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02 Polizei und § 127 Abs. 1 StPO

Umstritten ist, ob die Polizei auch auf der Grundlage eines „Jedermannrechts“ eine Person vorläufig festnehmen darf. Dagegen spricht, dass es im § 127 Abs. 1 StPO (Vorläufige Festnahme) heißt, dass sich die Feststellung der Identität einer Person durch die Staatsanwaltschaft oder die Beamten des Polizeidienstes nach § 163b StPO (Identitätsfeststellung) richtet.

Das würde bedeuten, dass die Polizei auf der Grundlage von § 127 Abs. 1 StPO nicht dazu befugt ist, eine Person vorläufig festzunehmen.

Diese Sichtweise ist abzulehnen.

Die herrschende Meinung geht davon aus, dass auch Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte auf der Grundlage von § 127 Abs. 1 StPO Personen vorläufig festnehmen dürfen, wenn das „Festhalten“ nicht dem Ziel dient, die „Identität der Person“ festzustellen.

Mit anderen Worten: Solange eine tatverdächtige Person von der Polizei festgehalten wird, um deren Identität festzustellen, geschieht dies ausschließlich auf der Grundlage von § 163b StPO (Identitätsfeststellung). Darüber hinausgehende Feststellungen lässt § 163b StPO (Maßnahmen zur Identitätsfeststellung) aber grundsätzlich nicht zu.

Anders ausgedrückt: Um prüfen zu können, ob ein Haftgrund greift, ist vorauszusetzen, dass die Identität der Person bekannt ist, denn ohne diese Kenntnisse können die für oder gegen Fluchtgefahr sprechenden Gründe nicht ermittelt werden. Die dafür erforderliche Festhaltezeit deckt aber § 163b StPO nicht mehr, wohl aber § 127 Abs. 1 StPO.

Wolters Kluver Online: Wenn der Festgehaltene einen Lichtbildausweis bei sich führt, ist das Festhalten zur Identifizierung verfassungswidrig.

BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 1992 - 2 BvR 658/90

Deshalb können Ermittlungen, die zur Prüfung eines Haftgrundes erforderlich sind, nach der hier bevorzugten Rechtsauffassung ein Festhalten dann nicht mehr auf § 163b StPO (Identitätsfeststellung) stützen, sobald sich die Person mit einem gültigen Lichtbildausweis ausgewiesen hat, oder die Identität der Person feststeht.

Ein weiteres Festhalten im Sinne der Prüfung eines Haftgrundes ist aber erforderlich, um einen Haftgrund überhaupt begründen zu können, denn Fragen, die in diesem Sachzusammenhang zu klären sind, setzen voraus, dass die festgehaltene Person namentlich bekannt ist. Ist das der Fall, kann ein weiteres Festhalten aber nicht mehr auf § 163b StPO (Maßnahmen zur Identitätsfeststellung) gestützt werden.

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