Gefahr - Anscheinsgefahr
Zur konkreten Gefahr gehört auch
die Anscheinsgefahr, also eine Sachlage, die bei verständiger Würdigung
eines objektiven Betrachters den Anschein einer konkreten Gefahr
erweckt.
Die Dinge sind nicht immer das, was sie zu sein scheinen
(Lebensweisheit).
Anerkannt ist, dass polizeiliche
Berufserfahrung dazu beiträgt, die Wahrnehmung für Gefahren zu fördern
und zu steigern. Auf der Grundlage ihrer Berufserfahrung ist es
Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten somit möglich, auffälliges Verhalten von Personen, von
dem eine Gefahr ausgehen könnte, besser als andere Menschen beurteilen
können.
Sowohl in der Rechtsprechung als auch im Schrifttum ist
anerkannt, dass zum polizeilichen Gefahrenbegriff auch die so genannte
Anscheinsgefahr gehört.
BVerwG 1974:
Rechtsprechung und Schrifttum stimmen (...) darin überein, dass -
entsprechend dem Zweck der polizeilichen Gefahrenabwehr - eine Gefahr im
Sinne der maßgebenden Ermächtigungsnorm auch in Fällen der sogenannten
Anscheinsgefahr vorliegt.
BVerwG, Urteil vom 26.02.1974 -
Az.: BVerwG I C 31.72
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
hat 2013
in einem Urteil zur Anscheinsgefahr wie folgt Stellung
bezogen:
VGH Baden-Württemberg
2013: Für das Vorliegen einer
Anscheinsgefahr ist es entscheidend, ob der handelnde Beamte aus der
ex-ante-Sicht mit Blick auf die ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden
Informationen aufgrund hinreichender Anhaltspunkte vom Vorliegen einer
Gefahr ausgehen konnte und diese Prognose dem Urteil eines fähigen,
besonnenen und sachkundigen Amtswalters entspricht (...). Dabei muss er
das Vorliegen einer Gefahr für sicher halten (...). Im Fall der
Anscheinsgefahr zweifelt die Polizei aufgrund der ihr vorliegenden
Informationen nicht am tatsächlichen Vorliegen einer Gefahr, obwohl
schon zu diesem Zeitpunkt objektiv feststeht, dass eine solche nicht
existiert (...).
An anderer Stelle heißt es:
Von der Anscheinsgefahr zu unterscheiden
ist der Gefahrenverdacht. Im Fall eines Gefahrenverdachts hält die
Polizei aufgrund objektiver Umstände das Vorhandensein der Gefahr zwar
für möglich, nicht aber für sicher. Beim Gefahrenverdacht sind die
Abwehrmaßnahmen vorrangig auf die Klärung der Gefahrensituation zu
richten. In besonderen Fällen, insbesondere bei einer möglichen
unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben können die notwendigen Maßnahmen
über die bloß vorläufige Klärung und Sicherung hinaus den Charakter
endgültiger Gefahrenabwehr annehmen (...).
VGH Baden-Württemberg,
Urteil vom 25.07.2013 · Az. 1 S 733/13.
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