Fahrlässige Körperverletzung
§ 229 StGB (Fahrlässige Körperverletzung)
Fahrlässigkeit
BGH 2000: Fahrlässig
handelt, wer eine objektive Pflichtwidrigkeit begeht, sofern er diese
nach seinen subjektiven Kenntnissen und Fähigkeiten vermeiden konnte,
und wenn gerade die Pflichtwidrigkeit objektiv und subjektiv
vorhersehbar den Erfolg gezeitigt hat. Die Einzelheiten des durch das
pflichtwidrige Verhalten in Gang gesetzten Kausalverlaufs brauchen nicht
vorhersehbar sein. Tritt der Erfolg durch das Zusammenwirken mehrerer
Umstände ein, müssen alle diese Umstände dem Täter erkennbar sein, weil
nur dann der Erfolg für ihn voraussehbar ist. Es genügt, dass die Folgen
in ihrem Gewicht im Wesentlichen voraussehbar waren. Eine
vernunftswidrige Handlungsweise des später Getöteten kann die
Vorhersehbarkeit des Erfolges entfallen lassen.
BGH, Urteil v. 22.
November 2000 – 3 StR 331/00
Objektive Vorhersehbarkeit des Erfolges:
Der Erfolg einer
fahrlässigen Körperverletzung muss objektiv vorhersehbar sein. Anders
ausgedrückt: Bei Ausübung der einzufordernden Sorgfalt muss der
Eintritt des Ereignisses nach allgemeiner Lebenserfahrung als zu
erwarten gewesen sein.
Tatbestandlich und vorwerfbar im Sinne von
§ 229 StGB (Fahrlässige Körperverletzung) handelt nur derjenige, dem
der Erfolg seiner Handlung zugerechnet werden kann.
Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung:
Die
herrschende Meinung geht davon aus, dass dem Erfolg der Tat nicht nur
eine objektive, sondern auch eine subjektive Sorgfaltspflichtverletzung
vorausgegangen sein muss.
Hentschel/König/Dauer: Dem Täter kann die Tat nur dann
vorgeworfen werden, wenn er nach seinen persönlichen Kenntnissen und
Fähigkeiten in der Lage war, die objektiven Sorgfaltspflichten zu
erkennen und zu erfüllen sowie den Erfolg vorauszusehen und zu
vermeiden. [...]. Die subjektive Voraussehbarkeit scheidet bei
atypischen Kausalverläufen aus, in der Regel wird es hier jedoch schon
an der objektiven Voraussehbarkeit fehlen.
Hentschel/König/Dauer: Straßenverkehrsrecht, 40. Auflage, C.H. Beck,
Seite 1571, Rn. 27
Anders ausgedrückt: Wein ein Farhzeugführer mit seinem
Kraftfahrzeug plötzlich und ohne Verschulden in eine Gefahrenlage gerät,
die sofortiges Handeln einfordert, dadurch aber so überrascht und
verwirrt wird, dass er außerstande ist, das zur Abwehr der Gefahr
richtige zu tun, dann kann ihm keine subjektive
Sorgfaltspflichtverletzung vorgeworfen werden.
Taterfolg: Hinsichtlich des eingetretenen Taterfolges ist anzumerken, dass der
eingetretene Körperschaden nicht nur unerheblich sein darf. Kleine
Prellungen, Hautabschürfungen aber auch psychische unerhebliche
Folgeschäden reichen nicht aus, um von einer fahrlässigen
Körperverletzung ausgehen zu können.
Verkehrsunfälle:
Bei Verkehrsunfällen mit Verletzten ist in der Regel fahrlässige
Körperverletzung gegeben. Folglich handelt es sich insoweit um Antrags-
und Privatklagedelikte.
Betriebsunfälle: Der Tatbestand des § 229 StGB ist auch
erfüllt, wenn es durch das Außerachtlassen von Sorgfaltspflichten zu
einem Betriebsunfall mit Personenschaden kommt.
Schon auf der
Grundlage der Arbeitsverträge sind alle Belegschaftsangehörigen
verpflichtet, Gefahren zu erkennen, sie zu bekämpfen und Schädigungen
anderer zu vermeiden. In größeren Unternehmen sind Einzelheiten in der
Regel in der Arbeitsordnung festgelegt.
Wer die zur
Unfallverhütung bestehenden Weisungen missachtet, lässt diejenigen
Sorgfaltspflichten außer Acht, die zu achten er verpflichtet und fähig
ist. Damit wäre Fahrlässigkeit iSv § 229 StGB gegeben.
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