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05 Gewahrsam

„Anderer“ im Sinne von § 242 StGB (Diebstahl) ist die Person, die dazu in der Lage ist, über eine Sache Herrschaftswillen ausüben zu können. Insoweit braucht dieser „andere“ nicht Eigentümer der Sache zu sein. Es reicht aus, wenn er Gewahrsamsinhaber ist.

Gewahrsamsinhaber kann sein:

  • Der Eigentümer einer Sache, der die tatsächliche Sachherrschaft über einen Gegenstand ausübt, also mit dem Gegenstand tun und machen kann, was ihm beliebt

  • Der Besitzer einer Sache, der nicht Eigentümer zu sein braucht. Gleiches gilt auch für den Besitzdiener

  • Der Mieter (Besitzer) einer Sache, der im Rahmen der Überlassung die von ihm gemietete Sache benutzt

  • Kinder und Minderjährige, soweit sie Sachherrschaft über Gegenstände ausüben. Gleiches gilt auch für entmündigte Personen

  • Sogar der Dieb ist Gewahrsamsinhaber, sobald er Eigengewahrsam begründet hat. Das bedeutet, dass auch an gestohlenen Sachen erneuter Diebstahl möglich ist.

Von Gewahrsam ist in folgenden Fällen auszugehen:

Gewahrsam des:

  • Arbeitgebers an Geld oder Waren gegenüber seinen Arbeitnehmern

  • Landwirtes auf Gerätschaften, die er auf dem Feld zurückgelassen hat

  • Tierhalters (Hunde, Katzen), der seine Tiere frei herumlaufen lässt und weiß, dass diese normalerweise zurückkommen

  • Kassierers am Kassenstand bei alleinigem Zugang zur Kasse

  • Fahrzeughalters an geparkten Fahrzeugen

  • Ladenbesitzers an im Geschäft zum Verkauf angebotenen Waren

  • Ladenbesitzers an Verkaufswaren, die im Freien zum Verkauf angeboten werden

  • Geschäftsmanns an den in einem Warenlager vorgehaltenen Waren

  • Wohnungsinhabers an in seiner Wohnung befindlichen Sachen

  • Studenten, an den in seiner Studentenwohnung befindlichen Sachen etc.

Mitgewahrsam besteht zwischen:

  • Eheleuten

  • Hotelier und seinem Gast

  • Mitgeschäftsführern einer GmbH

  • Fern- und Auslieferungsfahrer zu ihrem jeweiligen Auftraggeber.

Nur untergeordneter Gewahrsam besteht zwischen:

  • Angestellten im Vergleich zum Arbeitgeber

  • Hausangestellten bezüglich der im Haushalt sich befindenden Gegenstände

  • Ladenangestellten gegenüber dem Ladeninhaber.

Gewahrsam setzt nicht voraus, dass der Gewahrsamsinhaber jederzeit unmittelbaren Zugriff auf die Sache hat. So behält der Eigentümer auch im Urlaub oder bei Abwesenheit Gewahrsam über die sich in seiner Wohnung befindlichen Gegenstände.

Gleiches gilt für Pkw, die zum Parken abgestellt sind.

Auch Gegenstände, die ein Ladeninhaber zum Verkauf vor der Tür abgestellt hat, bleiben in dessen Gewahrsam. Gegenstände, die in öffentlichen Verkehrsbetrieben vergessen oder liegengelassen wurden, gehen automatisch in das Gewahrsam der Verkehrsbetriebe über.

Ob Alleingewahrsam oder Mitgewahrsam besteht, richtet sich nach den tatsächlichen Herrschaftsverhältnissen unter Zugrundelegung der Anschauungen des täglichen Lebens.

Gewahrsam ist das von einem Herrschaftswillen getragene, tatsächliche Herrschaftsverhältnis einer Person über eine Sache unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung. Subjektives Element des Gewahrsams ist ein natürlicher Beherrschungswille.

Endet dieser Herrschaftswille, endet auch der Gewahrsam.

Daraus folgt, dass Tote keinen Gewahrsam (mehr) haben. Im Gegensatz dazu können bewusstlose Personen bestohlen werden, weil sie weiterhin Gewahrsamsinhaber sind.

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