Containern BVerfG 2020 Wer Kleidung oder Lebensmittel aus Abfallcontainern nimmt, begeht einen Diebstahl. Aktivisten gegen die Verschwendung von Lebensmitteln hatten nachts in Olching bei München Obst, Gemüse und Joghurt aus dem Müll eines Supermarktes gefischt. Mit ihrem "Containern" wollen sie dagegen protestieren, dass Geschäfte massenweise Lebensmittel wegwerfen, obwohl diese noch genießbar sind. Weil der Container verschlossen zur Abholung bereitstand, werteten die Gerichte das als Diebstahl und verurteilten die Frauen zu Sozialstunden und zu einer Geldstrafe auf Bewährung.
Letztendlich wurde die Rechtsfrage 2020 durch die Richter des
Bundesverfassungsgerichts wie folgt entschieden: BVerfG 2020: Die Feststellung, ob die Entnahme von Lebensmitteln aus einem Abfallbehälter eine strafbare Wegnahme einer fremden Sache darstellt, obliegt daher den Fachgerichten. Diese haben unter Würdigung der konkreten Umstände des jeweiligen Sachverhalts zu entscheiden, ob die Abfälle durch eine Eigentumsaufgabe gemäß § 959 BGB herrenlos geworden sind, ob ein Übereignungsangebot an beliebige Dritte vorlag oder ob die Abfälle im Eigentum des bisherigen Eigentümers verblieben. Im vorliegenden Verfahren lässt die Beweiswürdigung der Fachgerichte insbesondere in Bezug auf eine etwaige Eigentumsaufgabe keine Rechtsfehler erkennen; erst recht liegt kein Verstoß gegen Verfassungsrecht vor. Die Fachgerichte haben im Hinblick auf die von den Beschwerdeführerinnen behauptete Herrenlosigkeit der Sachen unter umfassender Würdigung der zivilrechtlichen Voraussetzungen einer Eigentumsaufgabe nach § 959 BGB maßgeblich darauf abgestellt, dass sich der Abfallcontainer in der Anlieferzone des Supermarktes und damit auf dessen eigenem Gelände befunden habe und darüber hinaus verschlossen gewesen sei. Zudem hätten die Abfälle zur Übergabe an ein spezialisiertes und vom Inhaber bezahltes Entsorgungsunternehmen bereitgestanden und habe das Verschließen der Container eine Reaktion auf vorherige, unbefugte Entnahmen Dritter dargestellt. Aufgrund dieser Umstände sei auf den Willen des Unternehmens zu schließen, dass es weiterhin Eigentümer der Abfälle habe bleiben wollen. Gegen diese Beweiswürdigung ist aus Verfassungssicht nichts einzuwenden. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und insbesondere das Ultima-Ratio-Prinzip gebieten keine Einschränkung der Strafbarkeit eines Diebstahls nach § 242 Abs. 1 StGB für die Fallgruppe des sogenannten Containerns. BVerfG, Beschluss vom 05. August 2020 - 2 BvR 1985/19 |