Gefährdungsansprachen
Gefährdungsansprachen werden sowohl in der Lehre als auch in der
Rechtsprechung als Anwendungsfälle der Generalklausel angesehen, siehe
§
8 PolG NRW (Allgemeine Befugnisse; Begriffsbestimmung).
Gefährdungsansprachen kommen immer dann in Betracht, wenn Personen, von
denen Gefahren für die öffentliche Ordnung oder Gefahren für die
öffentliche Sicherheit ausgehen, kommunikativ aufgefordert werden, ein
Verhalten einzustellen bzw. zu unterlassen, das die Polizei nicht dulden
kann.
Für den Fall, dass Personen der Gefährdungsansprache
nachkommen und ihr Verhalten ändern, sind weitergehende polizeiliche
Maßnahmen nicht erforderlich. Insoweit ist eine Gefährdungsansprache die
mildeste denkbare polizeiliche Maßnahme zur Abwehr von Gefahren.
Im Rahmen von Gefährdungsansprachen können Personen, von denen
Gefahren ausgehen, auch davon in Kenntnis gesetzt werden, dass sie mit
Folgemaßnahmen rechnen müssen, wenn sie die Gefährdungsansprache
ignorieren.
Beispiel:
Polizeibeamte fordern einen Ruhestörer auf, die Musik auf
Zimmerlautstärke zu stellen, damit die Nachbarn schlafen können. Die
Beamten teilen dem Ruhestörer mit, dass, wenn die Polizei noch einmal
von den Nachbarn um Einschreiten ersucht würde, die Wohnung betreten und
die Musikanlage sichergestellt werden würde.
Der Mann dreht die Musik leiser. Weitere
Beschwerden der Nachbarn gehen bei der Polizei nicht ein.
Mit anderen Worten:
Solange die formulierten
"angedrohten" Maßnahmen von den einschreitenden Polizeibeamten nicht
getroffen werden müssen, ist es zulässig, das Einfordern gesetzlich
gebotenen Verhaltens und das Informieren über zu erwartende Maßnahmen
als eine Gefährdungsansprache zu bewerten, die auf der Grundlage der
Generalklausel ausgesprochen werden kann.
"Gefährdungsansprachen"
können auch schriftlich erfolgen.
Beispiel: Anlässlich von Bundesligaheimspielen werden
zur Verhütung von Ausschreitungen im Stadion der Heimmannschaft von der
örtlich zuständigen Polizeidienststelle alle dem "Block der Ultrafans"
zugehörigen Fans angeschrieben.
In dem Anschreiben
heißt es:
Sehr geehrter Fußballfreund, uns, der
Polizei, ist es wichtig, dass Fußballspiele gewaltfrei und ohne
pyrotechnische Gegenstände durchgeführt werden. Aus gegebenem Anlass
wissen wir, dass solch ein Verhalten "unseren" Ultras schwerfällt.
Deshalb möchten wir Sie mit diesem Schreiben eindringlich darauf
hinweisen, dass wir Ausschreitungen anlässlich von Fußballspielen nicht
tatenlos hinnehmen werden und durch eine professionelle Videoüberwachung
und durch verstärkte Kontrollmaßnahmen dafür Sorge tragen, dass
Fußballspiele friedlich und ohne bengalische Feuer stattfinden können.
Dies sollten Sie bedenken, wenn Sie das Stadion des örtlichen
Fußballvereins betreten. Für den Fall, dass Sie als Störer ermittelt
werden, womit Sie rechnen müssen, wenn Sie sich nicht an die Regeln
halten, werden wir mit aller Härte die notwendigen rechtlichen Schritte
gegen Sie einleiten. Die Polizei appelliert an Ihre Vernunft: Verhalten
Sie sich friedlich und sorgen Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten dafür,
dass niemand die einzuhaltenden Regeln verletzt. Unser Appell an Sie:
»Keine Pyrotechnik in Fußballstadien.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Polizei
Spezialgesetzlich sind solche
"Verhaltensaufforderungen" nicht geregelt.
Auf der Grundlage der
Generalklausel sind solche "Appelle der Polizei an die menschliche
Vernunft" jedoch möglich und auch zulässig.
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