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Freiheitsberaubung

§ 239 StGB (Freiheitsberaubung)

Potenzielle Fortbewegungsfreiheit aus Sicht des BGH

BGH 2022: § 239 StGB schützt die potentielle persönliche Bewegungsfreiheit. In sie wird auch dann eingegriffen, wenn der von der Tathandlung Betroffene sich gar nicht wegbewegen will. Entscheidend ist allein, ob es ihm unmöglich gemacht wird, seinen Aufenthalt nach eigenem Belieben zu verändern. Ausschlaggebend ist mithin nur, ob der Betroffene sich ohne die vom Täter ausgehende Beeinträchtigung seiner Bewegungsmöglichkeit fortbegeben könnte, wenn er es denn wollte. Ob er seine Freiheitsbeschränkung überhaupt realisiert, ist danach ohne Belang.

Ein im natürlichen Sinn zur Änderung seines Aufenthaltsorts fähiger Mensch wird nur dann nicht seiner Freiheit im Sinne des § 239 StGB beraubt, wenn er (auch) damit einverstanden ist, dass er sich selbst dann nicht fortbewegen könnte, wenn er das wollte. [...]. Ein durch List oder Täuschung erschlichenes Einverständnis des Betroffenen in eine ihm nicht bewusste Freiheitsentziehung stellt sich somit lediglich als ein Mittel zur leichteren Begehung der Freiheitsberaubung durch Verhinderung des zu erwartenden Widerstands des Betroffenen dar, das nicht zu einem Ausschluss des objektiven Tatbestands des § 239 Abs. 1 StGB führen kann.

Seiner (Bewegungs-)Freiheit ist objektiv betrachtet derjenige beraubt, der sich aufgrund des Verhaltens eines Dritten nicht wegbewegen kann, wenn er dies wollte. Eine als Zwang empfundene Willensbeugung wohnt dem Begriff der Freiheitsberaubung in objektiver Hinsicht nicht inne. Anders als die Nötigung im Sinne des § 240 StGB setzt der äußere Tatbestand des § 239 StGB nicht voraus, dass einem anderen ein von diesem nicht gewolltes Verhalten aufgezwungen wird. Opfer einer Freiheitsberaubung kann danach nicht nur derjenige sein, der gegen seinen aktuellen Willen zu einem Verbleiben an einem Ort bestimmt wird.

BGH, Urteil vom 8. Juni 2022 – 5 StR 406/21

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