Rodorf.de
Polizeiliches Grundlagenwissen für Studium und Praxis 

Home Inhaltsverzeichnis Demokratie wagen ABC

Zukunft der Demokratie

Inhaltsverzeichnis:

01 Vorherbestimmte oder gestaltbare Zukunft?
02 Gewalt oder Gerechtigkeit
03 Die Energiewende wird viel Geld
kosten
04 Das fehlende Geld, woher soll es kommen?
05 Die Modern Monetary Theorie wird es schon
richten
06 Staatlich geduldete
Ungleichheit
07 Folgen inakzeptabler Ungleichheit
08 Haushalt 2024
09 Die Reichen trifft die
Zahlungspflicht
10 Meritokratie erzeugt nur noch mehr
Ungleichheit
11 Schlusssätze
12 Quellen

01 Vorherbestimmte oder gestaltbare Zukunft?

TOP

Wer ertrinken soll, der kann nicht gehängt werden.“ Mit anderen Worten: Was geschehen soll, egal was ein Einzelner oder auch ganz Viele dagegen unternehmen, alles ist in dem Buch des Schicksals bereits aufgeschrieben.

Während die Christen daran glauben, dass Gottes Wille die Zukunft ganz nach seinem Willen Gegenwart werden lässt, sind auch die Muslime davon überzeugt, dass das Schicksal der Menschen, ob gut oder schlecht, allein von Allah bestimmt wird.

Sure 15:21
21 Und es gibt kein Ding, dessen Speicher nicht bei
Uns sind, und Wir senden es nur in bestimmtem Maß hinab.

Sure 23:18
18 Und
Wir senden Wasser vom Himmel herab nach Gebühr und geben ihm Wohnung in der Erde, und siehe, Wir haben Macht, es wieder fortzunehmen.

Sure 55:49 und 53
49 Siehe, alle Dinge erschufen
Wir (Allah) nach Maß und Plan.
53 Und alles Kleine und Große ist niedergeschrieben [En01].

Dieser Glaube an das Schicksal der Menschheit wird immerhin von mehr als der Hälfte der Erdenbürger geteilt, denn auch 2022 ist das Christentum mit 2,5 Milliarden Gläubigen weiterhin die zahlenmäßig größte Weltreligion, gefolgt vom Islam mit zurzeit etwa 2,2 Millionen Gläubigen weltweit. Davon leben 57 Millionen Muslime in Europa. Sowohl weltweit als auch europaweit soll deren Anzahl bis 2050 auf 2,7 Milliarden bzw. auf 71 Millionen ansteigen [En02].

Nach Hochrechnungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge aus dem Jahr 2021 lebten 2019 zwischen 5,3 und 5,6 Millionen Muslime in Deutschland.

Wie dem auch immer sei: Eine Fabel drückt die oben skizzierte Schicksalhaftigkeit der Menschen wie folgt aus:

Es wurde vorausgesagt, dass der Dichter Aischylos durch den Sturz eines Hauses umkommen sollte. Da er das wusste, wollte er nach dem vernünftigen Grundsatz, dass man die Zukunft, sofern sie bekannt ist, in den meisten Fällen beeinflussen kann, unter freiem Himmel schlafen und leben. Der interessierte Leser fragt sich nun, wie das Schicksal seinen Lauf nimmt. Ein Adler, der eine Schildkröte gepackt hatte, suchte einen Stein, um den Panzer zu zerschlagen. Er sah von oben den kahlen Schädel des Dichters. So vollzieht sich sein Schicksal, denn jeder weiß, dass die Schildkröte ihr Haus auf dem Rücken trägt. So wird immer das Wirklichkeit, was im Gegensatz zu der Vermutung der Wissenschaft steht [En03]."

Womit wir wieder in der Wirklichkeit von heute angekommen sind, die uns angstvoll in die Zukunft schauen lässt und glaubt, das alles, womit der "industrielle Mensch", der Homo oeconomicus, so in den vergangenen 250 Jahren seiner Umwelt zugemutet werden kann, sozusagen in "Null-Komma-Nichts" beseitigt werden kann. Einige glauben sogar, dass es dafür ausreicht, sich auf die Fahrbahn festzukleben.

02 Gewalt oder Gerechtigkeit

TOP

Alain [En04]
Die wahre Strafe entspricht der wahren Bedrohung.
Gedanken über Religion
Seite 47

Warum?

Die Antwort von Alain lautet: Wie Sokrates richtig bemerkt, gehört keine große Kunst zu der Feststellung, dass die Gewalt überall regiert, und die Gerechtigkeit nur den Stärksten Beistand leistet. Das ist das Bild der Menschheit. Das ist das ewige menschliche Thema. Folgen wir nun einmal den weitausladenden Diskussionen, so werden wir sehen, dass in ihnen wohl die Gerechtigkeit auftaucht, aber schnell wieder verschwindet.
[...].
Ein oberflächlicher Leser wird überall Ungerechtigkeit feststellen, die nun einmal die Macht im Gefolge hat, und die Gerechtigkeit, die keine Reichtümer besitzt, kaum nachzuweisen ist.
[...].

Versuchen Sie, den Schatz wieder zu heben [gemeint ist die Gerechtigkeit], dann finden Sie nur noch ein Häuflein Asche. Aufgelöste und verstreute Elemente einer Idee, ein Chaos [En05].

Diese Zeilen hat Alain mit Datum vom 1. August 1921 signiert.

Im Deutschland des Jahres 2024 scheint das Finden von nicht mehr vorhandenem Geld und weniger die Suche nach der Gerechtigkeit, die wohl vorrangigste Aufgabe der Politik zu sein, denn ob die Fahndung nach Geld, zum Beispiel zur Finanzierung der Energiekrise zu gerechten Ergebnissen führen wird, darüber lassen sich nur Vermutungen anstellen. Sollte es sich dabei um schuldenfinanzierte Geldmittel handeln, dann kann schon jetzt davon ausgegangen werden, dass die Mehrheit der Steuerzahler dafür wird irgendwann aufkommen müssen. Ob das gerecht ist, dürfte wohl eine Frage des persönlichen Standpunktes sein. Die wirklich Reichen werden das für vernünftig und zielführend und somit auch als gerecht ansehen. Nicht ganz unberechtigt dürfte somit schon heute die Feststellung sein, dass der „kleine Mann“ bzw. die „kleine Frau“ die Zeche wird bezahlen müssen.

03 Die Energiewende wird viel Geld kosten

TOP

Erklärter Wille der Bundesregierung ist es, bis 2030 den Anteil erneuerbarer Energien im Strommix, also im Zusammenspiel mit grauem Strom, auf 80 Prozent ausbauen.

Nur zur Kenntnis: 2023 wurden bereits 52 Prozent des benötigten Stroms durch erneuerbare Energien abgedeckt. Das hört sich zwar zuerst einmal gut an, ob das aber auch gesamtgesellschaftlich gesehen tatsächlich „gut“ ist, diese Frage lässt sich nicht so leicht mit einem bedingungslosen JA beantworten, denn was das für den tatsächlichen Energiebedarf bedeuten wird, der bis 2030 ebenfalls stark zunehmen wird, ist zumindest bisher unbeantwortet geblieben, was aber auch kein Mangel im eigentlichen Sinne ist, den Zukunftsprognosen stellen sich meist schon bald als Fehlannahmen heraus, denn auch die Wissenschaft neigt, und da unterscheidet sich diese Elite nicht von der von Politikern, zum Träumen.

Was bedeutet das? Um die ehrgeizigen Ausbauziele erreichen zu können besteht Einigkeit dahingehend, dass der Ausbau erneuerbarer Energien 2024 nochmals spürbar ansteigen muss, obwohl bereits 2023 gut 52 Prozent des gesamten Stroms in Deutschland sozusagen klimaneutral erzeugt wurde. Bei Solarenergie wurde das Jahresziel 2023 sogar übertroffen.

Statista.com vom 20.11.2023: Die Anzahl an zugelassenen Elektroautos in Deutschland überstieg Ende des Jahres 2022 erstmals die Millionenmarke. Bis zum 1. Oktober 2023 stieg die Zahl weiter auf insgesamt rund 1,3 Millionen Fahrzeuge. Abgebildet werden Pkw mit ausschließlich elektrischer Energiequelle (BEV). Je nach Definition werden auch Plug-In-Hybrid-Pkw als Elektroautos gezählt. Ihr Bestand belief sich am 1. Oktober 2023 auf etwa 902.600 Fahrzeuge [En06].

Diese Zahlen stehen aber in einem krassen Verhältnis zu den Zielen der Bundesregierun, die bis 2030 mindestens 15 Millionen vollelektrifizierte Pkw zugelassen haben will [En07].

Um dieses Ziel von 15 Millionen E-Autos realisieren zu können wäre es aber erforderlich, ab 2024 in jedem der dann noch verbleibenden 6 Jahre jedes Jahr gut 2,3 Millionen Elektrofahrzeuge zuzulassen.

Erreicht werden soll dieses Ziel durch das so genannte Wachstumschanchengesetz.

In Bezug auf dieses Gesetz, gemeint ist das Wachstumschancengesetz, hat der Deutsche Bundesrat aber bereits am 24.11.2023 den Vermittlungsausschuss angerufen, so dass hinsichtlich des beabsichtigten Zieles dieses Gesetzes nur aus dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zitiert werden kann, weil 2023 kein Ergebnis erzielt werden konnte und auch im Januar 2024 noch nicht abzusehen ist, welche Endfassung dieses Gesetz erhalten wird.

Gesetzesentwurf Wachstumschancengesetz: Als zentrales Projekt wird die Einführung einer Investitionsprämie zur Förderung der Transformation der Wirtschaft benannt. Durch diese Prämie, die für Energieeffizienzmaßnahmen gilt, sollen die Standortbedingungen mit steuerlichen Anreizen für Investitionen in saubere und klimafreundliche Technologien verbessert werden. Das stärke die Produktivität und schütze das Klima, heißt es. Konkret will die Bundesregierung eigenen Angaben zufolge 15 Prozent der Aufwendungen für Energieeffizienzmaßnahmen von Unternehmen als direkte finanzielle Unterstützung bezuschussen [En08].

Sie haben richtig gelesen: Unternehmen sollen direkt subventioniert werden. Aus diesem Grunde wurde ja auch das Sondervermögen „KTF“ eingerichtet (Klima- und Transformationsfonds), mit dem Milliardeninvestitionen in Energiewende, Klimaschutz und Transformation ermöglicht werden sollten. Bedauerlicherweise oder „Gott sei Dank“, hat sich dieses Sondervermögen als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar herausgestellt.

Die zurzeit protestierenden Bauern werden darüber nur den KIopf schütteln können, denn was anderen gegeben wird, soll ihnen genommen werden: Subvention für Agrardiesel.

Subventionen haben es heute dennoch schwerer als gestern.

Nur zur Erinnerung: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15.11.2023 zur Rechtswidrigkeit des „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) hat die Aufnahme von Krediten in Höhe von 60 Milliarden Euro und die Zuführung der Gelder in den Klima- und Transformationsfond (KTF) im Wege des 2. Nachtrag-Haushaltsgesetzes 2021 wegen Verstoßes gegen die in Art. 109 Abs. 3, Art. 110 Abs. 2 und Art. 115 Abs. 2 GG normierte „Schuldenbremse“ für verfassungswidrig erklärt [En09].

Was bedeutet das?

Als Finanzierungsinstrument sollte dieser Klima- und Transformationsfonds einen zentralen Beitrag zur Erreichung der energie- und klimapolitischen Ziele Deutschlands ermöglichen. Für die Förderung der Energiewende, des Klimaschutzes und der Transformation sollen von 2024 bis 2027 insgesamt 211,8 Milliarden Euro zur Verfügung stehen [En10].

Über solch eine Politik vermag der politikinteressierte Bürger nur noch seinen Kopf zu schütteln, während andere in Gedanken schon ihr Wahlkreuz einer Partei geben, die verspricht, Probleme auch tatsächlich lösen zu wollen und zu können, gemeint ist die AfD. Das aber ist, nach einhelliger Meinung aller demokratischen Parteien, eine rechtsradikale Partei, die zu wählen bedeuten würde, der Demokratie bewusst und gewollt Schaden zuzufügen.

Dass diese demokratieverliebten Parteien, die die AfD zum Sündenbock erklären, durch ihre verfehlte Politik für solch ein absehbares Wahlverhalten selbst gesorgt haben, diese Einsicht in die eigene Fehlerhaftigkeit fehlt entweder ganz oder wird dadurch überwunden, dass nur die Politik demokratieerhaltend sein soll, die ihren Vorstellungen entspricht. Ein Schelm, der sich bei dieser Gedankenführung Böses dabei denkt.

04 Das fehlende Geld, woher soll es kommen?

TOP

Dieses Problem ist nicht neu, im Gegenteil: Es hat sich bereits zu einem schier unlösbaren Problem entwickelt, denn seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts  zur Schuldenbremse und zum KFT hat sich die Wirklichkeit möglicherweise sogar nachhaltig verändert. Wie dem auch immer sei. Laut Bundesrechnungshof belaufen sich die Schulden der gesamten öffentliche Hand in Deutschland zurzeit auf ca. 2,4 Billionen Euro.

Warum ist das so?

Ganz einfach.

Wenn ein Problem nicht lösbar war oder unlösbar erschien, wurde es mit Geld zugeschüttet:

  • Coronahilfen

  • Entlastungspaket I

  • Sondervermögen Bundeswehr

  • Entlastungspaket II

  • Transformationsfonds

  • Entlastungspaket III und

  • Der Doppelwumms.

Um das bezahlen zu können, wurden entweder Schulden gemacht oder Sondervermögen geschaffen. Das Bundesverfassungsgericht hat dieser, fast schon zur Routine gewordenen Problemlösungsstrategie, nunmehr zumindest ein einstweiliges Ende bereitet, zumindest so lange, bis die Politik Wege gefunden hat, dieses Urteil umgehen zu können.

Und dann auch das noch:

Am 5. Januar 2023 heißt es in einem Artikel des Handelsblatts wie folgt: Deutschland fehlen 60 Milliarden für Reservekraftwerke. Um Stromausfälle beim Übergang auf erneuerbare Energien zu vermeiden, sind Back-up-Kraftwerke notwendig. Das belegt eine Analyse des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Uni Köln (EWI) für das Handelsblatt. EWI-Experte Philipp Kienscherf sagte dem Handelsblatt, bis 2030 könnten „für den Neubau von Kraftwerken in Deutschland rechnerische Deckungsbeiträge in Höhe von [weiteren] rund 60 Milliarden Euro fehlen“. Diese Deckungsbeiträge würden sich durch Erlöse auf dem Strommarkt nicht erwirtschaften lassen. Für die Investitionen müssten daher „andere Anreizinstrumente gefunden werden“, sagte Kienscherf. Mit anderen Worten: Der Staat muss Geld anbieten.
Das EWI nennt damit einen Preis, den die Kraftwerksstrategie hätte, an der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) seit Monaten ohne konkrete Ergebnisse arbeitet. Die Kraftwerksstrategie soll die Bedingungen definieren, zu denen der Bau von Back-up-Kraftwerken mit einer installierten Leistung von bis zu 25 Gigawatt (GW) gefördert wird. Die Kraftwerke sollen nach der ursprünglichen Planung bis 2030 fertiggestellt sein und immer dann zum Einsatz kommen, wenn Windräder und Photovoltaik-Anlagen nicht ausreichend Strom produzieren, um den Bedarf zu decken. [En10a]

05 Die Modern Monetary Theorie wird es schon richten

TOP

Verfassungsrechtlich verordnete Sparsamkeit entspricht nämlich so gar nicht dem Zeitgeist, denn der hält es immer noch für normal, der „Wachstumsrate der Neu- und der Mehrverschuldung“ sozusagen freien Lauf zu lassen. Dafür gibt es sogar eine Theorie, die Modern Monetary Theorie (MMT), die seit ungefähr 25 Jahren besteht und von einer US-amerikanischen ökonomischen Denkschule entwickelt wurde.

Die Kerngedanken dieser Theorie lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Im Grund handelt es sich bei dieser Theorie um eine Weiterentwicklung der Schriften von John Maynard Keynes (1883 bis 1946) , soweit es um die Notwendigkeit der Förderung der Nachfrage geht, die zu beleben vorrangige Aufgabe des Staates sei.

Im Zentrum der Modern Monetary Theorie steht somit zwangsläufig die Fiskalpolitik eines souveränen Staates, der seine eigene Währung bereitstellt und diese auch nach Belieben vermehren kann.

Anders ausgedrückt: Während traditionell ausgerichtete Ökonomen davon ausgehen, dass die Staatsausgaben durch Steuern finanziert werden, geht die MMT davon aus, dass die Staatsausgaben durch Geldschöpfung finanziert werden.

Das geschieht dadurch, indem ein Staat seine Zentralbank anweist, das Zentralbankkonto derjenigen Banken oder anderen staatlichen Institutionen Geld gutzuschreiben, das diese dann kreditieren können.

Mit anderen Worten: Geld wird somit aus dem Nichts geschöpft. Es reicht ein Auftrag an die Zentralbank, so genanntes Giralgeld auf Konten zu überweisen, wodurch sich, aus Sicht derjenigen, die diese Theorie vertreten, ein Staat sich einen großen wirtschaftspolitischen Handlungsspielraum verschafft, um seine Wirtschaft zu fördern.

Der sich dadurch zwangsläufig einstellende Inflationsprozess wird von den Befürwortern dieser Theorie zwar anerkannt, was aber nicht so schlimm ist, weil ein Staat nicht pleite gehen kann und ein Staat durch die oben skizzierten Möglichkeiten der Geldvermehrung auch dazu in der Lage sein wird, weitgehend für Vollbeschäftigung zu sorgen, und zwar ohne die Reallöhne senken zu müssen und auch jedes am Wirtschaftsleben beteiligte Subjekt wissen, zumindest aber erkennen kann, dass eine steigende inländische Staatsverschuldung nur eine Umverteilung von Gütern ist, indem der Staat privaten Gläubigern die Summe schuldet, die sich dann - sozusagen als Ausgleich für die Sollseite beim Staat - auf der Habenseite der privaten Gläubiger befindet.

Anders ausgedrückt: Während die Schulden des Staates steigen, vermehrt sich im gleichen Umfang auch das Vermögen auf den Konten der Privaten. Man könnte auf den Gedanken kommen, darin eine Win-win-Situation zu erkennen, denn auf beiden Seiten der Bilanz findet im gleichen Umfang Wachstum statt, sowohl auf der Haben-, als auch auf der Schuldenseite.

Wie dem auch immer sei.

Die Modern Monetary Theorie (MMT) ist nicht zuletzt durch die hohen Defizite und Staatsschulden in der Folge der Corona-Pandemie populär geworden.

Degruyter.com: Die MMT macht deutlich, dass staatliche Ausgaben nicht „finanziert“ werden können, weder durch Steuern noch durch Staatsanleihen. Sämtliche Zahlungen erfolgen vielmehr durch das Kreditieren eines Kontos einer Bank bei der jeweiligen Zentralbank. Die Zentralbanken agieren als Hausbank des Staates – auch in der Eurozone. Politische Regeln können die Staatsausgaben zwar beschränken, doch ist der Staat als Schöpfer des Geldes maßgeblich für die Höhe der Beschäftigung verantwortlich und kann mit einer Jobgarantie Vollbeschäftigung erreichen [En11].

Daraus lässt sich ableiten, dass die Anzahl von Nullen hinter einer 1 sozusagen aus der Sicht eines Fiskalstaates endlos ist. Während 1 Milliarde neun Nullen und eine Billion bereits 12 Nullen hat, zieren 100 Billionen bereits 14 Nullen.

Damit angemessen umzugehen, ist für KI kein Problem mehr, während sich die menschliche Vernunft solch eine Zahl sich gar nicht mehr vorstellen kann. Diese Nullenvermehrung zu beschleunigen, ist somit zwangsläufig mit der Forderung der Politik nach Abschaffung der Schuldenbremse verbunden. Gleiches gilt für die Neuerschaffung von Sondervermögen, denn viel Geld wird benötigt, um die Energiewende Wirklichkeit werden zu lassen.

06 Staatlich geduldete Ungleichheit

TOP

Zu einer Energiewende, sollte sie gerecht finanziert werden, würde nach der hier vertretenen Überzeugung eine Steuerwende einen wesentlichen Beitrag leisten, die in einer Gesellschaft zusammenlebenden Menschen davon zu überzeugen, dass eine Demokratie nicht eine Staatsform für wenige ist, deren Reichtum unangetastet bleiben muss, sondern dauerhaft nur durch eine erträgliche und ausschließlich leistungsorientierte wirtschaftliche Gleichheit aufrechterhalten werden kann. Dazu gleich mehr.

Zuerst einmal geht es darum, die bestehende Ungleichheit zu beschreiben. Fakt ist, dass kaum ein Land in der Welt Arbeit stärker und Vermögen geringer besteuert, als das in Deutschland der Fall ist.

Für Spitzenverdienerinnen und Spitzenverdiener gilt das aber weniger. Betrachtet man die steuerliche Belastung von Hochvermögenden, dann ist Deutschland geradezu ein Niedrigsteuerland.

Zeit.de vom 22. Dezember 2023: So nimmt der deutsche Staat jedes Jahr nur knapp ein Prozent der Wirtschaftsleistung oder knapp 40 Milliarden Euro, an vermögensbezogenen Steuern ein. Im Vergleich: Die USA, Frankreich oder Großbritannien haben drei- bis viermal so hohe Steuereinnahmen auf Vermögen. Wenn Deutschland private Vermögen genauso stark besteuern würde wie diese drei Länder, dann hätte der Staat jedes Jahr 100 Milliarden Euro an zusätzlichen Einnahmen.

Die Ursache für die geringen Steuereinnahmen bei Hochvermögenden in Deutschland liegt nicht daran, dass es wenige Hochvermögende in Deutschland gibt, sondern dass sowohl die Steuersätze auf Vermögen gering sind, als auch Steuervermeidung oft sehr einfach ist. Auch gibt es ungewöhnlich viele Milliardäre in Deutschland, nämlich 109 im Vergleich zu 34 in Frankreich. Während viele Bürgerinnen und Bürger, vor allem mit geringen Einkommen, unter Pandemie und Energiekrise gelitten haben, gehören Hochvermögende eher zu den Gewinnern. [...]. 300 bis 400 Milliarden Euro werden in Deutschland jedes Jahr verschenkt oder vererbt, der Staat nimmt jedoch nur knapp zehn Milliarden Euro an Erbschaftssteuern ein. Schätzungen zeigen, dass dem deutschen Staat jedes Jahr knapp 100 Milliarden Euro an Steuereinnahmen durch Steuervermeidung vor allem von Hochvermögenden entgehen [En12].

07 Folgen inakzeptabler Ungleichheit

TOP

Die Einsicht, dass ein Recht des Stärkeren und die Bildung parasitärer Eliten den Zusammenhalt und das Wohl einer Gesellschaft gefährden, findet sich in allen Gesellschaften. Das zu verhindern hat im Übrigen sogar dazu geführt, dass in Griechenland sozusagen die Demokratie erfunden wurde, deren Anfangserfolge sich aber im Laufe der Zeit wieder verloren, weil die Macht des Geldes und die Gier nach Macht sich nur vorübergehend einhegen ließ, woran sich bei heute nichts Wesentliches geändert hat, denn auch in der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland von heute ist es schier unmöglich, dem Macht- und Gewinnstreben Grenzen zu setzen, die zumindest sozialverträglich sind, denn der Schutz der Schwachen vor den Starken und die Verhinderung eines Rechts des Stärkeren scheinen existieren auch heute noch, nur besser versteckt als in früheren Zeiten.

Warum ist das so?

Die moralischen Konzepte und gemeinschaftsfördernden Verhaltensnormen wurden innerhalb der jeweiligen Herrschaftsideologie stets so umgeformt, dass die Eliten davon am meisten profitieren. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Und das soll aus Sicht der Eliten auch in Zukunft so bleiben. Deshalb gilt es, das Aufkommen von Gegenmächten zumindest behindern und zu diskreditieren, die den Eliten gefährlich werden können, denn auch moderne Staaten dienen dem Zweck, „die Gans, die goldene Eier legt, zu mästen und zu schützen.“

Deshalb wurden schon früh ideologische Mittel zur Erzeugung einer Identifikation der Untertanen mit ihren Herrschern entwickelt, die heute so verfeinert sind, dass wir es gar nicht mehr merken, wie es den wirtschaftlich Mächtigen gelingt, uns alle für eine Ressourcenabschöfpung in einem Umfang zu gewinnen, die zwischenzeitlich menschheitsbedrohliche Ausmaße angenommen hat.

Wer hat dafür gesorgt? Die Organisationsform, die einem Staat gegeben wird, ist immer ein Elitenprodukt und - historisch nachweisbar - ein Instrument der Ausbeutung und der Repression geblieben, das den Eliten mehr Möglichkeiten bietet, als dem gemeinen Volk.

Deshalb streben Staaten auch heute noch danach, ihre Macht immer umfassender und bis in alle Lebensbereiche immer durchdringender zu gestalten. Die Bundesrepublik Deutschland bildet da keine Ausnahme. Totalitarismus stell also die natürliche Steigerungsform des Staates dar, was sich auch daran erkennen lässt, dass sich auch demokratische Staaten der demokratischen Willensbildung dadurch zu entziehen versuchen, indem sie sich zu einem „sich selbst kontrollierenden Staat“ entwickeln.

Dies hat für kapitalistische Staaten in verschärfter Weise Gültigkeit.

Anders ausgedrückt: In einem sich stets verfeinernden Netzwerk von Regelungen haben es die Eliten geschafft, sich nicht nur selbst zu schützen, sie haben sich auch essentielle Vorteile verschafft. Nur so wurde es möglich, dass zum Beispiel die Großbank Goldman Sachs, aber auch international agierende Konzerne, sozusagen allmächtig im Sinne von unangreifbar werden konnten.

Unangreifbar auch deshalb, weil sich diese Eliten anmaßen, die allein richtige Weltsicht zu vertreten. Als eines von vielen Beispielen, die diese Aussage tragen, möchte ich an dieser Stelle die New York Times vom 9.11.2009 zitieren. Dort heißt es in einer Meldung über Lloyd Craig Blankfein (* 1954), einem US-amerikanischen Investmentbanker, der seit 2019 als Senior Chairman von Goldman Sachs und von 2006 bis Ende 2018 dort als Chairman und Chief Executive fungierte und wegen der Höhe seiner Mitarbeiterprämien große Aufmerksamkeit in den Medien erregt hatte, das Geschäftsgebaren seiner Bank damit rechtfertigen zu können, dass er glaube, dass Banken einem sozialen Zweck dienen und „Gottes Werk tun“.

New York Times: „Wir sind sehr wichtig“, sagte Lloyd C. Blankfein in einem Interview mit The Times of London. „Wir helfen Unternehmen beim Wachstum, indem wir ihnen bei der Kapitalbeschaffung helfen. Unternehmen, die wachsen, schaffen Wohlstand. Dies wiederum ermöglicht es den Menschen, Arbeitsplätze zu haben, die mehr Wachstum und mehr Wohlstand schaffen. Es ist ein positiver Kreislauf.“

Die dominierende Wall-Street-Bank meldete im dritten Quartal einen Gewinn von 3 Milliarden US-Dollar und plant, zum Jahresende Boni in Höhe von mehr als 16 Milliarden US-Dollar auszuschütten.

Er sagte jedoch, er verstehe, dass die Leute über das Vorgehen der Banker wütend seien: „Ich weiß, ich könnte mir die Pulsadern aufschneiden und die Leute würden jubeln.“ Aber er sei, sagte er der Times, nur ein Bankier, der „Gottes Werk verrichtet [En13]“.

Von solch einem Sendungsbewusstsein dürfte nicht nur das Führungspersonal einer der größten Banken weltweit sein. Heute ist es für leitende Manager eine Überlebensaufgabe, Gewinne zu machen, denn versagen sie diesbezüglich, werden sie durch andere ersetzt, die genau das tun, was von ihnen erwartet wird: Geld zu machen.

Dieser Zwang zur Geldvermehrung hat zumindest die global operierenden kapitalistischen Machtstrukturen sozusagen vollständig totalitär werden lassen, denn die haben sich bereits jeglicher Form von staatlicher Kontrolle entzogen.

Und woran liegt das?

Die Antwort ist einfach:

Den Eliten ist es gelungen, dass die Mehrheit falschen Fragen stellt und an Propaganda glaubt, deshalb brauchen sie sich über die Antworten des Volkes keine Sorgen mehr zu machen.

Es ist somit wieder an der Zeit, die richtigen Fragen zu stellen, um das wieder zu restaurieren, was wir heute als Demokratie bezeichnen, denn der Möglichkeitsraum des menschlichen Geistes bei der Gestaltung komplexer moderner Gesellschaften ist mit den bislang realisierten Organisationsformen keinesfalls ausgeschöpft.

Anders ausgedrückt: Es ist möglich, eine Demokratie wiederzubeleben, in der dafür gesorgt wird, dass die gewählten Eliten nach dem Wahlakt nicht das tun können, was sie tun wollen, sondern auch die Wählerinnen und Wähler während der Legislaturperioden nicht nur gehört, sondern auch mitentscheiden können.

08 Haushalt 2024

TOP

Manche Politiker fordern vehement eine Kürzung sozialer Leistungen, vor allem beim Bürgergeld und bei der Rente, sogar bei den Beamtengehältern soll der Rotstift angesetzt werden – und die Bundesregierung will in der Tat mindestens 1,5 Milliarden Euro an Sozialausgaben kürzen.

Sicherlich gibt es den Missbrauch bei der Inanspruchnahme von Sozialleistungen, auch wenn es wohl eher zutreffen wird, dass es sich bei der überwältigenden Mehrheit der Empfängerinnen und Empfängern um ehrlich und verlässlich Menschen handeln dürfte. Die Kosten des Missbrauchs belaufen sich nach sehr groben Schätzungen auf knapp 60 Millionen Euro im Jahr.

Das mag viel erscheinen, ist aber verglichen mit anderen Summen sehr wenig. Die Politik sollte, anstatt die verletzlichsten Gruppen für das Stopfen der Löcher im Bundeshaushalt heranzuziehen, die Hochvermögenden zur Kasse bitten, die sich durch die vielen Steuerprivilegien häufig kaum an der Finanzierung von der staatlichen Daseinsfürsorge, von Infrastruktur und Bildung beteiligen.

Eigentum verpflichtet“, heißt es im Artikel 14 des Grundgesetzes, und weiter: „Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Eine Demokratie, die nicht nur dem Namen nach eine Demokratie bleiben möchte, ist deshalb klug beraten, auf die Stimme des Volkes zu hören. Das aber setzt voraus, dass die Haushaltsplanung des Staates nicht nur auf eine soziale Ausgewogenheit achtet, sondern ihre Politik diesbezüglich auch glaubwürdig sein muss.

09 Die Reichen trifft die Zahlungspflicht

TOP

Diese Überschrift stammt nicht aus dem Kommunistischen Manifest von Karl Marx, denn auch bei Thomas Piketty, einem Wirtschaftswissenschaftler von hohem Rang, kann nachgelesen werden, dass bei einer Inflationsrate von mehr als 4 bis 5 Prozent, staatliches Eingreifen dringend erforderlich wird.

Wie dem auch immer sei: Die Argumentation von Piketty geht aber weit darüber hinaus, denn er stellt auch die Frage, wer die Kosten solcher notwendig werdenden staatlichen Eingriffe zu zahlen hat. Die Antwort, die Piketty darauf gibt, lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Die Reichen, insbesondere die Superreichen haben diese Kosten zu zahlen.

Bezug nehmend auf das Lastenausgleichsgesetz aus dem Jahr 1952, das die Folgen des Zweiten Weltkrieges in Westdeutschland abfedern sollte, erinnert Piketty daran, dass damals von den Reichen Spitzensteuersätze von bis zu 90 Prozent eingefordert wurden. Heute einfach unvorstellbar. Das wäre eine Revolution. Anders ausgedrückt: Kommunismus oder Sozialismus in Reinform.

So habe zumindest ich Piketty nicht verstanden, denn in seinem Buch „Das Kapital“ schreibt er:

Thomas Piketty: „Eine plausible Interpretation [von Gleichheit] lautet, dass soziale Ungleichheiten nur dann vertretbar sind, wenn sie im Intgeresse aller und namentlich der benachteiligten sozialen Gruppen liegen (Seite 640).“

Dieses Ziel zu erreichen, dürfte, wenn die passende Erzählung dazu geschrieben und verbreitet wird, die Zukunft moderner Demokratien sein. Gelingt das nicht, den dringend erforderlichen sozialen Ausgleich Wirklichkeit werden zu lassen, dann wird die sich daraus ergebende Demokratieverdrossenheit dafür sorgen, dass sich dieses System sozusagen selbst auflöst. Die nachfolgenden Zitate [En14] lassen erkennen, was eine demokratischere Zukunft voraussetzen würde:

Ingeborg Maus: Unantastbar werden die Freiheitsrechte erst dadurch, dass nicht die Mächtigen, sondern die Machtlosen über die Art ihres Freiheitsgebrauchs bestimmen.

Niccolò Machiavelli: Das Verlangen der Eliten nach Macht und Besitz ist so gewaltig, dass es ein Gemeinwesen bald zum Untergang führt, wenn es nicht durch verschiedene Mittel und Wege daran gehindert wird.

Barrington Moore: In jeder Gesellschaft sind die dominanten Gruppen gerade diejenigen, die am meisten über die Funktionsweise der Gesellschaft zu verbergen haben.

Über den Satz von Barrington Moore (1913 bis 2005), einem US-amerikanischen Soziologe, Historiker und Politikwissenschaftler nachzudenken, dürfte zu Vorstellungen führen, die, wenn sie erst einmal ins Bewusstsein eingedrungen sind, eine Menge weiterer Fragen aufwerfen dürften, deren an der Realität ausgerichteten Antworten moralisch kaum zu rechtfertigen sind aber dennoch geltendem Recht entsprechen, weil geltendes Recht nicht vorrangig die Armen, sondern insbesondere die Macht- und Besitzstände der Mächtigen schützt.

Darüber hinausgehend zeigt Barrington Moore aber auch auf, warum Menschen sich so oft damit abfinden, Opfer ihrer gesellschaftlichen Verhältnisse zu sein, und warum sie zu anderen Zeiten überaus zornig werden und mit Leidenschaft und Gewalt ihre Situation zu verändern versuchen, meist mit dem Ergebnis, dass, wenn auch in anderer Form, die Machteliten nach getaner Arbeit erneut wie Phönix aus der Asche, sich wieder zu etablieren vermögen.

10 Meritokratie erzeugt nur noch mehr Ungleichheit

TOP

Meritokratie: Dieses Wort lässt sich durchaus als Verdienstadel übersetzen, denn gleichermaßen wie das Wort Adeliger oder Aristokrat haftet dem Wort Meritokratie die Neigung von Gewinnern an, die günstigen Umstände zu vergessen, die sie zu dem haben werden lassen, was sie entweder durch Geburt, durch Leistung oder durch besondere Verdienste geworden sind, denn eine vollkommene Meritokratie geht davon aus, dass ihre Teilhaber durch ihre Herkunft, durch harte Arbeit oder durch persönliche Leistung das verdienen, was sie besitzen und diejenigen, die dazu nicht in der Lage sind oder waren, also die Erfolglosen, daran zumindest Mitschuld tragen.

Das macht Leistung und Verdienst“, so Michael Sandel, „zu einer Art von Tyrannei oder ungerechter Herrschaft [En15].“

Für diejenigen, die es geschafft haben, lässt sich daraus folgende Überzeugung ableiten, die da lautet: Mein Wohlstand steht mir zu. Dieser Standpunkt aber wirkt sich zutiefst zersetzend auf die Gemeinschaft aus, zumal harte Arbeit heute wirklich kein Garant mehr für den gesellschaftlichen Aufstieg ist.

Michael Sandel: Wenn das reichste Prozent mehr einnimmt als die gesamte untere Hälfte der Bevölkerung, dann klingt der Spruch, dass Anstrengung und harte Arbeit einen weit bringen können, allmählich hohl [En16].

Das führt den Autor zu der Feststellung, dass das meritokratische Ideal kein Mittel gegen die Ungleichheit, sondern eine Rechtfertigung von Ungleichheit ist [En17].

Und unter Bezug auf den nicht-meritokratischen Ansatz von John Rawls (1921 bis 2002) einem US-amerikanischen Philosophen, in dessen Hauptwerk es überwiegend um Fragen der Gerechtigkeit und um Fragen der Fairness ging, heißt es bei Michael Sandel, dass ein Nachdenken der Erfolgreichen diese demutsvoller werden lassen sollte. Notwendig sei es, dass die Erfolgreichen einsehen, dass meritokratische Überheblichkeit einzuschränken sei, um den Verlust des Selbstwertgefühls bei jenen zu verhindern, denen Macht oder Vermögen fehlt, denn wenn ich wirklich glaube, dass mein Erfolg eher glücklichen Umständen als meinem eigenen Handeln zu verdanken ist, fühle ich mich wahrscheinlich eher verpflichtet, dieses Glück mit anderen zu teilen [En18].

Die Wirklichkeit aber sieht anders aus.

Michael Sandel: Wenn die Meritokraten glauben – wozu immer mehr von ihnen ermutigt werden –, ihre Karrierefortschritte seien das Ergebnis ihrer eigenen Leistungen, können sie das Gefühl bekommen, sie würden verdienen, was immer sie sich unter den Nagel reißen [En19].“

11 Schlusssätze

TOP

Seit Menschengedenken ist es den Eliten gelungen, sich auf Kosten der vielen anderen zu bereichern. Charles Tilly hat dieses Vermögen autoritärer Staaten „die vollkommenste Form einer mit Legitimität versehenen Schutzgelderpressung“ und somit als „organisiertes Verbrechen“ bezeichnet. Das Wunder „Demokratie im antiken Athen“ vermochte diesem Selbstverständnis der Eliten nur ein vorübergehendes Ende zu bereiten.

Wie dem auch immer sei:

Rainer Mausfeld: Die Organisationsform des Staates als Machtinstrument parasitärer Eliten hat bislang im historischen Vergleich eine überragende Stabilität und Anpassungsfähigkeit gezeigt, so dass wir realistischerweise für sehr lange Zeiträume die Existenz des Staates als gegeben voraussetzen und uns mit der Verbesserung derjenigen zivilisatorischen Schutzinstrumente begnügen müssen, die staatsbezogene Demokratiekonzeptionen bereitgestellt haben [En20].

Dieser Anpassungsfähigkeit dürften aber Grenzen gesetzt sein, denn bereits Anfang Januar 2024 ist deutlich geworden, dass zumindest die Bauern sich dem Diktat der von Regierungsseite angeordneten Sparmaßnahmen nicht mehr beugen wollen.

Der Protest hat zwischenzeitlich ein Ausmaß angenommen, das deutlich macht, dass große Teile der Bevölkerung dazu bereit sind, einer verfehlten Politik sozusagen die "Rote Karte" zu zeigen.

Welche Konsequenzen sich aus der sichtbar gewordenen Wut sich für die Regierungsparteien daraus für die anstehenden 5 Wahlen im Jahr 2024 ergeben, dürfte für die Zukunft der Republik bedeutsam sein.

  • Wahlwiederholung in Berlin im Februar 2024

  • Europawahl im Juni 2024

  • Landtagswahl in Brandenburg im September 2024

  • Landtagswahl in Sachsen im September 2024

  • Landtagswahl in Thüringen im Oktober 2024.

Übrigens:

Das Hochwasser in weiten Teilen Deutschlands hat bereits den SPD-Chefhaushälter auf den Gedanken gebraucht, die Schuldenbremse wegen Hochwasser 2024 aussetzen.

Zeit.de vom 3.1.2024: Nach SPD-Angaben wird geprüft, ob die Dimensionen der Flut ausreichen, um die Schuldenbremse zu umgehen. Das Grundgesetz lasse das trotz des jüngsten Haushaltsurteils zu [En21].

Zu einem Solidaritätsprogramm zumindest der Superreichen findet sich in den Medien nicht ein Wort. Irgendwie scheinen Politiker mehr daran interessiert zu sein, Besitzstände zu schützen, als Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind, zu helfen.

Armes Deutschland.

TOP

12 Quellen

TOP


Endnote_01
Koran zitiert nach: Max Henning. Der Kroan. Reclam-Verlag 1960
Zurück

Endnote_02
Anzahl der Muslime in Europa und weltweit im Jahr 2010 und Prognose bis 2050
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1116360/umfrage/
anzahl-der-muslime-in-europa-und-weltweit/
Zurück

Endnote_03
Alain. Gedanken über die Religion. Verlag Schulte-Blumke, Frankfurt am Main – 1948. Fatalismus: Seite 25 – Fatalismus
Zurück

Endnote_04
Émile-Auguste Chartier (1868 bis 1951), genannt Alain, war ein französischer Denker und Schriftsteller, der zwischen den beiden Weltkriegen hohes Ansehen als „moralische Stimme“ Frankreichs genoss.
Zurück

Endnote_05
Ebd. Alain. Seite 25/26
Zurück

Endnote_06
Statista.com: Anzahl der Elektroautos in Deutschland von 2006 bis Oktober 2023.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/265995/
umfrage/anzahl-der-elektroautos-in-deutschland/
Zurück

Endnote_07
Bundesregierung 23.12.2023: Nachhaltige Mobilität Nicht weniger fortbewegen, sondern anders.
https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/
klimaschutz/nachhaltige-mobilitaet-2044132
Zurück

Endnote_08
Bundestag.de vom 17.11.2023: Bundestag verabschiedet das Wachstumschancengesetz.
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/
kw46-de-wachstumschancengesetz-977904?ref=aussiedlerbote.de
Zurück

Endnote_09
BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 - 2 BvF 1/22 – 2. Nachtragshaushaltsgesetz ist verfassungswidrig
Zurück

Endnote_10
Bundesregierung vom 9.8.2023: Sondervermögen „KTF“ Milliardeninvestitionen in Energiewende, Klimaschutz und Transformation.
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/
ktf-sondervermoegen-2207614
Zurück

Endnote_10a
Handelsblatt.de vom 5.1.2024: Deutschland fehlen 60 Milliarden für Reservekraftwerke. https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/energieversorgung-deutschlandfehlen-60-milliarden-fuer-reservekraftwerke-01/100002644.html
Zurück

Endnote_11
Degruyter.com: Was ist Modern Monetary Theory?
https://www.degruyter.com/document/doi/
10.1515/pwp-2021-0027/html
Zurück

Endnote_12
Superreiche könnten leicht die Haushaltslücke schließen. Eine Kolumne von Marcel Fratzscher.
https://www.zeit.de/wirtschaft/2023-12/
steuern-superreiche-haushaltskrise-finanzierung
Zurück

Endnote_13
New York Times vom 9.11.2009: Blankfein Says He’s Just Doing ‘God’s Work’.
https://archive.nytimes.com/dealbook.nytimes.com/
2009/11/09/goldman-chief-says-he-is-just-doing-gods-work/
Zurück

Endnote_14
Zitiert nach: Rainer Mausfeld. Hybris und Nemesis. Wie uns die Entzivilisierung von Macht an den Abgrund führt. Westend-Verlag 2023.
Zurück

Endnote_15
Michael J. Sandel. Vom Ende des Gemeinwohls. Wie die Leistungsgesellschaft unsere Demokratie zerreißt. Fischer-Verlag 2023, Seite 42
Zurück

Endnote_16
Ebd. Saidel, Seite 119
Zurück

Endnote_17
Ebd. Sandel, Seite 195
Zurück

Endnote_18
Ebd. Sandel, Seite 230
Zurück

Endnote_19
Ebd. Sandel, Seite 245
Zurück

Endnote_20
Rainer Mausfeld. Hybris und Nemesis. Wie uns die Entzivilisierung von Macht in den Abgrund führt. Westend-Verlag 2023, Seite 269/70
Zurück

Endnote_21
Zeit.de vom 3.1.2024: Bundeshaushalt 2024: SPD-Chefhaushälter will Schuldenbremse wegen Hochwasser aussetzen.
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2024-01/
bundeshaushalt-2024-schuldenbremse-hochwasser-dennis-rohde
Zurück



Fehler, Verbesserungsvorschläge und Fragen richten Sie bitte an:

info@rodorf.de

--------------------------------------------------------------

Die Pflege und der Unterhalt dieser Webseite sind mit Kosten
verbunden. Aus diesem Grunde können die anderen Kurse, die das polizeiliche Grundlagenwissen betreffen, nicht unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

Polizeiliches Grundlagenwissen
Printausgaben und E-Books
www.polizeikurse.de