Die Stimme des Volkes im
Grundgesetz
Inhaltsverzeichnis:
01 Bürgerbeteiligung
heute – Fehlanzeige 02 Das BVerfG zur unmittelbaren
Staatsverwaltung
03 Wir denken und leben in
Geschichten
04 Demokratieentwicklung nach Kriegsende
05 Angst vor möglichen systemverändernden
Einflüssen
06 Ablehnung von Volksentscheiden im Grundgesetz
07 Keine Volksentscheide im Sinne einer Volksgesetzgebung 08
Volksentscheide in den Länderverfassungen 09
75 Jahre
Grundgesetz
10
Out-of-Area-Beschluss
des BVerfG 1994 11
Das Erfolgsnarrativ
Deutschland 12 Kommunikation in der Systemwelt von heute
13 Deliberative Demokratie 14 Propaganda als Mittel des
Machterhaltes 15 Die Veränderbarkeit des Grundgesetzes 16
Quellen
01 Bürgerbeteiligung
heute – Fehlanzeige
TOP
Sogar die Freien Demokraten (FDP) lehnen, im Gegensatz zu
Forderungen der CSU, zwischenzeitlich eine direkte
Bürgerbeteiligung ab. So zumindest wird ihr Parteivorsitzender
Christian Lindner auf Welt.de vom
19.09.2017 zitiert.
Dort heißt es:
Welt.de vom 19.09.2017:
FDP-Chef Christian Lindner ist gegen die von der CSU
geforderte Einführung bundesweiter Volksentscheide. "Die FDP ist
in ihrem Programm offen für die direkte Demokratie, ich bin es
nicht", sagte er am Dienstag vor Journalisten in München. Die
repräsentative Demokratie in Deutschland habe sich in den
vergangenen Jahrzehnten bewährt. Aufgrund der unterschiedlichen
Kultur und Tradition seien auch die guten Erfahrungen mit der
direkten Demokratie in der Schweiz kein Vorbild für Deutschland.
"Deshalb würde ich sagen, lassen wir die Verfassung so wie sie
ist." [En00]
Das Grundsatzprogramm der FDP, das 2012 auf dem Bundesparteitag
in Karlsruhe beschlossen wird, lässt sich mit der Sichtweise
ihres Parteivorsitzenden wohl kaum vereinbaren. Dort heißt es:
Grundsatzprogramm der FDP
2012: Wir Liberalen wollen bei der Einbindung von
Bürgern Vorreiter sein. Unsere freiheitlich-demokratische
Grundordnung geht vom souveränen
und mündigen Bürger aus. Dabei
vertrauen wir auf die Vernunft jedes Einzelnen. Die
repräsentative Demokratie sollte deshalb um direktdemokratische
Elemente ergänzt werden. In den Bundesländern konnten in der
Vergangenheit erste Erfahrungen damit gesammelt werden. Diese
Verfahren sollen ausgebaut und verbessert werden. Wir Liberalen
setzen uns darüber hinaus für die Einführung von Volksbegehren
und Volksentscheiden auch auf der Ebene des Bundes ein. [En00a]
Solch sich
widersprechende Aussagen werden heute für normal gehalten, etwa
nach dem Motto: so ist Politik. Unabhängig davon stellt sich
angesichts solch einer Sprachverwirrung die Frage,
die Georg Danzer in seinem Song:
Weiße Pferde aus dem Jahr 1985 sozusagen mit dem Refrain auf den
Punkt gebracht, der da lautet: Woran meine Liebe, glauben wir
noch?
Wie dem auch immer sei:
Obwohl das Grundgesetz
direktdemokratische Beteiligungen der Wählerinnen und Wähler an
politischen Entscheidungen vorsieht, stellt sich die
gesellschaftliche Wirklichkeit völlig anders dar, denn
Abstimmungen des Volkes gibt es auf Bundesebene nur bei der
Neuordnung der Bundesländer, sonst nicht.
Artikel 20 Abs. 2
GG (2) Alle
Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen
und
Abstimmungen
und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden
Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
Ergänzend und die Bedeutung der oben zitierten Regelung
untermauernd, heißt es im Artikel 79 Abs. 3 GG wie folgt:
Artikel 79 Abs. 3 GG (3) Eine
Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des
Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei
der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und
20
niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.
Anders ausgedrückt:
Das Grundgesetz lässt es nicht zu, das Wort
Abstimmungen
aus dem Text des Artikels 20 GG zu entfernen.
02
Das BVerfG zur unmittelbaren Staatsverwaltung
TOP
Obwohl die
Richter des Bundesverfassungsgerichts unter einer „unmittelbaren
Staatsverwaltung“ zuerst einmal vorrangig das Handeln der
staatlichen Institutionen und deren
Amtswalter
verstehen, lässt ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus
dem Jahr 2002 dennoch erkennen, dass es auch andere Formen der
Ausübung von Staatsgewalt geben kann.
BVerfG 2002:
Leitsatz 1:
Außerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung und der
gemeindlichen Selbstverwaltung ist das Demokratiegebot des Art.
20 Abs. 2 GG offen für Formen der Organisation und Ausübung von
Staatsgewalt, die vom Erfordernis lückenloser personeller
demokratischer Legitimation aller Entscheidungsbefugten
abweichen. Es erlaubt, für abgegrenzte Bereiche der Erledigung
öffentlicher Aufgaben durch Gesetz besondere Organisationsformen
der Selbstverwaltung zu schaffen.
BVerfG,
Beschluss vom 05. Dezember 2002 - 2 BvL 5/98
Daraus
kann abgeleitet werden, dass dem Volk, gemeint sind die
wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger, durchaus Möglichkeiten
der direkten Einflussnahme auf politische Entscheidungen
eingeräumt werden kann, soweit diese Einflussnahmen gesetzlich
geregelt sind.
BVerfG 2002:
Nach
der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts [...]
fordert
das in Art. 20 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 GG verankerte
demokratische Prinzip, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht
und von diesem in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere
Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der
Rechtsprechung ausgeübt wird; diese bedürfen hierfür einer
Legitimation, die sich auf die Gesamtheit der Bürger als
Staatsvolk zurückführen lässt (...). Volk im Sinne dieser
Verfassungsnormen und damit Legitimationssubjekt ist das
jeweilige Bundes- oder
Landesstaatsvolk
(...). Als Ausübung von Staatsgewalt, die demokratischer
Legitimation bedarf, stellt sich jedenfalls alles amtliche
Handeln mit Entscheidungscharakter dar (...). Dies gilt
gleichermaßen für Entscheidungen, die unmittelbar nach außen
wirken, wie auch für solche, die nur behördenintern die
Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Amtsaufgaben schaffen
(...).
BVerfG,
Beschluss vom 05. Dezember 2002 - 2 BvL 5/98
Die
Geschichte aber, die uns über die direkte Demokratie bzw. um die
Einbindung von Volksentscheiden in die politische Wirklichkeit
in Deutschland erzählt wurde, die lässt sich in einem Satz
zusammenfassen. Dem Volk fehlt es an Einsicht und an
Kenntnissen, notwendig werdende Entscheidungen die den
Gesamtstaat betreffen zu treffen.
Dass dies auch anders geht,
das zeigen die Möglichkeiten von Volksentscheiden wie sie zum
Beispiel in der Schweiz, in Irland oder gar in den USA möglich sind,
einem Land, in dem direktdemokratische Elemente eher nicht
vermutet werden, obwohl das Gegenteil davon der Fall ist. Wie dem
auch immer sei: Wir glauben an die Narrative, die uns prägen und
das gilt nicht nur für die Einbindung von Volksentscheidungen in
repräsentativen Demokratien.
03
Wir denken und leben in Geschichten
TOP
Menschen
und Gemeinschaften brauchen Geschichten, um miteinander
auskommen zu können. Deshalb verfügt auch jede Kultur über
eigene. Insoweit vermag es nicht zu verwundern, dass im Westen
lebende Menschen in der Regel sich an anderen Geschichten
orientieren als das bei Menschen der Fall ist, die in China, in
Russland, in Indien oder in afrikanischen Staaten kulturell
geprägt wurden.
Die
Vorstellung, dass es sich bei dem Kern der Geschichten, die sich
Menschen weltweit erzählen, immer um die selben Werte handelt,
die wir für unverzichtbar halten – gemeint sind die
Menschenrechte – ist eine bei näherem Hinsehen kaum haltbare
Vorstellung. Gleichermaßen hinterfragbar dürfte es sein, dass
in allen menschlichen Gesellschaften der Wunsch vorherrscht, die
eigene Kultur aufzugeben, um die des Westens zu übernehmen.
Anders ausgedrückt:
Zum Geschichtenerzählen gehört, was heute eher nicht der Fall
ist, auch eine Kultur, in der das
Erzählen gepflegt wird. Im hier zu erörternden Rahmen soll dies
die Geschichte der besten Regierungsform sein, die Menschen
erfunden haben, gemeint ist die Demokratie, denn nur dann, wenn
Menschen davon überzeugt sind, dass ihre Demokratie ihnen die
Sicherheit zu geben vermag, die sie benötigen, um frei und in
Würde leben zu können, wird solch eine Staatsform dauerhaft
Bestand haben können. Schwindet dieses Vertrauen in das
Leistungsvermögen des demokratischen Regierens, dann trägt das
sozusagen zwangsläufig zum Verfall dieser Regierungsform bei.
Um das
zu verhindern, bedarf es einer Vielzahl von Geschichten und
Erzählungen, die den Glauben und das Vertrauen an die Demokratie
verstärken sollen. Solche Geschichten werden heute bedauerlicherweise
eher selten erzählt. Beliebter sind die Geschichten über
Demokratiefeinde und Geschichten über den gesellschaftlichen
Verfall, an dem natürlich immer die Andersdenkenden schuld sind.
Bevor an
dieser Stelle der Versuch unternommen wird, das Wachsen und
Werden der Demokratie des Grundgesetzes nach dem Ende des
Zweiten Weltkrieges kurz aufzuzeigen, soll in einem sich daran
anschließenden zweiten Schritt der Versuch unternommen werden,
mögliche Fehlentscheidungen in der Vergangenheit so in diese
„Skizze“ einzubinden, um aufzeigen zu können, das die Gründe für den Vertrauensverlust vieler
„Demokratinnen und Demokraten“ in die „beste aller
Regierungsformen von heute“ berücksichtigt werden müssen.
Anders ausgedrückt:
Es ist zuerst einmal zu klären, warum sich die „Mütter und
Väter“ des Grundgesetzes für die „repräsentative Demokratie“ und
nicht für eine Demokratie mit nachhaltig wirkenden
„direktdemokratischen Elementen“ entschieden haben.
Die
dafür erforderlichen Überschriften werden im Folgenden zuerst
einmal nur kurz aufgelistet:
-
Geschichten entwerfen mögliche Welten:
Das
gilt auch für die Vorstellungen im Parlamentarischen Rat, warum
nur eine repräsentative Demokratie die Zukunft im
Nachkriegsdeutschland wieder zukunftsfähig machen konnte.
-
Geschichten müssen Vertrauen
transportieren: Im Hinblick auf die zu schaffende Regierungsform der Demokratie
setzte das voraus, dass nur gewählte Abgeordnete über so viel
Sachverstand verfügen können, zukunftsweisende Entscheidungen
treffen zu können.
-
Geschichten müssen zum Mitmachen einladen: Diesbezüglich wurde dem Wahlrecht im Grundgesetz eine Bedeutung
beigemessen, die zum Ausdruck bringen sollte, dass es sich bei
der Ausübung dieses Rechts um die wichtigste Handlung sei,
Regierungshandeln im Namen des Volkes zu legitimieren.
-
Geschichten unterliegen einem steten
Wandel: Das Wahlrecht allein wird heute von vielen Soziologen,
Politologen und natürlich auch von vielen Bürgerinnen und
Bürgern nicht mehr als ausreichend angesehen, zumal von den
politischen Eliten verursachte Fehlentwicklungen heute zunehmend
auf Widerstand im „Wahlvolk“ treffen. Sogar Jürgen Habermas –
der Philosoph der Bundesrepublik Deutschland – hält es für
geboten, mehr Deliberation zu wagen [En01].
Anders ausgedrückt:
Mehr
Bürgerbeteiligung nicht nur einzufordern, sondern auch zur
Anwendung kommen zu lassen.
-
Geschichtenerzähler tragen Verantwortung:
Es liegt in
der Natur der Sache, dass alle Narrative über die Wirklichkeit
von heute, von denen hier nur ein paar aufgelistet werden
können, nur die Sichtweise der Geschichtenerzähler wiedergeben
können. Da gibt es zum Beispiel die Geschichte, dass wir heute
klüger sind als die Menschen aus einer Zeit vor unserer Zeit und
dass wir als zivilisierte Menschen des Westens wissen, was für
die Menschheit gut ist. Auch wenn wir in einem Aufbrechen der
Narrative leben, sind wir dennoch immer noch davon überzeugt,
dass die Globalisierung dem weltweiten Wohlstand nutzt und eine
Welt ohne Grenzen sogar die Möglichkeit bietet, friedlicher als
das bisher der Fall ist, zusammenleben zu können. Natürlich sind
wir auch davon überzeugt, dass es sich bei dem Kapitalismus um
eine notwendige und untrennbare Verbindung mit der Demokratie
handelt, der genauso wie die Demokratie selbst (aber was ist das
eigentlich?) geschützt werden muss.
Wie dem auch immer sei:
Geschichten, im Neuhochdeutschen heißt das Narrative, was so
viel bedeutet wie: Schlüssel- und sinnstiftende Erzählungen,
gibt es heute zu Mass. Welche davon glaubwürdig sind, darüber
wird wohl nur der gesunde Menschenverstand entscheiden können.
Ob dazu auch die Forderung des Bundesverteidigungsministers
gehört, spätestens bis 2029 wieder kriegstüchtig werden zu
müssen, diese Frage wird jeder für sich selbst beantworten
müssen.
Diese Frage
stellte sich aber nach der bedingungslosen Kapitulation der
deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 in Reims
nicht,
denn es war der erklärte Wille der Siegermächte, der
Militärmacht des Deutschen Reiches für immer die dazu
erforderlichen Mittel zu verweigern, eine Sichtweise, die sich
im Lauf von nur 10 Jahren relativierten sollte, denn die
Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland erfolgte zehn
Jahre nach der Kapitulation der Wehrmacht im Mai 1945 in
mehreren Etappen. Ihre Voraussetzung war der Deutschlandvertrag,
der am 5.5.1955 in Kraft trat.
Geschichte kompakt: Deutschlandvertrag
04
Demokratieentwicklung nach Kriegsende
TOP
Wer der
Geschichte glaubt, dass die deutsche Nachkriegsgeschichte
sozusagen mit einem Punkt NULL beginnt, der irrt, denn es gibt
kein Jetzt ohne eine Vergangenheit und in dieser Vergangenheit
lebte, natürlich im Exil, bereits die Vorstellung, dass das
Deutsche Reich nach dem Ende des Krieges eine Demokratie werden
musste, wie das zum Beispiel der bayrische Sozialdemokrat
Wilhelm
Hoegner
im Schweizer Exil bereits ausgearbeitet hatte, der dann, als
1946 der Freistaat Bayern „geboren“ wurde, die Chance erhielt
und auch wahrnahm, als „Vater“ der Verfassung des Freistaates
Bayern, viel von seinen Vorstellungen in bayerisches
Verfassungsrecht einfließen zu lassen.
Hinweis:
Wilhelm Johann Harald
Hoegner
(1887 bis 1980) war ein deutscher Jurist, Richter,
Hochschullehrer und Politiker. Von 1945 bis 1946 und 1954 bis
1957 war er
Bayerischer
Ministerpräsident und ist dabei bis heute der einzige
Ministerpräsident Bayerns nach dem Zweiten Weltkrieg, der nicht
der CSU angehörte. Wikipedia
Im hier
zu erörternden Sachzusammenhang ist es geboten, darauf
hinzuweisen, dass der erste bayrische Ministerpräsident von der
Notwendigkeit einer direkten Beteiligung des Volkes an zu
treffenden politischen Entscheidungen überzeugt war.
Hinsichtlich der Regelungen, die den Volksentscheid in der
Weimarer Reichsverfassung betreffen, heißt es bei Otmar Jung wie
folgt zur Grundeinstellung von Hoegner zur direkten Demokratie
wie folgt:
Otmar Jung über Wilhelm Hoegner:
Es könne daher aus dem Misserfolg dieser Pläne [gemeint sind die
gescheiterten Volksentscheide in der
Weimarer
Republik]
nicht geschlossen werden, dass das deutsche Volk für die
unmittelbare Demokratie überhaupt nicht reif und geeignet sei.
Der Grund
für die insgesamt gesehenen „äußerst geringe Anwendung“ der
direkten Demokratie in der Weimarer Republik lag nach Hoegner in
„den großen Erschwernissen verfassungsrechtlicher und
politischer Art“. Der Reichspräsident habe nie einen
Volksentscheid angeordnet, weil er über das Erfordernis der
Gegenzeichnung mit der Reichsregierung und diese über die
Abhängigkeit vom parlamentarischen Vertrauen mit dem Reichstag
gekoppelt gewesen sei, dessen Mehrheit nicht durch Anrufung des
Volkes gegen ihren Beschlüsse „vor den Kopf gestoßen werden
durfte“. „Dazu kam das Misstrauen des Reichspräsidenten und der
sich als Auslese des Volkes dünkenden Parlamentarier gegen die
unmittelbare Demokratie“ [En02].
Wie dem auch immer sei:
Die Diskussion über die direkte Beteiligung des Volkes an der
zukünftigen Demokratie im Nachkriegsdeutschland begann schon vor
der bedingungslosen Kapitulation und setzte sich auch danach in
allen von den Siegermächten besetzten Gebieten fort.
Es mag
insoweit nicht zu verwundern, dass auch die erste Verfassung der
DDR eine Regelung enthielt, die es dem Volk ermöglichte, sich
direkt an politischen Entscheidungen zu beteiligen:
Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober
1949
Art.
3. Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Jeder
Bürger hat das Recht und die Pflicht zur Mitgestaltung in seiner
Gemeinde, seinem Kreise, seinem Lande und in der Deutschen
Demokratischen Republik. Das
Mitbestimmungsrecht der Bürger wird wahrgenommen durch: Teilnahme an Volksbegehren und Volksentscheidungen; Ausübung
des aktiven und passiven Wahlrechts; Übernahme öffentlicher Ämter in Verwaltung und Rechtsprechung. Jeder
Bürger hat das Recht, Eingaben an die Volksvertretung zu
richten. Die
Staatsgewalt muss dem Wohl des Volkes, der Freiheit, dem Frieden
und dem demokratischen Fortschritt dienen. Die im öffentlichen
Dienst Tätigen sind Diener der Gesamtheit und nicht einer
Partei. Ihre Tätigkeit wird von der Volksvertretung überwacht.
In den
späteren Verfassungen der DDR sind keine plebiszitären Elemente
mehr enthalten.
In der
Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 9. April
1968 in der Fassung vom 7. Oktober 1974 heißt es:
Art.
5 (1) Die
Bürger der Deutschen Demokratischen Republik üben ihre
politische Macht durch demokratisch gewählte Volksvertretungen
aus. (2) Die
Volksvertretungen sind die Grundlage des Systems der
Staatsorgane. Sie stützen sich in ihrer Tätigkeit auf die aktive
Mitgestaltung der Bürger an der Vorbereitung, Durchführung und
Kontrolle ihrer Entscheidungen. (3) Zu
keiner Zeit und unter keinen Umständen können andere als die
verfassungsmäßig vorgesehenen Organe staatliche Macht ausüben.
Auf
diese Deutlichkeit wurde bei der Erstellung und der
Verabschiedung des Grundgesetzes verzichtet. Aber auch wenn dort
ein vergleichbarer Text nicht steht, wurde aus mehreren Gründen
bewusst und gewollt darauf verzichtet, direktdemokratische
Elemente in das Grundgesetz einfließen zu lassen. Die beiden
Hauptgründe lassen sich wie folgt zusammenfassen:
-
Angst vor
möglichen systemverändernden Einflüssen durch die auch in den
Westzonen vorhandene kommunistische Partei, die ihrem
Selbstverständnis nach auch eine enge Verbindung zu den
Kommunisten in der sowjetisch besetzten Zone (SBZ)
pflegte
-
Misstrauen vor dem Volk, das verantwortlich dafür gemacht wurde,
Adolf Hitler an die Macht befördert zu haben
-
Der sich
bereits vor der Erarbeitung des Grundgesetztextes im
Parlamentarischen Rat sich abzeichnende Kalte Krieg.
Diese
Gründe hinderten - unter anderen, die hier nicht näher erörtert
werden – die „Mütter und Väter“ des Grundgesetzes daran, mit
Ausnahme des Wortes
Abstimmungen
im Artikel 20 des Grundgesetzes, sichtbare plebiszitäre Elemente
in das Grundgesetz aufzunehmen.
05
Angst vor möglichen systemverändernden Einflüssen
TOP
Bereits
Mitte 1946 begann die
Sozialistische
Einheitsparte Deutschlands (SED) damit, plebiszitäre Politik zu
betreiben, die darin bestand, dass das deutsche Volk selbst
darüber entscheiden sollte, wie die zukünftige Gestaltung
Deutschlands auszusehen hätte. Diese Bemühungen führten 1948 zur
Durchführung eines „Volksbegehrens für die Einheit
Deutschlands“, in dem es auch um die Sicherung der Demokratie
und des Friedens und natürlich auch um die sozialistische
Umgestaltung der Wirtschaft und um die demokratische Bestimmung
der Innen- und Außenpolitik gehen sollte, deren Kerngedanken –
in Anlehnung an
Ortmar
Jung – aus einer Quelle, gemeint ist wohl der "Gesetzesentwurf
zur Herstellung der deutschen Einheit" stammt, die folgenden
Wortlaut hat:
Otmar Jung:
§ 1. Deutschland ist eine unteilbare
demokratische
Republik, in der
den
Ländern ähnliche Rechte zustehen sollen, wie sie die Verfassung
des Deutschen Reiches vom 11. August 1919 enthielt, die
Gestaltung der deutschen Wirtschaft und ihrer Grundlagen
(Bodenschätze, Großgrundbesitz, Schlüsselindustrien, Handel und
Bankwesen) nicht mehr in den Händen von deutschen und
ausländischen Großkapitalisten, Junkern und Monopolherren,
sondern in den Händen des schaffenden deutschen Volkes, der
Arbeiter, Bauern, Handwerker und selbständigen, nicht mehr durch
Konzerne gebundenen Unternehmer unterliegt, die
Innen- und Außenpolitik durch die demokratischen Kräfte des
deutschen Volkes auf Grund einer demokratischen Verfassung und
nach den Grundsätzen der friedlichen Zusammenarbeit mit allen
bestimmt wird.
Dieses
Volksbegehren sollte nicht nur in der
SBZ,
sondern auch in den Ländern im Westen durchgeführt werden. Das
die Bemühungen, dieses Volksbegehren in den westdeutschen
Ländern nicht nur an den Abwehrmaßnahmen des „Westens“, sondern
auch daran scheiterte, weil es sich bei dem oben kurz
skizzierten Volksbegehren um nichts anderes als um organisiertes
politisches Theater gehandelt hat, das sei an dieser Stelle nur
abschließend festgestellt.
Anzumerken ist nur noch, dass die nichtkommunistischen Parteien
im Westen das Volksbegehren „für die Einheit Deutschlands“
vehement abgelehnt haben. Auch daraus lässt sich schließen, dass
der Kalte Krieg nicht nur wegen der Berlinblockade in eine sehr
kalte Phase eingetreten war.
Wie dem auch immer sei:
Die Wirkung im Westen lässt sich in einem Wort zusammenfassen:
Abschottung.
Und in
Bezug auf das hier zu erörternde Thema, warum es im Grundgesetz
kein Volksbegehren gibt, lässt sich ergänzend dazu feststellen,
dass es auf jeden Fall zu vermeiden war, in Zukunft
systemverändernde Volksbegehren nicht zulassen zu müssen, denn
bis zum Verbot der
Kommunistischen
Partei Deutschlands (KPD) durch das Urteil des
Bundesverfassungsgerichts vom 17. August 1956, sollten noch
einige Jahre vergehen [En03].
Anmerkung:
Bereits an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass wegen des
bereits begonnenen Kalten Krieges es den von den
Länderparlamenten in den westdeutschen Ländern gewählten
Abgeordneten des Parlamentarischen Rates – vier von ihnen waren
Frauen – allein aus Systemgründen kaum möglich gewesen wäre, es
einem System nachzumachen, das mit westlichen Vorstellungen
einfach nicht kompatibel sein konnte, denn bereits am 5.3.1946
hatte der damalige britische Oppositionsführer Winston Churchill
in einer Rede in Fulton, US-Bundesstaat Missouri gesagt, dass
sich ein „eiserner Vorhang über den europäischen Kontinent
gesenkt habe“ [entlang einer Linie] von Stettin in der Ostsee
bis Triest im Mittelmeer“, also zwischen den Macht- und
Einflusssphären der Sowjetunion und denen der Westmächte.
06
Ablehnung von Volksentscheiden im Grundgesetz
TOP
Hinsichtlich des Wortes „Volksentscheid“ gilt es zuerst einmal
festzustellen, dass es einen Unterschied ausmacht, eine zu
erstellende Verfassung in Westdeutschland durch ein Referendum
zu legitimieren oder gar durch die Einberufung einer
Nationalversammlung eine solche erstellen und verabschieden zu
lassen.
Dass es
noch eine dritte Methode geben könnte, die weder diese noch jene
Legitimation verschaffen und dennoch für demokratisch gelten
sollte, war eine Idee der zum „Frankfurter Dokument Nr. 1
gebildeten Kommission“. Warum deren Mitglieder lieber mit der
demokratischen deutschen Verfassungstradition brachen, gemeint
ist der Volksentscheid, als sich dafür zu entscheiden, hielt ein
erster Erklärungsentwurf der Kommission bereits unverblümt fest:
Otmar Jung:
„Für ihren Vorschlag, von einem Volksentscheid Abstand zu
nehmen, war die Erkenntnis maßgebend, dass heute weite Teile des
deutschen Volkes ihre Stimme nicht aus sachlichen Gründen
abgeben würden, sondern, um ihrem Bedürfnis nach einem
sichtbaren Protest gegen die Zeitverhältnisse und die von ihnen
dafür verantwortlich gemachten Militärregierungen zu verleihen,
schlechthin gegen die von den verantwortlichen Parteien
vorgeschlagenen Lösungen stimmen könnten.“ [...]. Ein
Volksentscheid würde dem Grundgesetz ein Gewicht verleihen, das
nur einer endgültigen Verfassung zukommen sollte [En04].
An
dieser Position änderte sich bis zur Verabschiedung des
Grundgesetzes am 23. Mai 1949 durch die Zustimmung der
Ministerpräsidenten in den Ländern nichts. Weder wurde eine
Nationalversammlung einberufen, noch das Grundgesetz durch ein
Verfassungsreferendum durch den Volkssouverän legitimiert.
07
Keine Volksentscheide im Sinne einer Volksgesetzgebung
TOP
Im
Gegensatz zu den 16 Länderverfassungen der Bundesländer in
Deutschland, in denen plebiszitäre Elemente enthalten sind –
dazu später mehr – waren die westdeutschen Politiker, die sowohl
an der inhaltlichen als auch an der textlichen Fassung des
Grundgesetzes beteiligt waren, sich relativ schnell darüber
einig, dass solch eine Regelung für den Gesamtstaat nicht
greifen sollte/dürfte.
Damit
war zwar noch nicht die endgültige Entscheidung des
„Grundgesetzes gegen die Volksgesetzgebung“ beschlossen, wohl
aber eine wichtige Weiche hin in diese Richtung gestellt worden.
Es würde
zu weit führen, die Auseinandersetzungen im Parlamentarischen
Rat zur Frage, die den Volksentscheid betreffen, im Einzelnen zu
erörtern. Aus der Sicht der Entstehung des Grundgesetzes,
insbesondere im Hinblick auf den weitgehenden Verzicht auf
Volksentscheide hat eine Erörterung plebiszitärer Elemente im
Grundgesetz zwar stattgefunden, führte aber bekanntermaßen dann
doch nur dazu, dass sozusagen eine Alibiformulierung gefunden
wurde, deren inhaltliche Ausformulierung der Parlamentarische
Rat nicht für erforderlich hielt.
Artikel 20 Abs. 3 GG (2) Alle
Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen
und
Abstimmungen
und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden
Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
Die
Begründung für die getroffene Regelung unbestimmter und diffuser
Abstimmungen liest sich in dem Buch von Otmar Jung „Grundgesetz
und Volksentscheid“, wie folgt:
Otmar Jung:
Das letzte Argument [gegen den Volksentscheid] folgte
offenkundig einer konservativen Autoritätssicherungsstrategie.
Anstatt die Möglichkeit schlechter parlamentarischer Politik in
Rechnung zu stellen und den potentiellen plebiszitären
Korrekturbedarf zu akzeptieren, sollte – unabhängig von Leistung
oder Versagen des parlamentarischen Problemlösungssystems –
diese Form der Abhilfe [gemeint ist der Volksentscheid]
ausgeschaltet werden. „Die Kontrolle des Parlaments“, erläuterte
Heuss dazu einem widersprechenden Parteifreund, „erfolgt laufend
durch die öffentliche Meinungsbildung in Presse und
Versammlungen [En05].“
Kurzum:
Es herrschte die Sichtweise vor, dass Elemente der direkten
Demokratie nicht zu dem System passen würde, dass in die
Organisationsvorstellungen der bundesdeutschen Demokratie
Wirklichkeit werden sollte. Dennoch heißt es in einem Auszug aus
den maschinenschriftlichen Protokollen des Grundsatzausschusses
des Parlamentarischen Rates wie folgt:
Grundsatzausschuss des Parlamentarischen
Rates:
Dr. Schmid:
Dass Volk handelt durch die im Grundgesetz bestimmten Organe.
Wir sollten zum Ausdruck bringen, dass das Volk nicht nach Art
einer
Landsgemeinde
handelt, sonder sich in Organen
gegenwärtigt.
Diese Organe stellen die Konzentration der Volksgewalt in ihrer
Aktivitätsform dar. Sie sind die Volksgewalt in der Exekutive.
Die Rechtsprechung spricht „im Namen des Volkes“. Also handelt
die Volksgewalt auch in der Rechtssprechung. Vorsitzender:
In diesen Organen wird das Volk handelnd tätig.
Man darf aber nicht sagen,
nur
in diesen Organen, dann wäre die Volksbestimmung abgeschafft. Dr.
Schmid:
Wir wollen kein Monopol für die repräsentative Demokratie [En06].
Um
dieses Monopol zu vermeiden, wurde der Artikel 20 des
Grundgesetzes so gefasst, wie er heute noch besteht.
08
Volksentscheide in den Länderverfassungen
TOP
Im Gegensatz zum Grundgesetz,
das am 24. Mai 1949 in Kraft trat, enthalten alle
Länderverfassungen die Möglichkeit, über den Weg von
Volksinitiativen,
Volksbegehren, Volksanträgen oder auch Volksentscheidungen
politische Entscheidungen herbeizuführen, zumindest aber mit zu
entscheiden. Auf die großen Unterschiede, die diesbezüglich die
Landesverfassungen vorsehen, wird hier nicht eingegangen.
Über die
folgenden Links können mehrere plebiszitäre Regelungen, die in
Landesverfassungen enthalten sind, aufgerufen werden:
-
Landesverfassung der
Freien
Hansestadt Bremen Abschnitt Volksentscheid, Landtag und Landesregierung Art. 69
- 121
-
Verfassung
von Berlin Abschnitt V: Die Gesetzgebung Artikel 62 ff
-
Landesverfassung der
Freien
Hansestadt Bremen
Dritter
Hauptteil – Aufbau und Aufgaben des Staates Artikel 66 ff
-
Verfassung des Landes Baden-Württemberg Die Gesetzgebung Artikel 59 ff
-
Verfassung des Freistaates Bayern Art. 7, 26, 71, 74
-
Verfassung des Landes Brandenburg Artikel 75, 77, 78
-
Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen Artikel 2, 68, 69,
-
Verfassung des Landes Schleswig-Holstein
Abschnitt V Initiativen aus
dem Volk, Volksbegehren und
Volksentscheid Artikel
48, 49
Verfassung des Landes Hessen
Bereits 1946 enthielt diese Verfassung plebiszitäre Elemente,
die an dieser Stelle im Wortlaut wiedergegeben werden:
Artikel 71 Das Volk
handelt nach den Bestimmungen dieser Verfassung unmittelbar
durch Volksabstimmung (Volkswahl, Volksbegehren und
Volksentscheid), mittelbar durch die Beschlüsse der
verfassungsmäßig bestellten Organe.
Artikel 116 (1) Die Gesetzgebung wird
ausgeübt a) durch
das Volk im Wege des Volksentscheids, b) durch
den Landtag. (2)
Außer in den Fällen des Volksentscheids beschließt der Landtag
die Gesetze nach Maßgabe dieser Verfassung. Er überwacht ihre
Ausführung.
Artikel 124 (1) Ein
Volksentscheid ist herbeizuführen, wenn ein Zwanzigstel der
Stimmberechtigten das Begehren nach Vorlegung eines
Gesetzentwurfs stellt. Dem Volksbegehren muss ein
ausgearbeiteter Gesetzentwurf zugrunde liegen. Der
Haushaltsplan, Abgabengesetze oder Besoldungsordnungen können
nicht Gegenstand eines Volksbegehrens sein. (2) Das
dem Volksbegehren zugrunde liegende Gesetz ist von der Regierung
unter Darlegung ihres Standpunktes dem Landtag zu unterbreiten.
Der Volksentscheid unterbleibt, wenn der Landtag den begehrten
Gesetzentwurf unverändert übernimmt. (3) Die
Volksabstimmung kann nur bejahend oder verneinend sein. Das
Gesetz ist durch Volksentscheid beschlossen, wenn die Mehrheit
der Abstimmenden, mindestens jedoch ein Viertel der
Stimmberechtigten dem Gesetzentwurf zugestimmt hat. (4) Das
Verfahren beim Volksbegehren und Volksentscheid regelt das
Gesetz.
Die
Frage, warum sich der Parlamentarische Rat im Hinblick auf das
von ihm erarbeitete Grundgesetz anders entschied, diese Frage
ist, zumindest nach meinem Kenntnisstand, bis heute noch nicht
abschließend geklärt.
Die vorgetragenen Argumente,
dass das Volk nicht dazu in der Lage sei, bundesgesetzliche
Entscheidungen nicht nur zu initiieren, sondern auch zu treffen,
dürften genauso fragwürdig sein wie die Annahme, dass die
Erfahrungen, die in der Weimarer Republik mit dem Volksentscheid
gemacht wurden, letztendlich die Machtergreifung durch Adolf
Hitler ermöglicht hätte, zumal das Ermächtigungsgesetz nicht vom
Volk, sondern am 23. März 1933 zusammen mit der Verordnung des
Reichspräsidenten vom 4. Februar und der
Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933 die Grundlage für
die Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur von den
Abgeordneten im
Deutschen
Reichstag beschlossen wurde, unter ihnen auch der erste
Bundespräsident Theodor Heuss, der dem Ermächtigungsgesetz
natürlikch auch zustimmte.
09 75
Jahre Grundgesetz
TOP
In
dieser Randnummer geht es nicht darum, in das allgemeine Lob des
Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier einzustimmen, der von
der Demokratie der Bundesrepublik von heute als „der besten
aller Staatsformen“ geschwärmt hat.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier:
Diese Verfassung gehört zum Besten, was Deutschland
hervorgebracht hat.
An
anderer Stelle:
Das
Grundgesetz garantiert Freiheit, und es erwartet Verantwortung.
Das ist das Verständnis, das den Verfassungstext durchzieht. Es
schafft ein stabiles Gebäude, in dem die Menschen sich zunehmend
zu Hause und aufgehoben fühlen konnten, indem die Gesellschaft
sich entwickeln und erneuern konnte. Es ist das Modell für das
friedliche Zusammenleben in einer Gesellschaft der Verschiedenen
– geschichtsbewusst, ja, aber auch zukunftsoffen.
An
anderer Stelle:
In
Bewunderung und in Dankbarkeit schauen wir auf die Arbeit der
Mütter und Väter des Grundgesetzes. Was sie vor 75 Jahren auf
den Weg gebracht haben, ist ein großartiges Geschenk. Ein
Geschenk, das nicht nur Erinnerung bleiben darf, sondern das wir
im Alltag der Republik, im Alltag der Demokratie pflegen,
bewahren und verteidigen müssen. Ich bin fest davon überzeugt:
Diese Verfassung ist es wert, dass wir sie schützen – und dass
wir sie feiern, wie heute!
Nie
wieder Krieg? Dazu heißt es in der Rede des Bundespräsidenten
wie folgt:
Mit
Russlands brutalem Angriff auf die Ukraine ist der Krieg
zurückgekehrt nach Europa, ein zynischer Angriffskrieg, der uns
in eine Unsicherheit gestürzt hat, die wir doch überwunden
glaubten.
Das
verändert nicht nur die Prioritäten der Politik. Das berührt
auch den Alltag der Menschen. Manche Gewissheiten, die unser
Leben geprägt haben, sind weniger geworden. Wir leben in einer
neuen Unübersichtlichkeit. Pandemie, Inflation,
Wirtschaftskrise, die Folgen des Klimawandels, der Terror der
Hamas, der Krieg im Nahen Osten und die humanitäre Katastrophe
dort – eine Krise folgt auf die nächste.
Und:
Unsere Demokratie ist
wehrhaft. Wer heute unsere liberale Demokratie bekämpft, muss
wissen, dass er es dieses Mal mit einer kämpferischen Demokratie
und mit kämpferischen Demokratinnen und Demokraten zu tun hat [En07].
Im Jahr
2019 heißt es in einem Essay zur Zukunft der Demokratie von
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wie folgt:
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier:
In diesem Jahr feiern wir
Deutsche
einhundert Jahre Weimarer Verfassung, 70 Jahre Grundgesetz und
30 Jahre friedliche Revolution und Mauerfall.
An
anderer Stelle fordert Steinmeier den demokratischen
Patriotismus ein:
Ein demokratischer
Patriotismus ist auch kein wohliges Ruhekissen, sondern ein
beständiger Ansporn. Ein Ansporn für alle, die nicht sagen: „Die
beste Zeit liegt hinter uns“, sondern die sagen: „Wir wollen und
wir können die Zukunft besser machen.“ Das ist die Zuversicht
von Demokraten – und diese Haltung wünsche ich uns und unseren
demokratischen Partnern rund um die Welt [En08].
Kein Wort darüber, dass es
erklärter Wille des Parlamentarischen Rates war, ein Grundgesetz
zu schaffen, das Krieg für immer ausschließt:
Die
Formel der Herrenchiemseekonferenz, auch als Verfassungskonvent
bezeichnet, die im Auftrag der Ministerpräsidenten der
westdeutschen Länder in der Zeit vom 10. bis zum 23. August 1948
im
Alten
Schloss auf der Herreninsel in Bayern tagte, um einen
„Verfassungsentwurf“ auszuarbeiten, der dem Parlamentarischen
Rat als Unterlage dienen sollte, lautete:
Der
Krieg ist verboten! Nie
wieder Krieg!
Das ist
das ursprünglichste und wohl auch wichtigste
Sicherheitsversprechen, dass damals für unverzichtbar gehalten
wurde.
Carlo
Schmid (SPD), der Vorsitzende im Hauptausschuss bei den
Grundgesetzberatungen im Parlamentarischen Rat war davon
überzeugt, dass „Krieg kein Mittel der Politik zu sein habe“.
Daran, so seine Vorstellungen, sollte auch der Parlamentarische
Rat festhalten. Auf Drängen der CDU und der FDP wurde das aber
nur im Hinblick auf die Verurteilung von Angriffskriegen als
geboten angesehen. „Frieden“ im Sinne des Grundgesetzes versteht
sich somit als ein Verbot, Angriffskriege zu führen.
Artikel 1 Abs. 2 GG (2) Das
Deutsche
Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen
Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft,
des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
Artikel 24 Abs. 2 GG 2) Der
Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System
gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei
in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine
friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den
Völkern der Welt herbeiführen und sichern.
Um
dieser ablehnenden Haltung gegenüber dem Krieg auch
parlamentarisch Geltung zu verschaffen, lehnten die Abgeordneten
des Deutschen Bundestages in ihrer ersten außenpolitischen
Debatte am 24./25. November 1949 eine nationale Wiederbewaffnung
ab.
Sogar
Franz-Josef Strauss (CSU), der Minister für Atomfragen, später
dann Bundesverteidigungsminister, hatte noch während einer
Wahlveranstaltung 1949 gesagt:
Franz-Josef Strauss (CSU):
Wer noch einmal ein Gewehr in die Hand nimmt, dem soll die Hand
abfallen.
Diesbezüglich relativierte Franz-Josef Strauß diese seine
Äußerung in einem Interview, das Günter Gaus im April 1964 mit
Franz Josef Strauß führte, wie folgt:
Gaus:
Aus einer Wahlrede, die Sie 1949 gehalten haben, wird
gelegentlich der Satz zitiert: „Wer noch einmal ein Gewehr in
die Hand nimmt, dem soll die Hand abfallen.“ Sie sagen, daß
dieser Satz aus dem Zusammenhang gerissen sei. Nun wäre es ja
gar nicht so erstaunlich, wenn man unmittelbar nach Kriegsende
oder bald nach Kriegsende unter dem frischen Eindruck der
Schrecken des Kriegs eine distanziertere Haltung zur Wehrfrage
einnähme als etwas später. Ist das bei Ihnen so gewesen?
Strauß:
Das kann ich nur durch eine ganz kurze Schilderung des
Zusammenhanges überhaupt verständlich machen. Als einigermaßen
historisch gebildeter Mensch – ich bitte das Wort zu verzeihen,
aber einigermaßen historisch gebildeter Mensch, ich habe in
dieser Disziplin mein Staatsexamen gemacht, war ich von Natur
aus der Auffassung, dass jeder Staat ein Instrument der
Verteidigung haben muss, sei es ein eigenes, sei es durch
Beteiligung an einem kollektiven Verteidigungsinstrument. Aber
was ich, glaube ich, kaum oder nur selten gesagt habe: Ich hätte
gewünscht, dass diese Notwendigkeit erst wesentlich später an
uns herangetreten wäre, als sie effektiv aufgetreten ist [En09].
Das
Versprechen „Nie wieder Krieg!“, ist aber schon seit Jahren kein
zutreffendes Versprechen mehr, denn bereits im Herbst 2023 hat
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) davon gesprochen,
dass die Bundeswehr bis 2029 wieder kriegsfähig werden muss.
Dass sich die Bundeswehr bereits vor 30 Jahren an einem
völkerrechtswidrigen Krieg beteiligt hat, darüber wird heute
verständlicherweise geflissentlich geschwiegen.
Nur
zur Erinnerung:
Vom 24.
März 1999 an bombardierte die NATO 78 Tage lang Jugoslawien, bis
Jugoslawien im Juni die Stationierung westlicher Soldaten in
seiner Krisenprovinz Kosovo akzeptierte. Die Bundesrepublik
Deutschland beteiligte sich an diesem völkerrechtswidrigen
Angriff, der ohne ein für das Eingreifen erforderliches
UN-Mandat durchgeführt wurde.
Wie
dem auch immer sei:
Auch die „Out-of-Area-Entscheidung“ des
Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1994 macht deutlich, dass
die Bundeswehr nicht nur die Bundesrepublik Deutschland zu
verteidigen hat, sondern auch in Ausland eingesetzt werden kann,
wenn es darum geht, Sicherheitsinteressen der NATO zu
verteidigen.
10
Out-of-Area-Beschluss
des BVerfG 1994
TOP
Aus
dieser Entscheidung werden nur die Leitsätze zitiert, die im
hier zu erörternden Sachzusammenhang von Bedeutung sind:
BVerfG
1994:
1. Die Ermächtigung des Art. 24 Abs. 2 GG berechtigt den Bund
nicht nur zum Eintritt in ein System gegenseitiger kollektiver
Sicherheit und zur Einwilligung in damit verbundene
Beschränkungen seiner Hoheitsrechte. Sie bietet vielmehr auch
die verfassungsrechtliche Grundlage für die Übernahme der mit
der Zugehörigkeit zu einem solchen System typischerweise
verbundenen Aufgaben und damit auch für eine Verwendung der
Bundeswehr zu Einsätzen, die im Rahmen und nach den Regeln
dieses Systems stattfinden.
2. Art.
87a GG steht der Anwendung des Art. 24 Abs. 2 GG als
verfassungsrechtliche Grundlage für den Einsatz bewaffneter
Streitkräfte im Rahmen eines Systems gegenseitiger kollektiver
Sicherheit nicht entgegen.
3.a)
Das
Grundgesetz verpflichtet die Bundesregierung, für einen Einsatz
bewaffneter Streitkräfte die grundsätzlich vorherige
konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages einzuholen.
b) Es
ist Sache des Gesetzgebers, jenseits der im Urteil dargelegten
Mindestanforderungen und Grenzen des Parlamentsvorbehalts für
den Einsatz bewaffneter Streitkräfte die Form und das Ausmaß der
parlamentarischen Mitwirkung näher auszugestalten.
4. Zur
Friedenswahrung darf die Bundesrepublik Deutschland gemäß Art.
24 Abs. 2 GG in eine „Beschränkung“ ihrer Hoheitsrechte
einwilligen, indem sie sich an Entscheidungen einer
internationalen Organisation bindet, ohne dieser damit schon im
Sinne des Art. 24 Abs. 1 GG Hoheitsrechte zu übertragen.
Urteil im Volltext
Dass diese Entscheidung, die
nicht dem Geist des Grundgesetzes entspricht, dennoch vom „Hüter
des Grundgesetzes“ erlassen wurde, bezeugt, dass
Grundüberzeugungen ins Wanken geraten können, wenn das die
politischen Entscheidungsträger für geboten halten.
Und
was das juristische Sprachvermögen anbelangt:
Es wäre wohl das erste Mal in
der Geschichte juristischer Sprachkunst, keine Begründung für
das finden zu können, was das Gegenteil von dem ist, was das
Grundgesetz einfordert: absolute Friedfertigkeit.
Und wenn
dann auch noch der damalige Bundesverteidigungsminister Peter
Struck im Deutschen Bundestag am 20.12.2002 sagt, dass wir
unsere Freiheit am Hindukusch verteidigen müssen, dann dürfte
das wohl kaum noch mit dem Geist des Grundgesetzes in Einklang
zu bringen sein, wie dies das folgende Zitat aus seiner Rede
belegt:
Bundesverteidigungsminister Peter Struck:
Um zu verdeutlichen, worum es wirklich geht, habe ich davon
gesprochen, dass unsere Sicherheit auch am Hindukusch verteidigt
wird. Deutschland ist sicherer, wenn wir zusammen mit
Verbündeten und Partnern den internationalen Terrorismus dort
bekämpfen, wo er zu Hause ist, auch mit militärischen Mitteln [En10].
Möglich
gemacht hat diese politische Entwicklung die
„Out-of-Area-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts aus dem
Jahr 1994, dem so genannten „Freifahrtsschein für den Einsatz
der Bundeswehr im Ausland“.
Dass es
sich dabei sogar aus der Sichtweise des ehemaligen
Bundesverteidigungsministers Guttenberg um Kriegseinsätze
handeln könnte, das kann ein einer Meldung auf Spiegel.de
nachgelesen werden.
Spiegel.de
vom 4.4.2010:
Guttenberg spricht von Krieg
in Afghanistan.
An
anderer Stelle heißt es:
Die
Leichen von drei gefallenen Bundeswehrsoldaten sind zurück in
der Heimat. Verteidigungsminister Guttenberg weist Kritik an der
Ausstattung der Truppe zurück. Und räumt erstmals ein, man könne
„umgangssprachlich von Krieg“ in Afghanistan reden.
In einem „bewaffneten
Konflikt“ ist Gewaltanwendung eher gerechtfertigt, solange dies
militärisch notwendig erscheint. Demnach hätten
Bundeswehrsoldaten nicht so schnell mit strafrechtlichen
Konsequenzen zu rechnen [En11].
In diese
Sicht der Dinge passt dann auch die Entscheidung der Richter des
Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2020, dem folgender
Anlass zugrunde lag:
Bombardierung
von Tanklastern in Kunduz: Im
September 2009 wurden in Kunduz (Afghanistan) bei einem
Luftangriff, der von einem Oberst der Bundeswehr angeordnet
worden war, zahlreiche Zivilisten getötet oder verletzt.
Die Beschwerdeführer erhoben – in allen Instanzen erfolglos –
Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland als Angehörige von
bei dem Luftangriff getöteten Opfern und machten
Amtshaftungsansprüche geltend.
Am 3.
September 2009 bemächtigte sich eine Gruppe von Taliban-Kämpfern
zweier Tanklastwagen in Kunduz. Als der zuständige Oberst i. G.
die Information über die Entführung der Tanklastwagen erhielt,
forderte er Luftunterstützung durch zwei US-amerikanische
Kampfflugzeuge an. Ihm wurde durch einen Informanten des
Militärs mehrfach bestätigt, dass sich bei den Lastwagen
lediglich Aufständische und keine Zivilisten befänden, worauf er
den Befehl zum Bombenabwurf gab. Hierdurch wurden beide
Tanklastwagen zerstört sowie zahlreiche Personen, darunter auch
Zivilisten, getötet oder verletzt.
In dem
Beschluss heißt es:
BVerfG
2010:
Ob in einem bewaffneten
Konflikt eine Amtspflichtverletzung deutscher Soldaten vorliegt,
bemisst sich nach der Verfassung und dem Soldatengesetz sowie
vor allem nach den gewaltbegrenzenden Regeln des humanitären
Völkerrechts (...). Vor diesem Hintergrund stellt – wie auch
Art. 115a GG zu entnehmen ist – nicht jede Tötung einer
Zivilperson im Rahmen kriegerischer Auseinandersetzungen auch
einen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht dar (...).
BVerfG:
Beschluss vom 18. November 2020 - 2 BvR 477/17
Und in
der Pressemitteilung zu diesem Urteil heißt es:
Pressemitteilung Nr. 106/2020 vom 16. Dezember 2020:
Ein [Angriff mit tödlichen Folgen] ist nach dem Urteil nicht
deshalb gegeben, weil vor dem Befehl zum Bombenabwurf nicht habe
ausgeschlossen werden können, dass sich im Zielgebiet auch
Zivilisten aufhielten. Der Oberst i. G. der Bundeswehr habe bei
Erteilung des Angriffsbefehls die ihm zur Verfügung stehenden
Erkenntnisquellen ausgeschöpft, bei der notwendigen
ex ante-Betrachtung
eine gültige Prognoseentscheidung getroffen und somit keine
Amtspflichtverletzung begangen. Diese Würdigung ist
nachvollziehbar und verstößt jedenfalls nicht gegen das
Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG [En12].
Ob der
klagende Vater, der bei dem Angriff zwei Töchter verloren hat,
diesen Beschluss nachvollziehen kann, diese Frage wird wohl
jeder nur für sich selbst beantworten können.
Übrigens:
Die Auslegung des Artikels 24 Abs. 2 GG gilt nicht nur für
Auslandseinsätze, sondern auch für Waffenlieferungen in Kriegs-
und Krisengebiete.
Kurzum: Das Friedensangebot des Grundgesetzes
liegt heute im Niemandsland.
Trotzdem oder gerade deshalb:
Auch heute noch lohnt es sich, die Antrittsrede des 3.
Bundespräsidenten Gustav Heinemanns (SPD) zu lesen, die er 1969 im
Bundestag hielt, und aus der hier kurz zitiert wird:
Gustav
Heinemann:
Ich sehe als Erstes die Verpflichtung, dem Frieden zu dienen.
Nicht der Krieg ist der Ernstfall, in dem der Mann sich zu
bewähren habe, wie meine Generation in der kaiserlichen Zeit auf
den Schulbänken lernte, sondern der Frieden ist der Ernstfall,
in dem wir alle uns zu bewähren haben. Hinter dem Frieden gibt
es keine Existenz mehr.
Rede im Volltext
Hinweis: Gustav Heinemann war der dritte
Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. In seinem Leben
war er mit fünf verschiedenen Parteien verbunden: In der
Weimarer Republik war er Mitglied der Studentenorganisation der
linksliberalen DDP und dann Unterstützer des christsozialen
CSVD. Nach dem Krieg war er zunächst Mitbegründer der CDU.
Später gründete Heinemann die pazifistische GVP mit und schloss
sich 1957 der SPD an (Wikipedia.de).
11
Das Erfolgsnarrativ Deutschland
TOP
Jeder,
der sich für die Nachkriegsgeschichte in der Bundesrepublik
Deutschland interessiert, wird zur Kenntnis nehmen müssen, dass
es sich bei dieser Geschichte um eine Erfolgsgeschichte
gehandelt hat, die, auch nach der Wiedervereinigung und dem
Versprechen vom ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl (1930 bis
2017) die „neuen Bundesländer in blühende Landschaften zu
verwandeln“, wohl nicht gelungen ist, so zumindest denken viele
in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt
und natürlich auch in Thüringen.
Wie dem
auch immer sei. Seit einigen Jahren hat sich dieses
Erfolgsnarrativ eher in Erfolgshoffnungen transformiert.
Was ist
damit gemeint?
Ich kann
mich noch gut an die 1990er Jahre erinnern, in der die
Geschichte erzählt wurde, dass es allen im Westen gut geht und
sich daran auch in Zukunft nichts ändern wird. Der
Kalte Krieg war vorbei und an den Krieg und an die Anarchie der
Nachkriegszeit erinnerte sich sowieso kaum noch jemand. Der
Kommunismus war überwunden, die Sowjetunion aufgelöst, der
Eiserne Vorhang wurde abgebaut, Osteuropa befreit, Deutschland
war wieder vereint und alles befand sich auf dem Weg hin zum
besten Deutschland aller Zeiten:
-
In
Europa herrschte Frieden
-
Die
Europäische Gemeinschaft wuchs nicht nur zusammen, sie
erweiterte sich sogar
-
Die Welt
wurde kontinuierlich freier, verbundener, wohlhabender und
besser
-
Der
Fortschritt schritt voran und war nicht mehr aufzuhalten
-
Demokratie und Kapitalismus bildeten ein harmonisches Paar
-
Perfekt
war dieses Deutschland dennoch nicht, aber man arbeitete nach
bestem Wissen und Gewissen daran, nicht nur Deutschland und
Europa, sondern sogar die ganze Welt besser und sicherer für
alle zu machen.
-
Heute,
gut 35 Jahre später, sieht die Welt anders aus.
-
Das
Misstrauen gegen „die da oben“ wächst sozusagen von Tag zu Tag.
Mit
anderen Worten:
Noch nie war die Demokratieverdrossenheit in Deutschland so groß
wie heute. Es wird von den vielen Enttäuschten an den
Grundfesten dieser Demokratie gerüttelt, denn so, wie es ist,
kann es auf Dauer nicht bleiben, denn zu viele Fragen sind es,
die einer zufriedenstellenden Antwort bedürfen, die aber niemand
zu geben weiß:
-
Wie
lange noch lässt sich der zurzeit bestehende Sozialstaat
finanzieren
-
Wie
entwickeln sich die Pflege- und die Krankenversicherung in naher
Zukunft?
-
Wie
lange noch lässt sich bestehende Ungleichheit zwischen Arm und
Reich, die in Deutschland nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges
noch nie so groß war wie heute, erhalten?
-
Wie
lässt sich der Krieg in der Ukraine und im Nahen Osten einhegen,
die beide nicht in die Welt von heute passen?
-
Wie
werden wir leben müssen, wenn uns die Umwelt dazu zwingen wird?
Friedlich gelöst werden können diese grundlegenden
gesellschaftlichen Problemstellungen nur, wenn im Dialog
miteinander eine für alle vertretbare Lebensweise gefunden wird,
die sich aller Voraussicht nach radikal von der Lebensweise
unterscheiden wird, die wir heute immer noch für die einzig
richtige halten. Das wird nur dann gelingen können, wenn eine
Kommunikationsfähigkeit praktiziert und kultiviert wird, die in
der Systemwelt von heute bedauerlicherweise kaum anzutreffen
ist.
12
Kommunikation in der Systemwelt von heute
TOP
Die
Kommunikation von heute ist mit der Kommunikation in der Zeit
vor unserer Zeit, gemeint ist die Zeit vor dem Internet, nicht
mehr zu vergleichen.
Anders
ausgedrückt:
Die 1989 von Sir Tim Berners-Lee entwickelte „Sprache“, mit der
die im Internet verbundenen Computer Daten ausgetauscht werden
können, hat sozusagen die Welt revolutioniert, denn der
Siegeszug der digitalen Kommunikation im
World Wide Web
konnte damit beginnen. Diese Kommunikation hat in 30 Jahren eine
Wirklichkeit geschaffen, die sich zunehmend zu einem
gesellschaftlichen Problem entwickeln hat. Dazu später mehr.
Zuerst einmal soll aufgezeigt
werden, wie früher, sozusagen in der Lebenswelt vor dieser Zeit,
kommuniziert wurde.
In den Aufbaujahren hatte die
Nachkriegsgesellschaft genug mit sich selbst zu tun. Wenn
kommuniziert wurde, dann – so hat Jürgen Habermas das 1981 in
seinem Buch „Theorie des kommunikativen Handelns“
[En13]
ausformuliert, fand diese Kommunikation in der so genannten
Lebenswelt und nicht in der Welt des Systems statt.
Lebenswelt:
Diese Welt ist der Bereich, in dem auf eine Art und Weise
miteinander kommuniziert wird, die zumindest in ihren besten
Momenten als eine herrschaftsfreie Kommunikation bezeichnet
werden kann. Das ist die Sprache, die Verständigungsverhältnisse
schafft, um miteinander Konflikte und Probleme sozusagen im
Dialog mit dem jeweils gleichwertig anderen Gesprächspartner
lösen zu können.
Anders
ausgedrückt:
In dem Moment, wo wir anfangen, auf dieser Ebene miteinander zu
kommunizieren, gehen wir davon aus, besser gesagt unterstellen
wir, dass so etwas wie Verständigung und Wahrheits,
Gerechtigkeit und auch andere Werte durch unsere Kommunikation
transportiert und somit verwirklicht werden können. Dass dies
nur gelingen kann, wenn man sich wechselseitig zumindest ein
bisschen vertraut, liegt in der Natur der Sache.
Wie
dem auch immer sei:
Auch wenn dieses Ideal in
Gänze wohl niemals erreicht wird, ist es dennoch in unserer
alltäglichen Lebenswelt möglich. Also: Überall dort, wo es keine
Hierarchien gibt, denn bei den „Lebensbereichen im Sinne von
Habermas“ handelt es sich um Bereiche, wo wir so sein können,
wie wir sind.
Systemwelt:
Anders ist das außerhalb dieser Lebenswelt, die Habermas als das
System bezeichnet, womit durchaus unser modernes Leben gemeint
sein kann, denn je mehr der Einzelne so denkt, wie das System
das von ihm erwartet, umso fließender werden die Übergänge von
der einen zur anderen Welt, zumal das System aus verschiedenen
Teilen besteht, in denen jeweils anders gesprochen und gedacht
wird: Die Welt der Sozialämter, der Polizei, der Kirchen, der
Konzerne, der Banken, der Parteien und vieler anderer.
Das
diese Vielfalt zu Übergriffen des Systems in die Denkweise von
Einzelpersonen führt, wird wohl niemand bestreiten wollen, denn
wer in dieser Systemwelt etwas erreichen will, der ist gut
beraten, so zu reden und am besten auch so zu denken, wie die
Systemwelt in der er sich gerade befindet, das von ihm erwartet.
Was das für Polizeibeamte bedeutet, das lässt sich mit dem Wort
„Folgepflicht“ leicht und allgemeinverständlich zusammenfassen.
§ 35
Folgepflicht (Beamtenstatusgesetz -
BeamtStG) (1)
Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu
unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche
Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu
befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten
nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht
gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind. (2)
Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen
dem Dienstherrn Folge zu leisten.
Anders
ausgedrückt:
Wer in bürokratischen Systemen Karriere machen will, der ist gut
beraten, die Technik des vorauseilenden Gehorsams möglichst
schnell nicht nur zu erlernen, sondern auch zu verinnerlichen.
Zur
Klarstellung:
Das gilt nicht nur für die Systemwelt der Polizei, sondern für
alle Systemwelten, in denen Vorgesetzte das Sagen haben.
Mit
anderen Worten:
Das System kolonialisiert sozusagen die Lebenswelt des
Einzelnen, indem sie ihn der Systemwelt nicht nur anpasst,
sondern ihn auch entsprechend gefügig macht, ihn erzieht, besser
gesagt so sozialisiert, dass er genau so funktioniert, wie sich
dies das System wünscht. Larken Rose hat darüber ein Buch mit
dem Titel „Der Nutzmensch“ geschrieben. Dort heißt es zum
Beispiel:
Larken
Rose:
Wer sein Wesen [das des Nutzmenschen] versteht, kann ihn
domestizieren. Der Aufwand lohnt sich nicht nur finanziell.
Menschen vollständig zu kontrollieren und zu beherrschen macht
Spaß und gibt einem das einzigartige und befriedigende Gefühl
unbegrenzter Macht [En14].
Dass
diese Herrschaftstechnik zu Störungen führt, liegt in der Natur
der Sache.
Deshalb:
Soll gesellschaftlicher Wandel gelingen, dann wird das ohne ein
verändertes Kommunikationsverhalten nicht möglich sein, denn
heute hat ja fast jeder mit Hilfe der digitalen Technik die
Möglichkeit, seine Meinung breit zu streuen. Dabei werden
zwangsläufig unterschiedliche Wahrnehmungen dokumentiert, und es
entstehen dabei natürlich auch unendlich viele unterschiedliche
Wahrheiten.
Die
Informationsauswahl wird zudem immer mehr von Algorithmen
bestimmt, die User auf unzählbaren digitalen Plattformen
zusammenführen.
Dadurch
berührt das kommunikative System erneut die Lebenswelt des
Einzelnen, denn die Technik macht es möglich, sich
ausschließlich mit Gleichgesinnten kommunikativ auszutauschen,
in der Wahrheiten, Gerechtigkeiten und andere Fragen
bedauerlicherweise nur mit Gleichgesinnten ausgetauscht werden,
deren Anliegen es ist, sich gegenseitig zu verstärken und das
natürlich auf Kosten des Andersdenkender.
Dass das
politische System damit so „seine“ Probleme hat, braucht hier
nicht näher erörtert zu werden, denn diese Problematik ist
einfach zu offenkundig, denn dieses „unkontrollierbare System
des individuellen Vermögens des Verbreiten von Wahrheiten“ steht
nicht nur unter Beschuss der Massenmedien, die nicht müde
werden, von Fake News, Verschwörungstheorien und Querdenkern zu
warnen. Diese ungewollte Reaktion des „Nutzmenschen“, diese von
ihm genutzte Möglichkeit sich Gehör zu verschaffen, hat
natürlich auch den Staat, insbesondere die Bundesinnenministerin
Nancy Faeser (SPD) und ihren Präsidenten des
Bundesverfassungsschutzes, Thomas Haldenwang (CDU) auf den Plan
gebracht, die gern jegliche Kommunikation verbieten würden, die
dazu geeignet ist, zur Delegitimierung des Staates beizutragen.
Wie
dem auch immer sei:
Der so genannten Strukturwandel der Öffentlichkeit, wie Habermas
ihn bezeichnet hat, findet heute in den sozialen Medien, aber
auch anderswo,
tatsächlich statt, was unerfreulicherweise zur Folge hat, dass
die Vernunft dabei leider verloren geht, denn in den so
genannten Blasen kann sich Vernunft nicht durchsetzen, denn
Andersdenkende sind dort unerwünscht: Zutritt verboten.
Das, was
dort überwiegt, ist das Gefühl. Cholerische, kurzatmige,
ballistische Kommunikation, besser bekannt unter dem Begriff der
„Revolverkommunikation“, herrscht dort heute vor.
Das
Einhalten von Regeln, die Bereitschaft zum Zuhören, der Versuch,
zumindest leise zu sein sind dort Eigenschaften, die nicht
erwünscht sind.
Was
können wir hoffen?
Auf ein
Mindestmaß guten Willens, dem jeweils anderen zumindest
vorübergehend zuzuhören, verbunden mit der Bereitschaft, auf
Hass, Boshaftigkeit und auf die Ausgrenzung Andersdenkender zu
verzichten. Das sind einzufordernde Tugenden, die zumindest
Hoffnung auf Besserung entstehen lassen könnten, wenn sie
ausgebildet würden.
Gelingt
das nicht, dann dürfte ein miteinander Reden auch in Zukunft
nicht möglich sein.
Das aber
gilt es zu verhindern, denn wenn nicht mehr miteinander geredet
wird, läuft eine Gesellschaft Gefahr, ihren Verstand zu
verlieren.
13
Deliberative Demokratie
TOP
Der
Begriff deliberative Demokratie bezeichnet ein
demokratietheoretisches Konzept, in dem die öffentliche Beratung
der Bürger und Bürgerinnen sozusagen im Mittelpunkt steht.
Wesentliches Kennzeichen einer deliberativen Demokratie ist der
öffentliche Diskurs über alle wichtigen politischen Themen.
Die
deliberative Demokratie umfasst somit die:
-
Öffentliche Diskurse über alle wirklich relevanten Themen
-
Ermöglicht öffentliche Beratungen
-
Beteiligt die Bürger an der Entscheidungsfindung, umfasst ber
auch:
-
Andere
Formen der Einbeziehung der Bürger in die politische
Willensbildung.
Nicht
jedoch die direkte Entscheidung einer Sachfrage durch die
Bürger, zum Beispiel im Wege einer Volksabstimmung. So viel
Entgegenkommen kann von der politischen Elite in Deutschland
nicht erwartet werden, denn das könnte ja für sie gefährlich
sein.
Die
deliberative Demokratie, sollte es sie in Deutschland jemals
geben, hegt somit eine direkte Demokratie ein und ergänzt
gleichermaßen die repräsentative Demokratie um Elemente, die ihr
bisher weitgehend - Ausnahme von Bürgerräten – unbekannt sind.
Das solch eine deliberative Demokratie mit den Vorgaben, die das
Grundgesetz macht, vereinbar ist, dazu heißt es in einem
Kommentar über das Grundgesetz, Ausgabe 2024, wie folgt:
Hubert/Voßkuhle:
Durch Abstimmungen (Plebiszite) trifft das Volk eine
Sachentscheidung. Abstimmungen sieht das GG lediglich für die
Frage der Länderneuregelung vor, und zwar in Form von
Volksbegehren, Volksbefragungen und Volksentscheiden. [...]. Aus
der nicht weiter einschränkbaren Erwägung von „Abstimmungen“
neben „Wahlen“ ergibt sich indes, dass eine Ergänzung des GG
durch auf das ganze Aktivvolk bezogene direktdemokratische
Elemente zulässig ist, solange der in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG
vorausgesetzte wesentliche repräsentative Charakter der
Demokratie nicht angetastet wird. Dies gilt selbst dann, wenn
man Art. 20 Abs. 2 (...)
unmittelbar
auf das Staatsvolk des Bundes bezieht.
Verfassungswidrig wäre indes
die Einführung neuer plebiszitärer Elemente durch einfaches
Gesetz. Ohne Grundgesetzänderung unzulässig sind im Übrigen auch
Plebiszite, welche sich auf Entscheidungen der Exekutive
beziehen [En15].
Persönliche Anmerkung:
Nicht bindende konsultative, also beratende Volksbefragungen,
werden in der Verfassungslehre auch ohne eine
Grundgesetzänderung für möglich gehalten. Sie wären auch heute
schon möglich, ohne dass dafür das Grundgesetz geändert werden
muss.
So auch
die Argumentation von Jürgen Habermas, der in seinem Buch „Ein
neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit und die deliberative
Politik“, das 2022 im Suhrkamp-Verlag erschienen ist, sich für
die deliberative Demokratie ausspricht.
Auf der
Website der Friedrich-Ebert-Stiftung werden die Kernaussagen
dieses Buches wie folgt zusammengefasst:
Friedrich-Ebert-Stiftung zu Habermas:
Die Akzeptanz der demokratischen Verfassung einer Gesellschaft
steht und fällt mit der Wahrnehmung der
Bürger_innen,
mit ihren Interessen im Rahmen des demokratischen Systems Gehör
und Beachtung zu finden. Demokratietheorie muss vor diesem
Hintergrund aus dem geltenden Recht und den entsprechenden
intuitiven Erwartungen der
Bürger_innen
rekonstruiert werden. Je
heterogener, die sozialen Lebenslagen, kulturellen Lebensformen
und individuellen Lebensstile einer Gesellschaft sind, umso mehr
muss das Fehlen eines vorab bestehenden Konsenses durch die
Gemeinsamkeit und Zugänglichkeit der öffentlichen Meinungs- und
Willensbildung kompensiert werden. Den öffentlichen Medien kommt
dabei eine entscheidende Funktion zu. Die Entwicklung digitaler
Medien führt hier zu einem fundamentalen Wandel, der
insbesondere zu voneinander völlig abgeschlossenen Diskursräumen
führen kann [En16].
Im
Original heißt es bei Jürgen Habermas wie folgt:
Jürgen
Habermas:
Wahlen funktionieren nicht mehr, wenn sich beispielsweise ein
vitiöser Zirkel [ein mangelhafter, inkorrekter, fehlerbehafteter
Zirkel= AR] zwischen den unterprivilegierten Nichtwählern und
der Nichtberücksichtigung ihrer Interessen einspielt oder wenn
die Infrastrukturen der öffentlichen Kommunikation zerfallen, so
dass dumpfe Ressentiments statt wohlinformierter öffentlicher
Meinungen das Feld beherrschen. Kurzum, deliberative Politik ist
kein abgehobenes Ideal, an dem wir die schnöde Realität messen
müssen, sondern eine Existenzvoraussetzung jeder Demokratie, die
diesen Namen noch verdient [En17].
An
anderer Stelle heißt es:
Der deliberative Charakter der
Meinungs- und Willensbildung der Wähler bemisst sich in der
politischen Öffentlichkeit am Ergebnis der diskursiven
[begründenden, beweisenden = Ar] Qualität der Beiträge, nicht am
Ziel eines ohnehin nicht erreichbaren Konsenses [En18].
Und:
Doch die Verhältnisse sind
nicht so – nicht einmal mehr in den ältesten angelsächsischen
Demokratien. Das zustimmende Echo, das der Sturm auf das Kapitol
unter Trump-Wählern gefunden hat, muss man wohl auch als den
expressiven Ausdruck von Wählern verstehen, die seit Jahrzehnten
eine politisch folgenreiche und spürbare Wahrnehmung ihrer
vernachlässigten Interessen nicht mehr erkennen konnten [En19].
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Propaganda als Mittel des Machterhaltes
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Propaganda hat mit
Deliberation wirklich nichts zu tun, denn die Wortbedeutung von
„Deliberation“, einem englischen Wort, lässt sich nach meinem
Sprachgefühl gut mit zwei englischen Sätzen beschreiben, die dem
Dictionary
of Contemporary
Englisch entnommen wurden und die folgenden Wortlaut haben:
Deliberation is a careful consideration or discussion of
something. If you
speak or move with deliberation, you speak or move slowly and
carfullly.
Übersetzung ins Deutsche:
Deliberation ist eine sorgfältige Überlegung oder Diskussion
über etwas. Wenn Sie
mit Bedacht sprechen oder sich bewegen, sprechen oder bewegen
Sie sich langsam und bedächtig.
Beides
ist in der öffentlichen Meinungsbildung in der Bundesrepublik
Deutschland heute kaum noch anzutreffen, denn an die Stelle von
Argumenten bedienen sich alle politischen Akteure mehr oder
weniger der Propaganda. Um ihre Vorhaben möglichst störungsfrei
umsetzen zu können, baut zum Beispiel die Regierung zurzeit
einen in der bundesdeutschen Demokratie noch nie da gewesenen
Propagandaapparat auf, obwohl ihr Propaganda bereits 1977 vom
Verfassungsgericht untersagt wurde. Dass dafür viel Geld
benötigt wird, das liegt in der Natur der Sache. Wie dem auch
immer sei:
Betrug
der Werbeetat 2020 noch 20 Millionen, hat er sich 2023 sozusagen
verzehnfacht.
Die
Bundesregierung:
Der Etat des Bundesprogramms „Demokratie leben!“
wurde
für 2023 weiter erhöht: In diesem Jahr stehen rund 182 Millionen
Euro zur Verfügung – so viel Geld wie noch nie. Das zeigt,
welche Bedeutung Demokratieförderung für die Bundesregierung
hat [En20].
Und zu
welchen Auswüchsen das führt, das kann zum Beispiel einem Video
der Bundeszentrale für politische Bildung entnommen werden, dass
zwar kurz nach Veröffentlichung im Internet wieder gelöscht
wurde, weil die dort vorgetragene Logik einfach unerträglich
war, was aber nicht bedeutet, dass dieser Fauxpas – die deutsche
Nationalelf war im Viertelfinale noch nicht gescheitert –
trotzdem im Netz noch aufzufinden ist.
Hier
der Wortlaut des Videos, bei dem es sich um eine Abschrift der
Untertitel handelt:
Sind Poldi,
Klinsi
und Co schuld am Rechtsruck in Deutschland?
Einblendung: Politik - raus
aus den Stadien. Steile
These, aber da könnte schon was dran sein. Kurzer
Throwback: [„Throwback“ ist Englisch für
„Rückblick“. In den
Sozialen
Medien ist der Begriff seit etwa 10 Jahren ein gut etablierter
Trend. Der
Social- Media-Begriff
wird gerne als Hashtag genutzt.] Wir sind
im Jahr 2006. Angela
Merkel ist seit ein paar Monaten Kanzlerin. Taylor
Swift bringt ihre erste Single raus und Deutschland kennt man in
der Welt, vor allem für zwei angefangene Weltkriege und
vielleicht noch den Mauerfall. John F.
Kennedy wird eingeblendet: Ich
bin ein Berliner. Doch
dann kam die Fußball-WM der Männer 2006 nach Deutschland. Unter
dem Motto: „Die Welt zu Gast bei Freunden“. Und da
durften die Deutschen wieder Flagge zeigen, ohne dass es
irgendwie nationalistisch wirkte, weil es halt nur Fußball war.
Plötzlich gab es alle möglichen Fanartikel in Schwarz-Rot-Gold.
Alles, was ihr euch vorstellen könnt. Alles. Und für
die Mannschaft lief es auch auf dem Platz richtig gut. Ein
neues Phänomen entstand. Fans trafen sich gemeinsam zum
Public Viewing in Deutschlandfarben. „Party-Patriotismus“ wurde
das genannt. Die Party war im Halbfinale zwar vorbei, aber die
Patriotismus-Afterhour,
die ging weiter, auch außerhalb vom Fußball. Etwas weniger als
10 Jahre später laufen mit Pegida „Patriotische Europäer“ mit
Deutschlandfahnen durch Dresden. Politikwissenschaftler Clemens
Heni
sagt: Ohne die WM 2006 wäre das so nicht möglich gewesen. Und Pegida war erst der Anfang
für die Radikalisierung der Rechten in Deutschland. Wenn man
also
edgy
[kantig] sein will, kann man schon mal fragen ....
Hier
endet das Video.
Der Logik folgend würde ich annehmen, dass es durchaus zulässig
wäre, den Satz wie folgt fortzuführen:
War es
nicht doch der Fußball, der sozusagen den Rechtsradikalen den
Weg bereitet hat?
Wie
dem auch immer sei:
Dieses Video der Bundesanstalt für politische Bildung, das mit
öffentlichen Geldern finanziert wurde, lässt erkennen, was es
bedeutet, von öffentlichen Stellen mit Fake News konfrontiert zu
werden, um die Demokratie zu schützen. Dieses Video ist nichts
anderes als ein Armutszeugnis politischer Öffentlichkeitsarbeit
und nur deshalb wert, hier genannt zu werden, weil solch ein
Schund nichts anderes ist als eine Verschwörungstheorie, die ja
bekanntermaßen nur aus dem rechten Lager kommen kann.
Link zum Video
Persönliche Anmerkung:
Es dürfte wieder an der Zeit
sein, sich mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus
dem Jahr 1977 auseinanderzusetzen, in dem es öffentlichen
Stellen sozusagen untersagt wurde, in Wahlzeiten Propaganda zu
betreiben, in denen sich diese Republik nicht nur im Hinblick
auf die bereits beendete Europawahl befand, sondern insbesondere
auch im Hinblick auf die Wahlen im Frühherbst in Brandenburg,
Sachsen und Thüringen bereits immer noch befindet.
Wie
dem auch immer sei:
Geltendes Recht ist dafür da, ignoriert zu werden, obwohl
Urteile des Bundesverfassungsgerichts, insbesondere die über die
Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm, Gesetzeskraft haben,
siehe § 31 Abs. 2 Satz 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG),
in dem es heißt:
§ 31
Abs. 2 Satz 1
BVerfGG (2) In
den Fällen des § 13 Nr. 6, 6a, 11, 12 und 14 hat die
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gesetzeskraft.
Unabhängig davon greift für die anderen Fälle die im Absatz 1
enthaltene Regelung:
§ 31
Abs. 1
BVerfGG (1) Die
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die
Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte
und Behörden.
Auf
jeden Fall ist es öffentlichen Stellen verwehrt, in
Wahlkampfzeiten den jeweils politischen Gegner zu diffamieren.
In den Leitsätzen eines Urteils aus dem Jahr 1977 heißt es in
den nachfolgend zitierten Leitsätzen wie folgt:
BVerfG
1977:
1. Den Staatsorganen ist es von Verfassungswegen versagt, sich
in amtlicher Funktion im Hinblick auf Wahlen mit politischen
Parteien oder Wahlbewerbern zu identifizieren und sie unter
Einsatz staatlicher Mittel zu unterstützen oder zu bekämpfen,
insbesondere durch Werbung die Entscheidung des Wählers zu
beeinflussen.
2. Es
ist mit dem Verfassungsprinzip, dass Bundestag und
Bundesregierung nur einen zeitlich begrenzten Auftrag haben,
unvereinbar, dass die im Amt befindliche Bundesregierung als
Verfassungsorgan im Wahlkampf sich gleichsam zur Wiederwahl
stellt und dafür wirbt, dass sie als „Regierung wiedergewählt“
wird.
3. Das
Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit wird
verletzt, wenn Staatsorgane als solche parteiergreifend
zugunsten oder zu Lasten einer politischen Partei oder von
Wahlbewerbern in den Wahlkampf einwirken.
4. Ein
parteiergreifendes Einwirken von Staatsorganen in die Wahlen zur
Volksvertretung ist auch nicht zulässig in der Form von
Öffentlichkeitsarbeit. Die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung
findet dort ihre Grenze, wo die Wahlwerbung beginnt.
5. Weder
dürfen die Verfassungsorgane des Bundes anlässlich von Wahlen in
den Ländern, noch dürfen die Verfassungsorgane der Länder
anlässlich von Wahlen zum Bundestag parteiergreifend in den
Wahlkampf hineinwirken.
6. Tritt
der informative Gehalt einer Druckschrift oder Anzeige eindeutig
hinter die reklamehafte Aufmachung zurück, so kann das ein
Anzeichen dafür sein, dass die Grenze zur unzulässigen
Wahlwerbung überschritten ist.
7. Als
Anzeichen für eine Grenzüberschreitung zur unzulässigen
Wahlwerbung kommt weiterhin ein Anwachsen der
Öffentlichkeitsarbeit in Wahlkampfnähe in Betracht, das sowohl
in der größeren Zahl von Einzelmaßnahmen ohne akuten Anlass, wie
in deren Ausmaß und dem gesteigerten Einsatz öffentlicher Mittel
für derartige Maßnahmen zum Ausdruck kommen kann.
8. Aus der Verpflichtung der
Bundesregierung, sich jeder parteiergreifenden Einwirkung auf
die Wahl zu enthalten, folgt schließlich für die Vorwahlzeit
das Gebot äußerster
Zurückhaltung und das Verbot
jeglicher mit Haushaltsmitteln
betriebener Öffentlichkeitsarbeit in Form von sogenannten
Arbeitsberichten, Leistungsberichten und Erfolgsberichten.
9. Die
Bundesregierung muss Vorkehrungen dagegen treffen, dass die von
ihr für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit hergestellten
Druckwerke nicht von den Parteien selbst oder von anderen sie
bei der Wahl unterstützenden Organisationen oder Gruppen zur
Wahlwerbung eingesetzt werden.
BVerfG, Urteil vom 2. März
1977 - 2
BvE
1/76
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Die Veränderbarkeit des Grundgesetzes
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Sowohl
die Form, als auch die Veränderbarkeit der Auslegung des
Grundgesetzes ist ein kontinuierlicher Prozess in der
75-jährigen Geschichte dieser Verfassungsnorm, den die
Mitglieder des Parlamentarischen Rates sicherlich so nicht
gewollt hätten, zumindest im Hinblick auf die Interpretation der
Verpflichtung zum Frieden.
Das nach der hier vertretenen
Auffassung aber nicht nur für die Verpflichtung zum Frieden,
sondern auch für andere elementare Grundrechte sich das
Verfassungsverständnis grundlegend geändert hat, das macht auch
die
Urfassung des Grundgesetzes zum Asylrecht deutlich.
Dort
heißt es im Artikel 16 Abs. 2 Satz 2 wie folgt:
Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
Urfassung des GG
Den
Artikel 16a GG, in dem heute das Asylrecht geregelt ist, den gab
es damals noch nicht, der wurde erst nach dem sprunghaften
Anstieg der Asylbewerber in den späten 1980er und frühen 1990er
Jahren sowie nach heftiger öffentlicher Debatte im Jahr 1993 aus
Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG herausgenommen und im Art. 16a GG
komplett neu geregelt. Dem Geist des Bürokratismus folgend
wurden aus den 4 Wörtern des Asylrechts in der Urfassung des GG
nunmehr der 280 Wörter umfassende Artikel 16a des Grundgesetzes.
Artikel 16a GG
Es sind
aber auch andere Grundrechte, die heute ganz anders ausgelegt
werden, als das 1949 der Fall war. Zu denken ist hier
insbesondere an den Schutz des Lebens, denn
Schwangerschaftsabbrüche und aktive Sterbehilfe berühren auf
eine Art und Weise das Grundrecht auf Leben, das so vor 75
Jahren nicht einmal ansatzweise im Sinne von heute erörterungswürdig gewesen wäre.
Mit
Blick auf die Schweiz, in der wohl schon bald die Suizidkapsel
„Sarco“ zum Einsatz kommen wird, kann durchaus davon ausgegangen
werden, dass sich wohl auch in Deutschland schon bald Stimmen
mehren werden, die einen technischen schmerzfreien Tod für die
humanere „Endlösung“ halten, als der Tod von Hunderttausenden
Generationen in einer Zeit vor unserer Zeit. Bisher muss man bei
den bekannten Selbsthilfeorganisationen in der Schweiz mehr tun,
als nur einen Knopf zu drücken. Aber bekanntermaßen gibt es ja
für alles technisch optimierte Lösungen. Der Freitod in einer
„Suizidkapsel“, so die Verfechter des technischen Todes, soll
einen würdevollen Abschied aus dem Leben erleichtern. Nicht mehr
länger vor sich hinsiechen, nicht mehr länger mit längst
gebrochenem Lebenswillen dem Tod entgegendämmern, sondern
selbstbestimmt entscheiden, wann es aus sein soll.
Aber:
Wie würdevoll ist es, in einer Kapsel zu sterben? Unfähig, eine
Hand zu halten, ein letztes Mal menschliche Nähe zu spüren? Und
wie steht es um die Würde der Angehörigen, die auf kaltes Glas
und die Kreation von Industriedesignern blicken, statt ein
letztes Mal den Atem des geliebten Menschen zu hören?
Grafik zur Sterbekapsel
Wie
dem auch immer sei:
Die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland hatten
75 Jahre lang Zeit, sich daran zu gewöhnen, dass wesentliche
Entscheidungen nicht von ihnen, sondern von Verfassungsorganen
getroffen wurden und, wenn sich daran nichts ändert, auch in
Zukunft getroffen werden. Ändert sich nichts, dann werden die
wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger Deutschlands weiterhin
damit leben mussten, was nach den Wahltagen die Gewählten mit
der ihnen übertragenen Souveränität des Volkes machen werden.
So
lange, wie die gewählten Abgeordneten Wohlstand und Fortschritt
produzierten, war ja alles in Ordnung, obwohl die Zweifel daran
schon seil mindestens zwei Jahrzehnten wachsen. Die Folge davon
ist, dass sich daraus ein Zusammenleben entwickelt hat, das eher
als ein Auseinanderleben als ein Zusammenleben beschrieben
werden kann, denn aus politisch Andersdenkenden wurden
zwischenzeitlich Feinde.
Was das
bedeutet, das hat Stefan Seidel in seinem Buch „Entfeindet Euch!
Auswege aus Spaltung und Gewalt“ bereits auf der ersten Seite
dieses Buches treffend beschrieben:
Stefan
Seidel:
Rückkehr der Feindschaft: Die
Zeit hat sich verhärtet. Verfeindung ist vielerorts so stark
geworden, dass Verständigung und Verbundenheit zunehmend
schwierig, wenn nicht gar unmöglich werden. Sie triebt Menschen,
Gruppen, Gesellschaften und Völker auseinander. Statt auf
Kompromiss, Kooperation und Koexistenz wird immer stärker auf
Konfrontation und Kompromisslosigkeit und Kampf gesetzt. [...].
Klare Kante ist angesagt. Abgeräumt sind Positionen, die
statt
auf Feindschaft und Härte auf Deeskalation und Dialog,
Entfeindung
und Empathie, Gewaltminimierung und Gemeinsames setzen. Es
scheint, als zähle nur noch der absolute Sieg [En21].
Dass
allein die Vorstellung eines „absoluten Sieges“, mit Demokratie
nichts zu tun haben kann, wohl aber viel mit Narzissmus
gemeinsam hat, darauf soll an dieser Stelle lediglich
hingewiesen werden.
Eine
Demokratie, die das auf Dauer bleiben will, kann und darf – so
wie sich diese Regierungsform bis heute entwickelt hat – nicht
mehr darauf vertrauen, dass es allein die gewählten politischen
Eliten sind, die wissen, wie die Zukunft zu gestalten ist.
Das, was
diesbezüglich benötigt wird, das lässt sich mit gesundem
Menschenverstand viel besser beurteilen, als mit der Wortgewalt,
statistischen Zahlen und vielen anderen Daten von Experten
versucht wird. Das, was Menschen benötigen, um in Krisenzeiten
nicht nur zu bestehen, sondern sich auch wieder als Gemeinschaft
zusammenfinden zu können, darüber können auch Normalbürgerinnen
und Normalbürger entscheiden, denn über solch ein
Beurteilungsvermögen verfügen alle in Deutschland lebenden
Bürgerinnen und Bürger.
Es ist
an der Zeit, die Bürgerinnen und Bürger, darunter verstehe ich
alle wahlberechtigten Personen mit deutscher
Staatsangehörigkeit, nicht nur anlässlich von Wahltagen
aufzufordern, eine Entscheidung zu treffen, die sie dann für die
Dauer von vier Jahren entmündigt.
Das Konzept einer
deliberalen
(beratenden, mitgestaltenden, mitentscheidenden) Demokratie wäre
zumindest ein erster Schritt hin in die richtige Richtung.
Warum?
Das, was das Grundgesetz bis
in
die 1990-iger Jahre
war, das ist heute durch Diversität ersetzt worden, was aber
nichts anderes ist, als die Abwesenheit von Gemeinsinn. Der aber
ist unverzichtbar, wenn der Zusammenhalt aus den Individuen und
nicht aus der Gewalt des Staates kommen soll.
Während
die Elite vergangener Zeiten sich auf das Grundgesetz als Hüter
der nationalen Tradition und auf das tugendhafte Menschenbild
des Grundgesetzes beriefen, steht heute jeder positive Bezug auf
die Nation schon unter Faschismusverdacht.
Anders
ausgedrückt:
Wer national denkt oder sich als ein Verfassungspatriot
versteht, dem haftet bereits der üble Geruch der unteren
Schichten an, die ja von Natur aus rechts denken, so die
Sichtweise der
Woken.
Aber:
Wer so argumentiert, verkennt, dass die Aufteilung zwischen
rechts und links längst nicht mehr der Wirklichkeit entspricht,
denn dass die westlichen Gesellschaften ihren Lebensstil
grundlegend werden ändern müssen, das scheint aus der
Perspektive von heute wohl unvermeidbar zu sein, obwohl das
niemand will, denn niemand weiß, was das bedeutet.
Hier die
Kurzfassung zukunftsfähiger Politik:
Radikaler Fortschritt.
Dieses
Thema wird im folgenden Aufsatz aufgegriffen und erörtert, der
am 1. August 2024 auf dieser Website zur Verfügung stehen wird.
16 Quellen
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Endnote_00
FDP-Chef Lindner lehnt bundesweite
Volksentscheide ab. welt.de/regionales/bayern/article
168799746/FDP-Chef-Lindner-lehnt-bundesweite
-Volksentscheide-ab.html Zurück
Endnote_00a
Verantwortung für die Freiheit.
KarKarKarKarlsruher Freiheitsthesen der FDPlsruher
Freiheitsthesen der FDPlsruher Freiheitsthesen der FDPlsruher
Freiheitsthesen der FDP für eine offene Bürgergesellschaft.für
eine offene Bürgergesellschaft.für eine offene
Bürgergesellschaft.für eine offene Bürgergesellschaft. Beschluss
des 63. Ordentlichen Bundesparteitages der FDP Karlsruhe, 22.
April 2012. https://www.fdp.de/media/358/download?inline
Zurück
Endnote_01
Jürgen Habermas. Ein Strukturwandel der
Öffentlichkeit und die deliberative Politik. Suhrkamp 2022
Zurück
Endnote_02 Otmar Jung. Grundgesetz und
Volksentscheid. Westdeutscher Verlag 1994, Seite 29
Zurück
Endnote_03 BVerfG KPD-Verbot: Urteil vom 17. August 1956
- 1 BvB 2/51 In den Leitsätzen heißt es: 1. Die
Kommunistische Partei Deutschlands ist verfassungswidrig.BVerfGE
5, 85 (86) 2. Die Kommunistische Partei Deutschlands wird
aufgelöst. 3. Es ist verboten, Ersatzorganisationen für die
Kommunistische Partei Deutschlands zu schaffen oder bestehende
Organisationen als Ersatzorganisationen fortzusetzen. 4. Das
Vermögen der Kommunistischen Partei Deutschlands wird zugunsten
der Bundesrepublik Deutschland zu gemeinnützigen Zwecken
eingezogen. II. In den Ländern werden die Minister
(Senatoren) des Innern mit der Durchführung der Entscheidung zu
Ziffer I. 2. und 3. beauftragt; insoweit stehen ihnen
unmittelbare Weisungsbefugnisse gegenüber allen Polizeiorganen
zu. Die Einziehung des Vermögens wird dem Bundesminister des
Innern übertragen, der sich der Hilfe der Minister (Senatoren)
des Innern der Länder bedienen kann. III. Vorsätzliche
Zuwiderhandlung gegen diese Entscheidung oder gegen die im
Vollzuge dieser Entscheidung getroffenen Maßnahmen werden gemäß
§§ 47, 42 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht mit
Gefängnis nicht unter 6 Monaten bestraft.
Zurück
Endnote_04 Otmar Jung. Grundgesetz und Volksentscheid.
Westdeutscher Verlag 1994. Der Kampf der Ministerpräsidenten
gegen das Gründungsplebiszit. Seite 211
Zurück
Endnote_05 Ebd. Otmar Jung, Seite 284
Zurück
Endnote_06 Ebd. Otmar Jung, Titelblatt
Zurück
Endnote_07 Rede von Bundespräsident Dr. Frank-Walter
Steinmeier beim Staatsakt zum 75. Jahrestag der Verkündung des
Grundgesetzes am 23. Mai 2024 in Berlin:
https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/steinmeier-75-grundgeset-2288428
Zurück
Endnote_08 Bundespräsident Frank-Walter
Steinmeier: Zur Zukunft der Demokratie.
https://www.deutschland.de/de/topic/politik/bundespraesident-frank-walter-steinmeier-ueber-demokratie
Zurück
Endnote_09 Günter Gaus im Gespräch mit Franz
Josef Strauß am 29.04.1964:
https://www.rbb-online.de/zurperson/interview_
archiv/strauss_franz_josef.html Zurück
Endnote_10
Rede des Bundesministers der Verteidigung, Dr. Peter Struck im
Deutschen Bundestag am 20. 12. 2002:
https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/newsletter-und-abos/
bulletin/rede-des-bundesministers-der-verteidigung-dr-peter-
struck--784328 Zurück
Endnote_11 Spiegel.de vom
4.4.2010: Guttenberg spricht von Krieg in Afghanistan.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/tabu-bruch-guttenberg-spricht-
von-krieg-in-afghanistan-a-687235.html
Zurück
Endnote_12 Pressemitteilung:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/
Pressemitteilungen/DE/2020/bvg20-106.html
Zurück
Endnote_13 Jürgen Habermas: Theorie des kommunikativen
Handelns. Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 117
Zurück
Endnote_14 Larken Rose: Der Nutzmensch. Handbuch für den
modernen Tyrannen. Larken Rose 2021, Cover-Rückseite
Zurück
Endnote_15 Hubert/Voßkuhle: Grundgesetz. Band 2 – 8.
Auflage 2024. C.H.Beck. Seite 79/80: Art. 20 Abs. 2 Rn. 161 und
162 Zurück
Endnote_16 Friedrich-Ebert-Stiftung:
Jürgen Habermas (2022): Ein neuer Strukturwandel der
Öffentlichkeit und die deliberative Politik. Berlin:
Suhrkamp-Verlag:
https://www.fes.de/akademie-fuer-soziale-demokratie/buch-essenz/
juergen-habermas-2022-ein-neuer-strukturwandel-der-oeffentlichkeit
-und-die-deliberative-politik Zurück
Endnote_17
Jürgen Habermas Ein Strukturwandel der Öffentlichkeit und die
deliberative Politik. Suhrkamp 2022, Seite 71/72
Zurück
Endnote_18 Ebd. Jürgen Habermas, Seite 26
Zurück
Endnote_19 Ebd. Jürgen Habermas, Seite 27/28
Zurück
Endnote_20 Die Bundesregierung: Gemeinsam Desinformation
bekämpfen:
https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/
umgang-mit-desinformation/foerderpogramme-demokratie-leben-1871300
Zurück
Endnote_21 Stefan Seidel. Entfeindet Euch!
Ausweg aus Spaltung und Gewalt. Claudius-Verlag 2024, Seite 7
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