Brandmauern am Tag der Deutschen
Einheit
Inhaltsverzeichnis:
01 Zur
Überschrift 02 Das Volk als
Schicksalsgemeinschaft
03 Jeder Staat braucht
Feinde 04 Die deutsche Nation
05 Die Wirklichkeit von heute 06
Adorno zum neuen Rechtsradikalismus 07
Faschismus heute 08 Ein
Faschismustest 09 Zerrissenes Deutschland
10 Verlockung des Autoritären 11
Holen wir uns unser Land zurück 12
Rede des Bundeskanzlers am Tag der Deutschen
Einheit
13 Was Moral für negative Folgen haben
kann 14 Quellen
01
Zur Überschrift
TOP
Allein die Überschrift
wirft Fragen auf. Die erste Frage lautet: Was ist eine
Brandmauer im politischen Sprachgebrauch von heute und was heißt
„deutsche Einheit“ überhaupt? Ist damit die Einheit des
deutschen Volkes gemeint oder die Einheit auch all derer, die
erst in den Jahren nach 1969 in die Bundesrepublik Deutschland,
zuerst als Gastarbeiter und später dann - ab 2015 - in Massen
als Flüchtlinge oder Asylanten in Deutschland aufgenommen wurden
und weiterhin werden?
Ich denke, dass es der
historischen Wahrheit entspricht, zuerst einmal von dem Zustand
des deutschen Volkes auszugehen, das nach dem Ende des Zweiten
Weltkrieges geteilt wurde, denn nur das, was geteilt wurde,
konnte auch wieder zur „Deutschen Einheit“ zusammengefügt
werden.
Ausgehend von dieser
Tatsache lässt sich feststellen, dass es sich bei dem deutschen
Volk nicht nur zum Zeitpunkt der Teilung, sondern schon
Jahrhunderte zuvor, um eine Schicksalsgemeinschaft gehandelt
hat, deren Schicksal sich 1945 in den Händen der Siegermächte
befand und das, was die Siegermächte mit dem bedingungslos kapitulieren
Deutschen Reich tatsächlich vorhatten, damals noch nicht
absehbar war. Obwohl es bereits zum Ende des Krieges zu
umfangreichen Fluchtbewegungen von Ost nach West gekommen war,
und auch nach dem Ende des Krieges Vertreibungen zur erlebbaren
Wirklichkeit gehörten, kann dennoch festgestellt werden, dass
die Menschen, die im untergegangenen Deutschen Reich lebten, es
sich dabei weitgehend um ein homogenes deutsches Volk gehandelt
hat. Das änderte sich erst 1969 mit dem Beginn des
"vorübergehenden Imports" von Gastarbeitern, denn die würden ja,
so die Annahme, die Bundesrepublik Deutschland wieder verlassen,
wenn sie hier nicht mehr benötigt wurden, was sich aus der Sicht
von heute als ein Trugschluss herausgestellt hat.
Wie die politischen
Kräfte auch immer gewirkt haben und weiterhin wirkten, immerhin hat es, ausgehend vom
Gründungsdatum der DDR, das war der 7. Oktober 1949, insgesamt
23 Jahre gedauert, genauer gesagt bis zum 8. November 1972, bis
beide „Seiten“ dem Grundlagenvertrag zwischen der
Bundesregierung und der DDR-Regierung zustimmten. Die
Ratifizierung folgte im Jahr darauf.
Weitere 18 Jahre hat es
gedauert, bis die deutsche Wiedervereinigung durch die
friedliche Revolution der in der DDR lebenden Menschen,
sozusagen durch friedlichen Protest auf der Straße „erzwungen“
werden konnte, so dass schließlich am 3. Oktober 1991
dieser Tag erstmalig als Nationalfeiertag gefeiert werden
konnte.Gleichzeitig
verlor der 17. Juni durch den Einigungsvertrag seinen Status als
gesetzlicher Feiertag.
Aber: Am ersten „Tag der deutschen Einheit“ eskaliert auch
die rassistische Gewalt. In ganz Deutschland werden
Flüchtlingsheime angegriffen und Migrantinnen und Migranten
attackiert.
Wie dem auch immer
sei:
Carl Schmitt, Chefjurist
im Dritten Reich und Vertreter des Glaubens an das deutsche
Volk, hat in seiner Schrift „Der Begriff des Politischen“ sich
bereits 1932 zum Staat und zum Volk wie folgt positioniert:
Carl Schmitt:
Staat ist
seinem Wortsinn und seiner geschichtlichen Erscheinung nach ein
besonders gearteter Zustand eines Volkes, und zwar der im
entscheidenden Fall maßgebende Zustand und deshalb, gegenüber
den vielen denkbaren individuellen und kollektiven Status, der
Status schlechthin [En01].
02 Das Volk als Schicksalsgemeinschaft
TOP
Das in
einem Staat lebende Volk ist eine Schicksalsgemeinschaft. Daran
zu zweifeln setzt Geschichtslosigkeit voraus. Zum Zeitpunkt der
Teilung Deutschlands war das zuerst einmal ein ganz anderes
Schicksal, als das zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung der Fall
gewesen ist.
Wie dem auch immer sei:
Die einen feierten und die anderen zündeten Flüchtlingsheime an.
Ein merkwürdiges deutsches Volk.
Heute wird die Sprachfigur des
„deutschen Volkes“ gewolltermaßen auch deshalb immer fragwürdiger und
unglaubwürdiger, weil es das deutsche Volk - so die einen - angeblich niemals
gegeben hat, was die anderen bezweifeln. Diesbezüglich heißt es in einem Artikel auf
Spiegel.de
vom 4.10.2024 wie folgt:
Spiegel.de
vom 4.10.2024:
Deutschland war nie eine homogene Einheit, auch nicht zu Zeiten
der „alten“ Bundesrepublik. Der Westen war ein Mosaik aus
Dialekten, Traditionen und wirtschaftlichen Besonderheiten. Ob
Bayern mit seiner stark katholischen Prägung, dem lauten
Karneval im Rheinland oder der protestantischen Zurückhaltung im
Norden – der Westen selbst war divers und hatte seine eigene,
interne Vielfalt [En02].
Wer ein
Volk so einfach ins Abseits stellt, macht es sich nicht nur zu
einfach, der verkennt auch, dass es sich bei den im
deutschsprachigen Raum lebenden Menschen zwar nicht um einen
homogenen Volksstamm, davon gab es schon immer im
deutschsprachigen Raum sehr viele, sondern um eine
Kulturgemeinschaft gehandelt hat und die auch immer noch
existiert und die sich in der Zeit vor 1945, sich trotz der oben
skizzierten Vielfalt, sich dennoch mehrfach zu einer Nation
zusammenfand, in der das Deutschsein die alleinige Klammer des
Zusammengehörigkeitsgefühls gewesen ist. Dass diese Nation an
ihrer Selbstüberschätzung gescheitert ist, braucht hier nicht
weiter belegt zu werden.
03 Jeder Staat braucht Feinde
TOP
Und
wohin nationales Denken geführt hat und wohl auch weiterhin
führen wird, das beschreibt Carl
Schmitt, ausgehend von der Feststellung, dass kein Staat ohne
einen Feind existieren kann, wie folgt:
Carl Schmitt:
Der politische Feind braucht nicht moralisch böse, er braucht
nicht ästhetisch hässlich zu sein; er muss nicht als
wirtschaftlicher Konkurrent auftreten, und es kann vielleicht
sogar vorteilhaft scheinen, mit ihm Geschäfte zu machen. Er ist
eben der Andere, der Fremde, und es genügt zu seinem Wesen, das
er in einem besonders intensiven Sinne existenziell etwas
Anderes und Fremdes ist, so dass im extremen Fall Konflikte mit
ihm möglich sind, die weder durch eine im Voraus getroffene
generelle Normierung, noch durch den Spruch eines
„unbeteiligten“ und daher „unparteiischen“ Dritten entschieden
werden können [En03].
Und
derer - gemeint sind die Feinde - gibt es zurzeit wieder ziemlich viele, sowohl im Inland
als auch im Ausland. Die folgende Auflistung erhebt keinen
Anspruch auf Vollständigkeit.
Im Innern gehören zu den ausgemachten Feinden der Demokratie:
-
Die
AfD
-
Das
Bündnis Sarah Wagenknecht
-
Die
Putinversteher
-
Die
Klimaleugner
-
Die
Impfgegner
-
Die
Andersdenkenden
-
Die
Rechten
-
Die
Rassisten
-
Die
Sexisten
-
Die
Islamisten
-
Die
Gefährder und diesen nahestehende relevante Personen
-
Die
Ostdeutschen, denn denen fehlt es an Demokratieerfahrung und
an Demokratieverständnis. Ein Vorwurf, über den sich die
Bürgerinnen und Bürger Ostdeutschlands ganz besonders ärgern
dürften, denn sie waren es ja schließlich, die für die Demokratie nicht nur
auf die Straße gegangen sind und sich mit einem hohen
persönlichen Risiko für diese Staatsform eingesetzt haben,
ganz im Gegensatz zu ihren „Brüdern und Schwestern im
Westen“, denen die Demokratie sozusagen aufgezwungen wurde.
Die Feinde,
die Deutschland von außen bedrohen, sind schneller aufgelistet,
zumindest wenn man sich dabei ausschließlich an die Sichtweise des
freien Westens hält, der, überzeugt davon, auf der richtigen
Seite der Geschichte zu stehen, weiß, dass wir die Guten und die
Russen, die Islamisten, die Hamas und andere
Terrororganisationen die Bösen sind. Und natürlich sind auch all
diejenigen unsere Feinde, die Israel bedrohen, denn die
Interessen Israels gehören zur deutschen Staatsräson. Es würde
zu weit führen, die Sprachfigur der „Staatsräson“ näher
auszuführen, denn sie hat eine lange Geschichte. Zielführender
dürfte es sein, diese Staatsräson, wie wir sie heute meinen, zu
erklären. Diesbezüglich heißt es in der Online-Ausgabe der
Neuen
Züricher Zeitung wie folgt:
NZZ.ch
vom 18.10.2023:
Die
Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson. Scholz hat dieses
Diktum seiner Amtsvorgängerin Angela Merkel verinnerlicht. Wenn
der jüdische Staat nicht mehr existieren kann, sind auch die
Grundfesten des postnationalsozialistischen Deutschland
erschüttert. Deswegen ist es richtig, dass der Kanzler sich in
seiner Regierungserklärung unmissverständlich auf die Seite
Israels gestellt hat und dass Rüstungsexporte nach Israel nun
prioritär bearbeitet werden. Außenpolitisch hat Deutschland
unter Olaf Scholz die Staatsräson ausbuchstabiert – was die
Merkel-Regierung nie getan hatte. Im Deutschen Bundestag
kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 19. Oktober 2023,
einen Tag nach der Beendigung seiner Israelreise ein hartes
Vorgehen gegen Antisemitismus und Gewaltverherrlichung auch im
Inland an [En04].
Anders ausgedrückt:
Dem Schutz des jüdischen Lebens auch in Deutschland räumte der
Kanzler oberste Priorität ein. Die Behörden in Deutschland
dürften keine Demonstrationen zulassen, so der Kanzler, bei
denen antisemitische Parolen gebrüllt und Gewalt verherrlicht
würden.
Da sich
am 7. Oktober 2024 der Jahrestag des Terrorangriffs auf Israel
jährte, der zu dem Krieg im Nahen Osten von heute führte, wurde
mit Ausschreitungen anlässlich von Demonstrationen gerechnet.
Zeit.de
vom 4.10.2024:
Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP)
ist alarmiert. „Wir blicken mit großer Sorge auf die kommenden
Tage. Man konnte bereits in den vergangenen Tagen sehen, dass
sich die Gewaltbereitschaft der propalästinensischen Szene auf
unseren Straßen wieder verstärkt in Hass, Antisemitismus und
Gewaltexzessen entlädt“, sagte Berlins
GdP-Sprecher
Benjamin Jendro.
Die jüngsten Entwicklungen zwischen Israel, dem Libanon und dem
Iran werden seiner Ansicht nach Auswirkungen auf das
Versammlungsgeschehen in Berlin haben.
Der
Jahrestag des Massakers ist am kommenden Montag. Die Polizei in
Berlin ist dann mit rund 2.000 Einsatzkräften vor Ort, um die
Demonstrationen abzusichern. „Unterstützung kommt dabei aus
anderen Bundesländern und dem Bund“, sagte ein Sprecher. Bereits
am Wochenende stehen in der Hauptstadt mehrere Demonstrationen
an.
In
Frankfurt am Main hatte die Stadt eine propalästinensische
Demonstration für Montag verboten, das dortige
Verwaltungsgericht hob dieses Verbot jedoch kurze Zeit später
wieder auf [En05].
Mit anderen Worten:
Die
Diversität im wiedervereinigten Deutschland hat zwischenzeitlich
einen Zustand erreicht, in dem es vielen Angst und Bange vor
dieser Diversität wird, denn große Teile dieser Diversität
verfügen über eine Kultur und über ein Werteverständnis, das mit
der Kultur, die in Europa und somit auch in Deutschland über gut
2000 Jahren gewachsen ist und wohl auch immer noch vorherrscht,
nur schwer zu vereinbaren sein dürfte.
04 Die deutsche Nation
TOP
Auch wenn
die Bilanz der deutschen Nationsbildung in Lauf der Geschichte
als negativ zu bezeichnen ist, bedeutet das nicht, dass dem
deutschen Volk, besser gesagt denen, die sich mit diesem Volk
als engste verbunden fühlen, dadurch der Wunsch nach einer
deutschen Nation abhandengekommen ist. Auch wenn heute wohl nur
noch wenige die Rede von Ernest
Renan
(1823 bis 1892) gelesen haben, dürften die folgenden
Sätze aus seiner Rede „Was ist eine Nation?“, auch heute noch
dem Wunsch vieler Menschen in Deutschland entsprechen, die, um
sie sprachlich zu kennzeichnen, als Standard- oder Biodeutsche
bezeichnet werden müssen, oder, wie die ehemalige
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) getan hat, als „diejenigen, die schon
länger hier leben“ zu bezeichnen sind.
Angela Merkel 2007:
Ich finde
es wichtig, dass wir unsere Einstellung, mit der wir an das
Thema Integration herangehen, deutlich machen, und dass wir auch
zu den Migrantinnen und Migranten sagen: Wir erwarten von euch,
dass ihr euch in diesem Land integriert, wenn ihr dauerhaft hier
sein wollt. Das heißt, vor allem, dass ihr die deutsche Sprache
beherrscht, damit ihr am gesellschaftlichen Leben teilnehmen
könnt. Als diejenigen, die schon länger hier leben, wissen wir
aber auch, dass wir ein Stück Offenheit zeigen und uns verändern
müssen und die, die als neue Zuwanderer zu uns kommen, als
Bereicherung unserer eigenen Gesellschaft begreifen müssen
[En06].
Wie dem
auch immer sei: Deutscher zu sein, das bedeutet auch heute immer
noch, sich nicht nur schämen zu müssen, sondern auch dazu bereit
zu sein, auf seine deutsche Identität zu verzichten, denn wer
die für sich in Anspruch nimmt, die oder der denkt bereits rechts.
Zurück zu
Ernest
Renan.
Einer der zentralen Sätze seiner Rede hat folgenden Wortlaut:
Eine Nation ist eine
Seele, ein geistiges Prinzip.
An anderer Stelle heißt es:
Ernest
Renan:
Die Nation
ist eine große Solidargemeinschaft, die durch das Gefühl für die
Opfer gebildet wird, die erbracht wurden und die man noch zu
erbringen bereit ist. Sie setzt eine Vergangenheit voraus und
lässt sich dennoch in der Gegenwart durch ein greifbares Faktum
zusammenfassen: die Zufriedenheit und den klar ausgedrückten
Willen, das gemeinsame Leben fortzusetzen. Die Existenz einer
Nation ist (man verzeihe mir diese Metapher) ein tägliches
Plebiszit, wie die Existenz des Individuums eine ständige
Bekräftigung des Lebens ist. ... Die Nationen sind nichts
Ewiges. Sie haben einmal angefangen, sie werden enden [En07].
So lange
aber, wie Staaten Bestand haben, in denen Menschen
zusammenleben, die sich als eine Nation verstehen, wird es
zwangsläufig zu Problemen kommen, wenn ein „Zusammenleben“
gestaltet werden soll, in dem Wörter wie Nation, Volk und
Tradition und Worte wie Heimat und mein Deutschland sozusagen
auf der "Roten Liste" der verbotenen Wörter stehen, obwohl bei
einem näheren Hinsehen, wirklich nicht übersehen werden kann,
dass die Zugehörigkeit zu
einem Volk oder zu einer Nation tatsächlich ein Schicksal ist, das
auf die Befindlichkeiten der dort lebenden Menschen kaum
Rücksicht nimmt, die das anders sehen wollen, weil sie sich
vielleicht sogar schämen, Deutsche oder Deutscher zu sein, denn
die Aufarbeitung des deutschen Kriegstraumas hat bei vielen die
Vorstellung entstehen lassen, einem Tätervolk anzugehören, dass
sozusagen zur Wiedergutmachung verpflichtet sei. Daran aber
dachte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) wohl nicht,
als er am Tag vor dem Vollzug der Wiedervereinigung in der
Rede seines Lebens, gemeint ist die
Fernsehansprache von Helmut Kohl, die er am 2. Oktober 1990
hielt, Folgendes sagte:
Liebe Landsleute!
In wenigen
Stunden wird ein Traum Wirklichkeit. Nach über vierzig bitteren
Jahren der Teilung ist Deutschland , unser Vaterland wieder
vereint. [...].
Deutschland ist unser Vaterland, das
vereinte Europa unsere Zukunft. Gott segne unser deutsches
Vaterland [En07a].
Heute
haftet solchen Sätzen bereicht etwas Anrüchiges an, denn solch
eine Sprache spricht heute nur noch die AfD, die es mit allen
Mitteln zu bekämpfen gilt, wozu auch das Errichten von
Brandmauern gehört.
Zurück zur Identifikation mit einer Nation:
Kurt Hübner:
Die
Identifikation mit einer Nation ist nicht ein Akt des Willens
oder der freien Entscheidung, sondern ein Schicksal. Der Mensch
wird mit seiner Muttersprache, seiner Kindheit und Jugend, die
ihn unauslöschlich prägen, in eine Nation hineingeboren,
gleichgültig, ob es sich nun um diejenigen eines homogenen
Staates, eines Vielvölkerstaates oder um eine Kulturnation
handelt. So kann seine schicksalhafte Identifizierung gleichsam
mehrere Schichten aufweisen. Selbst in den Fällen, wo man seine
nationale Zugehörigkeit wechselt, bleibt die schicksalhafte
Verknüpfung mit dem Ursprung unaufhebbar, wird aber auch die
neue Identifikation, die sich dann gewissermaßen darüber
schiebt, als schicksalhafte Bindung empfunden, sofern es sich
dabei wirklich um eine Identifikation, eine Verschmelzung mit
dem eigenen Wesen handelt und nicht nur um einen bloß äußeren
Akt des Zwanges oder des Opportunismus [En08].
Wie dem auch immer sei:
Wer heute
als Verfassungspatriot das Grundgesetz aufschlägt, findet in der
Präambel den Begriff „Deutsches Volk“. Danach aber ist die Rede
von den „Deutschen in den Ländern“, was nahelegt, dass es nicht
nur das Bundesvolk, sondern weitere 16 Landesvölker gibt.
Und dann
gibt es ja auch noch den Artikel 116 GG, in dem es im Absatz 1
heißt:
Art
116 Abs. 1 GG (1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes
ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die
deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder
Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen
Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches
nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.
05 Die Wirklichkeit von heute
TOP
Wer
heute von einem oder einer Deutschen spricht, weiß eigentlich
gar nicht mehr, wer damit gemeint ist, denn jeder Versuch, den
Deutschen als eine Sprachfigur zu verstehen, dessen
Muttersprache deutsch, dessen Kultur europäisch und dessen
kultureller Zusammenhalt sich aus einer „gemeinsam erlebten
Geschichte“ ableiten lässt, haftet nicht erst seit heute der
Begriff des Völkischen an.
Bereits
2019, als der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke, dessen
Geburtsort Lünen in NRW ist, der CDU und der FDP den Vorschlag
machte, über neue Formen der Zusammenarbeit ins Gespräch zu
kommen, etwa durch die Tolerierung einer Minderheitsregierung,
äußerte sich der damalige CDU-Generalsekretär
Ziemiak
dazu wie folgt:
FAZ.de
vom 6.11.2019:
Die AfD ist aus
Ziemiaks
Sicht eine Partei, „die zu großen Teilen einen
völkisch-autoritären Politikansatz verfolgt und grundlegende
Prinzipien unserer Verfassung in Frage stellt“. Die Partei rede
der auf Homogenität ausgerichteten Volksgemeinschaft das Wort.
„So fing es auch schon 1933 an“, schrieb der CDU-Politiker.
Daran hat sich bis heute nichts geändert. Eine Zusammenarbeit
mit der AfD wird nicht nur von der CDU, sondern auch von allen
anderen Parteien ausgeschlossen [En09].
Zurzeit
nehmen sogar die Forderungen nach einem Parteienverbot der AfD wieder
an Fahrt auf. Während der parteilose Ex-Bundespräsident Joachim
Gauck davor warnt,
Konservative
weiter vom Staat zu entfremden, wirbt die
Bundestagsvizepräsidentin Karin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die
Grünen) für ein prinzipienfestes Vorgehen, denn für die
Entwicklung von heute, so Karin Göring-Eckardt, sei sie in der
noch vor 35 Jahren existierenden DDR nicht auf die Straße
gegangen.
Dieser
Sichtweise widersprechend hält der heute 84 Jahre alte ehemalige
parteilose Bundespräsident Joachim Gauck ein Verbotsverfahren
nicht nur für untauglich, sondern sogar für schädlich, weil
dadurch die Wählerschaft der Partei nicht abgeschafft würde.
„Vielmehr würden wir noch mehr Wut und noch mehr Radikalität
erzeugen – und das wäre politisch schädlich.“ Nach Ansicht
Gaucks würden verunsicherte konservative Bürger, die die AfD
wählten, bei einem Verbot der AfD den Staat als Feind erleben
[En10].
Das
dürfte bereits heute so der Fall sein, denn alle anderen
Parteien sehen in der AfD einen Verfassungsfeind, den es mit
allen Mitteln zu bekämpfen gilt.
06 Adorno zum neuen Rechtsradikalismus
TOP
Die
Ausführungen, die Theodor W. Adornos bereits 1967 anlässlich eines
Vortrages zu den Ursachen des „Wiedererwaches des
Rechtsradikalismus“ in Deutschland machte, können auch heute noch Gültigkeit
für sich in Anspruch nehmen, denn die Voraussetzungen
faschistischer Bewegungen sind, in Anlehnung an Theodor W.
Adorno (1903 bis 1969), sowohl gesellschaftliche Zusammenbrüche
als auch
die permanente Deklassierung von Schichten, die befürchten ihre
Privilegien zu verlieren. Diese Gruppen tendieren, so Adorno,
nach wie vor zu einem Hass auf den Sozialismus oder auf das, was sie
Sozialismus nennen, das heißt, sie verschieben die Schuld an
ihrer eigenen potentiellen Deklassierung.
Verstärkt wird diese Abstiegsangst bzw. die Angst, dass ihre
Lebensleistung nicht hinreichend gewürdigt wird, durch den
Fortschritt der Automatisierung, der dazu beiträgt, dass viele
sich bereits als potentielle Arbeitslose fühlen.
Anders
ausgedrückt: Der Faschismus ist sozusagen ein Kind der Krise.
Theodor W. Adorno:
Natürlich gibt es [auch heute noch = AR] Kader alter Nazis. Aber
auch hier möchte ich sagen, und zwar einfach auf Grund von
Beobachtungen, die innerhalb der empirischen Sozialforschung
vorliegen, dass man nicht glauben soll, dass es sich lediglich
um die sogenannten Unbelehrbaren handelt, über die man dann so
etwas die Achseln zuckt. Es werden fraglos auch Junge angezogen
[En11].
Getragen
wird der Wunsch des deutschen Faschismus von dem Wunsch, den
Adorno wie folgt beschreibt:
„Deutschland
muß wieder obenauf kommen.“
Grund
für diesen latent vorhandenen Faschismus in Deutschland ist die
Tatsache, dass eine „Identifikation mit dem System in
Deutschland“, so Adorno, „nie wirklich radikal zerstört wurde,
und daran liegt natürlich auch eine der Möglichkeiten, dass
gerade von den Gruppen, von denen ich eben spreche, daran
angeknüpft wird, weil, und das mag vielen Demokraten nicht
gefallen, die Demokratie eben bis heute nirgends wirklich und
ganz sich konkretisiert hat, sondern formal geblieben ist, so
dass die faschistischen Bewegungen in diesem Sinn als die
Wundmale, als die Narben einer Demokratie bezeichnet werden
können, die ihrem eigenen Begriff eben doch bis heute noch nicht
voll gerecht geworden ist.“
Das
Charakteristische für diese Bewegungen ist vielmehr eine
außerordentliche Perfektion der Mittel, nämlich in erster Linie
der propagandistischen Mittel. Das gilt besonders bei der
Jugend, die man warnen muss.
Von den
von Adorno genannten Methoden zur Wiederbelebung des
Rechtsradikalismus seien nur einige genannt:
-
Das
offen Antidemokratische fällt weg. Im Gegenteil: Man beruft
sich immer auf die wahre Demokratie und schilt die anderen
antidemokratisch.
-
Ebenso
wird das Wort »deutsch« monopolisiert. Es wird alles
Erdenkliche
deutsch genannt.
-
Was
den Nationalismus anlangt, so tritt er in der Propaganda im
Allgemeinen nicht generell auf, sondern mit großem Geschick
konzentriert er sich auf allergische Punkte.
-
Ausverkauf der deutschen Wirtschaft an fremdes Kapital, bei
gleichzeitigem Kapitalmangel innerhalb der deutschen
Industrie.
-
Die
These von der Überfremdung durch Gastarbeiter
-
Schluss mit dem Schuldbekenntnis für die Verbrechen der
Nazi-Zeit
-
Verbreitung der Lehre vom gesunden Kern des Deutschseins
-
Ausführungen zur „Authoritarian Personality“ die sich eine
Führung wünscht.
Wie dem auch immer sei:
Festzustellen ist, dass dies nicht nur für den rechtsradikalen
Faschismus, sondern auch für den Antifaschismus gilt, der heute
den Faschismus mit den gleichen Mitteln zu bekämpfen versucht,
die angeblich nur von den Faschisten angewendet werden.
07 Faschismus heute
TOP
Zu den
Ursachen, die dem Faschismus zugrunde liegen, heißt es bei
Michaela
Murgia
in ihrem Buch „Faschisten werden“, wie folgt:
Michaela
Murgia:
Zum Regieren braucht es jemanden, der entschieden handelt, der
ohne jedes Zögern die Seinen mit sich reißt und dabei jedes
Hindernis mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus dem
Weg räumt. Der Faschismus identifizierte die Dissidenten und
stellte sie ruhig, indem er sie in die Verbannung oder direkt
ins Gefängnis schickte, wo niemand sie hören konnte (mit
Gramsci
hat das hervorragend funktioniert); oder man gab ihnen im Guten
oder im Schlechten zu verstehen, dass es besser war, sich mit
den Ideen des Chefs einverstanden zu zeigen, anstatt denjenigen,
der alles daransetzte, das Land zum Funktionieren zu bringen,
ständig mit neuen Vorstellungen zu belästigen.
Und:
Was
gesagt wird, muss nicht einmal immer alles wahr sein, denn die
Wahrheit an sich existiert nicht. Sie ist eine politische
Gegebenheit, keine reale, und darum herrscht derjenige, der die
Politik beherrscht, gleichzeitig auch immer über die Wahrheit.
An
anderer Stelle heißt es:
Die
Leute wollen, dass man ihnen die Angst wieder nimmt, nicht dass
man sie über Lösungen diskutieren lässt, denn die Angst gehört
allen, die Lösung aber dem Chef allein. Herrscht hingegen weit
verbreitete Unzufriedenheit und hat der Chef noch keine Lösung
parat, so besteht die wirksamste strategische Banalisierung
darin, dem Volk einen Feind zu liefern, dem es die Schuld geben
kann. Ohne einen Feind wird man nicht zum Faschisten, weil der
Faschismus für seine Positionierung die Opposition braucht.
[...]. Es gibt keine Gegner, nur Feinde. Und über die Natur des
Feindes darf kein Zweifel bestehen: Wir reden hier nicht über
jemanden, der Teil des Systems ist, sondern über einen Teil von
dessen Anomalie, vom Krebsgeschwür des Systems.
Und:
Der
Faschismus, die Politik des gesunden Menschenverstands, hat die
grundlegende Aufgabe, die Dinge wieder an ihren Platz zu rücken
[En12].
Irgendwie erinnern diese Sätze zumindest mich an die
Brandmauern, die zurzeit von den guten Demokraten errichtet
werden, um die bösen Populisten und Querdenker auszugrenzen.
Vereinen
lassen sich diese Bemühungen der guten Demokraten auf jeden Fall
mit dem Satz: Wir müssen unsere Demokratie verteidigen, um gegen
„extremistische Rattenfänger“ Position beziehen zu können, so
die Worte des Bundespräsidenten, denn: „Wir lassen uns dieses
Land nicht von extremistischen Rattenfängern kaputtmachen
[En13].“
Dass
sich die von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gemeinten
Wählerinnen und Wähler der AfD durch diese Wortwahl als Ratten
diskriminiert fühlen, dürfte in der Natur der Sache liegen.
Wie dem auch immer sei:
Die Geschichte beweist, dass durch Ausgrenzung, durch
Stigmatisierung, durch Aberkennen des Denkenkönnens und durch
Worte wie: Nazi, Faschist, Rassist, Extremist,
Verschwörungstheoretiker, Klimaleugner und andere, letztendlich
heute dem Faschismus erneut der Boden bereitet wird.
Von
Soziologen wird das heute als eine Binsenwahrheit angesehen, denn im
Gegensatz zum Faschismus in den 1920er und 1930er Jahren, der
durch prügelnde Mobs hoffähig gemacht wurde, geschieht das heute
durch die Macht der Worte,
Anders ausgedrückt:
Demokratien, in denen Andersdenkende ausgegrenzt und in denen
andersdenkenden Menschen ihre Fähigkeit zum richtigen Denken sozusagen aberkannt
wird, in Staaten, in denen Meinungen bereits dann sanktioniert
werden können, wenn sie nicht der „Political correctness“
entsprechen, solche Staaten laufen Gefahr, sogar faschistische Methoden für
demokratischer zu halten.
Theodor
W. Adorno ist zuzustimmen, wenn er am Schluss seines Vortrags
zum Thema „Aspekte des neuen Rechtsradikalismus“ seine
Argumentation wie folgt zusammenfasst.
Theodor W. Adorno:
Nun, meine Damen
und Herren, ich wiederhole, daß mir bewußt ist, daß der
Rechtsradikalismus kein
psychologisches und ideologisches Problem ist, sondern ein
höchst reales
und politisches.
Aber das sachlich Falsche, Unwahre seiner eigenen Substanz
zwingt ihn,
mit
ideologischen, das heißt in diesem Fall mit propagandistischen
Mitteln zu operieren. Und deshalb
muß
man ihm, abgesehen vom politischen Kampf mit rein politischen
Mitteln, in seiner eigensten Domäne sich stellen. Aber nun nicht
Lüge gegen Lüge setzen, nicht versuchen, genauso schlau zu sein
wie er, sondern nun wirklich mit einer durchschlagenden Kraft
der Vernunft, mit der wirklich unideologischen Wahrheit dem
entgegenarbeiten [En14].
Dazu
aber fehlt den wahren Demokraten von heute offensichtlich der
Mut. Sie begnügen sich damit, Brandmauern aufzubauen und
Andersdenkende dadurch sozusagen zu Aussätzigen zu erklären.
Brandmauern dienen aber auch dem Zweck, den eigenen Mut zu
begrenzen, denn der wäre notwendig, wenn Brandmauern eingerissen
oder anderweitig überwunden würden.
08 Ein Faschismustest
TOP
Zum Ende
des Buches von
Michaela Murgia,
präsentiert die Autorin einen Faschismustest, der ihren
Leserinnen und Lesern die Möglichkeit bieten soll, sich selbst
hinsichtlich eigener faschistischer Grundeinstellungen zu
testen.
Jede Frage, die Sie für
zutreffend halten, sollte Sie daran erinnern, dass auch in Ihrer
Seele der Faschismus wohnt. Beurteile Sie bitte die folgenden
Sätze mit gesundem Menschenverstand und kreuze in Ihren Gedanken
die Fragen an, denen Sie zustimmen:
-
Wir
haben keine moralische Pflicht, alle Flüchtlinge, Asylanten
und Migranten aufzunehmen.
-
Schluss mit den Parteien und mit immer noch mehr Parteien.
-
Eine
Vergewaltigung ist schwerer erträglich, wenn sie von einem
Asylsuchenden begangen wird.
-
Mädchen
sollen Mädchen bleiben, und
Jungen
Jungs.
-
Zuerst sollte man sich um die Deutschen kümmern.
-
Von
Kultur wird man nicht satt.
-
Deutschland ist das Land
der Deutschen.
-
Der
angemessene Platz einer Frau ist an der Seite ihres Mannes.
-
Und
es gibt sie doch, die natürliche Familie.
-
Ich
kann mich nicht erinnern, dass Erdbebenopfer die gleiche
Solidarität erfahren, wie das bei den Flüchtlingen der Fall
ist.
-
Man
muss verstehen, dass die Menschen die Nase voll haben.
-
Wir
müssen unsere christlichen Wurzeln verteidigen.
-
Flüchtlinge und Asylanten nehmen uns die Arbeitsplätze weg.
-
Die
haben einen Anspruch auf Wohnung, wir nicht.
-
Der
Feminismus hat den Frauen beigebracht, die Männer zu hassen.
-
Ein
Staat ohne Grenzen ist kein Staat.
-
Wir
müssen im großen Umfang abschieben.
-
Dabei lassen sich wohltemperierte Grausamkeiten nicht
vermeiden.
-
Es
wäre besser, den Wirtschaftsflüchtlingen bei sich zu Hause
zu helfen.
-
Es
kommen sowieso nur die, die sich das finanziell leisten
können.
-
Die
Journalisten sind allesamt Diener der Macht.
-
Nicht einmal mehr in den Schulen wird richtiges Deutsch
gesprochen.
-
Gegen den Geburtenrückgang wird nichts unternommen.
-
Die
Gender-Ideologie macht die Familie kaputt.
-
Jetzt ist Schluss mit lustig.
-
Was
wir brauchen, ist mehr Führung.
-
Man
sollte alle Politiker in einen Sack stecken und draufhauen,
es träfe immer den richtigen.
-
Wir
brauchen einen Systemwechsel.
-
Wenn du
sie so magst, dann lass sie doch bei dir wohnen
[En15].
09 Zerrissenes Deutschland
TOP
Auch
wenn der Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2024 bereits
zum 35. Mal gefeiert
wurde, und Politiker nicht müde wurden, dass bisher Erreichte zu
loben, auch wenn noch nicht alles zum Besten geregelt sei,
gehört es dennoch zur gesellschaftlichen „Wahrheit“, darauf
hinzuweisen, dass Deutschland selten so gespalten war wie heute.
Die Gründe, die diese Spaltung verursacht haben, sind schnell
genannt:
-
Eine
Vielzahl ungelöster Krisen
-
Die
Dämonisierung Andersdenkender
-
Eine
aufgezwungene Meinungshegemonie
-
Das
Errichten von Brandmauern
-
Verweigerung des Dialogs mit Andersdenkenden
-
Misstrauen und Verachtung gegenüber Wählerinnen und Wählern,
die undemokratisch wählen, obwohl das eigentlich gar nicht
geht, denn die Ausübung des Wahlrechts ist urdemokratisch
-
Ausgrenzung von Parteien, die enttäuschte Wähler anziehen
-
Erkennbare Angst der Altparteien vor dem Machtverlust
-
Führungsschwäche der Regierung
-
Versagen in der Migrations-, und Asylpolitik
-
Zunehmendes Bedürfnis nach einer starken Führung
-
Vielen ist es einfach zu bunt geworden.
10 Verlockung des Autoritären
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Wir
müssen die Tatsache anerkennen, dass die Vielzahl der auch in
Deutschland vorhandenen Krisen, für die es zurzeit deshalb noch
keine Lösung gibt, weil sie von den an der Problemlösung
beteiligten Akteuren sozusagen zerredet werden, dafür
verantwortlich sind, den latent in einer jeden Gesellschaft
vorhandenen Wunsch nach einem Führer sozusagen wieder
„auferstehen“ zu lassen, weil politischen Eliten von heute dazu
nicht in der Lage sind, notwendig werdende Entscheidungen
durchzusetzen.
Mit
ihren konfusen und wirrköpfigen Programmen, einschließlich der
dazugehörigen irrationalen und unpolitischen Rhetorik, fehlt es
ihnen nicht nur an der Kraft, sondern auch an überzeugenden
Problemlösungen, die dazu in der Lage wären, nicht nur
glaubwürdig zu sein, sondern auch Hoffnungen zu erzeugen, so
zumindest die Wahrnehmung derjenigen, die reklamieren:
So wie es
heute ist, kann und darf es nicht bleiben.
Viele
Menschen fühlen sich auch deshalb zu autoritärem Denken
hingezogen, weil sie einfach keine Lust haben, sich auf
Komplexität einzulassen. Sie mögen keine Diskussionen, sie
wünschen sich Einigkeit und einen Macher, der für Sicherheit und
Ordnung sorgt.
Wie dem auch immer sei:
Zu beklagen
ist, was bedauerlicherweise auch die Wirklichkeit in der
bundesdeutschen Demokratie kennzeichnet, dass es heute keine
gemeinsame Debatte mehr und erst recht keine gemeinsame
Erzählung darüber gibt, was uns im Kern zusammenhält.
Heute
scheint es vielmehr so zu sein, wie der Philosoph Rudolf
Brandner das ausdrückt, dass die eigene Identität in einer
negationslosen, ganz und gar leeren, also überhaupt keiner
„Identität“ mehr zu bestehen hat, damit keine negativen
Verhältnisse zu denen aufgebaut werden können, die noch über
eine Identität verfügen (gemeint sind die in Deutschland
lebenden Muslime).
Für
Toleranz und Weltoffenheit wird folglich nicht dort
demonstriert, wo fremde Identitäten die Demokratie in
Deutschland missachten.
Beispiel: Im
April 2024
wurden anlässlich einer Demonstration in Hamburg:
Auch wenn
als Reaktion auf diesen „Eklat“ von den Behörden verboten wurde,
zukünftig anlässlich von Kundgebungen ein Kalifat in Deutschland
in Wort, Bild oder Schrift einzufordern, ist darin dennoch
nichts Verwerfliches zu erkennen.
Tagesschau.de
vom 11.5.2024:
Aus Sicht von Bundesjustizminister Marco Buschmann ist es zwar
absurd, wenn Islamisten in Deutschland ein Kalifat fordern, das
sei aber nicht zwangsläufig ein Fall für die Justiz. [...]. Das
Bundesverfassungsgericht habe allerdings sinngemäß festgestellt:
Solange eine absurde Meinung, auch eine, die dem Grundgesetz
widerspricht, einfach nur geäußert werde, ohne dass Anstalten
unternommen würden, die Ordnung des Grundgesetzes dann auch zu
beseitigen oder andere Rechtsgüter zu verletzen, müsse dies als
Teil des geistigen Meinungskampfes ertragen werden [En16].
Wie
solch ein Werteverständnis, das ja der Kitt sein sollte, den
eine Gesellschaft zusammenhält, dazu beitragen kann, ein Gefühl
von Zusammenhalt zu erzeugen, daran können wohl nur noch
diejenigen glauben, die Multikulti für den Wesenskern deutscher
Identität halten und alles tolerieren, was für Nichtdeutsche
identitätsstiftend ist bzw. sein kann.
Rudolf Brandner:
Was ist das für ein europäisches Selbstbewusstsein, wenn die
antiken (Nackt)-Skulpturen Roms beim Besuch der iranischen
Regierung verhüllt werden, um das muslimische „Empfinden“ nicht
zu verletzen, und umgekehrt die EU-Beauftragte
Mogherini
im Iran unterwürfig mit Kopftuch auftritt und christliche
Würdenträger ihr Kreuz abnehmen, um beim Besuch des Tempelbergs
„Respekt“ von Andersgläubigen zu zeigen. Was für eine „Toleranz“
ist das, die dem muslimischen Primat der Scharia vor Grund- und
Menschenrechten, der Verachtung von Polizei und
Rechtsinstitutionen und einer selbsternannten Scharia-Polizei
mit indifferentem Laxismus begegnet [En17]?
Natürlich sind dies nur punktuelle Beschreibungen der Dekadenz
in westlichen Demokratien, denen es nicht nur an
Selbstbewusstsein, sondern auch an Selbstachtung fehlt.
Nachvollziehbar dürfte trotz der Kürze der oben genannten
Beispiele die Assoziation sein, dass eine Vielzahl solcher Akte
kultureller Selbstzerstörung nicht nur Befürworter, sondern im
zunehmenden Maße auch Andersdenkende sich dadurch politisches
Gehör verschaffen, indem sie das Ende von Multikulti einfordern.
Anne Applebaum:
Das soll aber nicht heißen, dass Zuwanderung und
wirtschaftliches Leid nichts mit der aktuellen Krise zu tun
haben: Sie sind sehr wohl ein ehrlicher Auslöser für Wut,
Verzweiflung und Konflikt. Doch als umfassende Erklärung für die
politischen Umbrüche und den Aufstieg einer ganz neuen Klasse
von politischen Akteuren reichen sie nicht aus. Es ist etwas
anderes im Gange, das Länder mit sehr unterschiedlichen
Demokratien, Wirtschaftssystemen und Bevölkerungsstrukturen in
aller Welt betrifft. Neben dem Revival der Nostalgie, der
Enttäuschung über die Leistungsgesellschaft und der
Attraktivität von Verschwörungstheorien könnte die Ursache
zumindest zum Teil auch in der auf Streit und Recht haben
ausgelegten Natur des heutigen politischen Diskurses selbst zu
finden sein: unsere Art, über politische Themen zu lesen, zu
denken und zu sprechen. [...].
Der Lärm des
Streits und das fortwährende Hin und Her widersprechender
Meinungen kann
Menschen verärgern, die lieber in einer Gesellschaft leben, die
von einem einzigen Narrativ zusammengehalten wird [En18].
An
anderer Stelle heißt es:
Anne Applebaum:
Das
Ergebnis ist eine verschärfte Lagerbildung, die das Misstrauen
gegenüber „normaler“ Politik, „etablierten“ Politikern,
„anerkannten“ Experten und „Mainstream“-Instituten wie
Gerichten, Polizei und Behörden weiter schürt. Kein Wunder. Mit
der zunehmenden Polarisierung geraten Beamte und staatliche
Angestellte zunehmend zwischen die politischen Fronten und
stehen im Verdacht, von der Gegenseite vereinnahmt worden zu
sein [En19].
11 Holen wir uns unser Land zurück
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Dieser Satz
ist nicht falsch aber auch nicht richtig, denn dieser Satz, vom
AfD-Ehrenvorsitzende Alexander Gauland am
Bundestags-Wahlabend
2017 im Fernsehen gesagt, bietet durchaus Stoff für eine
Diskussion, die zu führen die Gesellschaft, besser gesagt die
politische Elite in der Bundesrepublik Deutschland, aber immer
noch scheut. Wird aber ein Thema den Populisten aller Couleur
überlassen, sind das die besten Voraussetzungen, eine
Gesellschaft nicht nur zu spalten, sondern der Demokratie
letztendlich sogar irreparablen Schaden zuzufügen.
Warum?
Die
Einschränkung der Meinungsfreiheit und das Verweigern des
Gesprächs mit Andersdenkenden ist demokratiefeindlich.
Grund
dafür sind auch die jegliche Kommunikation verbietenden so genannten Brandmauern.
Die aber
scheinen so ganz allmählich bröckelig zu werden, denn in einem
offenen Brief von 6 ehemalig politisch verantwortlichen
CDU-Mitgliedern heißt es wie folgt:
Wir
müssen auch mit der AfD reden!
Wir
haben Sorge um unser Land: Hass und Hetze nehmen zu. Die Gewalt
gegen politische Mandatsträger steigt. Die Wirtschaft stagniert.
Die Migrationsfrage wird ungelöst vor sich hergeschoben. Immer
weniger Menschen, insbesondere im Osten Deutschlands, vertrauen
der Demokratie.
Wir
brauchen deshalb eine neue politische Kultur des Miteinanders.
Der politische Gegner darf, solange er keine Gewalt anwendet,
nicht als Feind gesehen werden. Dies bedeutet insbesondere, dass
alle demokratisch gewählten Abgeordneten auch mit allen
demokratisch gewählten Abgeordneten reden – auch mit der AfD!
Wir brauchen Brückenbauer und keine Brandmauern.
Und 30
Prozent der Sachsen haben die AfD gewählt und der Respekt vor
dem Wähler fordert, auch mit den von diesen gewählten
Abgeordneten zu reden. Nur in einer inhaltlichen
Auseinandersetzung lassen sich eventuelle Vorurteile und
Scheinlösungen entlarven. Brandmauern und Redeverbote sind
dagegen unsouverän, vertiefen den Graben, leisten einer weiteren
Radikalisierung Vorschub und werden von den Menschen nicht
verstanden.
Die CDU
kann als Partei der Mitte auf Dauer nicht nur mit links von ihr
stehenden Parteien zusammenarbeiten, ohne ihre eigene
freiheitliche und marktwirtschaftliche Identität zu riskieren.
Die zentralen politischen Ziele der CDU in der Wirtschafts-,
Energie-, Sicherheits-, Migrations- und Gesellschaftspolitik
lassen sich nicht mit
Rot-Grün-Dunkelrot
verwirklichen. Deshalb muss die CDU auch mit der AfD reden.
Der offene Brief
12 Rede des Bundeskanzlers am Tag der Deutschen
Einheit
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Bei den
folgenden Sätzen handelt es sich um ein von mir auf der Vorlage
einer Videoaufzeichnung erstelltes Wortprotokoll. Die von
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gehaltene Rede kann in voller
Länge über den folgenden Link aufgerufen werden.
Rede des Bundeskanzlers zum Tag der
Deutschen Einheit
Wortprotokoll, beginnend bei Minute 11:20.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD):
Es darf
niemals vergessen, oder unter den Teppich gekehrt werden.
[Gemeint
sind die Jahre nach der Wiedervereinigung, die in den neuen
Bundesländern von vielen als
Jahre des Zusammenbruchs erlebt wurden].
Und hier liegt wohl eine der Ursachen für die danach immer noch
besondere Stimmung die besondere Verstimmung und für politische
Besonderheiten, die Ostdeutschland heute kennzeichnen.
Aber,
nicht nur in Ostdeutschland erleben wir Landtagswahlen, bei
denen sich manchmal bis zu einem Drittel der Wähler sich für
eine autoritäre und nationalradikale Politik entscheiden. Für
Populisten, die unsere freiheitliche Demokratie bekämpfen, das
ist verhängnisvoll, das schadet Sachsen, Thüringen und
Brandenburg, das schadet Hessen und Bayern.
Applaus
...
Das
schadet unserem gesamten Land, unserer Wirtschaft und unserem
Ansehen in der Welt. Es wird noch viel harte Arbeit nötig sein,
diese Entwicklung zurückzudrehen. Aber an eines will ich heute
deutlich erinnern, die ganz große Mehrheit der Bürgerinnen und
Bürger überall in Deutschland steht ganz fest auf dem Boden
unserer freiheitlichen Ordnung.
Applaus ...
Das sind
die Vernünftigen und Anständigen. Das sind die, die nicht nur
motzen, sondern anpacken für unser Land. Diese Mitte ist viel
größer als die Radikalen an den Rändern. Auch das vereint uns
heute an diesem Tag der Deutschen Einheit.
Ende
des Wortprotokolls Minute 13:13.
Es ist
nicht zu fassen, was für einen Schaden ein Bundeskanzler mit 174
Worten in knapp zwei Minuten Redezeit anrichten kann. In solch
kurzer Zeit gut 17 Millionen Menschen zu beleidigen, das ist
schon ein starkes Stück. Wer so die Spreu vom demokratischen Weizen trennen
will, der sollte sich möglichst schnell einen anderen
Redenschreiber suchen.
Der
Applaus, an dem sich auch die anwesende politische Elite
Deutschlands, vom Bundespräsidenten bis zur Außenministerin und
vom Kanzlerkandidaten der CDU Friedrich Merz bis hin zur
amtierenden Bundestagspräsidentin Bärbel
Bas
(SPD) beteiligten, gibt ebenfalls Grund zur Nachdenklichkeit,
denn Applaus, das ist in der Regel ein Zeichen für anerkennende
Zustimmung.
Unvernünftig und unanständig,
so übersetze zumindest ich die Worte:"Das sind die Vernünftigen
und Anständigen", so lässt sich ein Zusammengehörigkeitsgefühl
nicht herstellen.
Wer so
in einer Kita für Ordnung sorgen will, wird sogar dort
scheitern.
Und das
am Tag der Deutschen Einheit?
Chapeau.
Die
negativen Folgen von Ausgrenzung lassen sich auch an anderen
Beispielen bestens illustrieren. So hat zum Beispiel die
„Frankenpost“, bei der es sich um die zweitgrößte Tageszeitung
in Oberfranken handelt, die Veröffentlichung einer Traueranzeige
für einen verstorbenen AfD-Kreisrat abgelehnt.
Aus
„grundsätzlichen Erwägungen“, wie es aus dem Zeitungsverlag
hieß.
Mit anderen Worten:
Nur bei Verstorbenen mit politisch korrekter Haltung ist die
Traueranzeige im
Frankenblatt
möglich. Dass solch eine „Haltung?“
auf
heftigen Widerstand gegen diese mittelalterlich anmutende
Verteufelung von Menschen mit der „falschen Meinung auch noch
nach deren Tod“ an Fahrt aufnahm, als das bekannt wurde, dürfte
nachvollziehbar sein. Dass solch eine Meldung aber in den
Leitmedien nicht zu finden ist, wohl aber in einer Vielzahl
„alternativen Medien“ macht deutlich, dass Empörung heute Wege
sucht und diese auch findet, die die Doppelmoral von Menschen,
die meinen, im Besitz der Wahrheit zu sein, sichtbar werden
lässt.
Nicht
umsonst werden die richtigen Demokraten heute als Gutmenschen
bezeichnet, denn Gutmenschen halten ihre subjektiven
Befindlichkeiten für so widerspruchslos, dass sie ihre Sicht der
Dinge nicht nur für alternativlos, sondern für die mit allen
Mitteln zu verteidigende politische Vernunft halten.
Rudolf Brandner drückt das wie folgt aus: Der Gutmensch ist
gewaltfrei, pazifistisch - gut. Er liquidiert nur symbolisch,
indem er den Bann aussprficht und die Andersdenkenden zu
"Unberührbaren" erklärt.
Wie dem auch immer sei:
2015, als das Wort „Gutmensch“ zum Unwort des Jahres gekürt
wurde, war die Wortbedeutung dieser Sprachfigur noch eine
andere, denn die Jury begründete damals ihre Entscheidung damit,
dass diejenigen als „Gutmenschen“ beschimpft
wurden, die sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe
engagierten oder sich gegen Angriffe auf Flüchtlingsheime
stellten. Das war vor 9 Jahren. Heute reicht bereits das Wort
„Remigration“ aus, um Millionen von Menschen auf die Straße zu
bringen, um diese Demokratie vor den Faschisten von heute zu
verteidigen, die angeblich Millionen von Migranten deportieren
wollen. Weniger bekannt ist, dass sowohl der NDR als auch die
ARD von Oberlandesgerichten untersagt wurde, die von ihnen
verbreiteten Falschmeldungen zu unterlassen, denn die hatten die
geplanten Vertreibungen in ihrer Berichterstattung, also die
geplante Deortation, als Tatsachen
bezeichnet, was nicht einmal das Nachrichtenmagazin Correctiv
behauptet hatte, als es über das so genannte Geheimtreffen in
Potsdam die Öffentlichkeit informierte, gut zwei Monate nach dem
Ende dieses Treffens.
Aber selbst die Androhung einer Strafe im
Wiederholungsfall für diese fehlerhafte und unhaltbare
Berichterstattung brachte den NDR bisher dazu, die Justiz ernst zu
nehmen, denn die gerügten Formulierungen wurden nur geringfügig, ohne deren Sinn zu ändern. Deshalb verhängte das
OLG Hamburg nun eine Geldstrafe gegen den NDR in vierstelliger
Höhe. Das Gericht bestätigte außerdem, dass der Sender bei
seinem Verstoß gegen das Verbot "Vermutungen nicht als
Tatsachen" zu bezeichnen, schuldhaft gehandelt habe.
Sollte der NDR nach der ersten Geldstrafe nicht einlenken, sieht
das Recht weitere Strafen bis zur Höhe von 250 000 Euro vor.
Wie dem auch immer sei:
Nicht die Geldstrafe, sondern die Missachtung eines Urteils
durch Rundfunkanstalten, die mit öffentlichen Geldern
subventioniert werden, ist eine Dreistigkeit, die deutlich
macht, dass im Rechtsstaat Deutschland so einiges durcheinander
gekommen ist.
Ende
offen.
Wie
heißt es doch so treffend in dem Essay „Das Ende“ von Gregory
Fuller:
The idiocy
is in the beholder. Wer projiziert, erntet giftige Früchte. Les
fleurs
du mal sind – wir [En20].
Anders ausgedrückt:
Die Idiotie liegt im Betrachter. Wer Idiotie an die Wand wirft,
erntet giftige Früchte ... und die Blüten des Übels, das sind
wir.
An
anderer Stelle heißt es sinngemäß, wenn auch in Bezug auf die zu
erwartenden klimabedingten Katastrophen - von mir dennoch abgeändert und
auf den hier aufgezeigten Sachverhalt übertragen- wie folgt:
Keine
Orientierung, kein Halt, keine Antwort, keine Hilfe im Angesicht
[des demokratischen Niedergangs]. Ein wirklich aufgeklärter Weg
aus dem selbstgeschaffenen Dilemma rückt nirgends in Sichtweite.
[Die
Demokratie in Deutschland] ist, wie sie ist, und [deren gewählte
Repräsentanten treten] kurz auf und dann wieder ab,
and then is
heard no more
[um dann nicht mehr gehört zu werden] [En21].
13 Was Moral für negative Folgen haben kann
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Wie
heißt es doch so treffend zur Wirkung des Moralisierens bei
Rudolf Brandner in seinem Essay zum Thema „Muslimische
Immigration und das Versagen der politischen Vernunft Europas“:
Rudolf Brandner:
Die Waffe des Moralismus hat so ihre eigene Logik. Sowohl
intra-
als auch interkulturell wirkt der Moralismus
gemeinschaftsspaltend – und nicht gemeinschaftsbildend. Als
machtstrategisches Herrschaftsinstrument kennt er keine andere
Sprache als
die
missionarischer Bekehrung
und Unterwerfung, beschwörend das eigene Gute, verteufelnd alles
andere; und wo man die Anderen mit Schuld- und Schamgefühlen
nicht kleinkriegt, sich gefügig macht und unterwirft, werden sie
als Verwerfliche ausgestoßen und isoliert, damit sich keiner mit
ihnen solidarisiert [En22].
Wer die
Demokratie dadurch retten will, indem er die
Unvernünftigen und Unanständigen
tadelt, und die Vernünftigen und Anständigen lobt, obwohl auch
die – das bestätigen mehrere Umfrageergebnisse – mehrheitlich
mit der Demokratie von heute so ihre Probleme haben, der will
sie nicht retten, der will sie, die Demokratie, abschaffen.
Und wer
damit prahlt, dass die ganz große Mehrheit so denkt, wie der
redende Bundeskanzler, der ignoriert den einfachsten Prüfstein
der Demokratie, dem Respekt vor den Rechten
demokratischen Minderheiten. Und wem diese Minderheit nicht
gefällt, weil sie immer mächtiger und somit für etablierte
Parteien auch immer gefährlicher wird, dem wird wohl nichts
anderes übrig bleiben, als sich mit ihr inhaltlich und sachlich
auseinanderzusetzen. Wer das aber nicht will, oder dazu nicht in
der Lage ist, weil ihm die Auseinandersetzung allein deshalb
Probleme bereiten könnte, weil die dann mit Sachargumenten
geführt werden müsste, also auf Fakten und nicht auf
Wunschdenken zu beruhen hätte, der wird die Demokratie durch
diese Verweigerungshaltung weiterhin schwächen.
Das ist eine
Form der Selbstaufgabe.
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14 Quellen
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Endnote_01 Carl
Schmitt: Der Begriff des Politischen - Duncker & Humblot 1932,
Seite 7 Zurück
Endnote_02
Spiegel.de vom 4.10.2024: Deutschland war nie eine homogene
Einheit“.
https://www.focus.de/experts/kommentar-von-konflikt-spezialist-michalski-
es-ist-zeit-umzudenken-deutschland-war-nie-eine-
homogene-einheit_id_260360777.html
Zurück
Endnote_03 Ebd. Carl Schmitt, Seite 15
Zurück
Endnote_04 NZZ.ch
vom 18.10.2023: In Israel hat Olaf Scholz aus seiner verfehlten
Ukraine-Politik gelernt.
https://www.nzz.ch/meinung/israel-und-deutschland-scholz-
hat-aus-seinen-fehlern-gelernt-ld.1761330
Zurück
Endnote_05 Zeit.de vom 4.10.2024:
Verfassungsschutz warnt vor neuen antisemitischen Demos zum 7.
Oktober.
https://www.zeit.de/politik/2024-10/demonstrationen-7-oktober-hamas-israel
Zurück
Endnote_06 Rede von
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel auf der 34. Hauptversammlung
des Deutschen Städtetages am 23. Mai 2007 in München:
https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/newsletter-und-abos/
bulletin/rede-von-bundeskanzlerin-dr-angela-merkel-797406
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Endnote_07 Ernest
Renan: Was ist eine Nation? Zitiert nach: Enzyklopädie des
Islam. http://www.eslam.de/begriffe/r/renan_ernest.htm
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Endnote_07a
Fernsehansprache von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl am 2. Oktober
1990 (Auszug).
https://www.kas.de/de/statische-inhalte-detail/-/content/fernsehansprache-von-bundeskanzler-dr.-helmut-kohl-am-2.-oktober-1990-auszug-
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Endnote_08 Kurt
Hübner: Das Nationale - Verdrängtes - Unvermeidliches -
Erstrebenswertes. Styria Verlag Wien 1991, Seite 270
Zurück
Endnote_09 FAZ.de
vom 6.11.2019: Höcke bietet CDU und FDP Minderheitsregierung an.
https://www.faz.net/aktuell/politik/wahl-in-thueringen/thueringen-
hoecke-bietet-cdu-und-fdp-minderheitsregierung-an-16471196.html
Zurück
Endnote_10 Vgl.
Welt.de vom 5.10.2024: AfD-Verbot - „Dafür bin ich 1989 nicht
auf die Straße gegangen!“
https://www.welt.de/politik/deutschland/article253857726/
AfD-Verbot-Dafuer-bin-ich-1989-nicht-auf-die-Strasse-gegangen.html
Zurück
Endnote_11 Theodor
W. Adorno: Aspekte des neuen Rechtsradikalismus. Ein Vortrag -
eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2019
Zurück
Endnote_12 Michaela Murgia: Faschisten werden –
eine Anleitung, E-Book 2019 - Verlag Klaus Wagenbach, Emser
Straße 40/41, 10719 Berlin Zurück
Endnote_13
ZDFheute vom 29.01.2024: Steinmeier zu Extremisten:Lassen
„Rattenfänger“ Land nicht kaputtmachen.
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/
bundespraesident-steinmeier-warnung-extremismus-demokratie-100.html
Zurück
Endnote_14 Theodor
W. Adorno: Aspekte des neuen Rechtsradikalismus. Ein Vortrag -
eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2019
Zurück
Endnote_15 Vgl. Michaela Murgia. Faschisten
werden – Eine Anleitung, E-Book 2019 – Verlag Klaus Wagenbach,
Emser Straße 40/41, 10719 Berlin
Zurück
Endnote_16 Tagesschau.de vom 11.5.2024: Mehr als
2.000 Teilnehmer bei Islamisten-Demo.
https://www.tagesschau.de/inland/islamisten-hamburg-demo-102.html
Zurück
Endnote_17 Rudolf
Brandner: Muslimische Immigration und das Versagen der
politischen Vernunft Europas. Die Werkreihe von Tumult#14 –
Manuscriptum, 2024, Seite 42 und 43
Zurück
Endnote_18 Anne Applebaum: Die Verlockung des
autoritären – Warum antidemokratische Herrschaft so populär
geworden ist. Pantheon-Verlag 2. Auflage 2022, Seite 112 und 113
Zurück
Endnote_19 Ebd.
Anne Applebaum, Seite 117 Zurück
Endnote_20
Gregory Fuller - Von der heiteren Hoffnungslosigkeit im
Angesicht de ökologischen Katastrophe. Meiner Verlag 2. Auflage
2017, Seite 16 Zurück
Endnote_21 Ebd.
vgl. Gregory Fuller, Seite 17 Zurück
Endnote_22
Rudolf Brandner. Muslimische Immigration und das Versagen der
politischen Vernunft Europas. Die Werkreihe von Tumult#14,
Manuscriptum, Siete 68/69 Zurück
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