10 Dringende Gefahr
In Anlehnung an die VVPolG NRW zu § 15c PolG NRW (Datenerhebung durch
den Einsatz körpernah getragener Aufnahmegeräte), ist eine dringende
Gefahr dann zu bejahen, wenn eine Gefahr für ein wichtiges Rechtsgut mit
hinreichender Wahrscheinlichkeit in allernächster Zukunft eintreten
wird.
Diese Definition der „dringenden Gefahr“ im PolG NRW macht
es erforderlich, den § 41 Abs. 3 PolG NRW (Betreten und Durchsuchung von
Wohnungen) unter diesem Aspekt zuerst einmal sorgfältig zu lesen.
§ 41 Abs. 3 PolG NRW (Betreten
und Durchsuchung von Wohnungen)
(3) Wohnungen können
jedoch zur Abwehr dringender Gefahren jederzeit betreten werden, wenn
1. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass
a) dort Personen Straftaten von erheblicher
Bedeutung verabreden, vorbereiten oder verüben,
b) sich dort Personen treffen, die gegen
aufenthaltsrechtliche Strafvorschriften verstoßen,
c) sich dort gesuchte Straftäter verbergen.
Zum Wohnungsbegriff: Als Wohnung sind alle Räume
einzustufen, die der allgemeinen Zugänglichkeit durch eine räumliche
Abschottung entzogen und zur Stätte privaten Lebens und Wirkens gemacht
sind, also auch zur Wohnung gehörende Nebenräume, Gastzimmer,
Krankenzimmer, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume; nicht hierunter
fallen der Öffentlichkeit zugängliche Räume, wie Verkaufsräume oder
Sportstadien soweit und solange sie öffentlich zugänglich sind, siehe
VVPolG NRW zu § 15c: 15c.21.
Aber:
VVPolG NRW zu § 41
41.3
Unter den Voraussetzungen des § 41 Abs. 3
können Wohnungen auch zur Verhütung von Straftaten betreten werden, ohne
dass bereits eine konkrete Gefahr vorzuliegen braucht. Die Hinweise in
den RdNrn. 12.13 und 12.14 sind zu beachten.
Dort
heißt es:
12.13
In § 12 Abs. 1 Nr. 2a) ist der Kreis der
Anlassstraftaten auf solche von „erheblicher Bedeutung“ i.S.d. § 8 Abs.
3 begrenzt, so dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz jetzt unmittelbar
zum Ausdruck kommt.
12.14
§ 12 Abs. 1 Nr. 2c) setzt voraus, dass
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich an dem Ort Personen
verbergen, die wegen einer Straftat verurteilt wurden und aus diesem
Grunde zur Strafvollstreckung gesucht werden.
Nur
zur Erinnerung:
Die VVPolG NRW zu § 15c PolG NRW
(Datenerhebung durch den Einsatz körpernah getragener Aufnahmegeräte)
definiert die dringende Gefahr wie folgt.
15c.22
Eine dringende Gefahr ist dann zu bejahen,
wenn eine Gefahr für ein wichtiges Rechtsgut, mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit in allernächster Zukunft eintreten wird.
Wenn solch eine Gefahr nicht einmal konkret sein muss, dann muss es sich
zumindest um eine Anscheinsgefahr handeln, die einen Schaden befürchten
lässt, der polizeibekannt geworden ist und darüber hinausgehend aus
nachvollziehbaren Gründen polizeiliches Einschreiten sofort einfordert.
Beispiel: Die Polizei
erhält aus verlässlicher Quelle Kenntnis davon, dass in der Wohnung von
Alpha und Beta ein Terroranschlag vorbereitet wird und zurzeit die
letzten Arbeiten an den Sprengsätzen abgeschlossen werden. Rechtslage?
Wie in solch einer Situation angemessenes polizeiliches Einschreiten
aussehen könnte, setzt Kenntnisse voraus, über die nur die
Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten verfügen, die im Bereich des
Staatsschutzes tätig sind. Insoweit dürfte ein Betreten der Wohnung von
Alpha und Beta nur dann in Betracht kommen, wenn sich aus den
Informationen des Hinweisgebers sich wirklich eine nachvollziehbare
Anscheinsgefahr durch hinzugezogene Fachleute begründen lässt. Im
Übrigen wäre ein polizeiliches Eingreifen in solch einem Fall ebenfalls
den für solche Einsätze geschulten Polizeibeamten eines
Spezialeinsatzkommandos (SEK) vorbehalten.
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