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Home Inhaltsverzeichnis : Umgang mit der Demokratie

Brandmauern am Tag der Deutschen Einheit

Inhaltsverzeichnis:

01 Zur Überschrift
02 Das Volk als Schicksalsgemeinschaft
03 Jeder Staat braucht
Feinde
04 Die deutsche Nation
05 Die Wirklichkeit von heute
06 Adorno zum neuen Rechtsradikalismus
07 Faschismus heute
08 Ein Faschismustest
09 Zerrissenes Deutschland
10 Verlockung des Autoritären
11 Holen wir uns unser Land zurück
12 Rede des Bundeskanzlers am Tag der Deutschen Einheit
13 Was Moral für negative Folgen haben
kann
14 Quellen


01 Zur Überschrift

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Allein die Überschrift wirft Fragen auf. Die erste Frage lautet: Was ist eine Brandmauer im politischen Sprachgebrauch von heute und was heißt „deutsche Einheit“ überhaupt? Ist damit die Einheit des deutschen Volkes gemeint oder die Einheit auch all derer, die erst in den Jahren nach 1969 in die Bundesrepublik Deutschland, zuerst als Gastarbeiter und später dann - ab 2015 - in Massen als Flüchtlinge oder Asylanten in Deutschland aufgenommen wurden und weiterhin werden?

Ich denke, dass es der historischen Wahrheit entspricht, zuerst einmal von dem Zustand des deutschen Volkes auszugehen, das nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges geteilt wurde, denn nur das, was geteilt wurde, konnte auch wieder zur „Deutschen Einheit“ zusammengefügt werden.

Ausgehend von dieser Tatsache lässt sich feststellen, dass es sich bei dem deutschen Volk nicht nur zum Zeitpunkt der Teilung, sondern schon Jahrhunderte zuvor, um eine Schicksalsgemeinschaft gehandelt hat, deren Schicksal sich 1945 in den Händen der Siegermächte befand und das, was die Siegermächte mit dem bedingungslos kapitulieren Deutschen Reich tatsächlich vorhatten, damals noch nicht absehbar war. Obwohl es bereits zum Ende des Krieges zu umfangreichen Fluchtbewegungen von Ost nach West gekommen war, und auch nach dem Ende des Krieges Vertreibungen zur erlebbaren Wirklichkeit gehörten, kann dennoch festgestellt werden, dass die Menschen, die im untergegangenen Deutschen Reich lebten, es sich dabei weitgehend um ein homogenes deutsches Volk gehandelt hat. Das änderte sich erst 1969 mit dem Beginn des "vorübergehenden Imports" von Gastarbeitern, denn die würden ja, so die Annahme, die Bundesrepublik Deutschland wieder verlassen, wenn sie hier nicht mehr benötigt wurden, was sich aus der Sicht von heute als ein Trugschluss herausgestellt hat.

Wie die politischen Kräfte auch immer gewirkt haben und weiterhin wirkten, immerhin hat es, ausgehend vom Gründungsdatum der DDR, das war der 7. Oktober 1949, insgesamt 23 Jahre gedauert, genauer gesagt bis zum 8. November 1972, bis beide „Seiten“ dem Grundlagenvertrag zwischen der Bundesregierung und der DDR-Regierung zustimmten. Die Ratifizierung folgte im Jahr darauf.

Weitere 18 Jahre hat es gedauert, bis die deutsche Wiedervereinigung durch die friedliche Revolution der in der DDR lebenden Menschen, sozusagen durch friedlichen Protest auf der Straße „erzwungen“ werden konnte, so dass schließlich am  3. Oktober 1991 dieser Tag erstmalig als Nationalfeiertag gefeiert werden konnte.Gleichzeitig verlor der 17. Juni durch den Einigungsvertrag seinen Status als gesetzlicher Feiertag.

Aber:
Am ersten „Tag der deutschen Einheit“ eskaliert auch die rassistische Gewalt. In ganz Deutschland werden Flüchtlingsheime angegriffen und Migrantinnen und Migranten attackiert.

Wie dem auch immer sei:

Carl Schmitt, Chefjurist im Dritten Reich und Vertreter des Glaubens an das deutsche Volk, hat in seiner Schrift „Der Begriff des Politischen“ sich bereits 1932 zum Staat und zum Volk wie folgt positioniert:

Carl Schmitt: Staat ist seinem Wortsinn und seiner geschichtlichen Erscheinung nach ein besonders gearteter Zustand eines Volkes, und zwar der im entscheidenden Fall maßgebende Zustand und deshalb, gegenüber den vielen denkbaren individuellen und kollektiven Status, der Status schlechthin [En01].

02 Das Volk als Schicksalsgemeinschaft

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Das in einem Staat lebende Volk ist eine Schicksalsgemeinschaft. Daran zu zweifeln setzt Geschichtslosigkeit voraus. Zum Zeitpunkt der Teilung Deutschlands war das zuerst einmal ein ganz anderes Schicksal, als das zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung der Fall gewesen ist.

Wie dem auch immer sei: Die einen feierten und die anderen zündeten Flüchtlingsheime an.

Ein merkwürdiges deutsches Volk. 

Heute wird die Sprachfigur des „deutschen Volkes“ gewolltermaßen auch deshalb immer fragwürdiger und unglaubwürdiger, weil es das deutsche Volk - so die einen - angeblich niemals gegeben hat, was die anderen bezweifeln. Diesbezüglich heißt es in einem Artikel auf Spiegel.de vom 4.10.2024 wie folgt:

Spiegel.de vom 4.10.2024: Deutschland war nie eine homogene Einheit, auch nicht zu Zeiten der „alten“ Bundesrepublik. Der Westen war ein Mosaik aus Dialekten, Traditionen und wirtschaftlichen Besonderheiten. Ob Bayern mit seiner stark katholischen Prägung, dem lauten Karneval im Rheinland oder der protestantischen Zurückhaltung im Norden – der Westen selbst war divers und hatte seine eigene, interne Vielfalt [En02].

Wer ein Volk so einfach ins Abseits stellt, macht es sich nicht nur zu einfach, der verkennt auch, dass es sich bei den im deutschsprachigen Raum lebenden Menschen zwar nicht um einen homogenen Volksstamm, davon gab es schon immer im deutschsprachigen Raum sehr viele, sondern um eine Kulturgemeinschaft gehandelt hat und die auch immer noch existiert und die sich in der Zeit vor 1945, sich trotz der oben skizzierten Vielfalt, sich dennoch mehrfach zu einer Nation zusammenfand, in der das Deutschsein die alleinige Klammer des Zusammengehörigkeitsgefühls gewesen ist. Dass diese Nation an ihrer Selbstüberschätzung gescheitert ist, braucht hier nicht weiter belegt zu werden.

03 Jeder Staat braucht Feinde

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Und wohin nationales Denken geführt hat und wohl auch weiterhin führen wird, das beschreibt Carl Schmitt, ausgehend von der Feststellung, dass kein Staat ohne einen Feind existieren kann, wie folgt:

Carl Schmitt: Der politische Feind braucht nicht moralisch böse, er braucht nicht ästhetisch hässlich zu sein; er muss nicht als wirtschaftlicher Konkurrent auftreten, und es kann vielleicht sogar vorteilhaft scheinen, mit ihm Geschäfte zu machen. Er ist eben der Andere, der Fremde, und es genügt zu seinem Wesen, das er in einem besonders intensiven Sinne existenziell etwas Anderes und Fremdes ist, so dass im extremen Fall Konflikte mit ihm möglich sind, die weder durch eine im Voraus getroffene generelle Normierung, noch durch den Spruch eines „unbeteiligten“ und daher „unparteiischen“ Dritten entschieden werden können [En03].

Und derer - gemeint sind die Feinde - gibt es zurzeit wieder ziemlich viele, sowohl im Inland als auch im Ausland. Die folgende Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Im Innern gehören zu den ausgemachten Feinden der Demokratie:

  • Die AfD

  • Das Bündnis Sarah Wagenknecht

  • Die Putinversteher

  • Die Klimaleugner

  • Die Impfgegner

  • Die Andersdenkenden

  • Die Rechten

  • Die Rassisten

  • Die Sexisten

  • Die Islamisten

  • Die Gefährder und diesen nahestehende relevante Personen

  • Die Ostdeutschen, denn denen fehlt es an Demokratieerfahrung und an Demokratieverständnis. Ein Vorwurf, über den sich die Bürgerinnen und Bürger Ostdeutschlands ganz besonders ärgern dürften, denn sie waren es ja schließlich, die für die Demokratie nicht nur auf die Straße gegangen sind und sich mit einem hohen persönlichen Risiko für diese Staatsform eingesetzt haben, ganz im Gegensatz zu ihren „Brüdern und Schwestern im Westen“, denen die Demokratie sozusagen aufgezwungen wurde.

Die Feinde, die Deutschland von außen bedrohen, sind schneller aufgelistet, zumindest wenn man sich dabei ausschließlich an die Sichtweise des freien Westens hält, der, überzeugt davon, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen, weiß, dass wir die Guten und die Russen, die Islamisten, die Hamas und andere Terrororganisationen die Bösen sind. Und natürlich sind auch all diejenigen unsere Feinde, die Israel bedrohen, denn die Interessen Israels gehören zur deutschen Staatsräson. Es würde zu weit führen, die Sprachfigur der „Staatsräson“ näher auszuführen, denn sie hat eine lange Geschichte. Zielführender dürfte es sein, diese Staatsräson, wie wir sie heute meinen, zu erklären. Diesbezüglich heißt es in der Online-Ausgabe der Neuen Züricher Zeitung wie folgt:

NZZ.ch vom 18.10.2023: Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson. Scholz hat dieses Diktum seiner Amtsvorgängerin Angela Merkel verinnerlicht. Wenn der jüdische Staat nicht mehr existieren kann, sind auch die Grundfesten des postnationalsozialistischen Deutschland erschüttert. Deswegen ist es richtig, dass der Kanzler sich in seiner Regierungserklärung unmissverständlich auf die Seite Israels gestellt hat und dass Rüstungsexporte nach Israel nun prioritär bearbeitet werden. Außenpolitisch hat Deutschland unter Olaf Scholz die Staatsräson ausbuchstabiert – was die Merkel-Regierung nie getan hatte. Im Deutschen Bundestag kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 19. Oktober 2023, einen Tag nach der Beendigung seiner Israelreise ein hartes Vorgehen gegen Antisemitismus und Gewaltverherrlichung auch im Inland an [En04].

Anders ausgedrückt: Dem Schutz des jüdischen Lebens auch in Deutschland räumte der Kanzler oberste Priorität ein. Die Behörden in Deutschland dürften keine Demonstrationen zulassen, so der Kanzler, bei denen antisemitische Parolen gebrüllt und Gewalt verherrlicht würden.

Da sich am 7. Oktober 2024 der Jahrestag des Terrorangriffs auf Israel jährte, der zu dem Krieg im Nahen Osten von heute führte, wurde mit Ausschreitungen anlässlich von Demonstrationen gerechnet.

Zeit.de vom 4.10.2024: Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist alarmiert. „Wir blicken mit großer Sorge auf die kommenden Tage. Man konnte bereits in den vergangenen Tagen sehen, dass sich die Gewaltbereitschaft der propalästinensischen Szene auf unseren Straßen wieder verstärkt in Hass, Antisemitismus und Gewaltexzessen entlädt“, sagte Berlins GdP-Sprecher Benjamin Jendro. Die jüngsten Entwicklungen zwischen Israel, dem Libanon und dem Iran werden seiner Ansicht nach Auswirkungen auf das Versammlungsgeschehen in Berlin haben.

Der Jahrestag des Massakers ist am kommenden Montag. Die Polizei in Berlin ist dann mit rund 2.000 Einsatzkräften vor Ort, um die Demonstrationen abzusichern. „Unterstützung kommt dabei aus anderen Bundesländern und dem Bund“, sagte ein Sprecher. Bereits am Wochenende stehen in der Hauptstadt mehrere Demonstrationen an.

In Frankfurt am Main hatte die Stadt eine propalästinensische Demonstration für Montag verboten, das dortige Verwaltungsgericht hob dieses Verbot jedoch kurze Zeit später wieder auf [En05].

Mit anderen Worten: Die Diversität im wiedervereinigten Deutschland hat zwischenzeitlich einen Zustand erreicht, in dem es vielen Angst und Bange vor dieser Diversität wird, denn große Teile dieser Diversität verfügen über eine Kultur und über ein Werteverständnis, das mit der Kultur, die in Europa und somit auch in Deutschland über gut 2000 Jahren gewachsen ist und wohl auch immer noch vorherrscht, nur schwer zu vereinbaren sein dürfte.

04 Die deutsche Nation

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Auch wenn die Bilanz der deutschen Nationsbildung in Lauf der Geschichte als negativ zu bezeichnen ist, bedeutet das nicht, dass dem deutschen Volk, besser gesagt denen, die sich mit diesem Volk als engste verbunden fühlen, dadurch der Wunsch nach einer deutschen Nation abhandengekommen ist. Auch wenn heute wohl nur noch wenige die Rede von Ernest Renan (1823 bis 1892) gelesen haben, dürften die folgenden Sätze aus seiner Rede „Was ist eine Nation?“, auch heute noch dem Wunsch vieler Menschen in Deutschland entsprechen, die, um sie sprachlich zu kennzeichnen, als Standard- oder Biodeutsche bezeichnet werden müssen, oder, wie die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) getan hat, als „diejenigen, die schon länger hier leben“ zu bezeichnen sind.

Angela Merkel 2007: Ich finde es wichtig, dass wir unsere Einstellung, mit der wir an das Thema Integration herangehen, deutlich machen, und dass wir auch zu den Migrantinnen und Migranten sagen: Wir erwarten von euch, dass ihr euch in diesem Land integriert, wenn ihr dauerhaft hier sein wollt. Das heißt, vor allem, dass ihr die deutsche Sprache beherrscht, damit ihr am gesellschaftlichen Leben teilnehmen könnt. Als diejenigen, die schon länger hier leben, wissen wir aber auch, dass wir ein Stück Offenheit zeigen und uns verändern müssen und die, die als neue Zuwanderer zu uns kommen, als Bereicherung unserer eigenen Gesellschaft begreifen müssen [En06].

Wie dem auch immer sei: Deutscher zu sein, das bedeutet auch heute immer noch, sich nicht nur schämen zu müssen, sondern auch dazu bereit zu sein, auf seine deutsche Identität zu verzichten, denn wer die für sich in Anspruch nimmt, die oder der denkt bereits rechts.

Zurück zu Ernest Renan. Einer der zentralen Sätze seiner Rede hat folgenden Wortlaut:

Eine Nation ist eine Seele, ein geistiges Prinzip.

An anderer Stelle heißt es:

Ernest Renan: Die Nation ist eine große Solidargemeinschaft, die durch das Gefühl für die Opfer gebildet wird, die erbracht wurden und die man noch zu erbringen bereit ist. Sie setzt eine Vergangenheit voraus und lässt sich dennoch in der Gegenwart durch ein greifbares Faktum zusammenfassen: die Zufriedenheit und den klar ausgedrückten Willen, das gemeinsame Leben fortzusetzen. Die Existenz einer Nation ist (man verzeihe mir diese Metapher) ein tägliches Plebiszit, wie die Existenz des Individuums eine ständige Bekräftigung des Lebens ist. ... Die Nationen sind nichts Ewiges. Sie haben einmal angefangen, sie werden enden [En07].

So lange aber, wie Staaten Bestand haben, in denen Menschen zusammenleben, die sich als eine Nation verstehen, wird es zwangsläufig zu Problemen kommen, wenn ein „Zusammenleben“ gestaltet werden soll, in dem Wörter wie Nation, Volk und Tradition und Worte wie Heimat und mein Deutschland sozusagen auf der "Roten Liste" der verbotenen Wörter stehen, obwohl bei einem näheren Hinsehen, wirklich nicht übersehen werden kann, dass die Zugehörigkeit zu einem Volk oder zu einer Nation tatsächlich ein Schicksal ist, das auf die Befindlichkeiten der dort lebenden Menschen kaum Rücksicht nimmt, die das anders sehen wollen, weil sie sich vielleicht sogar schämen, Deutsche oder Deutscher zu sein, denn die Aufarbeitung des deutschen Kriegstraumas hat bei vielen die Vorstellung entstehen lassen, einem Tätervolk anzugehören, dass sozusagen zur Wiedergutmachung verpflichtet sei. Daran aber dachte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) wohl nicht, als er am Tag vor dem Vollzug der Wiedervereinigung in der Rede seines Lebens, gemeint ist die Fernsehansprache von Helmut Kohl, die er am 2. Oktober 1990 hielt, Folgendes sagte:

Liebe Landsleute!

In wenigen Stunden wird ein Traum Wirklichkeit. Nach über vierzig bitteren Jahren der Teilung ist Deutschland , unser Vaterland wieder vereint. [...]. Deutschland ist unser Vaterland, das vereinte Europa unsere Zukunft. Gott segne unser deutsches Vaterland [En07a].

Heute haftet solchen Sätzen bereicht etwas Anrüchiges an, denn solch eine Sprache spricht heute nur noch die AfD, die es mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt, wozu auch das Errichten von Brandmauern gehört.

Zurück zur Identifikation mit einer Nation:

Kurt Hübner: Die Identifikation mit einer Nation ist nicht ein Akt des Willens oder der freien Entscheidung, sondern ein Schicksal. Der Mensch wird mit seiner Muttersprache, seiner Kindheit und Jugend, die ihn unauslöschlich prägen, in eine Nation hineingeboren, gleichgültig, ob es sich nun um diejenigen eines homogenen Staates, eines Vielvölkerstaates oder um eine Kulturnation handelt. So kann seine schicksalhafte Identifizierung gleichsam mehrere Schichten aufweisen. Selbst in den Fällen, wo man seine nationale Zugehörigkeit wechselt, bleibt die schicksalhafte Verknüpfung mit dem Ursprung unaufhebbar, wird aber auch die neue Identifikation, die sich dann gewissermaßen darüber schiebt, als schicksalhafte Bindung empfunden, sofern es sich dabei wirklich um eine Identifikation, eine Verschmelzung mit dem eigenen Wesen handelt und nicht nur um einen bloß äußeren Akt des Zwanges oder des Opportunismus [En08].

Wie dem auch immer sei: Wer heute als Verfassungspatriot das Grundgesetz aufschlägt, findet in der Präambel den Begriff „Deutsches Volk“. Danach aber ist die Rede von den „Deutschen in den Ländern“, was nahelegt, dass es nicht nur das Bundesvolk, sondern weitere 16 Landesvölker gibt.

Und dann gibt es ja auch noch den Artikel 116 GG, in dem es im Absatz 1 heißt:

Art 116 Abs. 1 GG
(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.

05 Die Wirklichkeit von heute

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Wer heute von einem oder einer Deutschen spricht, weiß eigentlich gar nicht mehr, wer damit gemeint ist, denn jeder Versuch, den Deutschen als eine Sprachfigur zu verstehen, dessen Muttersprache deutsch, dessen Kultur europäisch und dessen kultureller Zusammenhalt sich aus einer „gemeinsam erlebten Geschichte“ ableiten lässt, haftet nicht erst seit heute der Begriff des Völkischen an.

Bereits 2019, als der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke, dessen Geburtsort Lünen in NRW ist, der CDU und der FDP den Vorschlag machte, über neue Formen der Zusammenarbeit ins Gespräch zu kommen, etwa durch die Tolerierung einer Minderheitsregierung, äußerte sich der damalige CDU-Generalsekretär Ziemiak dazu wie folgt:

FAZ.de vom 6.11.2019: Die AfD ist aus Ziemiaks Sicht eine Partei, „die zu großen Teilen einen völkisch-autoritären Politikansatz verfolgt und grundlegende Prinzipien unserer Verfassung in Frage stellt“. Die Partei rede der auf Homogenität ausgerichteten Volksgemeinschaft das Wort. „So fing es auch schon 1933 an“, schrieb der CDU-Politiker. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Eine Zusammenarbeit mit der AfD wird nicht nur von der CDU, sondern auch von allen anderen Parteien ausgeschlossen [En09].

Zurzeit nehmen sogar die Forderungen nach einem Parteienverbot der AfD wieder an Fahrt auf. Während der parteilose Ex-Bundespräsident Joachim Gauck davor warnt, Konservative weiter vom Staat zu entfremden, wirbt die Bundestagsvizepräsidentin Karin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen) für ein prinzipienfestes Vorgehen, denn für die Entwicklung von heute, so Karin Göring-Eckardt, sei sie in der noch vor 35 Jahren existierenden DDR nicht auf die Straße gegangen.

Dieser Sichtweise widersprechend hält der heute 84 Jahre alte ehemalige parteilose Bundespräsident Joachim Gauck ein Verbotsverfahren nicht nur für untauglich, sondern sogar für schädlich, weil dadurch die Wählerschaft der Partei nicht abgeschafft würde. „Vielmehr würden wir noch mehr Wut und noch mehr Radikalität erzeugen – und das wäre politisch schädlich.“ Nach Ansicht Gaucks würden verunsicherte konservative Bürger, die die AfD wählten, bei einem Verbot der AfD den Staat als Feind erleben  [En10].

Das dürfte bereits heute so der Fall sein, denn alle anderen Parteien sehen in der AfD einen Verfassungsfeind, den es mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt.

06 Adorno zum neuen Rechtsradikalismus

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Die Ausführungen, die Theodor W. Adornos bereits 1967 anlässlich eines Vortrages zu den Ursachen des „Wiedererwaches des Rechtsradikalismus“ in Deutschland machte, können auch heute noch Gültigkeit für sich in Anspruch nehmen, denn die Voraussetzungen faschistischer Bewegungen sind, in Anlehnung an Theodor W. Adorno (1903 bis 1969), sowohl gesellschaftliche Zusammenbrüche als auch die permanente Deklassierung von Schichten, die befürchten ihre Privilegien zu verlieren. Diese Gruppen tendieren, so Adorno, nach wie vor zu einem Hass auf den Sozialismus oder auf das, was sie Sozialismus nennen, das heißt, sie verschieben die Schuld an ihrer eigenen potentiellen Deklassierung.

Verstärkt wird diese Abstiegsangst bzw. die Angst, dass ihre Lebensleistung nicht hinreichend gewürdigt wird, durch den Fortschritt der Automatisierung, der dazu beiträgt, dass viele sich bereits als potentielle Arbeitslose fühlen.

Anders ausgedrückt: Der Faschismus ist sozusagen ein Kind der Krise.

Theodor W. Adorno: Natürlich gibt es [auch heute noch = AR] Kader alter Nazis. Aber auch hier möchte ich sagen, und zwar einfach auf Grund von Beobachtungen, die innerhalb der empirischen Sozialforschung vorliegen, dass man nicht glauben soll, dass es sich lediglich um die sogenannten Unbelehrbaren handelt, über die man dann so etwas die Achseln zuckt. Es werden fraglos auch Junge angezogen [En11].

Getragen wird der Wunsch des deutschen Faschismus von dem Wunsch, den Adorno wie folgt beschreibt:

Deutschland muß wieder obenauf kommen.“

Grund für diesen latent vorhandenen Faschismus in Deutschland ist die Tatsache, dass eine „Identifikation mit dem System in Deutschland“, so Adorno, „nie wirklich radikal zerstört wurde, und daran liegt natürlich auch eine der Möglichkeiten, dass gerade von den Gruppen, von denen ich eben spreche, daran angeknüpft wird, weil, und das mag vielen Demokraten nicht gefallen, die Demokratie eben bis heute nirgends wirklich und ganz sich konkretisiert hat, sondern formal geblieben ist, so dass die faschistischen Bewegungen in diesem Sinn als die Wundmale, als die Narben einer Demokratie bezeichnet werden können, die ihrem eigenen Begriff eben doch bis heute noch nicht voll gerecht geworden ist.“

Das Charakteristische für diese Bewegungen ist vielmehr eine außerordentliche Perfektion der Mittel, nämlich in erster Linie der propagandistischen Mittel. Das gilt besonders bei der Jugend, die man warnen muss.

Von den von Adorno genannten Methoden zur Wiederbelebung des Rechtsradikalismus seien nur einige genannt:

  • Das offen Antidemokratische fällt weg. Im Gegenteil: Man beruft sich immer auf die wahre Demokratie und schilt die anderen antidemokratisch.

  • Ebenso wird das Wort »deutsch« monopolisiert. Es wird alles Erdenkliche deutsch genannt.

  • Was den Nationalismus anlangt, so tritt er in der Propaganda im Allgemeinen nicht generell auf, sondern mit großem Geschick konzentriert er sich auf allergische Punkte.

  • Ausverkauf der deutschen Wirtschaft an fremdes Kapital, bei gleichzeitigem Kapitalmangel innerhalb der deutschen Industrie.

  • Die These von der Überfremdung durch Gastarbeiter

  • Schluss mit dem Schuldbekenntnis für die Verbrechen der Nazi-Zeit

  • Verbreitung der Lehre vom gesunden Kern des Deutschseins

  • Ausführungen zur „Authoritarian Personality“ die sich eine Führung wünscht.

Wie dem auch immer sei: Festzustellen ist, dass dies nicht nur für den rechtsradikalen Faschismus, sondern auch für den Antifaschismus gilt, der heute den Faschismus mit den gleichen Mitteln zu bekämpfen versucht, die angeblich nur von den Faschisten angewendet werden.

07 Faschismus heute

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Zu den Ursachen, die dem Faschismus zugrunde liegen, heißt es bei Michaela Murgia in ihrem Buch „Faschisten werden“, wie folgt:

Michaela Murgia: Zum Regieren braucht es jemanden, der entschieden handelt, der ohne jedes Zögern die Seinen mit sich reißt und dabei jedes Hindernis mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus dem Weg räumt. Der Faschismus identifizierte die Dissidenten und stellte sie ruhig, indem er sie in die Verbannung oder direkt ins Gefängnis schickte, wo niemand sie hören konnte (mit Gramsci hat das hervorragend funktioniert); oder man gab ihnen im Guten oder im Schlechten zu verstehen, dass es besser war, sich mit den Ideen des Chefs einverstanden zu zeigen, anstatt denjenigen, der alles daransetzte, das Land zum Funktionieren zu bringen, ständig mit neuen Vorstellungen zu belästigen.

Und:

Was gesagt wird, muss nicht einmal immer alles wahr sein, denn die Wahrheit an sich existiert nicht. Sie ist eine politische Gegebenheit, keine reale, und darum herrscht derjenige, der die Politik beherrscht, gleichzeitig auch immer über die Wahrheit.

An anderer Stelle heißt es:

Die Leute wollen, dass man ihnen die Angst wieder nimmt, nicht dass man sie über Lösungen diskutieren lässt, denn die Angst gehört allen, die Lösung aber dem Chef allein. Herrscht hingegen weit verbreitete Unzufriedenheit und hat der Chef noch keine Lösung parat, so besteht die wirksamste strategische Banalisierung darin, dem Volk einen Feind zu liefern, dem es die Schuld geben kann. Ohne einen Feind wird man nicht zum Faschisten, weil der Faschismus für seine Positionierung die Opposition braucht. [...]. Es gibt keine Gegner, nur Feinde. Und über die Natur des Feindes darf kein Zweifel bestehen: Wir reden hier nicht über jemanden, der Teil des Systems ist, sondern über einen Teil von dessen Anomalie, vom Krebsgeschwür des Systems.

Und:

Der Faschismus, die Politik des gesunden Menschenverstands, hat die grundlegende Aufgabe, die Dinge wieder an ihren Platz zu rücken [En12].

Irgendwie erinnern diese Sätze zumindest mich an die Brandmauern, die zurzeit von den guten Demokraten errichtet werden, um die bösen Populisten und Querdenker auszugrenzen. Vereinen lassen sich diese Bemühungen der guten Demokraten auf jeden Fall mit dem Satz: Wir müssen unsere Demokratie verteidigen, um gegen „extremistische Rattenfänger“ Position beziehen zu können, so die Worte des Bundespräsidenten, denn: „Wir lassen uns dieses Land nicht von extremistischen Rattenfängern kaputtmachen [En13].“

Dass sich die von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gemeinten Wählerinnen und Wähler der AfD durch diese Wortwahl als Ratten diskriminiert fühlen, dürfte in der Natur der Sache liegen.

Wie dem auch immer sei: Die Geschichte beweist, dass durch Ausgrenzung, durch Stigmatisierung, durch Aberkennen des Denkenkönnens und durch Worte wie: Nazi, Faschist, Rassist, Extremist, Verschwörungstheoretiker, Klimaleugner und andere, letztendlich heute dem Faschismus erneut der Boden bereitet wird.

Von Soziologen wird das heute als eine Binsenwahrheit angesehen, denn im Gegensatz zum Faschismus in den 1920er und 1930er Jahren, der durch prügelnde Mobs hoffähig gemacht wurde, geschieht das heute durch die Macht der Worte,

Anders ausgedrückt: Demokratien, in denen Andersdenkende ausgegrenzt und in denen andersdenkenden Menschen ihre Fähigkeit zum richtigen Denken sozusagen aberkannt wird, in Staaten, in denen Meinungen bereits dann sanktioniert werden können, wenn sie nicht der „Political correctness“ entsprechen, solche Staaten laufen Gefahr, sogar faschistische Methoden für demokratischer zu halten.

Theodor W. Adorno ist zuzustimmen, wenn er am Schluss seines Vortrags zum Thema „Aspekte des neuen Rechtsradikalismus“ seine Argumentation wie folgt zusammenfasst.

Theodor W. Adorno: Nun, meine Damen und Herren, ich wiederhole, daß mir bewußt ist, daß der Rechtsradikalismus kein psychologisches und ideologisches Problem ist, sondern ein höchst reales und politisches. Aber das sachlich Falsche, Unwahre seiner eigenen Substanz zwingt ihn, mit ideologischen, das heißt in diesem Fall mit propagandistischen Mitteln zu operieren. Und deshalb muß man ihm, abgesehen vom politischen Kampf mit rein politischen Mitteln, in seiner eigensten Domäne sich stellen. Aber nun nicht Lüge gegen Lüge setzen, nicht versuchen, genauso schlau zu sein wie er, sondern nun wirklich mit einer durchschlagenden Kraft der Vernunft, mit der wirklich unideologischen Wahrheit dem entgegenarbeiten [En14].

Dazu aber fehlt den wahren Demokraten von heute offensichtlich der Mut. Sie begnügen sich damit, Brandmauern aufzubauen und Andersdenkende dadurch sozusagen zu Aussätzigen zu erklären. Brandmauern dienen aber auch dem Zweck, den eigenen Mut zu begrenzen, denn der wäre notwendig, wenn Brandmauern eingerissen oder anderweitig überwunden würden.

08 Ein Faschismustest

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Zum Ende des Buches von Michaela Murgia, präsentiert die Autorin einen Faschismustest, der ihren Leserinnen und Lesern die Möglichkeit bieten soll, sich selbst hinsichtlich eigener faschistischer Grundeinstellungen zu testen.

Jede Frage, die Sie für zutreffend halten, sollte Sie daran erinnern, dass auch in Ihrer Seele der Faschismus wohnt. Beurteile Sie bitte die folgenden Sätze mit gesundem Menschenverstand und kreuze in Ihren Gedanken die Fragen an, denen Sie zustimmen:

  • Wir haben keine moralische Pflicht, alle Flüchtlinge, Asylanten und Migranten aufzunehmen.

  • Schluss mit den Parteien und mit immer noch mehr Parteien.

  • Eine Vergewaltigung ist schwerer erträglich, wenn sie von einem Asylsuchenden begangen wird.

  • Mädchen sollen Mädchen bleiben, und Jungen Jungs.

  • Zuerst sollte man sich um die Deutschen kümmern.

  • Von Kultur wird man nicht satt.

  • Deutschland ist das Land der Deutschen.

  • Der angemessene Platz einer Frau ist an der Seite ihres Mannes.

  • Und es gibt sie doch, die natürliche Familie.

  • Ich kann mich nicht erinnern, dass Erdbebenopfer die gleiche Solidarität erfahren, wie das bei den Flüchtlingen der Fall ist.

  • Man muss verstehen, dass die Menschen die Nase voll haben.

  • Wir müssen unsere christlichen Wurzeln verteidigen.

  • Flüchtlinge und Asylanten nehmen uns die Arbeitsplätze weg.

  • Die haben einen Anspruch auf Wohnung, wir nicht.

  • Der Feminismus hat den Frauen beigebracht, die Männer zu hassen.

  • Ein Staat ohne Grenzen ist kein Staat.

  • Wir müssen im großen Umfang abschieben.

  • Dabei lassen sich wohltemperierte Grausamkeiten nicht vermeiden.

  • Es wäre besser, den Wirtschaftsflüchtlingen bei sich zu Hause zu helfen.

  • Es kommen sowieso nur die, die sich das finanziell leisten können.

  • Die Journalisten sind allesamt Diener der Macht.

  • Nicht einmal mehr in den Schulen wird richtiges Deutsch gesprochen.

  • Gegen den Geburtenrückgang wird nichts unternommen.

  • Die Gender-Ideologie macht die Familie kaputt.

  • Jetzt ist Schluss mit lustig.

  • Was wir brauchen, ist mehr Führung.

  • Man sollte alle Politiker in einen Sack stecken und draufhauen, es träfe immer den richtigen.

  • Wir brauchen einen Systemwechsel.

  • Wenn du sie so magst, dann lass sie doch bei dir wohnen [En15].

09 Zerrissenes Deutschland

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Auch wenn der Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2024 bereits zum 35. Mal gefeiert wurde, und Politiker nicht müde wurden, dass bisher Erreichte zu loben, auch wenn noch nicht alles zum Besten geregelt sei, gehört es dennoch zur gesellschaftlichen „Wahrheit“, darauf hinzuweisen, dass Deutschland selten so gespalten war wie heute. Die Gründe, die diese Spaltung verursacht haben, sind schnell genannt:

  • Eine Vielzahl ungelöster Krisen

  • Die Dämonisierung Andersdenkender

  • Eine aufgezwungene Meinungshegemonie

  • Das Errichten von Brandmauern

  • Verweigerung des Dialogs mit Andersdenkenden

  • Misstrauen und Verachtung gegenüber Wählerinnen und Wählern, die undemokratisch wählen, obwohl das eigentlich gar nicht geht, denn die Ausübung des Wahlrechts ist urdemokratisch

  • Ausgrenzung von Parteien, die enttäuschte Wähler anziehen

  • Erkennbare Angst der Altparteien vor dem Machtverlust

  • Führungsschwäche der Regierung

  • Versagen in der Migrations-, und Asylpolitik

  • Zunehmendes Bedürfnis nach einer starken Führung

  • Vielen ist es einfach zu bunt geworden.

10 Verlockung des Autoritären

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Wir müssen die Tatsache anerkennen, dass die Vielzahl der auch in Deutschland vorhandenen Krisen, für die es zurzeit deshalb noch keine Lösung gibt, weil sie von den an der Problemlösung beteiligten Akteuren sozusagen zerredet werden, dafür verantwortlich sind, den latent in einer jeden Gesellschaft vorhandenen Wunsch nach einem Führer sozusagen wieder „auferstehen“ zu lassen, weil politischen Eliten von heute dazu nicht in der Lage sind, notwendig werdende Entscheidungen durchzusetzen.

Mit ihren konfusen und wirrköpfigen Programmen, einschließlich der dazugehörigen irrationalen und unpolitischen Rhetorik, fehlt es ihnen nicht nur an der Kraft, sondern auch an überzeugenden Problemlösungen, die dazu in der Lage wären, nicht nur glaubwürdig zu sein, sondern auch Hoffnungen zu erzeugen, so zumindest die Wahrnehmung derjenigen, die reklamieren:

So wie es heute ist, kann und darf es nicht bleiben.

Viele Menschen fühlen sich auch deshalb zu autoritärem Denken hingezogen, weil sie einfach keine Lust haben, sich auf Komplexität einzulassen. Sie mögen keine Diskussionen, sie wünschen sich Einigkeit und einen Macher, der für Sicherheit und Ordnung sorgt.

Wie dem auch immer sei: Zu beklagen ist, was bedauerlicherweise auch die Wirklichkeit in der bundesdeutschen Demokratie kennzeichnet, dass es heute keine gemeinsame Debatte mehr und erst recht keine gemeinsame Erzählung darüber gibt, was uns im Kern zusammenhält.

Heute scheint es vielmehr so zu sein, wie der Philosoph Rudolf Brandner das ausdrückt, dass die eigene Identität in einer negationslosen, ganz und gar leeren, also überhaupt keiner „Identität“ mehr zu bestehen hat, damit keine negativen Verhältnisse zu denen aufgebaut werden können, die noch über eine Identität verfügen (gemeint sind die in Deutschland lebenden Muslime).

Für Toleranz und Weltoffenheit wird folglich nicht dort demonstriert, wo fremde Identitäten die Demokratie in Deutschland missachten.

Beispiel: Im April 2024 wurden anlässlich einer Demonstration in Hamburg:

  • Kalifat eingefordert

  • Die Existenz Israels in Frage gestellt und zu

  • Hass und Hetze aufgerufen wurde.

Auch wenn als Reaktion auf diesen „Eklat“ von den Behörden verboten wurde, zukünftig anlässlich von Kundgebungen ein Kalifat in Deutschland in Wort, Bild oder Schrift einzufordern, ist darin dennoch nichts Verwerfliches zu erkennen.

Tagesschau.de vom 11.5.2024: Aus Sicht von Bundesjustizminister Marco Buschmann ist es zwar absurd, wenn Islamisten in Deutschland ein Kalifat fordern, das sei aber nicht zwangsläufig ein Fall für die Justiz. [...]. Das Bundesverfassungsgericht habe allerdings sinngemäß festgestellt: Solange eine absurde Meinung, auch eine, die dem Grundgesetz widerspricht, einfach nur geäußert werde, ohne dass Anstalten unternommen würden, die Ordnung des Grundgesetzes dann auch zu beseitigen oder andere Rechtsgüter zu verletzen, müsse dies als Teil des geistigen Meinungskampfes ertragen werden [En16].

Wie solch ein Werteverständnis, das ja der Kitt sein sollte, den eine Gesellschaft zusammenhält, dazu beitragen kann, ein Gefühl von Zusammenhalt zu erzeugen, daran können wohl nur noch diejenigen glauben, die Multikulti für den Wesenskern deutscher Identität halten und alles tolerieren, was für Nichtdeutsche identitätsstiftend ist bzw. sein kann.

Rudolf Brandner: Was ist das für ein europäisches Selbstbewusstsein, wenn die antiken (Nackt)-Skulpturen Roms beim Besuch der iranischen Regierung verhüllt werden, um das muslimische „Empfinden“ nicht zu verletzen, und umgekehrt die EU-Beauftragte Mogherini im Iran unterwürfig mit Kopftuch auftritt und christliche Würdenträger ihr Kreuz abnehmen, um beim Besuch des Tempelbergs „Respekt“ von Andersgläubigen zu zeigen. Was für eine „Toleranz“ ist das, die dem muslimischen Primat der Scharia vor Grund- und Menschenrechten, der Verachtung von Polizei und Rechtsinstitutionen und einer selbsternannten Scharia-Polizei mit indifferentem Laxismus begegnet [En17]?

Natürlich sind dies nur punktuelle Beschreibungen der Dekadenz in westlichen Demokratien, denen es nicht nur an Selbstbewusstsein, sondern auch an Selbstachtung fehlt. Nachvollziehbar dürfte trotz der Kürze der oben genannten Beispiele die Assoziation sein, dass eine Vielzahl solcher Akte kultureller Selbstzerstörung nicht nur Befürworter, sondern im zunehmenden Maße auch Andersdenkende sich dadurch politisches Gehör verschaffen, indem sie das Ende von Multikulti einfordern.

Anne Applebaum: Das soll aber nicht heißen, dass Zuwanderung und wirtschaftliches Leid nichts mit der aktuellen Krise zu tun haben: Sie sind sehr wohl ein ehrlicher Auslöser für Wut, Verzweiflung und Konflikt. Doch als umfassende Erklärung für die politischen Umbrüche und den Aufstieg einer ganz neuen Klasse von politischen Akteuren reichen sie nicht aus. Es ist etwas anderes im Gange, das Länder mit sehr unterschiedlichen Demokratien, Wirtschaftssystemen und Bevölkerungsstrukturen in aller Welt betrifft. Neben dem Revival der Nostalgie, der Enttäuschung über die Leistungsgesellschaft und der Attraktivität von Verschwörungstheorien könnte die Ursache zumindest zum Teil auch in der auf Streit und Recht haben ausgelegten Natur des heutigen politischen Diskurses selbst zu finden sein: unsere Art, über politische Themen zu lesen, zu denken und zu sprechen. [...]. Der Lärm des Streits und das fortwährende Hin und Her widersprechender Meinungen kann Menschen verärgern, die lieber in einer Gesellschaft leben, die von einem einzigen Narrativ zusammengehalten wird [En18].

An anderer Stelle heißt es:

Anne Applebaum: Das Ergebnis ist eine verschärfte Lagerbildung, die das Misstrauen gegenüber „normaler“ Politik, „etablierten“ Politikern, „anerkannten“ Experten und „Mainstream“-Instituten wie Gerichten, Polizei und Behörden weiter schürt. Kein Wunder. Mit der zunehmenden Polarisierung geraten Beamte und staatliche Angestellte zunehmend zwischen die politischen Fronten und stehen im Verdacht, von der Gegenseite vereinnahmt worden zu sein [En19].

11 Holen wir uns unser Land zurück

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Dieser Satz ist nicht falsch aber auch nicht richtig, denn dieser Satz, vom AfD-Ehrenvorsitzende Alexander Gauland am Bundestags-Wahlabend 2017 im Fernsehen gesagt, bietet durchaus Stoff für eine Diskussion, die zu führen die Gesellschaft, besser gesagt die politische Elite in der Bundesrepublik Deutschland, aber immer noch scheut. Wird aber ein Thema den Populisten aller Couleur überlassen, sind das die besten Voraussetzungen, eine Gesellschaft nicht nur zu spalten, sondern der Demokratie letztendlich sogar irreparablen Schaden zuzufügen.

Warum?

Die Einschränkung der Meinungsfreiheit und das Verweigern des Gesprächs mit Andersdenkenden ist demokratiefeindlich.

Grund dafür sind auch die jegliche Kommunikation verbietenden so genannten Brandmauern.

Die aber scheinen so ganz allmählich bröckelig zu werden, denn in einem offenen Brief von 6 ehemalig politisch verantwortlichen CDU-Mitgliedern heißt es wie folgt:

Wir müssen auch mit der AfD reden!

Wir haben Sorge um unser Land: Hass und Hetze nehmen zu. Die Gewalt gegen politische Mandatsträger steigt. Die Wirtschaft stagniert. Die Migrationsfrage wird ungelöst vor sich hergeschoben. Immer weniger Menschen, insbesondere im Osten Deutschlands, vertrauen der Demokratie.

Wir brauchen deshalb eine neue politische Kultur des Miteinanders. Der politische Gegner darf, solange er keine Gewalt anwendet, nicht als Feind gesehen werden. Dies bedeutet insbesondere, dass alle demokratisch gewählten Abgeordneten auch mit allen demokratisch gewählten Abgeordneten reden – auch mit der AfD! Wir brauchen Brückenbauer und keine Brandmauern.

Und 30 Prozent der Sachsen haben die AfD gewählt und der Respekt vor dem Wähler fordert, auch mit den von diesen gewählten Abgeordneten zu reden. Nur in einer inhaltlichen Auseinandersetzung lassen sich eventuelle Vorurteile und Scheinlösungen entlarven. Brandmauern und Redeverbote sind dagegen unsouverän, vertiefen den Graben, leisten einer weiteren Radikalisierung Vorschub und werden von den Menschen nicht verstanden.

Die CDU kann als Partei der Mitte auf Dauer nicht nur mit links von ihr stehenden Parteien zusammenarbeiten, ohne ihre eigene freiheitliche und marktwirtschaftliche Identität zu riskieren. Die zentralen politischen Ziele der CDU in der Wirtschafts-, Energie-, Sicherheits-, Migrations- und Gesellschaftspolitik lassen sich nicht mit Rot-Grün-Dunkelrot verwirklichen. Deshalb muss die CDU auch mit der AfD reden.

Der offene Brief

12 Rede des Bundeskanzlers am Tag der Deutschen Einheit

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Bei den folgenden Sätzen handelt es sich um ein von mir auf der Vorlage einer Videoaufzeichnung erstelltes Wortprotokoll. Die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gehaltene Rede kann in voller Länge über den folgenden Link aufgerufen werden.

Rede des Bundeskanzlers zum Tag der Deutschen Einheit

Wortprotokoll, beginnend bei Minute 11:20.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): Es darf niemals vergessen, oder unter den Teppich gekehrt werden. [Gemeint sind die Jahre nach der Wiedervereinigung, die in den neuen Bundesländern von vielen als Jahre des Zusammenbruchs erlebt wurden]. Und hier liegt wohl eine der Ursachen für die danach immer noch besondere Stimmung die besondere Verstimmung und für politische Besonderheiten, die Ostdeutschland heute kennzeichnen.

Aber, nicht nur in Ostdeutschland erleben wir Landtagswahlen, bei denen sich manchmal bis zu einem Drittel der Wähler sich für eine autoritäre und nationalradikale Politik entscheiden. Für Populisten, die unsere freiheitliche Demokratie bekämpfen, das ist verhängnisvoll, das schadet Sachsen, Thüringen und Brandenburg, das schadet Hessen und Bayern.

Applaus ...

Das schadet unserem gesamten Land, unserer Wirtschaft und unserem Ansehen in der Welt. Es wird noch viel harte Arbeit nötig sein, diese Entwicklung zurückzudrehen. Aber an eines will ich heute deutlich erinnern, die ganz große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger überall in Deutschland steht ganz fest auf dem Boden unserer freiheitlichen Ordnung.

Applaus ...

Das sind die Vernünftigen und Anständigen. Das sind die, die nicht nur motzen, sondern anpacken für unser Land. Diese Mitte ist viel größer als die Radikalen an den Rändern. Auch das vereint uns heute an diesem Tag der Deutschen Einheit.

Ende des Wortprotokolls Minute 13:13.

Es ist nicht zu fassen, was für einen Schaden ein Bundeskanzler mit 174 Worten in knapp zwei Minuten Redezeit anrichten kann. In solch kurzer Zeit gut 17 Millionen Menschen zu beleidigen, das ist schon ein starkes Stück. Wer so die Spreu vom demokratischen Weizen trennen will, der sollte sich möglichst schnell einen anderen Redenschreiber suchen.

Der Applaus, an dem sich auch die anwesende politische Elite Deutschlands, vom Bundespräsidenten bis zur Außenministerin und vom Kanzlerkandidaten der CDU Friedrich Merz bis hin zur amtierenden Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) beteiligten, gibt ebenfalls Grund zur Nachdenklichkeit, denn Applaus, das ist in der Regel ein Zeichen für anerkennende Zustimmung.

Unvernünftig und unanständig, so übersetze zumindest ich die Worte:"Das sind die Vernünftigen und Anständigen", so lässt sich ein Zusammengehörigkeitsgefühl nicht herstellen.

Wer so in einer Kita für Ordnung sorgen will, wird sogar dort scheitern.

Und das am Tag der Deutschen Einheit?

Chapeau.

Die negativen Folgen von Ausgrenzung lassen sich auch an anderen Beispielen bestens illustrieren. So hat zum Beispiel die „Frankenpost“, bei der es sich um die zweitgrößte Tageszeitung in Oberfranken handelt, die Veröffentlichung einer Traueranzeige für einen verstorbenen AfD-Kreisrat abgelehnt.

Aus „grundsätzlichen Erwägungen“, wie es aus dem Zeitungsverlag hieß.

Mit anderen Worten: Nur bei Verstorbenen mit politisch korrekter Haltung ist die Traueranzeige im Frankenblatt möglich. Dass solch eine „Haltung?“ auf heftigen Widerstand gegen diese mittelalterlich anmutende Verteufelung von Menschen mit der „falschen Meinung auch noch nach deren Tod“ an Fahrt aufnahm, als das bekannt wurde, dürfte nachvollziehbar sein. Dass solch eine Meldung aber in den Leitmedien nicht zu finden ist, wohl aber in einer Vielzahl „alternativen Medien“ macht deutlich, dass Empörung heute Wege sucht und diese auch findet, die die Doppelmoral von Menschen, die meinen, im Besitz der Wahrheit zu sein, sichtbar werden lässt.

Nicht umsonst werden die richtigen Demokraten heute als Gutmenschen bezeichnet, denn Gutmenschen halten ihre subjektiven Befindlichkeiten für so widerspruchslos, dass sie ihre Sicht der Dinge nicht nur für alternativlos, sondern für die mit allen Mitteln zu verteidigende politische Vernunft halten.

Rudolf Brandner drückt das wie folgt aus: Der Gutmensch ist gewaltfrei, pazifistisch - gut. Er liquidiert nur symbolisch, indem er den Bann aussprficht und die Andersdenkenden zu "Unberührbaren" erklärt.

Wie dem auch immer sei: 2015, als das Wort „Gutmensch“ zum Unwort des Jahres gekürt wurde, war die Wortbedeutung dieser Sprachfigur noch eine andere, denn die Jury begründete damals ihre Entscheidung damit, dass diejenigen als „Gutmenschen“ beschimpft wurden, die sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagierten oder sich gegen Angriffe auf Flüchtlingsheime stellten. Das war vor 9 Jahren. Heute reicht bereits das Wort „Remigration“ aus, um Millionen von Menschen auf die Straße zu bringen, um diese Demokratie vor den Faschisten von heute zu verteidigen, die angeblich Millionen von Migranten deportieren wollen. Weniger bekannt ist, dass sowohl der NDR als auch die ARD von Oberlandesgerichten untersagt wurde, die von ihnen verbreiteten Falschmeldungen zu unterlassen, denn die hatten die geplanten Vertreibungen in ihrer Berichterstattung, also die geplante Deortation, als Tatsachen bezeichnet, was nicht einmal das Nachrichtenmagazin Correctiv behauptet hatte, als es über das so genannte Geheimtreffen in Potsdam die Öffentlichkeit informierte, gut zwei Monate nach dem Ende dieses Treffens.

Aber selbst die Androhung einer Strafe im Wiederholungsfall für diese fehlerhafte und unhaltbare Berichterstattung brachte den NDR bisher dazu, die Justiz ernst zu nehmen, denn die gerügten Formulierungen wurden nur geringfügig, ohne deren Sinn zu ändern.  Deshalb verhängte das OLG Hamburg nun eine Geldstrafe gegen den NDR in vierstelliger Höhe. Das Gericht bestätigte außerdem, dass der Sender bei seinem Verstoß gegen das Verbot "Vermutungen nicht als Tatsachen" zu bezeichnen, schuldhaft gehandelt habe. Sollte der NDR nach der ersten Geldstrafe nicht einlenken, sieht das Recht weitere Strafen bis zur Höhe von 250 000 Euro vor.

Wie dem auch immer sei: Nicht die Geldstrafe, sondern die Missachtung eines Urteils durch Rundfunkanstalten, die mit öffentlichen Geldern subventioniert werden, ist eine Dreistigkeit, die deutlich macht, dass im Rechtsstaat Deutschland so einiges durcheinander gekommen ist.

Ende offen.

Wie heißt es doch so treffend in dem Essay „Das Ende“ von Gregory Fuller:

The idiocy is in the beholder. Wer projiziert, erntet giftige Früchte. Les fleurs du mal sind – wir [En20].

Anders ausgedrückt: Die Idiotie liegt im Betrachter. Wer Idiotie an die Wand wirft, erntet giftige Früchte ... und die Blüten des Übels, das sind wir.

An anderer Stelle heißt es sinngemäß, wenn auch in Bezug auf die zu erwartenden klimabedingten Katastrophen - von mir dennoch abgeändert und auf den hier aufgezeigten Sachverhalt übertragen- wie folgt:

Keine Orientierung, kein Halt, keine Antwort, keine Hilfe im Angesicht [des demokratischen Niedergangs]. Ein wirklich aufgeklärter Weg aus dem selbstgeschaffenen Dilemma rückt nirgends in Sichtweite. [Die Demokratie in Deutschland] ist, wie sie ist, und [deren gewählte Repräsentanten treten] kurz auf und dann wieder ab, and then is heard no more [um dann nicht mehr gehört zu werden] [En21].

13 Was Moral für negative Folgen haben kann

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Wie heißt es doch so treffend zur Wirkung des Moralisierens bei Rudolf Brandner in seinem Essay zum Thema „Muslimische Immigration und das Versagen der politischen Vernunft Europas“:

Rudolf Brandner: Die Waffe des Moralismus hat so ihre eigene Logik. Sowohl intra- als auch interkulturell wirkt der Moralismus gemeinschaftsspaltend – und nicht gemeinschaftsbildend. Als machtstrategisches Herrschaftsinstrument kennt er keine andere Sprache als die missionarischer Bekehrung und Unterwerfung, beschwörend das eigene Gute, verteufelnd alles andere; und wo man die Anderen mit Schuld- und Schamgefühlen nicht kleinkriegt, sich gefügig macht und unterwirft, werden sie als Verwerfliche ausgestoßen und isoliert, damit sich keiner mit ihnen solidarisiert [En22].

Wer die Demokratie dadurch retten will, indem er die Unvernünftigen und Unanständigen tadelt, und die Vernünftigen und Anständigen lobt, obwohl auch die – das bestätigen mehrere Umfrageergebnisse – mehrheitlich mit der Demokratie von heute so ihre Probleme haben, der will sie nicht retten, der will sie, die Demokratie, abschaffen.

Und wer damit prahlt, dass die ganz große Mehrheit so denkt, wie der redende Bundeskanzler, der ignoriert den einfachsten Prüfstein der Demokratie, dem Respekt vor den Rechten demokratischen Minderheiten. Und wem diese Minderheit nicht gefällt, weil sie immer mächtiger und somit für etablierte Parteien auch immer gefährlicher wird, dem wird wohl nichts anderes übrig bleiben, als sich mit ihr inhaltlich und sachlich auseinanderzusetzen. Wer das aber nicht will, oder dazu nicht in der Lage ist, weil ihm die Auseinandersetzung allein deshalb Probleme bereiten könnte, weil die dann mit Sachargumenten geführt werden müsste, also auf Fakten und nicht auf Wunschdenken zu beruhen hätte, der wird die Demokratie durch diese Verweigerungshaltung weiterhin schwächen.

Das ist eine Form der Selbstaufgabe.

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14 Quellen

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Endnote_01
Carl Schmitt: Der Begriff des Politischen - Duncker & Humblot 1932, Seite 7
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Endnote_02
Spiegel.de vom 4.10.2024: Deutschland war nie eine homogene Einheit“.
https://www.focus.de/experts/kommentar-von-konflikt-spezialist-michalski-
es-ist-zeit-umzudenken-deutschland-war-nie-eine-
homogene-einheit_id_260360777.html
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Endnote_03
Ebd. Carl Schmitt, Seite 15
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Endnote_04
NZZ.ch vom 18.10.2023: In Israel hat Olaf Scholz aus seiner verfehlten Ukraine-Politik gelernt.
https://www.nzz.ch/meinung/israel-und-deutschland-scholz-
hat-aus-seinen-fehlern-gelernt-ld.1761330
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Endnote_05
Zeit.de vom 4.10.2024: Verfassungsschutz warnt vor neuen antisemitischen Demos zum 7. Oktober.
https://www.zeit.de/politik/2024-10/demonstrationen-7-oktober-hamas-israel
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Endnote_06
Rede von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel auf der 34. Hauptversammlung des Deutschen Städtetages am 23. Mai 2007 in München:
https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/newsletter-und-abos/
bulletin/rede-von-bundeskanzlerin-dr-angela-merkel-797406
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Endnote_07
Ernest Renan: Was ist eine Nation? Zitiert nach: Enzyklopädie des Islam.
http://www.eslam.de/begriffe/r/renan_ernest.htm
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Endnote_07a
Fernsehansprache von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl am 2. Oktober 1990 (Auszug). https://www.kas.de/de/statische-inhalte-detail/-/content/fernsehansprache-von-bundeskanzler-dr.-helmut-kohl-am-2.-oktober-1990-auszug-
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Endnote_08
Kurt Hübner: Das Nationale - Verdrängtes - Unvermeidliches - Erstrebenswertes. Styria Verlag Wien 1991, Seite 270
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Endnote_09
FAZ.de vom 6.11.2019: Höcke bietet CDU und FDP Minderheitsregierung an.
https://www.faz.net/aktuell/politik/wahl-in-thueringen/thueringen-
hoecke-bietet-cdu-und-fdp-minderheitsregierung-an-16471196.html
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Endnote_10
Vgl. Welt.de vom 5.10.2024: AfD-Verbot - „Dafür bin ich 1989 nicht auf die Straße gegangen!“
https://www.welt.de/politik/deutschland/article253857726/
AfD-Verbot-Dafuer-bin-ich-1989-nicht-auf-die-Strasse-gegangen.html
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Endnote_11
Theodor W. Adorno: Aspekte des neuen Rechtsradikalismus. Ein Vortrag - eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2019
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Endnote_12
Michaela Murgia: Faschisten werden – eine Anleitung, E-Book 2019 - Verlag Klaus Wagenbach, Emser Straße 40/41, 10719 Berlin
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Endnote_13
ZDFheute vom 29.01.2024: Steinmeier zu Extremisten:Lassen „Rattenfänger“ Land nicht kaputtmachen.
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/
bundespraesident-steinmeier-warnung-extremismus-demokratie-100.html
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Endnote_14
Theodor W. Adorno: Aspekte des neuen Rechtsradikalismus. Ein Vortrag - eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2019
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Endnote_15
Vgl. Michaela Murgia. Faschisten werden – Eine Anleitung, E-Book 2019 – Verlag Klaus Wagenbach, Emser Straße 40/41, 10719 Berlin
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Endnote_16
Tagesschau.de vom 11.5.2024: Mehr als 2.000 Teilnehmer bei Islamisten-Demo.
https://www.tagesschau.de/inland/islamisten-hamburg-demo-102.html
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Endnote_17
Rudolf Brandner: Muslimische Immigration und das Versagen der politischen Vernunft Europas. Die Werkreihe von Tumult#14 – Manuscriptum, 2024, Seite 42 und 43
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Endnote_18
Anne Applebaum: Die Verlockung des autoritären – Warum antidemokratische Herrschaft so populär geworden ist. Pantheon-Verlag 2. Auflage 2022, Seite 112 und 113
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Endnote_19
Ebd. Anne Applebaum, Seite 117
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Endnote_20
Gregory Fuller - Von der heiteren Hoffnungslosigkeit im Angesicht de ökologischen Katastrophe. Meiner Verlag 2. Auflage 2017, Seite 16
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Endnote_21
Ebd. vgl. Gregory Fuller, Seite 17
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Endnote_22
Rudolf Brandner. Muslimische Immigration und das Versagen der politischen Vernunft Europas. Die Werkreihe von Tumult#14, Manuscriptum, Siete 68/69
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