Zeitenwende der
Illusionen
Inhaltsverzeichnis:
01 Vom
Wesen der Demokratie 02 Demokratie heute
03 Die LNG-Illusion 04 Was
ist LNG? 05 Fracking 06
LNG-Terminals 07 Transport
von LNG 08 Erforderliche Infrastruktur
09 Grüner Wasserstoff 10
Herstellung im Ausland 11 Transport von
Wasserstoff 12 Grüner Wasserstoff in
Deutschland 13 Produktionsbedingte
Umweltgefahren 14 Wasserstoff und
Klimaschutz 15 Komplexität von Wasserstoff
und Umwelt 16 Wundermittel Wasserstoff?
01
Vom Wesen der Demokratie
TOP
Demokratie setzt voraus,
dass diejenigen, die im Auftrag des Volkes entscheiden – zumindest lässt die
Demokratietheorie diese Vermutung zu – auch über die Tragweite ihrer
Entscheidungen hinreichend nachgedacht haben. Das aber setzt ein
„Informiertsein“ voraus, das durch ideologisches Denken nicht
verdrängt werden darf. Dort, wo Ideologie die Überhand gewinnt,
hört Demokratie auf, eine Demokratie zu sein.
Warum?
Zum Wesenskern einer
Demokratie gehört der Wettbewerb der Ideen. Wo dieser Wettbewerb unterdrückt
wird, versiegt der Lebensnerv dieser Staatsform. Darüber hinausgehend
handelt es sich bei einer Demokratie um eine Art des
Zusammenlebens, in der alle daran interessiert sein müssen, den
Wandel der Zeit für alle erträglich zu machen. Die Zeitenwende,
von der heute in Deutschland landauf und landab gesprochen wird, kann somit nur
als ein Kulturwandel verstanden werden, der niemals von heute
auf morgen funktionieren wird, sondern wohlüberlegt
sein will und vor allen Dingen auch seine Zeit erfordert, in der die
Zukunft Schritt für Schritt sichtbar wird und die es erlaubt,
eingeschlagene Schritte erforderlichenfalls auch noch
korrigieren zu können, was bei einer alternativlosen
Transformation, so die Steigerungsform der
Nachhaltgkeitsideologie von heute, nicht mehr der Fall sein
dürfte. Wie dem auch immer sei: Wer die Zeitenwende in
einer Demokratie als einen harten Schnitt definiert, der
alternativlose Maßnahmen einfordert, der bereitet, ob er das
will oder nicht, damit auch das Ende der Demokratie vor.
Anders ausgedrückt:
Entscheider, die nicht informiert sind, weil sie nur eine Sicht
der Dinge zu akzeptieren bereit sind, und alle davon
abweichenden Meinungen für dummes Geschwätz halten, entzieht der Demokratie den Boden, auf dem
sie gewachsen ist. Das ist der Boden der Meinungsvielfalt.
Demokratiegefährdend und
auch demokratiezersetzend wird solch ein „Politik des
alternativlosen Denkens“ dann, wenn die „Machtinhaber im Staate“
die ihnen zur Verfügung stehenden Machtmittel dazu missbrauchen,
zu verhindern, dass die Leute sich umfassend informiert werden,
wozu auch die Risiken gehören, die bei jeder Innovation zu
erwarten sind.
Das aber kann nach dem
hier vertretenen Demokratieverständnis nur kontraproduktiv sein,
denn es gehört zu den Aufgaben und Pflichten der Regierenden,
das Wahlvolk sowohl über die Vorteile als auch über die Nachteile ihrer
Entscheidungen angemessen zu informieren.
Daran fehlt es heute. Mit
anderen Worten: Es
drängt sich sozusagen der Eindruck auf, dass der Sieg der
Gesinnung bereits dazu geführt hat, die Urteilsfähigkeit von
Andersdenkenden gänzlich in Frage zu stellen. Das gilt auch
für Fragen, die den Bereich des Klimaschutzes betreffen. Auch
hier zeichnet sich ab, dass der Sieg der Gesinnung die rationale
Urteilsfähigkeit sozusagen eliminiert hat. Solch eine
Polarisierung der politischen Überzeugungen kann für eine
Demokratie aber nur gefährlich sein. Wie dem auch immer sei. In
diesem Aufsatz geht es darum, die beiden Schlüsselwörtern „LNG“
und „Grüner Wasserstoff“ von dem Mythos zu befreien, in deren
Aura eine nachhaltige Zukunft Wirklichkeit werden soll, was im
Übrigen auch für die anderen Zauberwörter der „Grünen Zukunft“
zutrifft, die hier nicht erörtert werden, als da sind:
Windkraft, Sonnenenergie und Elektromobilität.
Damit Sie mich
nicht missverstehen, Bei den oben genannten Zauberwörtern der
Nachhaltigkeit handelt es sich nicht um technischen
Innovationen, die es abzulehnen gilt. Das ist nicht
der Fall. Das, was hingegen zum Nachdenken zwingt, ist die
Größenordnung, die diese innovative Technik haben muss, um das
zu bewirken, was sie bewirken soll: noch mehr, sozusagen
grenzenloses Wachstum.
Das, was gemeint ist,
lässt sich mit einfachen Worten an Zahlen illustrieren, deren
Dimensionen jeder nachempfinden kann.
-
Energieverbrauch in
Deutschland 2023 = 100 %
-
Energieverbrauch in
Deutschland 2030 = 200 %
-
Energieverbrauch in
Deutschland 2050 = 300 %
Anders ausgedrückt:
Gesetzt den Fall, dass im Jahr 2050 in Deutschland dreimal so
viel
Energie benötigt wird, als das bereits heute der Fall ist, dann
würde das eine Industrie voraussetzen, deren Ausmaß sich
wirklich niemand vorstellen kann. Wer daran glaubt, dass solch
eine Industrie nachhaltig im Sinne von „grün“ also klimaneutral
geschaffen und dann auch noch klimaneutral betrieben werden
kann, der verfügt über eine Glaubensfähigkeit, die nicht einmal
die Weltreligionen von ihren Gläubigen einfordern.
02
Demokratie heute
TOP
Am 3. Dezember 2003 sagte
Bundeswirtschaftsminister Robert
Habeck
(Bündnis 90/Die
Grünen) im letzten Talk unter der Leitung von Anne Will:
„Wir
haben die Wirklichkeit noch nicht ganz reingeholt in die
politische Diskssion!“
Ob das
der Politik jemals gelingen wird, das ist eine Frage, auf die es
keine überzeugende Antwort, wohl aber unterschiedlichste
Sichtweisen gibt, insbesondere dann, wenn es darum geht, die
Zukunftsziele und die damit verbundenen Entscheidungen der
Politik, sozusagen schönzureden. Da nimmt das Zukunftsziel der Nachhaltigkeit
keine Sonderstellung ein, denn diese Sprachfigur
suggeriert, dass nur so der Planet Erde gerettet werden kann.
Dass es dabei auch zu Fehleinschätzungen kommen kann, das
soll in diesem Aufsatz nur an zwei Beispielen aufgezeigt werden,
deren historische Halbwertzeit schon jetzt deutliche Risse
bekommen hat, also kaum Aussicht haben dürfte, sich in Zukunft
als die "nachhaltige Wirklichkeit" präsentieren zu können, von
deren klimaneutrale Wirkung viele Politiker von heute immer noch
fest überzeugt sind.
Genug der Vorrede, denn die Wirklichkeit
lässt sich auf Dauer nicht verdrängen.
03 Die LNG-Illusion
TOP
Ich
erspare mir das Loblied auf die LNG-Lüge, die dazu geführt hat,
mit dem Ton der Überzeugung dem Wahlvolk versprochen zu haben,
dass ein preiswerter, sicherer und zukunftsfähiger
Ersatzkraftstoff, nämlich LNG, den nicht mehr im ausreichenden
Maße zur Verfügung stehenden und überwiegend aus Russland
importierten fossilen Rohstoff Erdgas ersetzen zu können. Zwar
etwas teuerer, dafür aber auch umweltfreundlicher und
nachhaltiger als das bei russischem Erdgas der Fall ist.
Dieses
Versprechen hat zwischenzeitlich Risse bekommen, denn seit Mitte
November 2023 lassen sich auch in den deutschen Leitmedien
Aussagen finden, die zumindest darauf hinweisen, dass LNG alles
andere als klimafreundlich ist.
In einem
Artikel vom 16. November 2023 heißt es auf
Welt.de
wie folgt:
Importiertes LNG soll viel klimaschädlicher als Kohle sein.
"Einer neuen
US-Studie zufolge ist es viel klimaschädlicher, Energie aus
importiertem Flüssiggas (LNG) zu gewinnen, als auf das Verfeuern
von herkömmlicher Kohle zu setzen. „Die absoluten
Treibhausgasemissionen von LNG sind im schlimmsten Fall um 274
Prozent höher als die von Kohle“, heißt es in der noch nicht
veröffentlichten Analyse des Methan-Forschers Robert W.
Howarth
von der Cornell University".
Wie dem auch immer sei:
In unserer kurzlebigen Zeit, in der Meldungen von gestern am Tag
darauf meist schon wieder vergessen sind, muss man schon
aufpassen, um auch dem Vergessen wissenschaftlicher Erkenntnisse
entgegenzuwirken, die zudem wirklich alles andere als neu sind.
Sie
erscheinen uns nur neu, denn Mitte November hieß es auch in
anderen Medien:
-
ZDF:
LNG: Zu viel, zu teuer, schlecht fürs Klima
-
MDR:
Klimabilanz: Ist Flüssiggas wirklich schädlicher als Steinkohle?
-
FR:
Umweltschädliches LNG: Bundesregierung hat Klima-Folgen kaum
berücksichtigt.
Wer
durch solche Meldungen überrascht ist, lebt treu nach dem Motto: Nichts ist älter als die Zeitung von
gestern. Und das gilt auch für die vergessene
Umweltschädlichkeit von LNG, die bereits in Tausenden von Fachartikeln
beschrieben worden ist. Im Übrigen sind wir alle daran gewöhnt,
die Wirklichkeit nur in einem Spiegel sehen zu wollen und zu
können, der die Wirklichkeit schöner erscheinen lässt, als sie
tatsächlich ist.
Wenden wir uns deshalb jetzt der Wirklichkeit
zu, die als LNG bezeichnet wird.
04 Was ist LNG?
TOP
Liquified
Natural
Gas ist
zuerst einmal eine Bezeichnung, wie sie unzutreffender nicht
sein könnte. Warum? Flüssiges Gas gibt es in der Natur nicht,
denn zur Herstellung von LNG ist ein sehr aufwändiges Verfahren
erforderlich, denn das an die Oberfläche geholte Gas muss dort
auf 160 Grad unter dem Gefrierpunkt abgekühlt werden, damit es
überhaupt flüssig wird. Katar dürfte in naher Zukunft wohl der
weltweit größte Hersteller von LNG sein, denn die politischen
Vertreter dieses Landes haben sich bereits im November 2022 dazu
vertraglich verpflichtet, ab 2026 gut 2 Millionen Tonnen LNG an
Deutschland zu liefern.
Anders ausgedrückt:
Deutschland
verbraucht jährlich ungefähr 3 Milliarden Kubikmeter Gas, so
dass die Liefermenge aus Katar maximal auf drei Prozent des
deutschen Jahresverbrauchs geschätzt wird. Dieses Gas aus Katar
zu beziehen ist dennoch befremdlich, weil sich Katar - wegen
seiner Haltung gegenüber den Menschenrechten - wohl kaum als ein
Vertragspartner für ein Land anbietet, mit dessen
Werteverständnis solch eine Politik nicht zu vereinbaren ist.
Zum Glück gibt esda ja auch noch Exportländer wie Australien oder
die USA, deren LNG ebenfalls in Deutschland dringend benötigt
wird. Ein kurzer Blick auf die Gewinnung von LNG in den USA,
einem Land, das schon seit 2021 bereits der
größte Lieferant von LNG für Europa ist.
05 Fracking
TOP
Das
flüssig gemachte Gas - zumindest das aus den USA importierte LNG
- wird dort durch Fracking gewonnen, also mit einem absolut
umweltschädlichen Verfahren dem Menschen nutzbar gemacht. Aber
nicht nur das. Auch auf dem Transport geht viel Gas verloren.
Schätzungen gehen von 20 Prozent Transportverlusten aus.
Weltweit werden diese Verluste von LNG pro Jahr etwa 400 bis 800
Milliarden Kubikmeter Erdgas geschätzt, die in die Atmosphäre
entweichen und dabei den Treibhauseffekt verstärken.
Übrigens:
Durch
Fracking „gewonnenes“ Flüssiggas beziehen wir zurzeit
hauptsächlich aus den USA, aus Australien und natürlich auch schon aus
Katar. Ein kurzer Blick in die USA, in der zurzeit etwa 85
Prozent des LNG durch Fracking gewonnen wird, soll aufzeigen,
wie umweltschädlich dort Flüssiggas gewonnen wird.
Dort werden, um
das Erdgas aus dem Gestein pressen zu können, zuerst einmal große Mengen
Wasser, Sand und Chemikalien eingesetzt. Man bohrt bis zu
mehreren 1000 Metern tief. In den Bohrlöchern entstehen dann,
durch das hineingepresste Gemisch von Wasser und Zusatzstoffen,
im Gestein lange Risse, so dass das dadurch freigewordene Gas
nunmehr an die Oberfläche gelangen kann. Das zurückbleibende
Abwasser ist hochgiftig und gelangt natürlich auch ins
Grundwasser. Für Mensch und Umwelt ist diese Form der Förderung
belastend, zumal für eine Bohrung etwa 19 Millionen Liter Wasser
benötigt werden, wobei es sich überwiegend um Süßwasser handelt.
Hinzu
kommt ein Fracking-Fluid, das ein Prozent des Wasserverbrauchs
ausmacht, also etwa 190 000 Liter „Umweltgift“ pro Bohrung.
Bei
diesem Fracking-Fluid handelt es sich um eine giftige und somit
äußerst umweltbelastende Substanz, die, wenn sie wieder an die
Oberfläche kommt, wie Sondermüll entsorgt werden muss. Zum Glück
sind die Bohrlöcher in den USA weit weg von Deutschland. Was hat
es uns also zu kümmern, wie LNG in den USA gefördert wird?
Hauptsache wir erhalten Gas. Dem Klima wird das wohl kaum
schaden. Oder etwa doch? Während in Deutschland Fracking
verboten ist, (fragt sich nur, wie lange noch) haben die USA
ihre Bohrungen wegen der hohen Nachfrage nach LNG verstärkt,
obwohl das Fracking dort zerstörtes Land, vergiftetes Wasser und
verseuchte Gebiete zurücklässt.
Warum?
Mit
Fracking lässt sich viel Geld verdienen.
Anders ausgedrückt: Wir
lagern die Umweltprobleme also nur aus und bezahlen dafür noch
viel Geld. Aber auch jenseits der Fördermethode ist flüssiges
Erdgas keine sauberere Energie im Vergleich zu Öl und Kohle.
Erdgas verbrennt zwar mit weniger Rückständen, als das zum
Beispiel bei Kohle der Fall ist, die Gesamtbilanz ist aber trotz
allem nicht gut, weil Erdgas, auch NLG, nicht klimaverträglicher
als Kohle ist, denn Erdgas besteht zu seinem größten Teil aus
Methan, einem extrem starken Treibhausgas, von dem bekannt und
nachgewiesen ist, dass dieses Treibhausgas in der gesamten
Lieferkette, beginnend bei der Förderung, beim Transport und
auch bei der Rückgewinnung von flüssigem Gas in „normales“ Gas
und natürlich auch bei der Nutzung dieses Energieträgers, in die
Atmosphäre entweicht. Das macht Flüssigerdgas dann in der
"Gesamtschau" genauso
klimaschädlich wie Kohle.
Wissen von heute:
Diese Sichtweise dürfte aber seit Mitte November als nicht mehr
zutreffend angesehen werden, denn eine in den USA durchgeführte Studie (Cornell
University in Ithaca, New York), geht davon aus, dass LNG gut
274 Prozent mehr Umweltgifte freisetzt, als das Verbrennen von
Kohle zur Erzeugung der gleichen Menge Energie.
Es kann davon ausgegangen werden, dass eine Studie mit solch
einem Ergebnis nicht im Auftrag der Frackingindustrie erfolgte.
Übrigens:
Methan gilt unter Forschern – und das wird oftmals übersehen -
als 80-mal schädlicher für das Klima als CO2.
Wer kann das noch als nachhaltig oder gar als zukunftstauglich
bezeichnen? Vielleicht sollten wir deshalb doch eher darüber nachdenken,
wie wir Erdgas einsparen können, zumal ein Drittel unseres
Erdgases im Gebäudesektor verbrannt wird, aber frieren will
natürlich auch niemand. Die Fragen, die sich nunmehr stellen,
lauten:
-
Wie soll
klimafreundlicher geheizt werden?
-
Durch
Wärmepumpen und neue Heizungen?
-
Durch
eine bessere Wärmedämmung?
-
Durch
sparsameren Umgang mit Energie?
Fest steht:
Verhaltensänderungen und auch andere - technische -
Veränderungen werden unverzichtbar sein. Die Modifizierung des
Heizungsgesetzes, auf das sich die Regierungsparteien Ende Juni
nach langem Hin und Her 2023 einigten, sieht vor, dass von 2024
an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65
Prozent mit Öko-Energie betrieben werden kann. Damit soll die
Wärmewende im Gebäudebereich erreicht werden. Es sollen aber
keine funktionierenden Öl- und Gasheizungen ausgetauscht werden
müssen, zudem sollen defekte Heizungen repariert werden dürfen.
Das Heizungsgesetz sieht nunmehr auch vor, dass bei
Investitionen in eine klimafreundliche Heizung eine weitere
Modernisierungsumlage eingeführt wird, die Vermietern einen
Anreiz dazu geben soll, alte Heizungen durch neue zu ersetzen,
denn die Förderung und die darüber hinausgehenden Kosten können
natürlich an die Mieter weitergegeben werden.
Mieterhöhung soll
dann aber geringer ausfallen als ohne Förderung.
Die Jahresmiete
soll sich jedoch nicht um mehr als 50 Cent je Quadratmeter
Wohnfläche erhöhen dürfen. Das hört sich neu an, ist es aber
nicht, denn diese Mieterhöhungsgrenze entspricht den bisherigen
3 Euro, die innerhalb von 6 Jahren eingefordert werden darf.
Was
solls.
Wir sind
daran gewohnt, dass Altes nur anderer Worte bedarf, um als eine
innovative Neuerung verwendet werden zu können.
Kaum,
dass die Modifizierung des Heizungsgesetzes der Öffentlichkeit
in den Medien präsentiert wurde, wurde am 29.06.2023 in den
Medien darüber berichtet, dass die Union gegen Robert Habecks
(Bündnis 90/die Grünen) geplantes Heizungsgesetz Klage bereits
beim Bundesverfassungsgericht eingelegt hat. Mehr Dramatik auf
der politischen Bühne in Deutschland ist wohl kaum noch möglich.
Doch:
Im Ende Juni 2023 konnte noch niemand erahnen (außer
denen, die es wissen mussten), dass im November 2023 die Richter
des Bundesverfassungsgerichts dem bis dahin üblichen großzügigen
Umgang der Regierung mit den Staatsschulden sozusagen ein Ende
bereitetet wurde.
Zurück
zum LNG.
06 LNG-Terminals
TOP
Um die
Klimaschädlichkeit der Nutzung von LNG im Großen, also im
industriellen Umfang vertreten und durchsetzen zu können, wird
diese „vorübergehende Nutzung fossiler Energien“, so der
Sprachgebrauch der Politiker, als ein notwendiges Übel
angesehen, das aber bereits dann zumindest kurzfristige
Sorgenfreiheit verspricht, wenn nur zwei oder drei schwimmende
LNG-Terminals in Betrieb genommen werden.
Eine industrielle
Nutzung von LNG sieht aber anders aus. Dazu gleich mehr.
Das
große Transportproblem lässt sich nämlich durch solch eine
Verniedlichung nur verschleiern, denn der Lieferung von NLG
liegen Verträge mit langen Laufzeiten zugrunde, in denen
Vertragskürzungen nicht vorgesehen sind. Diese Verträge werden
eingehalten werden müssen, oder aber Unsummen von Steuermitteln
für entgangene Gewinne zu zahlen sein, wenn LNG nicht mehr
benötigt werden sollte. So weit ist es aber noch nicht, denn
erst seit September 2022 kommt LNG als flüssiges Erdgas in
Wilhelmshaven an. In einem LNG-Terminal, das am 17. Dezember
2022 in Betrieb genommen wurde, wird das angelieferte LNG wieder
in Gas umgewandelt.
Diese Anlage ist die erste in Deutschland.
Sie wurde in Rekordzeit genehmigt und in Betrieb genommen. In
den nächsten vier Jahren sollen noch weitere Terminals
entstehen. Acht schwimmende Spezialschiffe, die das Flüssiggas
aufnehmen und weiterleiten und drei sehr viel größere Anlagen an
Land sollen die Versorgung von Industrie und Privathaushalten
mit LNG-Gas sicherstellen.
Anders ausgedrückt:
Etwa 400 Tankerladungen sollen die Gasmenge ersetzen, die
Deutschland im Jahr 2020 aus Russland importiert hat.
Was weniger bekannt ist:
Bei dem (ersten) LNG-Terminal in Wilhelmshaven handelt es sich um ein
riesiges Schiff mit dem Namen
Hoegh
Esperanza. Dieses Schiff konnte nur deshalb in Wilhelmshaven vor
Anker gehen, weil der Bundesstaat Victoria in Australien, nahe
Melbourne, wegen der hohen zu erwartenden Umweltschäden dieses
Terminal nicht haben wollte. Auf gut 80 Seiten begründete das
australische Umweltministerium den Verzicht auf das
LNG-Terminal, also auf die
Hoegh
Esperanza damit, dass wegen der hohen zu erwartenden
Umweltschäden darauf verzichtet werden müsse, denn die zu
erwartenden Chloreinleitungen in die Gewässer des den
vorgesehenen Ankerplatz umgebenden Naturschutzgebietes seien
einfach zu hoch.
Diese Überlegungen haben jedoch bei der
Entscheidung, das Terminal in Wilhelmshaven vor Anker gehen zu
lassen, keine Rolle gespielt, obwohl der Ankerplatz sich unweit
des Nationalparks
Niedersächsisches
Wattenmeer befindet.
Auf der
Website Premier
of
Victoria vom 30. März 2021 heißt es:
Gasvorschlag aufgrund von Umweltauswirkungen
abgelehnt
Zitate von
Planungsminister Richard
Wynne: „Dies
[gemeint ist die Ablehnung] war ein umfassender, offener und
transparenter Prozess und das ist das richtige Ergebnis für die
lokale Gemeinschaft, die Umwelt und Victoria als Ganzes. Mir ist
völlig klar, dass dieses Projekt inakzeptable Auswirkungen auf
die Umwelt des Westhafens und die Ramsar-Feuchtgebiete haben
würde – es ist wichtig, dass diese Gebiete geschützt werden."
[En01]
Das hat die
Bundesregierung aber nicht daran gehindert, die
Hoegh
Esperanza vor Wilhelmshaven vor Anker gehen zu lassen. Vielleicht
noch eine Anmerkung am Rande. Dem Eigner der
Hoegh
Esperanza zahlt der deutsche Steuerzahler ein „Tageshonorar“ in
Höhe von 200.000 Euro
[En02].
Ein Bild der
Höeg
Esperanza steht im Internet zur Verfügung
[En03].
07
Transport von LNG
TOP
Für den
Transport muss das Gas auf minus 160 Grad abgekühlt werden, denn
nur dann steht LNG als flüssige Energie zur Verfügung. Dadurch
verringert sich das Volumen von Erdgas um
das 600-Fache.
Die beiden
größten LNG-Transportschiffe waren noch vor wenigen Jahren die
Mozah
und ihr Schwesterschiffe die
Nakilat.
Beide LNG-Tanker gehören der Q-Max-Klasse an. Die zwischen 2007
und 2010 gebauten Riesen sind 345 Meter lang und haben eine
Kapazität von je 266.000m³. Im Jahr 2021 waren von diesen
Transportschiffen bereits 15 Tanker im Betrieb und weitere 249
andere Tanker, die zwischen 170.000 und 210.000m³ LNG
transportieren können, sind ebenfalls weltweit im Einsatz.
Tendenz steigend, denn LNG soll, nach dem Willen der
Bundesregierung, neben Importen aus den USA, vor allem aus den
arabischen Staaten per Schiff nach Deutschland transportiert
werden, da die zu überwindenden Entfernungen einfach zu groß für
eine Pipelinelösung sind.
08
Erforderliche Infrastruktur
TOP
Die neue
LNG-Infrastruktur ist heikel: Unfälle oder gar Anschläge könnten
katastrophale Folgen haben. Doch nicht nur die Industrie, auch
die Politik beruhigt.
Auf der
Website der Bundesregierung mit Stand vom 20. Januar 2023 hieß
es im Hinblick auf LNG wie folgt:
"Klimafreundlich
und krisensicher: Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, die
Energieversorgung in Deutschland klimafreundlicher und zugleich
krisensicher zu gestalten - auch als Reaktion auf den russischen
Angriffskrieg in der Ukraine.
Wie
kann das gelingen?
Durch
den Aufbau der Infrastruktur für Flüssiggas-Importe.
Mit dem
LNG-Beschleunigungsgesetz hat die Bundesregierung die
Infrastruktur für den Import von Flüssigerdgas zügig ausgebaut.
Außerdem mietet die Bundesregierung schwimmende
Flüssigerdgas-Terminals an. Dabei war und ist immer klar, dass
beim Ausbau der LNG-Infrastruktur für eine bessere
Versorgungssicherheit auch die Belange des Umwelt- und
Naturschutzes, des Tourismus und der Menschen vor Ort
gewährleistet bleiben.
Brücke zur Wasserstoffnutzung:
Das fossile
Flüssiggas wird zudem nur vorübergehend eine Rolle spielen. Die
neuen Terminals dienen nicht nur dazu, einen beträchtlichen Teil
der weggefallenen russischen Gaslieferungen zu ersetzen, sondern
stellen auch eine wichtige Brücke zum Umstieg auf künftigen
klimafreundlichen grünen Wasserstoff dar. Die Bundesregierung
plant von Anfang an, diese Infrastruktur in Zukunft auch für
grünen Wasserstoff nutzen zu können. Deshalb sieht das Gesetz
für fossiles LNG auch eine Befristung vor. Danach muss auf grüne
Energieträger wie Wasserstoff umgestellt werden, damit die
Klimaziele erreicht werden".
[En04]
09 Grüner Wasserstoff
TOP
Grüner
Wasserstoff ist das Erdöl von morgen. Mit seiner Hilfe ist es
möglich, Deutschlands größte Treibhausgas-Verursacher
klimafreundlich umzugestalten und gleichzeitig den
Technologiestandort Deutschland zu stärken
[En05].
Was
ist Wasserstoff?
Wasserstoff
wird heute zu 95 Prozent unter Verwendung von Erdgas als
Energieträger hergestellt. Dabei entsteht viel CO2.
Bei der Herstellung von einer Tonne Wasserstoff entstehen bis zu
13 Tonnen CO2
(9 bis 13 t). In Deutschland verursacht alleine diese
Produktionsweise ca. 19 Millionen Tonnen CO2.
Fakt
ist:
Wasserstoff
kommt in der Natur nur in gebundener Form vor. Folglich muss es
durch den Einsatz enormer Energie gewonnen werden, um dann als
Wasserstoff (H2)
verfügbar zu sein. Die Herstellung von Wasserstoff erfolgt bei
Temperaturen von 800 bis 900 Grad Celsius und einem hohen Druck
von etwa 2,5
MPa,
was einem Druck von 25.493 Kilogramm pro Quadratzentimeter
entspricht. Wasserstoff hat von allen Brenn- und Treibstoffen
die höchste massebezogene Energiedichte: 1 kg Wasserstoff
enthält ebenso viel Energie wie 2,1 kg Erdgas oder 2,8 kg
Benzin.
Im hier
zu skizzierenden Sachzusammenhang ist anzumerken, dass, wenn
Wasserstoff zum Beispiel als Brennstoff für Nutzfahrzeuge (Pkw,
Lkw etc.) eingesetzt werden soll, dafür Brennstoffzellen
erforderlich sind, die den Energieträger Wasserstoff verbrennen
können. Brennstoffzellen wiederum können zumindest zurzeit noch
nicht klimaneutral hergestellt werden. Dennoch haben sie den
Vorteil, bei ihrem Einsatz als einziges „Abgas“ reines Wasser zu
erzeugen. Das Verbrennen von Wasserstoff ist dennoch nicht
emissionsfrei, auch wenn reines Wasser andere Assoziationen
erzeugt.
Warum?
Je näher
„reines Wasser als Emission verbrannten Wasserstoffs“ an die Grenze der
Erdatmosphäre gelangt, umso größer die damit verbundenen
Gefahren für die Umwelt. Das hat zur Folge, dass das Verbrennen
von Wasserstoff durch Flugzeuge weitaus schädlichere Folgen
hätte, als das bei der Nutzung im Straßenverkehr der Fall ist.
Anders ausgedrückt:
Wasserdampf, der in die Stratosphäre gelangt, hat dort eine
Überlebensdauer von bis zu 1000 Jahren. Erdnah verbrannter
Wasserstoff verflüchtigt sich innerhalb einer Woche.
Das hört
sich zuerst - was den normalen Straßenverkehr anbelangt - recht gut an.
Dennoch:
Wie die
Umwelt auf Dauer auf den massenhaft an die Umwelt abgegebenen
Rest von mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeugen reagieren wird, das kann heute noch nicht
realistisch eingeschätzt werden. Schätzungen, die auf Studien
beruhen, die in Österreich gemacht wurden, gehen davon aus, dass
beim erdnahen Freisetzen von Wasserdampf, allein in Österreich
dabei etwa 0,5 kg Wasserdampfemissionen pro Quadratmeter pro
Jahr anfallen werden, wenn dort in Zukunft so viele mit
Wasserstoff betriebene Autos
fahren, wie Pkw mit Verbrennungsmotoren heute. Das würde dann in
etwa die Hälfte der gesamten Niederschlagsmenge pro Quadratmeter
in Österreich ausmachen
[En06].
Auch
ohne meteorologische Kenntnisse gehe ich als Laie davon aus,
dass solch eine gravierende Veränderung der Niederschlagsmenge
in Österreich weitreichende Veränderungen nach sich ziehen wird,
die eher negativ als positiv zu bezeichnen sind. Vergleichbare
Folgen dürften auch in Deutschland zu erwarten sein, wenn dort
grüner Wasserstoff in einem Umfang verbrannt wird, den sich
heute noch niemand vorstellen kann.
Zurück
zur Herstellung von Wasserstoff.
Wasserstoff
wird derzeit fast ausschließlich mittels Dampfreformation aus
Erdgas hergestellt, also durch das Verbrennen fossiler
Brennstoffe. Herstellungsverfahren unter Verwendung
regenerativen Rohstoffen (Wind- oder Sonnenenergie) sind aber
schon im Einsatz.
10
Herstellung im Ausland
TOP
"Für die
Herstellung von grünem Wasserstoff eignen sich nur solche
Länder, mit hoher Sonnenscheindauer. Welche Länder dafür in
Betracht kommen, das kann dem ersten globalen
PtX-Atlas,
den das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und
Energiesystemtechnik (IEE) im Sommer 2021 vorgelegt hat,
entnommen werden".
[En07]
Es lohnt
sich, einen Blick auf diesen
PtX-Atlas
zu werfen, um sozusagen auf einen Blick erkennen zu können, wo
grüner Wasserstoff hergestellt werden kann, um dann auch dort –
mal mehr und mal weniger kostengünstig – in
PtX-Folgeprodukte
umgewandelt zu werden, was den Transport über weite Strecken
nicht nur vereinfachen, sondern auch wirtschaftlicher, weil
kostengünstiger macht.
Europäische
Länder sind als mögliche Wasserstoffproduzenten dort nicht
ausgewiesen, wohl aber alle Küstenländer des afrikanischen
Kontinents die an das Mittelmeer, an das Rote Meer, an Somalia
und an den Atlantischen Ozean bis hinunter nach Süd Afrika
reichen. Geeignete Produktionsstätte für grünen Wasserstoff gibt
es auch in Australien, in Südamerika und natürlich auch in den
USA. Bedauerlicherweise sind all diese Produktionsstätten zu
weit von Deutschland entfernt, um den dort gewonnenen grünen
Wasserstoff per Pipeline nach Deutschland exportieren zu können.
11 Transport von Wasserstoff
TOP
Festzustellen ist, dass es beim Export von Wasserstoff nach
Deutschland unvermeidbar sein wird, dafür lange Transportwege in
Kauf nehmen zu müssen, denn unbestritten ist, dass Wasserstoff
über weite Strecken nicht wie Gas in einer Pipeline
transportiert werden kann. Sogar die Entfernung von Katar bis
Deutschland wäre dafür einfach zu groß, denn die Strecke von
Katar nach Deutschland beträgt immerhin gut 5.800 km, was im
Vergleich zu den anderen Exportländern wie Südafrika (Kapstadt
ca. 13.000 km) oder Australien (Melbourne ca. 16.000 km)
irgendwie doch noch per Pipeline möglich erscheint. Aber
entscheiden Sie selbst.
Die beiden zerstörten Gaspipelines in
der Ostsee, Nord Stream 1 hatte eine Länge von 1.222 Kilometer
und Nord Stream 2, eine Länge von 1.230 Kilometern. Diese
Fernleitungen benötigten eine Bauzeit von vielen Jahren. Der
Beginn dieses Vorhabens lässt sich auf das Jahr 1969 datieren,
als das so genannte Gas-Röhren-Abkommen abgeschlossen wurde.
Beide
Rohrleitungen wurden im September 2022 zerstört.
Für mehrere
tausend Kilometer lange Transportwege kommt somit nur der
Schiffstransport in Betracht, für den schnellstmöglich eine
Lösung gefunden werden muss, damit diese Tanker auch „grün“
fahren können, denn allein der Schiffsverkehr ist für gut 2,6
Prozent der globalen CO2-Emissionen
verantwortlich.
12 Grüner Wasserstoff in Deutschland
TOP
Auf der
Website des Bundesministeriums für Bildung und Forschung heißt
es sinngemäß: Grüner Wasserstoff ist zentral für das Erreichen
der Pariser Klimaschutz-Ziele: Mit seiner Hilfe ist es möglich,
Deutschlands größte Treibhausgas-Verursacher klimafreundlich
umzugestalten und gleichzeitig den Technologiestandort
Deutschland zu stärken. Wichtigster Anwendungsbereich ist die
Industrie: Grüner Wasserstoff kann als alternativer Brennstoff
Öfen anfeuern oder zusammen mit CO2
zum Beispiel als Baustein von Polymeren dabei helfen, die
fossile Rohstoffbasis der Chemieindustrie zu ersetzen.
An anderer Stelle heißt es:
„Nur grüner
Wasserstoff ist wirklich klimafreundlich. Denn nur grüner
Wasserstoff ist ohne fossile Rohstoffe produzierbar. Erdgas, das
für
Grauen,
Blauen oder Türkisen Wasserstoff eingesetzt wird, muss gefördert
werden. Dabei entstehen erhebliche Emissionen, da dabei kleine
Mengen an Methan (CH4)
entweichen, das etwa 25-mal klimaschädlicher als CO2
ist. Zusätzlich fallen bei der Wasserstoffproduktion, der nicht
„Grün“ ist, CO2-Emissionen
an. Bei herkömmlichem (Grauem) Wasserstoff fallen während der
Spaltung von Erdgas pro Tonne Wasserstoff rund zehn Tonnen CO2
als Abfallprodukt an. Bei Blauem Wasserstoff wird dieses CO2
zwar eingefangen und meist unterirdisch gespeichert – allerdings
birgt die Speicherung Risiken, hohe Kosten und wird in
Deutschland von der Gesellschaft nicht akzeptiert“.
[En08]
Ich
denke, dass die bisherigen Ausführungen in ihrer Gesamtschau
ausreichen, um einschätzen zu können, ob es sich bei diesen
ambitionierten Zukunftsvisionen um menschliche
Selbstüberschätzungen oder um realisierbare Pläne handelt, die
in diesem Jahrhundert noch umgesetzt werden können, was sowieso
nur realisierbar ist, wenn tatsächlich nur grüner Wasserstoff
importiert wird, der unter Beachtung ressourcenschonender
Herstellung dieses „Gütesiegel“ auch tatsächlich verdient.
Auch
dazu gleich mehr.
Noch ein
letztes Wort zu den Kosten und zu der Frage, woher der grüne
Wasserstoff kommt. Diesbezüglich heißt auf der Website des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung, dass die genauen
Kosten derzeit noch nicht absehbar sind. Sicher ist allerdings,
dass grüner Wasserstoff umso günstiger wird, je günstiger sich
erneuerbarer Strom produzieren lässt und je weiter die
Entwicklung der Wasser-Elektrolyse fortschreitet.
An
anderer Stelle heißt es:
"Deutschland
kann den Bedarf an grünem
Wasserstoff nicht alleine decken. Wind und Sonne liefern
hierzulande nicht genügend Energie. Die Bundesregierung setzt in
der
Nationalen
Wasserstoffstrategie daher auf Kooperationen – unter anderem mit
Afrika. Übrigens: Noch ist unklar, wie hoch Deutschlands Bedarf
an grünem
Wasserstoff 2050 genau sein wird. Fest steht allerdings:
Deutschland wird auf Exporte aus dem Ausland angewiesen sein.
Denn der Energiebedarf der Bundesrepublik ist höher als die
Energiemenge, die Deutschland selbst produzieren kann. So geht
das Max-Planck-Institut für
Chemische
Energiekonversion zumindest derzeit davon aus, dass Deutschland
bis 2050 rund 45 Millionen Tonnen Wasserstoff wird importieren
müssen. Das entspricht einer Energiemenge von 1500
Terawattstunden"
[En09].
Auch im
Koalitionsvertrag der Ampelregierung steht, ab 2050 in
Deutschland nur Energien einsetzen zu wollen, die klimaneutral
erzeugt werden. Zumindest für mich stellt sich die Frage, ob
solche Phantasien wirklich ernst genommen werden können, zumal
es bereits in einer Meldung auf
Tagesschau.de
vom 17.01.2022 hieß, dass der Leverkusener Chemiekonzern
Covestro
große Pläne hat, um in Zukunft CO2-Emission
zu vermeiden. Er will in gewaltigem Ausmaß grünen Wasserstoff
einsetzen, der in Australien von dem dort ansässigen Hersteller
Fortescue
Future Industries (FFI)
produziert werden soll. Die Lieferungen von
FFI
könnten sich auf bis zu 100.000 Tonnen grünem
Wasserstoff und Wasserstoffverbindungen pro Jahr belaufen. Erste
Lieferungen soll es bereits im Jahr 2024 geben.
Nur zum
Vergleich:
Die
deutsche Chemieindustrie benötigt nach Angaben des
Branchenverbandes VCI jährlich gut eine Million Tonnen
Wasserstoff
[En10].
Wie viel
Wasserstoff die gesamte Industrie allein in Deutschland
benötigen wird, darüber gibt es nicht einmal Schätzungen. Am
einfachsten wird es sein, die heute transportierte Menge Rohöl
durch die Sprachfigur grüner Wasserstoff zu ersetzen. Und wenn
Sie sich jetzt daran erinnern, wie viele Spezialschiffe benötigt
werden, um solch eine gigantische Menge grünen Wasserstoffs
transportieren zu können, spätestens dann ist es naheliegend,
solche Vorstellungen, die in wenigen Jahren realisiert sein
sollen, zumindest zu hinterfragen.
13 Produktionsbedingte Umweltgefahren
TOP
Grüner
Wasserstoff wird meist mittels Wasserelektrolyse hergestellt,
bei der Wasser unter Einsatz von Elektrizität in Wasserstoff und
Sauerstoff gespalten wird. Die Elektrizität stammt - im
Idealfall - dabei aus
erneuerbaren Energien, wie Solarenergie oder Windkraft. Weniger
bekannt ist, dass es sich bei der Herstellung von Wasserstoff um
einen gefährlichen Eingriff in den Wasserhaushalt handelt. Dies
gilt insbesondere für wasserarme Regionen wie Südeuropa,
Nordafrika oder für die arabische Halbinsel. Natürlich lässt
sich Wasserstoff auch aus Meerwasser und sogar auch aus der Luft
gewinnen, was aber, um auf die Gewinnung aus Meereswasser
zurückzukommen,
dazu führt, dass etwa die Hälfte des benutzten Wassers als
Salzlake dem Meer wieder zugeführt werden muss.
Während
für die Herstellung eines Kilogramms grüner Wasserstoff 9 Liter
Süßwasser benötigt werden, sind bei der Verwendung von
Meereswasser 22 Liter erforderlich, von denen 11 Liter als Lake
wieder ins Meer zurückgeführt werden. Welche verheerenden Folgen
die Entsalzung von Meereswasser für die Umwelt haben kann, dafür
gibt es bereits heute eine Vielzahl von Beispielen, die Anlass
zur Besorgnis geben. Denn nicht einmal für die Gewinnung von
Trinkwasser kann die Entsalzung von Meereswasser als
umweltschonend angesehen werden, woraus geschlossen werden kann,
dass Meerwasserentsalzung für die Gewinnung von grünem
Wasserstoff erst recht auf der Roten Liste stehen sollte/müsste.
Warum?
Zum einen
hat die Entsalzung nicht nur Vorteile, sondern auch erhebliche
Schattenseiten, denn Entsalzungsanlagen erzeugen heute schon
täglich weltweit etwa 142 Millionen Kubikmeter konzentrierter
Salzlauge, die entweder dem Meer wieder zugeführt, in Flüssen
oder Seen entsorgt, oder anderweitig der Natur überlassen wird.
Zurzeit gibt es etwa 16.000 Entsalzungsanlagen in 177 Ländern.
Ihre Zahl hat sich seit den 1980er Jahren fast verzehnfacht.
Zusammen produzieren diese Anlagen jeden Tag gut 95 Millionen
Kubikmeter „frisches“ Trinkwasser
[En11].
Hinzuzufügen wäre, dass dabei ebenfalls 95 Millionen Kubikmeter
Salzlake täglich anfallen. Aber nicht nur die starke Salzlake,
auch die in der Lake enthaltenen Chemikalien, wie Magnesium,
Natrium, Calcium, Kalium, Brom, Kupfer, Chlor und Lithium
schaden der Natur. Festzustellen ist, dass durch die Sole in den
Gewässern der Sauerstoff und der Anteil an gelöstem Sauerstoff
vermindert werden
[En12].
Aber nicht
nur die Umweltunverträglichkeit, auch der für die Entsalzung
benötigte Energieaufwand ist in Anlehnung an Frank
Rogalle,
dem Innovationsdirektor bei
Aqualia
in Madrid, Spanien, das Wasserdienstleistungen für 20 Millionen
Menschen bereitstellt, von ausschlaggebender Bedeutung.
„Um
Wasser zu entsalzen, braucht man das Zehnfache an Energie als
bei jeder anderen Wasserquelle.“ Der CO2-Fußabdruck
der Wasserentsalzung ist beträchtlich: Entsalzungsanlagen von
industriellem Ausmaß wie die riesige Anlage in Ras
al-Khair
in Saudi-Arabien
benötigen
in der Regel dafür ein eigenes Kraftwerk.“
Aus
diesem Grunde rät der Fachmann:
„Zuerst
sollten wir den Wasserverbrauch minimieren und Wasser dann
wiederverwenden, wenn es möglich ist. Die Entsalzung ist nur für
den dringendsten Bedarf gedacht. Ohne diese anderen Maßnahmen
ist sie einfach nicht nachhaltig.“
[En13]
Das gilt
erst recht, wenn zur Gewinnung grünen Wasserstoffs Meereswasser
in einem Umfang entsalzt werden muss, dessen Ausmaß die
Entsalzung von Meerwasser zur Trinkwassergewinnung
wahrscheinlich als bedeutungslos erscheinen lassen wird.
Warum
wird das so sein?
Entsalzungsanlagen produzieren schon heute mehr giftige Sole als
erwartet. Mit dem jährlich anfallenden Abwasser könnte man
Österreich und die Niederlande etwa 30 Zentimeter hoch mit
Salzlake bedecken
[En14].
Wenn erst
einmal der weltweite Energiebedarf durch grünen Wasserstoff, der
wohl überwiegend aus Meerwasser gewonnen werden wird, weil die
Menschheit sonst verdursten würde, zur Verfügung steht, dann
kann davon ausgegangen werden, dass ganz Europa mit der dabei
anfallenden Salzlake mindestens 30 Zentimeter unter Wasser
gesetzt werden könnte.
Sollte diese Menge Salzlake wieder dem
Meer zugeführt werden, dann lassen sich die damit verbundenen
Umweltauswirkungen auf das Leben in den Ozeanen nur erahnen. In
Verbindung mit dem sich bereits dort befindlichen Plastikmüll
dürfte es dann wohl keinem Meerestier mehr möglich sein, sich
dort heimisch zu fühlen.
14
Wasserstoff und Klimaschutz
TOP
Der
„Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU)“,
der seit 1972 die Bundesregierung berät und somit als eine der
ältesten Institutionen wissenschaftlicher Beratung für die
deutsche Umweltpolitik anzusehen ist, hat sich in einer
Stellungnahme zum „Wasserstoff im Klimaschutz“ wie folgt
positioniert:
„Das
globale Angebot für grünen Wasserstoff hängt davon ab, wie
schnell der weltweite Ausstieg aus fossiler Energieerzeugung und
der Ausbau erneuerbarer Energien in den Exportländern
vorangehen. Aus heutiger Sicht werden Importe erst im Laufe der
2030er Jahre
eine signifikante Rolle spielen. [...]. Aktuelle Untersuchungen
deuten darauf hin, dass grüner Wasserstoff vor allem aus dem
europäischen Ausland und den Anrainerregionen wirtschaftlich per
Pipeline importiert werden kann.“
Anders ausgedrückt:
Grüner
Wasserstoff sollte aus Spanien, Italien und anderen europäischen
Regionen importiert werden, in denen die Sonne scheint. Als
Grund dafür gibt der
SRU
an, dass transkontinentale Importe von Wasserstoff auch
langfristig nur bedingt wettbewerbsfähig sind, soweit es sich
bei den Importen nicht um
PtX-Folgeprodukte
wie Ammoniak, synthetische Kraftstoffe oder
E-Fuels
handelt,
also um Folgeprodukte, die auch von weiter entfernt liegenden
Standorten importiert werden können.
Aber
so der Sachverständigenrat:
„Alleine
der Einsatz erneuerbarer Energien ist nicht hinreichend, um eine
umweltfreundliche und nachhaltige Wasserstoffherstellung und
-nutzung sicherzustellen. Weitere notwendige Bedingungen sind,
dass Suffizienz- und Effizienzmaßnahmen den Wasserstoffbedarf
insgesamt begrenzen und die Wasserstoffherstellung umfassende
Nachhaltigkeitsanforderungen erfüllt.“
Daher
die Mahnung des Sachverständigenrates:
„Wird
nicht frühzeitig auf ambitionierte Nachhaltigkeitskriterien
innerhalb eines transparenten und überprüfbaren
Zertifizierungssystems geachtet, droht eine Externalisierung des
ökologischen Fußabdrucks Deutschlands in Form von Flächen-,
Rohstoff- und Wasserverbrauch. Gerade der Wasserverbrauch könnte
im Ausland gravierendere soziale Auswirkungen haben als im
Inland, beispielsweise wenn die exportierenden Länder in
trockenen Regionen liegen."
[En15]
Hinsichtlich der Kostenfrage habe ich der Stellungnahme
entnehmen können, dass grüner Wasserstoff stets erheblich teurer
sein wird als grüner Strom und
PtX-Folgeprodukte
wiederum teurer sein werden als Wasserstoff.
Dennoch wird in
einigen Industriezweigen, etwa der Stahl- und der chemieschen
Industrie, aber auch in der Zementherstellung sowie im
internationalen Schiffs- und Flugverkehr auf
PtX-Folgeprodukte
wohl nicht verzichtet werden können.
Unahbängig davon:
Ehrlich gesagt kann ich mir
nur schwer vorstellen, dass sich die Manager von Zementwerken
sich irgendwann doch dazu entschließen werden, auf das
Verbrennen von Plastik zu verzichten, das zwar eigentlich
recycelt werden sollte, was aber nicht geschieht, weil die
Betreiber von Zementwerken Plastik gern verbrennen. Grund dafür
ist, dass sie dafür vom Staat noch einen angemessenen Geldbetrag
erhalten.
Anders ausgedrückt:
Eine
billige Verfahrensweise durch eine kostenpflichtige zu ersetzen,
das ist nicht jedermanns Sache. Das gilt auch für die Betreiber
von Zementwerken.
Zurück zu den
PtX-Folgeprodukten.
Beim Schwerlastverkehr werden
PtX-Folgeprodukte
als Energieträger dann erforderlich werden, wenn sich der
Schwerverkehr nicht elektrifizieren lässt. Zwischenzeitlich
wissen wir, dass dieses Problem wohl nicht mit Oberleitungen
gelöst werden kann, die auf Bundesautobahnen den Schwerverkehr
mit elektrischem Strom versorgen, das erfuhr die bundesdeutsche
Öffentlichkeit am 7. August 2023 in den Nachrichten der
Tagesschau.
Tagesschau.de:
„Sie [die Oberleitungen], sollten den Lastverkehr auf
Deutschlands Straßen umweltfreundlich und klimaneutral machen:
Lkw mit Oberleitungen. In drei Bundesländern gibt es
Teststrecken. Doch eine Zwischenbilanz fällt eher nüchtern aus“.
[En16]
Die
Wahrheit lässt sich auch anders formulieren, etwa so:
Durch
dieses aberwitzige Klimarettungsprojekt wurden insgesamt 190
Millionen Euro an Steuergeldern verbrannt. Vernichtender kann
die Niederlage eines Klimarettungsprojekts gar nicht ausfallen.
Trotzdem: Wer schon im Vorfeld an der Nachhaltigkeit solcher
Projekte zweifelt, und der Zweifler gab es viele, der steht
nicht nur dem Fortschritt im Weg, der kann sogar, zumindest aus
Sicht der Klimaideologen, nicht einmal richtig denken.
15 Komplexität von Wasserstoff und Umwelt
TOP
Bei dem
folgenden Versuch, komplexe Zusammenhänge aufzuzeigen, kann es
sich nur um ein vorsichtiges Herantasten an die Folgen handeln,
die eintreten werden, wenn wirklich weltweit grüner Wasserstoff
an die Stelle fossiler Energieträger treten würde. Deshalb
möchte ich dieses Kapitel mit einem Satz von Ortega y Gasset
beginnen:
„Wir
wissen nicht, was geschieht, und das ist es, was geschieht.“
Dieser
Satz ist wahr, denn sogar die Gegenwart kann von jedem von uns
nur an ihrer Oberfläche wahrgenommen werden. Außerdem wird das
Erkennen der Wirklichkeit nicht nur durch die Schnelllebigkeit
der heutigen Zeit und deren Veränderungen, sondern auch durch
die Komplexität der Globalisierung sozusagen aus dem
Gleichgewicht gebracht.
Anders ausgedrückt:
Wir sind verwirrt, eigentlich ratlos, aber dennoch darum bemüht,
durch unkalkulierbaren Aktivismus das in Ordnung zu bringen, was
uns bedroht. Diesen Zustand einer verloren gegangenen Ordnung wieder herzustellen, das
wird nicht einfach sein. Was bedeutet das bei der Herstellung
von grünem Wasserstoff?
Grüner
Wasserstoff setzt zur Herstellung desselben eine Unmenge von Energie voraus,
die damit der Wasserstoff überhaupt "grün" sein kann, natürlich
ebenfalls „grün“ erzeugt worden sein muss. Ich denke, dass
es ausreicht, die klimaneutrale Illusion dieses Vorhabens am
Beispiel der Sonnenenergie kurz aufzuzeigen:
Dort, wo
grüner Wasserstoff produziert werden soll, handelt es sich um
Länder mit hoher Sonnenscheindauer. Wie Sie bereits wissen, wird
es erforderlich sein, für Produktionsstätten, die grünen
Wasserstoff herstellen sollen, eigene Kraftwerke zu errichten,
die im ausreichenden Maße elektrische Energie aus dem
Sonnenlicht erzeugen können, die für die riesige Menge
benötigten grünen Wasserstoffs nun einmal benötigt wird. Dafür sind Solarparks von unvorstellbar
großem Umfang erforderlich.
Platz
1:
Solarpark
Bhadla
in Indien 57
Quadratkilometern groß mit einer Leistung von 2.245 Megawatt.
Platz
2: Huanghe
Hydropower Hainan Solar-Park in China Der
Solarpark besteht insgesamt aus 672 Photovoltaikanlagen. Insgesamt verfügt die Anlage über mehr als 7 Millionen
Photovoltaik-Module.
Platz
3:
Pavagada-Solar-Park
in Indien Die Anlage
umfasst eine Fläche von 53 Quadratkilometern
[En17].
Bei der
Suche nach geeigneten Bildern im Internet habe ich kein Bild
finden können, dass eine dieser Anlagen in Gänze abgebildet
hätte. Dennoch: Schon die Teilausschnitte machten deutlich, dass
Menschen keine Grenzen akzeptieren wollen.
Übrigens: Dass von
Anlagen in dieser Größenordnung wirklich sehr viele
benötigt werden, um auf fossile Energien verzichten zu können,
das halte ich eher für eine Unter- als eine Übertreibung.
Natürlich werden zur Herstellung der Solarmodule auch die dafür
erforderlichen Rohstoffe benötigt und, da solche Anlagen eine
Lebensdauer von maximal 30 Jahre haben, sollte auch im Hinblick
auf die absehbare Entsorgung und Erneuerung solcher Anlagen
zumindest ein Plan vorgehalten werden, der den Anforderungen von
Nachhaltigkeit zu entsprechen vermag, soweit dieses Wort in der
politischen Diskussion von heute überhaupt ernst zu nehmen ist.
Dass die dafür erforderliche Produktions- und Infrastruktur
zuerst einmal zu schaffen sein wird, das sei nur am Rande
angemerkt.
Natürlich muss der gewonnene grüne Wasserstoff auch
transportiert werden. Wie groß die dafür erforderliche Flotte
von „Tankerschiffen“ sein muss, darüber möchte ich lieber nicht
spekulieren. Gleiches gilt natürlich auch für die Infrastruktur
in den Importländern, die natürlich auch dort gigantische
Investitionen voraussetzen, um mit dem grünen Wasserstoff das
tun zu können, wovon die Träumer von heute träumen.
Zurück in die „Wasserstoff für Deutschland“ herstellenden
Exportländer.
In einem
Land wie Südafrika zum Beispiel, in dem die Bevölkerung ihren
Energiebedarf zu 90 Prozent aus Energien abdeckt, die aus
fossilen Rohstoffen erzeugt werden, wirkt es zumindest auf mich
befremdlich, wenn gerade solche Länder es sein sollen, die
klimaneutralen grünen Wasserstoff nach Deutschland exportieren
sollen, anstatt den "klimaneutral" erzeugten Strom für die
Versorgung der eigenen Bevölkerung zu nutzen, um dadurch
zugleich auch im eigenen Land einen Beitrag zum
Klimaschutz leisten zu können.
Eine
Antwort darauf, warum das so nicht sein wird, lässt sich mit
einem Satz zum Ausdruck bringen. Folge der Spur des Geldes und
du weißt, wie auch der neue, bezahlte Kolonialismus
funktionieren wird.
16 Wundermittel Wasserstoff?
TOP
Bisher
hat es noch keine Erfindung gegeben, die die Bezeichnung
Wundermittel tatsächlich verdient, denn Wundermittel dürfen per
Definition keine negativen Begleiterscheinungen aufzeigen, denn
wenn sie das tun, dann können sie keine Wundermittel sein, es
sei denn, dass gerade diese Unvorhersehbarkeit jedem
Wundermittel als eine immanente Wahrheit zugesprochen wird und
es somit – sozusagen wirklich - ein Wunder wäre,
wenn Nebenwirkungen ausblieben.
Dieser
Mut zur Wahrheit fehlt jedoch im Zusammenhang mit der
Sprachfigur des „Grünen Wasserstoffs“. Allein das Wort „grün“
macht das dazugehörige Substantiv „Wasserstoff“ so sympathisch,
dass sich dadurch kritisches Denken sozusagen verbietet, denn
grüner Wasserstoff ist alternativlos. Punkt.
Unterstellte Wunder vermag grüner Wasserstoff aber nur dann zu leisten, wenn die
dafür erforderliche Infrastruktur vorhanden ist.
Dazu
heißt es auf der Website des BMBF vom 26. Juli 2023 wie folgt:
BMBF 2023:
"Grundvoraussetzung für den Hochlauf der Wasserstoff-Wirtschaft
ist, dass Wasserstoff überhaupt in ausreichendem Maße zur
Verfügung steht. Und zwar dort, wo er gebraucht wird.
Ein über 11.000
Kilometer
langes Wasserstoff-Kernnetz soll daher bis 2032 alle großen
Wasserstoff-Einspeiser
mit allen großen Verbrauchern verbinden. Zudem soll das
Wasserstoff-Tankstellennetz umfangreich ausgebaut werden.
Parallel arbeitet das Wasserstoff-Leitprojekt
TransHyde
bereits daran, alle marktrelevanten
Wasserstoff-Transport-Technologien weiterzuentwickeln, zu testen
und zu analysieren, wann, wo und unter welchen Voraussetzungen
welche Transportmethode die beste ist".
[En18]
Die bis
2032 zur Verfügung stehende Zeit wird dafür wohl kaum
ausreichen, denn zurzeit wir ja noch daran geforscht, aus
welchem Material die dafür benötigten Rohre bestehen müssen,
damit der Wasserstoff nicht durch die Rohrwände entweicht.
Es
gibt nicht einmal ein Planfeststellungsverfahren und erst recht
noch keine Ausschreibung für die 11.000 Kilometer umfassende
Investition in das Fernleitungssystem der Zukunft. Also:
Weder Kapital noch Investoren und auch noch keine Genehmigungen
stehen für dieses ehrgeizige Projekt zur Verfügung. Und was
ebenfalls noch in weiter Ferne liegen dürfte, das ist eine
insgesamt funktionierende Wasserstoffwirtschaft.
Anders ausgedrückt:
Zur Realisierung dieses Großprojektes wird es wohl erforderlich
sein, ein Sondervermögen in einer bisher noch nie dagewesenen
Größenordnung sozusagen an der Schuldenbremse des Grundgesetzes
vorbeizuleiten.
Übrigens: Wasserstoff ist auch gefährlich.
Nur zur
Erinnerung:
Explodierender Wasserstoff hat dafür gesorgt, dass der Zeppelin
Hindenburg, das Raumschiff „Challenger“ sowie die Reaktorblöcke
in Fukushima nicht so funktionierten, wie das eigentlich hätte
der Fall sein müssen. Sie wurden durch die Explosion von
Wasserstoff zerstört.
Dennoch:
Wasserstoff ist das Energiewundermittel von morgen. Auch wenn
dieser Stoff eine große Zerstörungskraft hat: Was solls. Dieser
Stoff soll garantieren, dass unsere Art zu leben klimaneutral
werden wird, denn dieser Stoff wird den Verkehr, das Heizen, die
Stromerzeugung, aber auch die Industrie revolutionieren, anders
ausgedrückt: kohlendioxidfrei machen.
Und das,
obwohl Wasserstoff in Deutschland nicht einmal im ausreichenden
Umfang hergestellt werden kann. Aus diesem Grunde scheint es ja
auch ein Ziel der Bundesregierung zu sein, eine ganze Industrie
nach Afrika auszulagern und ein dazugehöriges weltumspannendes
Transportsystem zu finanzieren, damit Wasserstoff im
erforderlichen Umfang überhaupt nach Deutschland gelangen kann.
Wenn die
dafür erforderlichen Billionen von Euro durch die Erhöhung der
Geldmenge in Deutschland geschaffen werden sollen, dann dürfte
die Inflation eine Größenordnung erreichen, die bereits heute in der
Türkei anzutreffen ist. Und wenn dieses Geld von privaten
Geldgebern geliehen werden soll, dann wird der Steuerzahler für
die anfallenden Zinszahlungen zur Kasse gebeten werden, denn es
dürfte wohl kaum zu erwarten sein, dass zum Beispiel Bayer
Leverkusen die Kosten für die Pipelines tragen wird, die gebaut
werden müssen, um dieses Industrieunternehmen mit grünem
Wasserstoff zu versorgen.
Anders ausgedrückt:
Die Zukunft
wird Verteilungskämpfe hervorbringen, an denen die
bundesdeutsche Demokratie möglicherweise zerbrechen wird.
Anzunehmen ist, dass im Gegensatz zur Neujahrsansprache des
ehemaligen Bundeskanzlers Willy Brand (SPD) zum Jahreswechsel
1970/71, der heute amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)
wohl nicht mehr ernst genommen werden würde, wenn er zum
Jahreswechsel 2023/24 den Altbundeskanzler Willy Brandt (1913
bis 1992) zitieren würde, der 1970/71 von „Geborgenheit im
gesicherten Fortschritt“ sprach.
Diesen
Zustand des Wohlbefindens verstand Willy Brand ganz im Sinne
eines Satzes, der aus seiner Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969
stammt, und der sozusagen zu einem geflügelten Wort wurde.
Dieser Satz hatte folgenden Wortlaut: „Wir wollen mehr Demokratie wagen!“
Der Zustrand der Selbstzufriedenheit,
den Willy Brand "Geborgenhzeit im gesicherten Fortschritt"
nannte, dauerte aber nicht lange, denn
bereits kurz nach dem Ausbruch
des arabisch-israelischen
Jom-Kippur-Krieges
am 6. Oktober 1973, der die Welt an den Rand eines Atomkrieges
führte, wurde der "gesicherte Fortschritt" sozusagen abrupt
durch die durch den Krieg ausgelöste Ölkrise sozusagen
zum Stillstand gebracht, einer Rezession, die erst gegen Ende der 1970er Jahre von den
Wachstumskräften der Stabilitätspolitik der 1980er Jahre
wieder in ihr Gegenteil verkehrt werden konnte, denn die 1980er Jahre
können durchaus als eine langanhaltende konjunkturelle
Aufwärtsentwicklung verstanden werden, die Wohlstand für 80 bis
90 Prozent der Gesellschaft schaffte und die heute wohl als die
ökonomisch beste Zeit der alten Bundesrepublik angesehen werden
kann.
Die theoretische Grundlage für die damalige
Stabilitätspolitik lieferte John Maynard Keynes (1883 bis 1946).
Die neue
Bundesrepublik, also die nach der Zeitenwende, die Bundeskanzler
Olaf Scholz im Februar 2022 im Deutschen Bundestag verkündete,
lässt sich heute, fast zwei Jahre später, nur als ein Eingeständnis verstehen, dass es mit den
guten Zeiten der alten Bundesrepublik Deutschland zumindest für
eine nicht absehbare Zeit zuerst einmal vorbei ist. Wie dem auch
immer sei.
Der
Glaube an eine erneute Stabilitätspolitik auf der Grundlage der
ökonomischen Erkenntnisse von John Maynard Keynes, hat auch
heute noch seine Anhänger, obwohl eine noch größere, als die
bereits bestehende
Geldmengenvermehrung Probleme schaffen wird, die dann wohl
letztendlich nicht mehr beherrschbar sind. Aber der Glaube
stirbt ja bekanntermaßen zum Schluss.
Das
Rezept von heute heißt sparen und investieren.
Anders
ausgedrückt: So tun, als ob es ausreichen würde, durch ein wenig
Schönfärberei am Preis von Massengütern (Strom, Gas, Benzin und
Diesel) eine verängstigte Volkswirtschaft sozusagen wieder auf
Trab bringen zu können, daran zu glauben fällt wirklich schwer.
Das Gegenteil hat dieses Vorhaben bereits bei den Landwirten
ausgelöst.
Deren
Reaktion auf die
von der Bundesregierung angekündigte Streichung der Subventionen
für Diesel, hat diesen Berufsstand sozusagen zum Kochen
gebracht. Während die Grünen diese
Entscheidung(noch) verteidigen, hat Finanzminister Lindner bereits die
Bereitschaft verkündet, die Beschlüsse durch andere
Kürzungsmaßnahmen zu ersetzen.
Deutschlandfunk vom 16.12.2023:
"Der Präsident des Deutschen Bauernverbands,
Rukwied,
forderte SPD, Grüne und FDP auf, die Pläne zu den Streichungen
zurückzuziehen. Ansonsten habe die Landwirtschaft keine Zukunft.
Für Montag kündigte der Bauernverband eine Demonstration am
Brandenburger Tor an. Bereits gestern gab es in mehreren
Bundesländern erste Proteste".
[En19]
Lassen Sie
mich zum Schluss kommen: Die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)
im Februar 2022 angekündigte Zeitenwende wird noch so manche
Merkwürdigkeit, insbesondere im Hinblick auf den Zustand der
Demokratie von heute in Deutschland, zu Tage bringen, denn die eigentliche
Zeitenwende steht uns wohl noch bevor.
17 Quellen
TOP
Endnote_01
Gas Proposal Ruled Out Due To Environmental Impacts. Quotes
attributable to Minister for Planning Richard Wynne.
www.premier.vic.gov.au/gas-proposal-ruled-out-due-environmental-impacts.
Übersetzung von mir. Zurück
Endnote_02 Focus.de vom 14. Mai 2022.
Import von Flüssiggas 200.000 Euro Miete pro Tag: Der deutsche
Gas-Plan mit schwimmenden Terminals.
https://www.focus.de/finanzen/news/import-von-fluessiggas-mietkosten-200-000-euro-pro-tag-
der-deutsche-gas-plan-mit-schwimmenden-terminals_id_96733556.html
Zurück
Endnote_03Bild
der Höeg Esperanza
https://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6egh_Esperanza#/media/
Datei:HOEGH_ESPERANZA_3750.jpg Zurück
Endnote_04Klimafreundlich und
krisensicher
https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/
energieversorgung-sicherheit-2040098
ZurückEndnote_05
Bundesministerium für Bildung und Forschung. Wissenswertes zu
grünem Wasserstoff. Nationale Wasserstoffstrategie.
https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/kurzmeldungen/de/
wissenswertes-zu-gruenem-wasserstoff.html
Zurück
Endnote_06
Umweltbundesamt Österreich 2006. Emissionen von
Wasserstofffahrzeugen - Abschätzung der Emissionen von
wasserstoff- und brennstoffzellenbetriebenen Fahrzeugen.
https://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/REP0012.pdf
ZurückEndnote_07
Fraunhofer IEE | Global PtX Atlas.
https://maps.iee.fraunhofer.de/ptx-atlas/
Zurück
Endnote_08
Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Warum brauchen wir
grünen Wasserstoff:
https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/kurzmeldungen/de/
wissenswertes-zu-gruenem-wasserstoff.html
Zurück
Endnote_09
Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Warum brauchen wir
grünen Wasserstoff:
https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/kurzmeldungen/de/
woher-soll-der-gruene-wasserstoff-kommen.html
Zurück
Endnote_10
Tagesschau.de vom 17.01.2022. Grüner Wasserstoff für Covestro.
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/gruener-wasserstoff-australien-covestro-101.html
ZurückEndnote_11
Vgl. Scinexx.de vom 16. Januar 2019. Die Schattenseite der
Entsalzung.
https://www.scinexx.de/news/geowissen/die-schattenseite-der-entsalzung/
ZurückEndnote_12
Vgl. br24.de vom 9.7.2019. Wasserverschmutzung durch
Meerwasserentsalzungsanlagen.
https://www.br.de/nachrichten/wissen/wasserverschmutzung-durch-
salzlauge-meerwasserentsalzungsanlagen,RF8J1Ui
Zurück
Endnote_13
Cordis.europa.eu. Forschungsergebnisse der EU: Warum können wir
unser Trinkwasser nicht aus dem Meer gewinnen?
https://cordis.europa.eu/article/id/435727-why-can-t-we-get-
our-drinking-water-from-the-ocean/de
Zurück
Endnote_14
Nationalgeographic.de vom 21. Januar 2019. Entsalzungsanlagen
produzieren mehr giftige Sole als erwartet.
https://www.nationalgeographic.de/umwelt/2019/01/
entsalzungsanlagen-produzieren-mehr-giftige-sole-als-erwartet
ZurückEndnote_15
Vgl.: SRU. Juni 2021: Wasserstoff im Klimaschutz: Klasse statt
Masse. https://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/04_
Stellungnahmen/2020_2024/2021_06_
stellungnahme_wasserstoff_im_klimaschutz.pdf?__blob=publicationFile&v=4
ZurückEndnote_16
Tagesschau.de vom 7. August. Klimafreundliche Lkw. Zweifelhafte
Versuche mit Oberleitungen.
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/technologie/
lkw-klimaneutral-lastwagen-100.html
Zurück
Endnote_17Vgl.
Photovoltail.one vom 18. Februar 2022. Die größten
Photovoltaikanlagen der Welt.
https://photovoltaik.one/top-3-der-groessten-
photovoltaikanlagen-der-welt Zurück
Endnote_18
https://www.bmbf.de/bmbf/de/forschung/energiewende-und-nachhaltiges-
wirtschaften/nationale-wasserstoffstrategie/nationale-wasserstoffstrategie_node.html
ZurückEndnote_19
Deutschlandfunk vom 16.12.2023: Landwirtschaft: Bauern laufen
Sturm gegen geplante Kürzung der Agrardiesel-Subventionen –
Habeck verteidigt Entscheidung
https://www.deutschlandfunk.de/bauern-laufen-sturm-gegen-geplante-kuerzung-
der-agrardiesel-subventionen-habeck-verteidigt-entscheid-102.html
Zurück
TOP Fehler, Verbesserungsvorschläge und Fragen richten Sie bitte an:
info@rodorf.de
--------------------------------------------------------------
Die Pflege
und der Unterhalt dieser Webseite sind mit Kosten verbunden. Aus
diesem Grunde können die anderen Kurse, die das polizeiliche
Grundlagenwissen betreffen, nicht unentgeltlich zur Verfügung
gestellt werden.
Polizeiliches Grundlagenwissen Printausgaben und E-Books
www.polizeikurse.de
|