem ist aber nicht so. Wir alle hegen
rassistische Vorurteile. Auch ich. Niemand ist frei von
Rassismus
[En42]
Rassismus ist, und das wird wohl auch niemand in Deutschland
bezweifeln können, ein gesellschaftliches Problem unserer Zeit,
beginnend in der Kita, fortgesetzt in der Schule, verfeinert im
Berufsleben und lebensbegleitend bis zum Tod.
Robin
Diangelo:
Wenn Leute behaupten, man habe sie gelehrt, alle gleich zu
behandeln, zeigen sie mir damit lediglich, dass sie den
Sozialisationsprozess nicht verstehen. Es ist unmöglich,
jemandem beizubringen, alle gleich zu behandeln. Es kann uns
zwar gesagt werden und wird uns auch oft gesagt, aber es kann
nicht erfolgreich sein, weil Menschen nicht objektiv sind
[En43].
Anders ausgedrückt:
Jeder von uns hat Angst vor dem Fremden.
Warum?
Robin
Diangelo:
Wir bringen unsere Rassengeschichte mit, und anders, als es die
Ideologie des Individualismus behauptet, repräsentieren wir
unsere Gruppe und alle, die vor uns kamen. Unsere Identität ist
nicht einzigartig oder angeboren, sondern durch soziale Prozesse
konstruieret und hervorgebracht. Zudem ist unsere Wahrnehmung
nicht ungetrübt und objektiv – wir schauen durch eine
Rassebrille [En44].
Zum
Schluss ihres Buches heißt es:
Robin
Diangelo:
Im gegenwärtigen System ist die Reproduktion von
Rassenungleichehit die Normalität
[En45].
Wer sich
selbst für eine Heilige oder einen Heiligen hält, der möge
widersprechen.
„Rassistische
Realitäten“ in Deutschland:
In einer
vom deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung
DeZIM
e. V. (DeZIM-Institut)
2022 durchgeführten Studie heißt es, dass in der Bevölkerung
eine hohe Bereitschaft vorhanden ist, sich gegen Rassismus
einzusetzen. Grund dafür ist, dass in Deutschland für viele
Menschen Rassismus ein Teil ihres Alltags ist, den es zu beenden
gilt.
DeZim-Institut:
Das gewachsene Bewusstsein der Bevölkerung für Rassismus hat
dabei den positiven Effekt, dass 70 Prozent der Befragten bereit
sind, sich zukünftig aktiv gegen Rassismus einzusetzen. Diese
Bereitschaft ist das Fundament, auf dem eine vielfältige
Gesellschaft aufgebaut werden kann
[En46].
Ich
glaube, dass es einfacher sein wird, das Weltklima zu retten,
als den Rassismus auszumerzen. Das kann allein deshalb nicht
funktionieren, weil auch der Satz: „Ich bin gegen Rassismus!“,
das Wort Rassismus enthält und dieses Wort eine Bedeutung hat,
die erst dann in Vergessenheit geraten kann, wenn es das Wort
Rassismus im deutschsprachigen Raum nicht mehr gibt. Allein um
den Wortlaut des Artikels 3 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes zu
ändern, wäre aber eine Zweidrittelmehrheit im Deutschen
Bundestag erforderlich.
Artikel 3 Abs. 3 Satz 1 GG:
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung,
seiner
Rasse,
seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens,
seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt
oder bevorzugt werden.
Der
Sprachgebrauch des Grundgesetzes geht zudem noch davon aus, dass
Menschen tatsächlich unterschiedlichen Rassen angehören.
Zumindest in der Soziologie hat man sich jedoch schon seit ein
paar Jahren darauf geeinigt, das Wort Rasse im Rahmen des
Möglichen nicht mehr zu verwenden.
Warum?
Craig
Venter,
ein US-amerikanischer Biochemiker, dem es als Erstem gelungen
ist, ein gesamtes menschliches Genom zu sequenzierte und dem es
darüber hinausgehend auch als Erstem gelungen ist, ein Erbgut
selbst herzustellen und in eine Zelle einzupflanzen, so dass ein
lebensfähiges Bakterium entstehen konnte, hat bereits im Juni
2000, bei der Vorstellung seiner Forschungsergebnisse anlässlich
einer Zeremonie im Weißen Haus festgestellt:
„Das
Konzept der Rasse hat keine genetische oder wissenschaftliche
Grundlage.“
[En47]
05.0 Die offene Gesellschaft und ihre Feinde
TOP
Die
beiden Bände dieses sozialphilosophischen Hauptwerks von Karl
R. Popper (1902–1994) gehören auch heute noch zu den Klassikern
der politischen Philosophie und Demokratietheorie. Das während
des Zweiten Weltkriegs in Neuseeland geschriebene Werk „Die
offene Gesellschaft und ihre Feinde“ wurde 1945 in London
erstmals publiziert.
In
diesem seinem Hauptwerk beschrieb Popper eine Gesellschaft,
deren Selbstverständnis auch heute noch die innere Haltung
vieler moderner Demokratien zumindest mitbestimmt, denn bei der
„offenen Gesellschaft“ deren Kern eine liberale Ordnungsidee
zugrunde liegt, die Raum für Freiheit, problemorientierte
Reformen und institutionalisierte Machtkontrolle lässt, sollte
auf die Anwendung von Gewalt als Ordnungsmittel weitgehend
verzichtet werden können.
Diese
offene Gesellschaft befindet sich in Anlehnung an Karl Popper in
einem ständigen Kampf gegen das „totalitäre Böse“, dass mittels
geltender Regeln einzufrieden ist. Das aber schließt nicht aus,
dass es in offenen Gesellschaften keine Veränderungen gibt. Das
Gegenteil ist der Fall, vorausgesetzt dass diesen
Veränderungsprozess ein Willensbildungsprozess zugrunde liegt,
der auf Meinungsfreiheit und Diskussionsfähigkeit beruht.
In
offenen Gesellschaften gibt es folglich keine Dogmen, wie das
zum Beispiel in Diktaturen der Fall sein kann. Die geltenden
Regeln bilden sich in einer offenen Gesellschaft immer im demokratischen Diskurs.
Geschlossene Gesellschaften hingegen haben starre Strukturen,
die die Angst vor Veränderung ausdrücken.
Kurzum:
Poppers offene Gesellschaft ist eine tiefgründige
Auseinandersetzung mit der langen Tradition totalitären Denkens,
das er auf den Philosophen Platon zurückführt, denn Platon
lehrte, dass ein idealer Staat zwar in der Realität nicht erreicht
werden kann, wohl aber der beste aller denkbaren Staaten wäre,
denn in ihm gibt es keine Veränderung.
Wikipedia:
Philosophenkönig ist ein hypothetischer Herrscher, in dem sich
politisches Geschick mit philosophischem Wissen verbindet. Das
Konzept eines von Philosophen regierten Stadtstaates wird
erstmals in Platons Republik untersucht, das um 375 v.
Chr.
geschrieben wurde.
Eine
Demokratie aber, so die Sichtweise von Platon, würde
unvermeidlich Veränderungen herbeiführen, die sich letztendlich
zur Tyrannei auswachsen würden. Diese Ablehnung der Demokratie
durch Platon nahm Karl R. Popper zum Anlass, eine offene
Gesellschaft zu beschreiben, deren Aufgabe es aber auch zu sein
hatte, sich vor ihren Feinden zu schützen.
Wie dem
auch immer sei: Die „offene Gesellschaft“ wurde sozusagen zu
einem Schlagwort in der politischen Debatte und machte Karl R.
Popper in den 1960er Jahren auch in der deutschen Öffentlichkeit
bekannt
[En48].
06.0 Wehrhafte Demokratie
TOP
Das
politische Konzept der wehrhaften Demokratie beruht im
Wesentlichen auf Zweifeln an der moralischen und geistigen Kraft
seiner Bürger. Denen wird nämlich Leichtgläubigkeit, Naivität
und Uninformiertheit unterstellt, die dazu führt, dass sie von
extremistischen Kräften leicht einverleibt werden können. Die
Folge davon ist, dass die Meinungsfreiheit Grenzen haben muss,
obwohl die Meinungsfreiheit des Grundgesetzes sehr weit gefasst
ist.
Dennoch:
Das zentrale Merkmal der wehrhaften Demokratie besteht darin,
die Öffentlichkeit insbesondere vor der Artikulation bestimmter
Ansichten abzuschirmen. Deshalb wird die Auseinandersetzung mit
dem aufkommenden Populismus in Deutschland in der Regel auch
nicht über inhaltliche politische Debatten geführt, sondern
der wird sogar gewollt ausgewichen.
Stattdessen dient Empörung über Hass und Hetze, Desinformation
und Fake News, Demokratiefeindlichkeit, Extremismus sowie
Delegitimierung des Staates durch so genannte Verfassungsfeinde
sozusagen zur ganz normalen Wirklichkeit in Deutschland.
Mit dem
Vorwurf von Hass, Hetze und Desinformation sollen zwar
vordergründig diejenigen angegriffen werden, die
verfassungsfeindliche Botschaften senden, tatsächlich aber geht
es aber doch wohl eher um die Empfänger, also die große Masse der
Menschen, von denen man nicht etwa nur vermutet, sondern zu
wissen glaubt, dass sie für dumpfe Parolen empfänglich sind, und
um die zu gestalten wird es für zielführend gehalten,
rechtsradikalen Parolen ebenfalls mit "demokratischen Phrasen" zu begegnen.
Bundesinnenministerin Nancy
Faeser
(SPD) will sogar durch ein Demokratiefördergesetz dafür sorgen,
dass die Bürger vor schädlichen Einflüssen bewahrt werden, die
von „Diffamierungskampagnen und Falschinformation“ erzeugt
werden.
Die Bundesinnenministerin scheint sogar davon überzeugt zu
sein, dass die Bürgerinnen und Bürger sich durch Propaganda
leicht beeinflussen und verführen lassen. Deshalb hält sie es
für erforderlich, Meinungen die für die Demokratie gefährlich
werden können und die öffentlich oder in Netzwerken verbreitet
werden, durch den Verfassungsschutz überwacht werden sollten, um
gegebenenfalls Folgemaßnahmen treffen zu können. Solch ein
Vorhaben dürfte aber kaum dem Geist des Grundgesetzes
entsprechen, dessen Menschenbild davon ausgeht, dass alle
Staatsgewalt vom Volke ausgeht und nicht vom Volk die größte
Gefahr für die Demokratie ausgeht und somit der Staat und dessen
Institutionen alles zu unterlassen
haben, das dazu geeignet wäre, dem Volk dessen geistige Freiheit zu nehmen.
Es darf nicht
sein, dass die Parole des Transparents: Wird der Bürger
unbequem, ist er plötzlich rechtsextrem! Wirklichkeit wird.
Link zum Transparent
Tichyseinblick.de
vom 11.2.2024:
Man kann die Demokratie nicht vor dem Volk schützen,
warnt der
frühere Ministerpräsident des Saarlandes und ehemalige
Bundesverfassungsrichter
Peter Müller (CDU). Er verweist zurecht darauf, dass das
Grundgesetz auf die Kraft des Arguments und auf die geistige
Auseinandersetzung [setzt], darauf, dass Demokraten die
Demokratie mit offenem Visier verteidigen
[En49].
Wer eine
Demokratie mit geheimdienstlichen Mitteln verteidigen will, der
fügt ihr Großen schaden zu. Sollte die FDP diesem Vorhaben der
Bundesinnenministerin zustimmen, dann dürfte sie damit wohl auch
den letzten ihr noch verbliebenen Liberalismus verloren haben
und sich dadurch gänzlich von der politischen Bühne
verabschieden.
Und wenn das Wirklichkeit werden sollte, was die Fraktionschefin
der Grünen im Landtag Katharina Schulze Anfang Februar
2024 im Bayrischen Landtag gesagt hat, spätestens dann werden
wir wohl alle in einem Denuzinations- und Überwachungsstaat
leben, so zumindest meine Sicht der Dinge, aber entscheiden Sie
selbst.
Schutz vor jegliche Art von unliebsamer Meinung.
07.0 Das deutsche Wesen
TOP
Nicht am
deutschen Wesen kann die Demokratie genesen, sondern an der
Selbsterkenntnis, die dem deutschen Wesen zugrunde liegt.
Verhaltensänderungen, die den Kernbereich des deutschen
Charakters anbelangen, sind jedoch nur möglich, indem
Eigenschaften erkannt werden, die einer Verhaltensänderung
bedürfen. Die damit verbundenen Identitätskrisen, so hat Carl
Rogers das Lernen in Freiheit bezeichnet, lassen sich nicht
vermeiden und sind somit zu ertragen, auch wenn sie schmerzhaft
sind.
Was
aber gehört zum deutschen Wesen?
Victor
Klemperer, der als Jude das deutsche Wesen zur Zeit der
Hitlerdiktatur am eigenen Leib erfahren konnte, schreibt dazu:
Victor Klemperer:
Die deutsche Grundeigenschaft der Maßlosigkeit, der
Überkonsequenz,
des
Ins-Grenzenlose-Langende
gab [...]
den
üppigsten Nährboden der Idee her (gememeint
ist der Nazismus) [En50].
Und
unter Bezugnahme auf Wilhelm Scherer (1841 bis 1886) Professor
für Germanistik an der Universität Wien, heißt es:
Scherer
redet davon, dass in Deutschland geistiger Auf- und Abstieg mit
entschiedener Gründlichkeit vor sich gehe und sehr weit hinauf-
und sehr weit hinabführe. Maßlosigkeit scheint der Fluch unserer
geistigen Entwicklung zu sein. Wir fliegen hoch und sinken umso
tiefer. Wir gleichen jenem Germanen, der im Würfelspiel all sein
Besitztum verloren hat und auf dem letzten Wurf seine eigene
Freiheit setzt und auch die verliert und sich willig als Sklave
verkaufen lässt. So groß - fügte Tacitus, der es erzählt, hinzu
- ist selbst in schlechter Sache die germanische Hartnäckigkeit,
sie selbst nennen es Treue [En51].
An
anderer Stelle:
Wir fliegen
hoch und sinken umso tiefer. Der entscheidende Charakterzug der
deutschesten Geistesbewegung heißt Grenzenlosigkeit
[En52].
Daran
scheint sich bis heute nichts Grundlegendes geändert zu haben.
Millionen von Menschen folgen dem Aufruf, die Demokratie zu
verteidigen, weil sich in einer Potsdamer Villa Personen
getroffen haben, die angeblich 15 Millionen Migranten aus
Deutschland vertreiben wollten.
Auch in Berlin folgten
Hunderttausende dem Aufruf, die Demokratie zu retten.
Die
schwache Beteiligung am 11.2.2024 anlässlich der Wahlwiederholung, macht
jedoch deutlich, dass dort, wo es auf den Willen möglichst
vieler Wählerinnen und Wähler ankommt, die Demokratie doch nicht
so wichtig ist.
Viel
hipper ist es, es den Rechten zu besorgen, was aber nicht einmal
bei der Wiederholungswahl in Berlin gelang, denn dort konnte
sich die AfD um 1 Prozent verbessern.
Alles
halb so schlimm:
ZDF.de vom 12.2.2024:
Die
punktuelle Neuwahl habe aufgrund der geringen Wahlbeteiligung
„keine politische Aussagekraft“, sagte der
Politikwissenschaftler
Korte
[En53].
Hinweis:
Dem Politikwissenschaftler scheint wohl entgangen zu sein, dass
rund 550.000 Menschen an der Wiederholungswahl teilnehmen
konnten, aber nur gut die Hälfte davon Gebrauch gemacht hat und
dass solche Zahlen von Wahlverweigerern, deren Größenordnung
alle bisher durchgeführten repräsentativen Wahlbefragungen
übersteigt, den Schluss zulässt, dass sich der Berliner Wahlausgang
durchaus als „repräsentativ“ bezeichnet werden kann.
ZDF.de
vom 12.2.2024:
Laut Berliner Landeswahlleiter lag die Wahlbeteiligung bei der
Wiederholungswahl bei 51 Prozent, deutlich weniger als bei der
ursprünglichen Bundestagswahl
[En54].
08.0 Schlusssätze
TOP
Die
bundesdeutsche Demokratie braucht den Frieden, aber sie braucht
auch ernste ideelle Konflikte: Werte, Ideen, für die es sich
lohnt, sich zu ihrem Erhalt einzusetzen. In unserer abendländischen
Gesellschaft sollten wir eigentlich verinnerlicht haben, dass
man nicht so gut mit Waffen, sondern weitaus besser und
nachhaltiger mit Wörtern den inneren Frieden erhalten kann. Am
besten geht das mit vernünftigen Argumenten, an denen es zurzeit
aber bedauerlicherweise fehlt.
Johann Wolfgang von Goethe: Faust -
Der
Tragödie erster Teil
Hexe:
Wer will
sich
mit den Narr’n
befassen? Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte
hört,
Es
müsse sich
dabey
doch auch was denken lassen.
Die Hexe fährt fort.
Die hohe
Kraft Der Wissenschaft, Der ganzen Welt verborgen!
Und wer nicht denkt, Dem wird sie geschenkt,
Er
hat sie ohne Sorgen.
Faust
Was sagt
sie uns für Unsinn vor? Es wird mir gleich der Kopf
zerbrechen.
Mich dünkt, ich hör´ein
ganzes Chor
Von hundert tausend Narren sprechen.
Heute
ist es wieder an der Zeit, sich seines eigenen Verstandes zu
bedienen. Sapere aude!
09.0 Quellen
TOP
Endnote_01
BR24.de vom 9.2.2024: Ausgeladen: Berlinale-Eröffnungsgala nun
doch ohne AfD-Politiker.
https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/ausgeladen-berlinale-
eroeffnungsgala-nun-doch-ohne-afd-politiker,U3iRLk5
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Endnote_02
Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord (1754 bis 1883) war einer
der bekanntesten französischen Staatsmänner sowie Diplomat
während der Französischen Revolution, der Napoleonischen Kriege
und beim Wiener Kongress (Wikipedia).
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Endnote_03 Victor
Klemperer. LTI – Notizbuch eines Philologen. Reclam Verlag 2023,
Seite 20 Zurück
Endnote_04 Ebd. Victor Klemperer, Seite 25
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Endnote_05
Urfassung des Grundgesetzes:
https://openjur.de/i/grundgesetz.html
Zurück
Endnote_06 Welt.de
vom 13.2.2024: Aufrüstung. Kiesewetter fordert Sondervermögen
von 300 Milliarden Euro für die Bundeswehr.
https://www.welt.de/politik/deutschland/article250055512/Bundeswehr-
Kiesewetter-fordert-Sondervermoegen-von-300-Milliarden-Euro.html
Zurück
Endnote_07
Institut für Demoskopie Allensbach. Der Wert der Freiheit -
Ergebnisse einer Grundlagenstudie zum Freiheitsverständnis der
Deutschen - Oktober/November 2003.
https://www.ifd-allensbach.de/fileadmin/
studien/6570_Wert_der_Freiheit.pdf Zurück
Endnote_08
Augsburger Allgemeine vom 26.7.2018. Wunsch nach Stärke.
https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/
Umfrage-Wunsch-nach-Staerke-id51758036.html
Zurück
Endnote_09
GeschichtsCheck.de. Wie sah die Situation der deutschen
Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg aus?
https://www.geschichtscheck.de/2016/11/21/wie-sah-die-situation-
der-deutschen-fluechtlinge-nach-dem-zweiten-weltkrieg-aus/
Zurück
Endnote_10
Gastarbeiter. Lebendiges Museum Online.
https://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-
modernisierung/bundesrepublik-im-wandel/gastarbeiter.html
Zurück
Endnote_11
Spiegel.de vom 16.10.2010: Integration Merkel erklärt Multikulti
für gescheitert.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/integration-merkel-
erklaert-multikulti-fuer-gescheitert-a-723532.html
Zurück
Endnote_12
Migration und Integration. Migrationshintergrund. Destatis.de -
Statistisches Bundesamt.
https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/
Migration-Integration/Glossar/migrationshintergrund.html
Zurück
Endnote_13
Zahl der Flüchtlinge. Mediendienst Integration Stand Januar
2024. https://mediendienst-integration.de/migration/
flucht-asyl/zahl-der-fluechtlinge.html#c1713
Zurück
Endnote_14
Bundesgesetzblatt 1377, 1983 Nr. 48 vom 30. November 1983.
https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?start=%2F%2F*%5B%40attr_
id%3D%27bgbl183s1377.pdf%27%5D#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_
id%3D%27bgbl183s1377.pdf%27%5D__1707909005580
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Endnote_15
Tagesschau.de vom 6.3.2019. Grenzöffnung 2015.
https://www.tagesschau.de/faktenfinder/merkel-grenze-101.html
Zurück
Endnote_16
BAMF 2021 – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
https://www.bamf.de › Forschung › Migrationsbericht 2021
Zurück
Endnote_17
Peter Schäfer. Judenhass und Judenfurcht. Die Entstehung des
Anstsemitismus in der Antike. Verlag der Weltreligionen 2010,
Seite 15 Zurück
Endnote_18 Ebd. Victor Klemperer, Seite 155
Zurück
Endnote_19
Jean-Paul Sartre. Überlegungen zur Judenfrage. Rowohlt
Taschenbuch Verlag 2023 – E-Book Zurück
Endnote_20 Die
Protokolle der Weisen von Zion. Die Grundlage des modernen
Antisemitismus – eine Fälschung. Wallstein Verlag, Seite 82
Zurück
Endnote_21
Michel Friedman. Judenhass – 7. Oktober 2023. Berlin Verlag
2024, Seite 59 Zurück
Endnote_22 Antisemitismus und Protestantismus -
Impulse zur Selbstreflexion. Sachbericht zur Tagung
„Christusglaube – Judenhass“ – Evangelische Akademie Villigst,
Februar 2018.
https://www.evangelische-akademien.de/wp-content/uploads/
2019/05/EAD_Broschu%CC%88re_antisemitismus_online.pdf
Zurück
Endnote_23
Michel Friedman, Judenhass – 7. Oktober 2023, Berlin Verlag
2024, Seite 16 Zurück
Endnote_24 Sueddeutsche.de vom 19.11. 2023.
Antisemitismus:Der Kampf gegen Antisemitismus darf kein Vorwand
für einen Rechtsruck sein.
https://www.sueddeutsche.de/meinung/deutschland-israel-muslime-
antisemitismus-juden-kommentar-1.6305820?reduced=true
Zurück
Endnote_25 Ebd.
Michel Friedman, Seite 75 Zurück
Endnote_26 Judenfeindlichkeit an
Schulen: Antisemitismus unter Jugendlichen wächst
https://www.zeit.de/gesellschaft/2021-05/antisemitismus-
judenfeindlichkeit-schulen-schueler-lehrer-gew
Zurück
Endnote_27 GEW:
Antisemitismus an Schulen nimmt zu – Lehrkräfte brauchen Hilfe
https://www.news4teachers.de/2021/05/gew-antisemitismus-
an-schulen-nimmt-zu-lehrer-brauchen-hilfe/
Zurück
Endnote_28 GEW und
VBE: „Nie wieder ist jetzt – wachsendem Antisemitismus
entschieden entgegentreten, Präventionsarbeit stärken“.
https://www.gew.de/presse/pressemitteilungen/detailseite/gew-und-vbe-nie-
wieder-ist-jetzt-wachsendem-antisemitismus-entschieden-
entgegentreten-praeventionsarbeit-staerken
Zurück
Endnote_29 Focus.de
vom 7.12.2023. Rainer Wendt schlägt Alarm„Viele Schulen sind im
Grunde ein rechtsfreier Raum“
https://www.focus.de/panorama/welt/rainer-wendt-schlaegt-
alarm-viele-schulen-sind-im-grunde-ein-
rechtsfreier-raum_id_259473698.html Zurück
Endnote_30 RBB24.de
vom 4.12.2023: Zwölf Neuköllner Schulen bekommen wieder
Wachschutz. https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2023/12/
berlin-neukoelln-schulen-wachschutz-sicherheit.html
Zurück
Endnote_31
FocusOnline.de vom 9.2.2024: Staatsschutz mehrfach
eingeschaltet. Nach Wirbel um „Scharia-Polizei“ kommen weitere
Vorfälle an Kölner Schulen.
https://www.focus.de/politik/deutschland/wirbel-um-scharia-polizei-
auch-an-koelner-schulen-kommen-vorfaelle-ans-licht_id_259644562.html
Zurück
Endnote_32
NDR.de vom 9.2.2024: Wenn Lehrkräfte verzweifeln: Die IGS
Stöcken schlägt Alarm.
https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-
leinegebiet/Wenn-Lehrkraefte-verzweifeln-Die-IGS-Stoecken-
schlaegt-Alarm,schule3414.html Zurück
Endnote_33 Zeit.de
vom 3.11.2023: Hochschulrektorenkonferenz: Professoren prangern
Antisemitismus an Universitäten an.
https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-11/deutschland-
universitaeten-antisemitismus-israel-hamas
Zurück
Endnote_34 TAZ.de
vom 7.2.2024: Antisemitismus an der FU Berlin: Rauswurf löst
kein Problem.
https://taz.de/Antisemitismus-an-der-FU-Berlin/!5987400/
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Endnote_35
BMI. Islamismus.
https://www.bmi.bund.de/DE/themen/sicherheit/extremismus/
islamismus-und-salafismus/islamismus-und-salafismus-node.html
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Endnote_36
Bundesamt für Verfassungsschutz. Islamistisches
Personenpotenzial.
https://www.verfassungsschutz.de/DE/themen/islamismus-und-islamistischer-
terrorismus/zahlen-und-fakten/zahlen-und-fakten_node.html
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Endnote_37
BMI. Islam in Deutschland.
https://www.bmi.bund.de/DE/themen/heimat-integration/
gesellschaftlicher-zusammenhalt/staat-und-religion/islam-in-deutschland/
islam-in-deutschland-node.html – aufgerufen am 12.2.2024
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Endnote_38
Sure 3 Vers 79 und 80 (Das Haus `Imran) in der Übersetzung von
Hartmut Bobzin. Verlag C.H.Beck 2012
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Endnote_39 Sure 3
Vers 79 und Vers 80 (Das Haus `Imrán) in der Übersetzung von Max
Henning, Philipp Reclam jun. Stuttgart 1991
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Endnote_40 Ebd.
Hartmut Bobzin Zurück
Endnote_41 Sure 109 (Die Ungläubigen) in der
Übersetzung von Max Henning, Philipp Reclam jun. Stuttgart 1991
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Endnote_42
Vgl. Mohamed Amjahid: Unter Weißen. Was es heißt, privilegiert
zu sein. Hanser Berlin 2017 – E-Book.
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Endnote_43 Robin
Diangelo:. Wir müssen über Rassismus reden. Was es bedeutet, in
unserer Gesellschaft Weiß zu sein, Hoffmann und campe 2020,
Seite 122 Zurück
Endnote_44 Robin Diangelo, Seite 230
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Endnote_45
Robin Diangelo, Seite 208 Zurück
Endnote_46 DeZIM: Auftaktstudie zum Nationalen
Diskriminierungs- und Rassismusmonitor (NaDiRa) des Deutschen
Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM)
https://www.rassismusmonitor.de/ Zurück
Endnote_47 National
Geographic. Warum menschliche „Rassen“ ein erfundenes Konstrukt
sind.
https://www.nationalgeographic.de/wissenschaft/2020/07/
warum-menschliche-rassen-ein-erfundenes-konstrukt-sind
Zurück
Endnote_48 Die
offene Gesellschaft und ihre Feinde. Band I und II. Mohr Siebeck
2023. Zurück
Endnote_49
Tichyseinblick.de vom 11.2.2024: Eine Demokratie gegen das Volk.
Die Angst der Eliten vor der Demokratie.
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/die-angst-der-
eliten-vor-der-demokratie/ Zurück
Endnote_50 Victor
Klemperer. LTI - Kapites XXI: Die deutsche Wurzel, Reclam-Verlag
2023, Seite 155 Zurück
Endnote_51 Ebd. Victor Klemperer, Seite 149
Zurück
Endnote_52
Ebd. Victor Klemperer, Seite 161 Zurück
Endnote_53 ZDF.de
vom 12.2.2024: Wahlwiederholung: Was Berlins Nachwahl für den
Bund bedeutet.
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/
wahl-berlin-auswirkungen-bund-ampel-100.html
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Endnote_54 ZDF.de
vom 12.2.2024. Wahlwiederholung:Was Berlins Nachwahl für den
Bund bedeutet.
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/
wahl-berlin-auswirkungen-bund-ampel-100.html
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