09 Anordnung - Gefahr im Verzug
Gemäß § 105 StPO (Anordnung und Ausführung von Durchsuchungen) dürfen
Durchsuchungen auf der Grundlage von § 102 ff. StPO nur durch den
Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre
Ermittlungspersonen angeordnet werden.
Gefahr im Verzug:
Gefahr im Verzug besteht, wenn die richterliche Anordnung nicht
eingeholt werden kann, ohne dass der Zweck der Maßnahme dadurch
gefährdet wird.
BGH 2016:
Gefahr im Verzug ist gegeben, wenn die vorherige Einholung der
richterlichen Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährdet hätte
(...). Ob ein angemessener Zeitraum zur Verfügung steht, innerhalb
dessen eine Entscheidung des zuständigen Richters erwartet werden kann,
oder ob bereits eine zeitliche Verzögerung wegen des Versuchs der
Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung den Erfolg der
Durchsuchung gefährden würde und daher eine nichtrichterliche
Durchsuchungsanordnung ergehen darf, haben die Ermittlungsbehörden
zunächst selbst zu prüfen. Dabei darf Gefahr im Verzug nicht vorschnell
angenommen werden, damit die bei Wohnungsdurchsuchungen auch aus Art. 13
Abs. 2 GG fließende Regelzuständigkeit des Richters nicht unterlaufen
wird. Aus diesem Grund reichen auf reine Spekulationen, hypothetische
Erwägungen oder auf kriminalistische Alltagserfahrungen gestützte,
fallunabhängige Vermutungen nicht aus, Gefahr im Verzug zu begründen
(...). Regelmäßig ist daher auch der Versuch zu unternehmen, eine
richterliche Entscheidung herbeizuführen.
BGH vom 6. Oktober
2016 - BGH 2 StR 46/15
Eilbedürftige Maßnahmen: Wenn Täter
auf frischer Tat betroffen oder verfolgt werden oder aber sich die
Notwendigkeit einer Durchsuchung aus anderen Gründen spontan am
Einsatzort ergibt, ist es nicht möglich, eine richterliche Anordnung
einzuholen.
Richterlicher Bereitschaftsdienst:
Diesbezüglich heißt es in einem Beschluss des BVerfG aus dem Jahr 2019
wie folgt:
BVerfG 2019:
Zu den Anforderungen an einen dem Gebot der praktischen Wirksamkeit des
Richtervorbehalts entsprechenden richterlichen Bereitschaftsdienst
gehört die uneingeschränkte Erreichbarkeit eines Ermittlungsrichters bei
Tage, auch außerhalb der üblichen Dienststunden. Die Tageszeit umfasst
dabei ganzjährig die Zeit zwischen 6 Uhr und 21 Uhr. Während der
Nachtzeit ist ein ermittlungsrichterlicher Bereitschaftsdienst
jedenfalls bei einem Bedarf einzurichten, der über den Ausnahmefall
hinausgeht.
BVerfG, Beschluss v. 12.03.2019 – 2 BvR
675/14
Diese Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts wurden in Nordrhein-Westfalen durch die
„Verordnung über die Zusammenfassung von Geschäften des
Bereitschaftsdienstes bei den Amtsgerichten des Landes
Nordrhein-Westfalen (Bereitschaftsdienst - VO - § 22c GVG)“ umgesetzt.
Gegenstand der Verordnung ist ein landesweit gültiger
Bereitstellungsplan, in dem festgelegt ist, welches Gericht einen
Bereitschaftsdienst vorhält.
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