§ 34c PolG NRW Elektronische Aufenthaltsüberwachung
(1) Die Polizei kann zur Verhütung von terroristischen Straftaten
nach § 8 Absatz 4 eine Person verpflichten ein technisches Mittel, mit
dem der Aufenthaltsort dieser Person elektronisch überwacht werden kann,
ständig im betriebsbereiten Zustand am Körper zu tragen, die Anlegung
und Wartung des technischen Mittels zu dulden und seine
Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen, wenn
1. bestimmte
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person innerhalb eines
übersehbaren Zeitraums auf eine zumindest ihrer Art nach konkretisierte
Weise eine Straftat nach § 8 Absatz 4 begehen wird oder
2. deren
individuelles Verhalten eine konkrete Wahrscheinlichkeit dafür
begründet, dass sie innerhalb eines übersehbaren Zeitraums eine Straftat
nach § 8 Absatz 4 begehen wird,
um diese Person durch die
Überwachung und die Datenverwendung von der Begehung dieser Straftat
abzuhalten.
(2) Die Befugnis gemäß Absatz 1 steht der Polizei
auch zu, wenn
1. dies zur Abwehr einer Gefahr für die sexuelle
Selbstbestimmung nach §§ 174 bis 178, 182 des Strafgesetzbuchs
unerlässlich ist oder
2. die Person, der gegenüber die Anordnung
nach Absatz 1 getroffen werden soll, nach polizeilichen Erkenntnissen
bereits eine Straftat nach § 238 des Strafgesetzbuchs begangen hat und
bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie weitere
Straftaten nach § 238 des Strafgesetzbuchs begehen wird.
Die
Befugnis gemäß Absatz 1 steht der Polizei ferner zu, wenn Maßnahmen nach
§ 34a getroffen wurden und eine Überwachung der Befolgung dieser
Maßnahmen auf andere Weise nicht möglich oder wesentlich erschwert ist.
(3) Die Polizei verarbeitet mit Hilfe der von der verantwortlichen
Person mitgeführten technischen Mittel automatisiert Daten über deren
Aufenthaltsort sowie über etwaige Beeinträchtigungen der Datenerhebung.
Soweit es technisch möglich ist, ist sicherzustellen, dass innerhalb der
Wohnung der betroffenen Person keine über den Umstand ihrer Anwesenheit
hinausgehenden Aufenthaltsdaten erhoben werden. Werden innerhalb der
Wohnung der betroffenen Person über den Umstand ihrer Anwesenheit
hinausgehende Aufenthaltsdaten erhoben, dürfen diese nicht verwendet
werden. Entsprechendes gilt, soweit durch die Datenerhebung nach Satz 1
der Kernbereich privater Lebensgestaltung betroffen ist. Daten nach Satz
3 und 4 sind unverzüglich nach ihrer Kenntnisnahme zu löschen. Die
Tatsache ihrer Kenntnisnahme und Löschung ist zu dokumentieren. Die
Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle
verwendet werden. Sie ist frühestens nach Abschluss der
Datenschutzkontrolle und spätestens nach vierundzwanzig Monaten zu
löschen. Die Daten dürfen ohne Einwilligung der betroffenen Person nur
verarbeitet werden, soweit dies erforderlich ist für die folgenden
Zwecke:
1. zur Verhütung oder zur Verfolgung von Straftaten von
erheblicher Bedeutung,
2. zur Feststellung von Verstößen gegen
Aufenthaltsvorgaben und Kontaktverbote nach § 34b,
3. zur
Verfolgung einer Straftat gemäß § 34d,
4. zur Abwehr einer
erheblichen gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer
Person oder
5. zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des
technischen Mittels.
Zur Einhaltung der Zweckbestimmung nach Satz
9 hat die Verarbeitung der Daten automatisiert zu erfolgen. Zudem sind
die Daten gegen unbefugte Kenntnisnahme und Verarbeitung besonders zu
sichern.
(4) Die in Absatz 3 Satz 1 genannten Daten sind
spätestens zwei Monate nach Beendigung der Maßnahme zu löschen, soweit
sie nicht für die in Absatz 3 Satz 9 genannten Zwecke verwendet werden.
(5) Jeder Abruf der Daten ist unter Beachtung des § 55 des
Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen zu protokollieren. Die
Protokolldaten sind spätestens nach vierundzwanzig Monaten zu löschen.
(6) Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 werden auf Antrag der
Behördenleitung oder deren Vertretung durch das Amtsgericht angeordnet,
in dessen Bezirk die Polizeibehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren
gelten die Vorschriften des 7. Buches des Gesetzes über das Verfahren in
Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit entsprechend. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung
durch die zuständige Behördenleitung oder deren Vertretung getroffen
werden. In diesem Fall ist die gerichtliche Entscheidung unverzüglich
nachzuholen. Soweit die Anordnung nicht binnen drei Tagen durch das
Gericht bestätigt wird, tritt sie außer Kraft. In dem Antrag sind
anzugeben:
1. die Person, gegen die sich die Maßnahme richtet,
mit Name und Anschrift,
2. Art, Umfang und Dauer der Maßnahme,
3. die Angabe, ob gegenüber der Person, gegen die sich die Maßnahme
richtet, eine Aufenthaltsanordnung oder ein Kontaktverbot besteht,
4. der Sachverhalt und
5. eine Begründung.
(7) Die
Anordnung ergeht schriftlich. In ihr sind anzugeben:
1. die
Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, mit Name und Anschrift,
2. Art, Umfang und Dauer der Maßnahme und
3. die wesentlichen
Gründe.
(8) Die Anordnung ist sofort vollziehbar und auf
höchstens drei Monate zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht
mehr als drei Monate ist möglich, soweit die Anordnungsvoraussetzungen
fortbestehen. Liegen die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vor,
ist die Maßnahme unverzüglich zu beenden.
(9) Die Landesregierung
unterrichtet den Landtag jährlich über die nach den Absätzen 1 und 2
erfolgten Maßnahmen.
(10) Die Landesregierung überprüft die
Wirksamkeit der Vorschrift bis zum 31. Dezember 2022 und berichtet dem
Landtag über das Ergebnis der Evaluierung. § 34c tritt am 31.
Dezember 2023 außer Kraft.
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