§ 127 Abs. 1 StPO (Vorläufige
Festnahme)
(1) Wird jemand auf frischer Tat
betroffen oder verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist
oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann,
jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung vorläufig
festzunehmen. Die Feststellung der Identität einer Person durch die
Staatsanwaltschaft oder die Beamten des Polizeidienstes bestimmt
sich nach § 163b Abs. 1.
Jedermann im Sinne dieses Rechtfertigungsgrundes
ist jede Person, die dazu in der Lage ist, die vom Rechtfertigungsgrund
zugelassene Rechtsfolge durchzusetzen zu können.
Einem "Jedermann" ist es nicht erlaubt, eine Person vorläufig
festzunehmen, um eine
Anlasstat: Es muss sich um eine Straftat, zumindest aber um
eine rechtswidrige Tat handeln. Es reicht aus, dass die Tat in das
Stadium eines strafbaren Versuchs gelangt ist.
Zugelassene Rechtsfolge: Zugelassen ist die vorläufige
Festnahme. Das bedeutet, dass der Verdächtige festgehalten und daran
gehindert werden kann, sich vom Festnahmeort zu entfernen.
Die Vorschrift deckt
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Eine ausgesprochene Festnahmeerklärung
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Das faktische Festhalten der Person
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Ein zwangsweises Verbringen der Person durch den Festnehmenden
zur Polizeiwache, wenn das erforderlich werden sollte
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Das zwangsweises Festhalten bis zum Eintreffen der Polizei
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Das Fesseln einer Person, wenn diese sich wehrt
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Das vorübergehende Festhalten in privaten Räumen bis zum
Eintreffen der Polizei
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Das vorübergehende Festhalten einer Person in einem Pkw etc.
Verhältnismäßigkeit von Zwang: Bei der Anwendung
unmittelbaren Zwangs durch einen "jedermann" ist festes Zupacken
durchaus erlaubt. Eine das Leben gefährdende
Behandlung kommt in der Regel bei der Durchsetzung einer vorläufigen
Festnahme auf der Grundlage von § 127 Abs. 1 StPO nicht in Betracht.
Auf fliehende Täter darf auch durch bewaffnete Sicherheitsfachkräfte
(Werkschutz, Begleiter von Geldtransporten) grundsätzlich nicht
zum Zweck der Festnahme geschossen werden. Das gilt auch für das
Schießen mit einer Gaspistole.
Anderslautende Rechtsauffassungen sind
wegen der damit verbundenen Risiken für Private völlig indiskutabel.