§ 240 StGB (Nötigung)
Blockadeaktionen: Kein Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte
In einem Beschluss des Amtsgerichtes Tiergarten aus dem Jahr 2022 heißt
es diesbezüglich:
AG
Tiergarten 2022: Rein passiver Widerstand und ziviler
Ungehorsam, wie auch Gewalt gegen sich selbst sind zudem grundsätzlich
nicht geeignet, Gewalt i.S.v. § 113 Abs. 1 StGB, nämlich gerichtet gegen
die Vollstreckungsbeamten darzustellen. Ausweislich der dienstlichen
Äußerung des „ablösenden“ Beamten, hat bis zum Tage der Äußerung
(23.8.2022) noch keine aus dem Kreise der Demonstranten stammende Person
das Lösen bzw. das Aufbringen des Lösungsmittels erschwerende aktive
Handlungen unternommen. Der Äußerung ist auch zu entnehmen, dass
körperliche Tätigkeiten der Beamten lediglich in dem „Heben“ der
betreffenden festgeklebten Hände bestehen, um das Lösungsmittel auch
unter die Hand zu bringen - ein Vorgang, welcher aus Sicht der Beamten
keine Erheblichkeitsschwelle körperlicher Betätigung erreicht.
Irgendeine Form psychisch vermittelter Gewalt oder solcher, die
zumindest mittelbar eine körperliche Zwangswirkung auf die Beamten
ausübt, wie etwa beim Überwinden sich versteifender oder sich der
Festnahme durch starres Einrammen der Beine in den Boden widersetzender
Täter liegen nicht vor. Das bloße Bestreichen der Finger und der übrigen
Hand mit einem mit Lösungsmittel getränkten Pinsel oder Lappen seitens
der Polizeibeamten vermittelt durch die Angeschuldigte unter den
Gewaltbegriff des § 113 Abs. 1 StGB zu subsumieren, überschritte das
Analogieverbot aus Art. 103 Abs. 2 GG.“
§ 113 Abs. 1 StGB
erfordert ein Widerstandleisten durch Gewalt oder durch Drohung mit
Gewalt. Dabei kann zwar auch das Erschweren polizeilicher Maßnahmen
bereits Widerstandleisten im Sinne der Norm sein. Auch vermag die
psychisch vermittelte Gewalt, soweit auch ein physisch wirkendes
Hindernis errichtet wird, im Einzelfall den Gewaltbegriff in § 113 StGB
zu erfüllen. Wie aus sämtlichen obergerichtlichen Entscheidungen zur
Gewaltfrage im Rahmen von § 240 StGB und von § 113 StGB hervorgeht,
wonach die Grenze bloß passiver Gewalt und zivilen Ungehorsams
jedenfalls überschritten sein müsse zur Bejahung einer Gewalthandlung,
bedarf es insoweit der Berücksichtigung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.
AG Tiergarten,
Beschluss vom 5. Oktober 2022 – (303 Cs) 237 Js 2450/22 (202/22), 303 Cs
202/22
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