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Art 2 GG (Leben)

Das Leben ist ein verfassungsrechtlich geschützter Höchstwert. Polizeibezug hat dieses Grundrecht durchaus, denn im polizeilichen Berufsalltag kann es zu Situationen kommen, in denen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte von der Schusswaffe Gebrauch machen. Welche allgemeinen Vorschriften diesbezüglich das PolG NRW enthält, wird im Folgenden zitiert:

§ 63 PolG NRW (Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch)
(1) Schusswaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges erfolglos angewendet sind oder offensichtlich keinen Erfolg versprechen. Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Schusswaffengebrauch gegen Sachen erreicht werden kann.
(2) Schusswaffen dürfen gegen Personen nur gebraucht werden, um angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Ein Schuss, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tödlich wirken wird, ist nur zulässig, wenn er das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder der gegenwärtigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit ist.
(3) Gegen Personen, die dem äußeren Eindruck nach noch nicht 14 Jahre alt sind, dürfen Schusswaffen nicht gebraucht werden. Das gilt nicht, wenn der Schusswaffengebrauch das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben ist.
(4) Der Schusswaffengebrauch ist unzulässig, wenn für den Polizeivollzugsbeamten erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet werden. Das gilt nicht, wenn der Schusswaffengebrauch das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr ist.

Das Recht auf Leben ist nicht nur ein Abwehrrecht gegen den Staat, sondern ein verfassungsrechtlicher Höchstwert, der umfassende staatliche Schutzpflichten auslöst, die besonders ernst genommen werden müssen. Im Zusammenhang mit Fragen, die die Verschärfung des Waffenrechts betrafen, nahmen die Richter des BVerfG hinsichtlich der Schutzpflicht des Staates, menschliches Leben schützen zu müssen, 2013 wie folgt Stellung:

BVerfG 2013: Die Schutzpflicht gebietet dem Staat, sich schützend und fördernd vor gefährdetes menschliches Leben zu stellen, es insbesondere vor rechtswidrigen Eingriffen Dritter zu bewahren. Eine solche Schutzpflicht besteht auch hinsichtlich der Missbrauchsgefahren, die vom Umgang mit Schusswaffen ausgehen. Bei der Erfüllung dieser Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG kommt dem Gesetzgeber wie der vollziehenden Gewalt jedoch ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu. Die Entscheidung, welche Maßnahmen geboten sind, kann nur begrenzt nachgeprüft werden. Das Bundesverfassungsgericht kann eine Verletzung der Schutzpflicht daher nur dann feststellen, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen hat oder die ergriffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen. Nach diesem Maßstab können die Vorschriften des Waffengesetzes, die den Umgang mit Waffen und Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung regeln (§ 1 Abs. 1 WaffG), von Verfassungswegen nicht beanstandet werden.

Beschluss vom 23. Januar 2013 - 2 BvR 1645/10

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