Nichtverdächtige Personen Wenn und soweit das zur Aufklärung einer Straftat geboten ist, kann auch die Identität einer Person festgestellt werden, die nicht einer Straftat verdächtig ist, siehe § 163b Abs. 2 StPO (Identitätsfeststellung). Zeugen: § 163b Abs. 2 StPO ist Rechtsgrundlage für die Identitätsfeststellung von Zeugen. Geschädigte: Wenn und soweit es zur Aufklärung einer Straftat geboten ist, darf auch die Identität von Geschädigten festgestellt werden (§ 163b Abs. 2 StPO). Sofern das Opfer zugleich Zeuge ist, ist seine Identitätsfeststellung schon aus diesem Grunde erforderlich. Es sind aber auch Fälle denkbar, in denen der Geschädigte als Zeuge nicht in Betracht kommt, seine Personalien aber gleichwohl zur Strafverfolgung benötigt werden. Das ist u. a. der Fall, wenn der Geschädigte von einer ihn betreffenden Straftat noch nichts weiß oder dazu keinerlei Angaben machen kann. Schuldunfähige Personen: Gemäß 163b Abs. 2 StPO darf auch die Identität von Personen festgestellt werden, die mangels Schuldfähigkeit strafrechtlich nicht verfolgt werden dürfen, wenn und soweit dies zur Aufklärung einer von diesen Personen begangenen Tat geboten ist. Schuldlose Personen können i.S.v. § 163b Abs. 1 StPO nicht Verdächtige sein, weil gegen sie das Strafverfahren nicht betrieben werden darf.
Gleichwohl ist in der Regel die
Feststellung der Identität solcher Personen zur Aufklärung der von ihnen
begangenen Tat geboten, weil u. a. auch festgestellt werden muss, ob
Aufsichtspflichtige ihre Aufsichtspflichten verletzt oder Hintermänner
sie zur Tat veranlasst haben oder ob auf der Grundlage von Kinder: Kinder sind gemäß § 19 StGB (Schuldunfähigkeit des Kindes) schuldunfähig. Folglich ist in solchen Fällen eine Identitätsfeststellung auf der Grundlage von § 163b Abs. 2 StPO fragwürdig. Das wäre nur dann nicht der Fall, wenn das Kind vom Haupttäter im Hintergrund als Werkzeug benutzt würde. Hinweis: Da rechtlich komplizierte Fragen vor Ort nicht abschließend geprüft werden können wird vorgeschlagen, in solchen Fällen von dem der Polizei zustehenden Wahlrecht Gebrauch zu machen, das darin besteht, sich entweder für die Anwendung von Polizeirecht (PolG) oder für die Anwendung von Strafprozessrecht zu entscheiden. Es ist nämlich höchstrichterlich anerkannt, dass Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten solch ein Wahlrecht zusteht, wenn nicht eindeutig ist, auf was für eine Befugnis polizeiliches Einschreiten zu stützen ist.
BGH 2017: Nach Ansicht des
Senats besteht weder ein allgemeiner Vorrang der Strafprozessordnung
gegenüber dem Gefahrenabwehrrecht noch umgekehrt ein solcher des
Gefahrenabwehrrechts gegenüber der Strafprozessordnung. Auch bei
Vorliegen eines Anfangsverdachts einer Straftat im Sinne des § 152 Abs.
2 StPO ist ein Rückgriff auf präventivpolizeiliche
Ermächtigungsgrundlagen rechtlich möglich. Insbesondere bei sogenannten
Gemengelagen, in denen die Polizei sowohl repressiv als auch präventiv
agieren kann und will, bleiben strafprozessuale und
gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen grundsätzlich nebeneinander
anwendbar. Das Gesetz kennt keinen Vorrang strafprozessualer
Vorschriften gegenüber dem Gefahrenabwehrrecht. Gefahrenabwehr ist eine
zentrale staatliche Aufgabe, die gegenüber der Strafverfolgung
eigenständige Bedeutung hat und nicht hinter ihr zurücktritt (...).
Vielmehr stehen Gefahrenabwehr und Strafverfolgung als staatliche
Aufgaben mit unterschiedlicher Zielrichtung gleichberechtigt
nebeneinander. Im Zweifelsfall sollte deshalb immer Polizeirecht angewendet werden. Auf der Grundlage von § 12 Abs. 1 Nr. 1 PolG NRW (Identitätsfeststellung) kann nämlich auch die Identität von Kindern und natürlich auch die von schuldlosen Personen festgestellt werden, weil es sich auch bei diesen Adressaten polizeilicher Maßnahmen um Verhaltenshafter handeln kann. Wie dem auch immer sei. Auf der Grundlage von § 12 PolG NRW kann die Polizei auch die Idenität von Kindern und auch die von schuldlosen Personen zur Abwehr einer Gefahr feststellen.
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