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Befragung: Grundsatz der Spezialität

Befragungen auf der Grundlage von § 9 PolG NRW (Befragung, Auskunftspflicht, allgemeine Regeln der Datenerhebung) setzen voraus, dass andere Befugnisse des PolG NRW das nicht zulassen.

Mit anderen Worten:

Fragen, die einer Personen gestellt werden, um zum Beispiel deren Identität festzustellen, lässt § 12 PolG NRW (Identitätsfeststellung) zu. Gleiches gilt für Fragen, die zum Beispiel einer Person gestellt werden, um Angehörige davon in Kenntnis setzen zu können, das die befragte Person in Polizeigewahrsam genommen wurde, siehe § 37 PolG NRW (Behandlung festgehaltener Personen).

Eine Befragung auf der Grundlage von § 9 PolG NRW (Befragung, Auskunftspflicht, allgemeine Regeln der Datenerhebung) kommt somit nur dann in Betracht, wenn spezielle Befugnisse des PolG NRW nicht greifen.

Anhörungen und Vernehmungen dienen nicht nur anderen Zwecken als der Abwehr von Gefahren, sie sind zudem spezialgesetzlich geregelt:

  •  § 55 OWiG (Anhörung des Betroffenen)

  •  § 163a Abs. 4 StPO (Vernehmung) 

Informative Befragungen: Solche Befragungen dienen dem Zweck der Erforschung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, siehe Stichwort "Informative Befragung", die im Rahmen sachlicher Zuständigkeit zulässig sind.

BGH 1992: Der Polizeibeamte, der am Tatort oder in seiner Umgebung Personen fragt, ob sie ein bestimmtes Geschehen beobachtet haben, vernimmt keine Beschuldigten, mag er auch hoffen, bei seiner Tätigkeit neben geeigneten Zeugen den Täter zu finden. Er braucht nicht den Hinweis nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO zu geben (...).

Bedeutsam ist die Stärke des Tatverdachts, den der Polizeibeamte gegenüber dem Befragten hegt. Hierbei hat der Beamte einen Beurteilungsspielraum (...), den er freilich nicht mit dem Ziel missbrauchen darf, den Zeitpunkt der Belehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO möglichst weit hinauszuschieben (...).

Neben der Stärke des Verdachtes ist auch von Bedeutung, wie sich das Verhalten des Beamten nach außen, auch in der Wahrnehmung des Befragten darstellt (...). Es gibt polizeiliche Verhaltensweisen, die schon nach ihrem äußeren Befund belegen, dass der Polizeibeamte dem Befragten als Beschuldigten begegnet, mag er dies auch nicht zum Ausdruck bringen. Das wird etwa für Gespräche gelten, die der Beamte mit einem Verdächtigen führt, den er im Kraftfahrzeug der Polizei mit zur Polizeiwache nimmt; hier wird selbst bei einem vergleichsweise geringen Grad des Verdachtes vor jeder Befragung ein Hinweis nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO anzubringen sein. Dasselbe gilt selbstverständlich, sobald der Betroffene vorläufig festgenommen worden ist, oder bei einer beim Verdächtigen vorgenommenen Durchsuchung.

BGH, Beschluss vom 27.02.1992 - 5 StR 190/91

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