Präambel
Artikel 1 GG
Artikel
20 GG
Danach handelt es sich bei der Bundesrepublik Deutschland um einen Staat, dessen Ziel
es ist, in einem vereinten Europa dem Frieden in der Welt zu dienen (Präambel) und dessen
Hauptzweck darin besteht, die Würde des Menschen und dessen Grundfreiheiten zu achten und
zu schützen.
In welch einer Staatsform diese Ziele realisiert werden, ergibt sich aus Artikel 20 GG.
Danach gehören zum Staat des Grundgesetzes folgende Staatsformmerkmale:
- Demokratie
- Rechtsstaat
- Sozialstaat
- Bundesstaat
Diese Begriffe enthalten in Anlehnung an westliche Demokratievorstellungen alle
Elemente, die für einen modernen Verfassungsstaat unverzichtbar sind.
02 Träger der Staatsgewalt
TOP
Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Mit dieser Formulierung in Artikel 20 Abs. 2 Satz
1 GG hat der Verfassungsgeber bestimmt, wer Träger der Staatsgewalt in der Bundesrepublik
Deutschland ist.
Aus verfassungsrechtlicher Sicht bedeutet das, dass das Volk sowohl Träger der
Personalhoheit als auch Träger der Gebietshoheit ist (Souverän staatlicher Gewalt). Mit
anderen Worten: Die in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübte Staatsgewalt muss auf den
Willen des Volkes zurückgeführt werden können.
Beispiel
Anlässlich einer Verkehrskontrolle stellt ein Polizeibeamter fest, dass der Fahrer eines
Pkw deutlich unter Alkoholeinwirkung steht. Mit der Durchführung eines
Atemalkoholtestverfahrens ist der Fahrer nicht einverstanden. Weil der Fahrer sich
weigert, wird von dem kontrollierenden Polizeibeamten die Entnahme einer Blutprobe
angeordnet und mit Zwang durchgesetzt. Kann in diesem Fall die Anwendung von Zwang
(Personalhoheit) auf den Träger staatlicher Gewalt (Volk) zurückgeführt werden?
Die Befugnis, Zwang zur Durchsetzung strafprozessualer Maßnahmen anwenden zu können,
ergibt sich nach h. M. unmittelbar aus der jeweiligen Befugnis der StPO, die durchgesetzt
werden soll. In diesem Falle aus § 81 a StPO. Hinsichtlich der Art und Weise der
Zwangsausübung sind von der Polizei die den Zwang regelnden Befugnisse der jeweiligen
Länderpolizeigesetze zu beachten.
Hier wird davon ausgegangen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
In der Bundesrepublik Deutschland ist es Aufgabe der Legislative (Gesetzgeber),
Regelungen zu schaffen, die für alle sich im Geltungsbereich des Gesetzes befindliche
Personen verbindlich sind. Sowohl die Abgeordneten des Bundestages als auch die der
Länderparlamente werden durch Wahlen legitimiert. Durch diese Legitimation überträgt
der Träger staatlicher Gewalt Hoheitsbefugnisse auf Organe, die stellvertretend für ihn
Staatsgewalt ausüben.
Dadurch ist gewährleistet, dass die gesetzgebende Gewalt auf den Ursprung staatlicher
Gewalt im Sinne von Artikel 20 Abs. 2 S. 1 GG zurückgeführt werden kann. Die von dem
Polizeibeamten angewandten gesetzlichen Bestimmungen sind durch vom Volk gewählte
Abgeordnete auf parlamentarischem Wege zustande gekommen. Dadurch wird der Forderung von
Artikel 20 Abs. 2 entsprochen, wonach alle Staatsgewalt vom Volk ausgehen muss.
03 Demokratisches Prinzip
TOP
Artikel 20 Abs. 1 GG bestimmt, dass die Bundesrepublik Deutschland ein demokratischer
und sozialer Bundesstaat ist.
Bei der in der Bundesrepublik Deutschland praktizierten Form der Demokratie handelt es
sich um eine parlamentarische Demokratie, in der die Gewaltenteilung zur
Verfassungswirklichkeit gehört. Darüber hinaus machen die im Artikel 28 Abs. 1 S. 1 GG
enthaltenen demokratischen Grundsätze deutlich, wie sich der Verfassungsgeber die
Ausprägung der Demokratie Bundesrepublik Deutschland vorstellt.
Artikel 28 (Landes- und Gemeindeverfassung Selbstverwaltung)
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des
republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes
entsprechen. In den
Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus
allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei
Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines
Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der
Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle
einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
04 Mittelbare Demokratie
TOP
Kennzeichnend für das Demokratieverständnis der Bundesrepublik Deutschland ist, dass
der Souverän staatlicher Gewalt (Volk) Staatsgewalt auf Abgeordnete überträgt, die in
den Volksvertretungen (Bundestag, Landtage) dem Willen des Volkes Geltung verschaffen.
Der Akt der Übertragung von Staatsgewalt auf Abgeordnete vollzieht sich durch
periodisch wiederkehrende Wahlen. Dieses Thema ist - wegen der besonderen Bedeutung von
Wahlen für die Staatsform der Demokratie - Gegenstand eines eigenen Kapitels.
Im hier zu erörternden Sachzusammenhang ist es für das Verstehen der Staatsform
Demokratie jedoch unerlässlich, aufzuzeigen, wie sich in einer Demokratie politischer
Wille manifestiert, um durch Wahlen Mehrheiten schaffen zu können.
05 Willensbildung von unten nach oben
TOP
Gemäß Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Das bedeutet, dass
sich die politische Willensbildung "von unten nach oben ", also vom Volk hin zu
den Staatsorganen zu vollziehen hat (BVerfGE 20, 56).
Da es den Staatsorganen untersagt ist, sich parteiisch an der Willensbildung des Volkes
zu beteiligen, bleibt festzustellen, dass die Einflussnahme auf die Willensbildung durch
andere Institutionen erfolgt, insbesondere durch Parteien, Verbände und Gewerkschaften
sowie durch Presse, Rundfunk und Fernsehen.
Für Staatsorgane hingegen gilt die Verpflichtung zur strikten Wahrung der
Neutralität, insbesondere auch in Wahlkampfzeiten. Das gilt auch für die Regierung und
die ihr angehörenden Minister.
Aus diesem Grunde ist es jedem Staatsorgan im Bund und in den Ländern verwehrt, im
Vorfeld von Wahlen in amtlichen Funktion offen oder verdeckt für eine bestimmte Partei
einzutreten.
Die Neutralitätspflicht gilt aber auch außerhalb von Wahlkampfzeiten.
06 Neutralitätspflicht staatlicher Organe
TOP
1977 hat das Bundesverfassungsgericht in einem Grundsatzurteil die Grenzen der
Öffentlichkeitsarbeit von Staatsorganen im Zusammenhang mit Wahlen festgelegt (BVerfGE
44, 125 - 167).
Die Verpflichtung zur Neutralität staatlicher Organe nimmt in diesem Urteil einen
besonderen Stellenwert ein.
Danach ist es dem Staat und seinen Organen nicht erlaubt, durch Parteinahme im
Wahlkampf auf die Wettbewerbsverhältnisse zwischen den politischen Kräften zum Beispiel
durch unzulässige Wahlwerbung Einfluss zu nehmen. Vielmehr entspricht es dem
Demokratieverständnis des Grundgesetzes, dass Staatsorgane allen zu dienen und sich
folglich im Wahlkampf neutral zu verhalten haben. Insoweit ist es mit dem Grundgesetz
unvereinbar, wenn Staatsorgane durch parteiergreifende Öffentlichkeitsarbeit zugunsten
oder zu Lasten einzelner oder aller am Wahlkampf beteiligten politischen Parteien
versuchen, auf die Willensbildung der Wählerinnen und Wähler Einfluss zu nehmen.
Unabhängig davon würde eine den Wählerwillen beeinflussende Öffentlichkeitsarbeit
durch staatliche Organe auch die Chancengleichheit des politischen Gegners verletzen.
07 Chancengleichheit der Parteien
TOP
Wird durch staatliche Organe zugunsten oder zu Lasten einer bestimmten politischen
Partei oder einer bestimmten Person Partei ergriffen, wird das Recht auf Chancengleichheit
der miteinander in Konkurrenz stehenden Parteien verletzt (Artikel 21, 38 GG).
Eine solche Parteilichkeit steht darüber hinaus auch im Widerspruch zur freiheitlich
demokratischen Grundordnung, die den Kernbereich der Wertordnung umreißt, die den Staat
Bundesrepublik Deutschland trägt. Dazu gehören neben der Volkssouveränität, der
Gewaltenteilung und der Verantwortlichkeit der Regierung auch das Mehrparteienprinzip und
die Chancengleichheit der politischen Parteien als wesentliche Elemente des westlichen
Demokratieverständnisses.
"In einem freiheitlichen Staat",
so BVerfGE 44,
145, "in dem der Mehrheitswille in den
Grenzen der Rechtsstaatlichkeit entscheidet, müssen auch Minderheitsgruppen die
Möglichkeit haben, zur Mehrheit zu werden. Demokratische Gleichheit fordert, daß der
jeweils herrschenden Mehrheit und der oppositionellen Minderheit bei jeder Wahl aufs neue
die grundsätzlich gleichen Chancen im Wettbewerb um die Wählerstimmen offengehalten
werden. Die Gewährleistung gleicher Chancen im Wettbewerb ist (folglich) ein
unabdingbares Element des vom Grundgesetz gewollten freien und offenen Prozesses der
Meinungs- und Willensbildung des Volkes."
08 Willensbildung durch politische Parteien
TOP
Der Prozess der Meinungs- und Willensbildung des Volkes setzt in einer
parlamentarischen Demokratie die Existenz politischer Parteien voraus, deren Aufgabe es
ist, die Öffentlichkeit über ihre Ziele und Programme zu informieren.
Aus diesem Grunde weist das Grundgesetz in Artikel 21 Abs. 1 Satz 1 ausdrücklich
darauf hin, dass die Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken.
Artikel
21 GG
Dadurch erhalten Parteien den Rang verfassungsrechtlicher Institutionen. Sie stellen,
sofern sie die Parlamentsmehrheit bilden und die Regierung stützen, die wichtigsten
Verbindungsglieder zwischen dem Volk und den politischen Führungsorganen des Staates her.
Allein aus diesem Grunde kann ein parteiergreifendes Einwirken der Staatsorgane auf den
Wählerwillen durch Öffentlichkeitsarbeit nicht zulässig sein.
09 Öffentlichkeitsarbeit staatlicher Stellen
TOP
Zulässige Öffentlichkeitsarbeit
Im Gegensatz zur parteilichen Öffentlichkeitsarbeit, die den Grundsatz der
Neutralität verletzt, ist es staatlichen Stellen erlaubt, die Öffentlichkeit zu
informieren.
BVerfGE 44, 145
Auszug
"In den Rahmen zulässiger Öffentlichkeitsarbeit fällt, daß Regierung und
gesetzgebende Körperschaften - bezogen auf ihre Organtätigkeit - der Öffentlichkeit
ihre Politik, ihre Maßnahmen und Vorhaben sowie die künftig zu lösenden Fragen darlegen
und erörtern."
Es gehört sogar zum Selbstverständnis und zur Pflicht staatlicher Organe, die
Bevölkerung über geleistete Arbeit und zu verwirklichende Pläne sachgerecht zu
informieren. Nur so ist es möglich, die für eine Demokratie erforderliche Transparenz
gesellschaftlicher Prozesse zu gewährleisten.
Unzulässige Öffentlichkeitsarbeit
Die Öffentlichkeitsarbeit staatlicher Organe verletzt jedoch dann geltendes Recht,
wenn die Grenze zur Wahlwerbung überschritten und mit öffentlichen Mitteln
Plakataktionen, Anzeigenkampagnen oder Flugblattaktionen finanziert werden. Mit dem
Demokratieverständnis des Grundgesetzes ist es folglich unvereinbar, wenn staatliche
Organe durch den Einsatz öffentlicher Mittel den Wählerwillen in ihrem Sinne durch
gezielte Werbekampagnen beeinflussen wollen. Der Einsatz öffentlicher Mittel zu diesem
Zweck wäre unvereinbar mit den Grundsätzen eines freien und offenen Prozesses der
Meinungs- und Willensbildung des Volkes und der Gleichberechtigung der politischen
Parteien.
Der parteiergreifende Charakter einer Veröffentlichung kann zum Beispiel daran
gemessen werden, ob eine Bundes- oder Landesregierung sich als eine von bestimmten
Parteien getragene Regierung darstellt oder sich herabsetzend oder diffamierend über die
Oppositionsparteien äußert oder auf andere Art und Weise deutlich macht, "im Amt
bleiben zu wollen." (BVerfGE 44, 150).
Auch der Einsatz öffentlicher Mittel durch staatliche Organe zur Finanzierung von
Wahlwerbung ist als eine unzulässige Maßnahme anzusehen (BVerfGE 44, 151).
Da es keine starren Regeln gibt, die sichtbar werden lassen, wann die Grenze zur
unzulässigen Wahlwerbung staatlicher Organe überschritten ist, muss jeweils im
Einzelfall geprüft werden, ob es sich um eine verfassungsrechtlich nicht mehr
gerechtfertigte Einflussnahme auf den Wählerwillen handelt (BVerfGE 44, 152).
10 Heiße Phase eines Wahlkampfes
TOP
Durch die Ergebnisse einer Vielzahl von Wählerbefragungen ist empirisch belegt, dass
ein nicht unbedeutender Teil von Wählern erst relativ kurz vor dem jeweiligen Wahltermin
entscheidet, welche Partei seine Stimme erhält. Insoweit liegt es im Interesse aller am
Wahlkampf sich beteiligenden Parteien, in dieser Phase des Wahlkampfes den Wählerwillen
in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Ein genauer Stichtag, von dem an das Gebot äußerster Zurückhaltung für
öffentlichkeitswirksame Aktionen seitens der sich in Regierungsverantwortung befindlichen
Staatsorgane greift, lässt sich jedoch nicht eindeutig bestimmen.
Das Bundesverfassungsgericht geht jedoch davon aus, dass mit Bekanntgabe des Wahltages
durch den Bundespräsidenten die heiße Phase des Wahlkampfes eröffnet wird. Gemäß §
16 des Bundeswahlgesetzes gehört es zu den Aufgaben des Bundespräsidenten, den Tag der
Hauptwahl (Wahltag), bei dem es sich um einen Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag
handeln muss, bekannt zu geben.
"Während der so eingegrenzten Vorwahlzeit darf die Bundesregierung, ebenso wie
die übrigen Staatsorgane des Bundes und der Länder,sich künftig nicht mehr, wie das
bisher von Wahl zu Wahl in wachsendem Maße der Fall war, unmittelbar durch Anzeigen oder
durch die Versendung von Druckschriften und Faltblättern, Postwurfsendungen oder
ähnliche Maßnahmen in den Wahlkampf einschalten." (BVerfGE 44, 153).
11 Kanzlerduelle im Fernsehen
TOP
Im Rahmen der heißen Phase zur Wahl des 15. Deutschen Bundestages (22.09.2002) fand
erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ein offener Meinungsaustausch der
Spitzenkandidaten Gerhard Schröder (SPD) und Edmund Stoiber (CDU/CSU) vor laufenden
Kameras im Studio eines Fernsehsenders vor einem Millionenpublikum statt. Das 1.
Kanzlerduell (27.8.2002) wurde von knapp 15 Millionen Menschen gesehen. Damit erreichten
die übertragenden Sender gemeinsam einen Marktanteil von annähernd 44 Prozent. Das
bedeutet, dass fast jeder zweite Fernsehzuschauer dieses Medienereignis am Bildschirm
verfolgt hat. Zwei Wochen später - 14 Tage vor dem Wahltermin - wurde am Abend des 8.
September 2002 das zweite so genannte Kanzlerduell von der Arbeitsgemeinschaft der
Rundfunkanstalten Deutschlands (ARD) und vom Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) ebenfalls
zur besten Sendezeit ausgestrahlt.
Die Auswirkungen dieser "Rededuelle" auf die Wahlentscheidung
unentschlossener Wähler wurde von Medienwissenschaftlern im Anschluss an die Übertragung
unterschiedlich bewertet. Während einerseits den "Kanzlerduellen" eine
wahlentscheidende Wirkung zugesprochen wurde, wurde diese unterstellte Wirkung von anderen
in Frage gestellt.
Im Vorfeld dieser Veranstaltungen hatte sich der Parteivorsitzende der FDP mit einer
Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht gewendet. Das Gericht sollte
klären, inwieweit durch die Kanzlerduelle in unzulässiger Weise die Chancengleichheit
derjenigen politischen Parteien verletzt werde, denen von den Fernsehanstalten nicht die
Möglichkeit geboten würde, ihre politische Botschaft durch eigene Spitzenkandidaten
verbreiten zu können.
Mit Beschluss vom 30. August 2002 hat das Bundesverfassungsgericht den Antrag
abgewiesen (BVerfGE, 2 BvR 1332/02).
12 Wahlbetrug durch falsche Zahlen
TOP
Dieses Thema hat im Zusammenhang mit der Wahl zum 15. Deutschen Bundestag (22.
September 2002) nicht nur die Gemüter der Oppositions- und Regierungspartei, sondern auch
die einer breiten Öffentlichkeit "erhitzt."
Die Auseinandersetzung mit diesem Vorwurf macht es erforderlich, sich mit den Inhalten
einer auch in Wahlkampfzeiten zulässigen sachbezogenen Öffentlichkeitsaufklärung
auseinander zu setzen.
Öffentlichkeitsaufklärung im Wortsinne umfasst das Recht staatlicher Stellen, eine
objektive und sachbezogene Informationspolitik betreiben zu können. Insoweit handelt es
sich bei Maßnahmen der Öffentlichkeitsaufklärung nicht um unzulässige Maßnahmen der
Wahlwerbung.
Auch in Wahlkampfzeiten ist es staatlichen Organen erlaubt, korrektes Zahlenmaterial
und zutreffende Leistungsberichte einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren, zumal
anders auch zum (möglichen) Ende einer Amtszeit, die Ergebnisse wahrgenommener
Regierungsverantwortung nicht transparent gemacht werden können.
Den Regierungsparteien wurde jedoch im Anschluss an die Bundestagswahlen von der
Opposition vorgehalten, mit falschem Zahlenmaterial die Wähler bewusst getäuscht zu
haben. Deshalb wurde auf Antrag der CDU/CSU ein Untersuchungsausschuss eingerichtet, der
die Wahlaussagen führender Politiker von SPD und CDU/CSU auf ihren Wahrheitsgehalt
überprüfen soll. Die Regierungskoalition stellte ihrerseits den Antrag, durch den
Untersuchungsausschuss ebenfalls prüfen zu lassen, inwieweit die Öffentlichkeit durch
fehlerhaftes Zahlenmaterial in den Jahren nach der Wiedervereinigung durch die damals sich
in Regierungsverantwortung befindliche Opposition bewusst falsch informiert worden sei.
Nach dem Willen der CDU/CSU sollte geklärt werden, "ob und in welchem Umfange
Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere Bundeskanzler Gerhard Schröder,
Bundesfinanzminister Hans Eichel, Bundesministerin Ulla Schmidt sowie der damalige
Arbeits- und Sozialminister Walter Riester und Parlamentarische Staatssekretäre im Jahr
2002 Bundestag und Öffentlichkeit hinsichtlich der Situation des Bundeshaushaltes, der
Finanzlage der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie der Einhaltung der
Stabilitätskriterien des Vertrages von Maastricht und des EU-Stabilitätspaktes durch den
Bund vor der Bundestagswahl am 22. September 2002 falsch oder unvollständig informiert
haben, wer von allen Vorgenannten dieses wie und mit wessen Hilfe im Verantwortungsbereich
der Bundesregierung getan und welche Verabredungen es dazu gegeben hat." Da die Union
als stärkste Fraktion im 15. Deutschen Bundestag 248 Sitze hat und ein
Untersuchungsausschuss eingesetzt werden muss, wenn mindestens ein Viertel der 603
Abgeordneten dies verlangt (Artikel 44 GG), hat der Untersuchungsausschuss
"Wahlbetrug" drei Monate nach der Bundestagswahl, im Dezember 2002, seine Arbeit
aufgenommen.
13 Parteienfinanzierung
TOP
Die Gewährung staatlicher Zuschüsse an die Parteien wird durch das Demokratieprinzip
beschränkt. Da die politischen Parteien nach Art. 21 Abs. 1 GG bei der politischen
Willensbildung des Volkes mitwirken, dürfen sie nicht in ein Abhängigkeitsverhältnis
zum Staat geraten. Andererseits ist unbestritten, dass der Staat den Parteien durch
öffentliche Mittel gewisse Vergünstigungen zukommen lassen darf. (Erstattung von
Wahlkampfkosten, steuerliche Abzugsfähigkeit von Parteienspenden).
Dies ist verfassungsrechtlich zulässig, wenn gewährleistet ist, dass die
öffentlichen Mittel nicht der Identifizierung staatlicher Organe mit bestimmten
politischen Parteien oder Programmen im Wahlkampf dienen.
Um ihre für die demokratische Staatsordnung unentbehrlichen Aufgaben wahrzunehmen,
müssen die Parteien daher nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich und
organisatorisch auf die Zustimmung und Unterstützung der Bürger angewiesen bleiben.
Rechtsprechung des BVerfG
Im Zusammenhang mit Fragen der Parteienfinanzierung hat das Bundesverfassungsgericht
seine Position zu dieser Frage mehrfach geändert. Im ersten so genannten
Parteienfinanzierungsurteil aus dem Jahre 1958 heißt es u.a.:
"Da die Abhaltung von Wahlen eine öffentliche Aufgabe ist und den Parteien bei
der Durchführung dieser öffentlichen Aufgabe von Verfassungswegen eine entscheidende
Rolle zukommt, muß es auch zulässig sein, nicht nur für die Wahlen selbst, sondern auch
für die die Wahlen tragenden politischen Parteien finanzielle Mittel von Staats wegen zur
Verfügung zu stellen (BVerfGE 8, 63)."
Im Gegensatz dazu hat das Bundesverfassungsgericht 1966 im 2.
Parteienfinanzierungsurteil (BVerfG 20, 56) eine allgemeine Staatsfinanzierung der
Parteien für verfassungswidrig erklärt und lediglich eine angemessene Erstattung der
Wahlkampfkosten für zulässig gehalten. Mit dem demokratischen Grundsatz der freien und
offenen Meinungs- und Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen sei ist es nicht
vereinbar, den Parteien Zuschüsse aus Haushaltsmitteln des Bundes für ihre gesamte
Tätigkeit im Bereich der politischen Meinungs- und Willensbildung zu gewähren.
An anderer Stelle heißt es:
" Art. 21 Abs. 1 GG, der die Struktur der Parteien als frei konkurrierender, aus
eigener Kraft wirkender und vom Staat unabhängiger Gruppen verfassungskräftig festlegt,
verbietet es, die dauernde finanzielle Fürsorge für die Parteien zu einer Staatsaufgabe
zu machen."
Im Rahmen des so genannten sechsten Parteienfinanzierungsurteils aus dem Jahre 1992
(BVerfGE 85, 264 - 328) entschied das Gericht, dass eine staatliche Teilfinanzierung der
Parteien unter bestimmten Voraussetzungen durchaus mit dem Grundsatz der Staatsfreiheit
der Parteien vereinbar sei.
BVerfGE 85, 264
Auszug
"Die Wahlkampferstattung hat sich nach Umfang und Funktion zu einer teilweisen
Basisfinanzierung der Parteien entwickelt. Diesen Charakter der Wahlkampfkostenerstattung
hat die Einführung des hier zur Überprüfung stehenden sogenannten Sockelbetrags (§ 18
Abs. 6 PartG) lediglich noch deutlicher hervortreten lassen.
Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Staatsfreiheit erlaubt jedoch nur eine
Teilfinanzierung der allgemeinen Tätigkeit der politischen Parteien aus staatlichen
Mitteln. Er untersagt ..... eine Einflussnahme des Staates auf die Willensbildung in den
Parteien und damit auf den Prozeß der politischen Willensbildung insgesamt.
Durch öffentliche Mittel darf den einzelnen Parteien daher das Risiko des Fehlschlages
ihrer Bemühungen um eine hinreichende Unterstützung in der Wählerschaft nicht
abgenommen werden. Der Grundsatz der Staatsfreiheit der Parteien wird durch die Gewährung
finanzieller Zuwendungen mithin dann verletzt, wenn durch sie die Parteien der
Notwendigkeit enthoben werden, sich um die finanzielle Unterstützung ihrer Aktivitäten
durch ihre Mitglieder und ihnen nahestehenden Bürger zu bemühen."
Parteienfinanzierung nach dem Parteiengesetz
Grundsätze und Umfang der staatlichen Finanzierung sind in Art. 18 Parteiengesetz
geregelt.
Das Gesetz sieht vor, dass die staatlichen Zuschüsse die Summe der
selbsterwirtschafteten Einnahmen (relative Obergrenze) nicht überschreiten dürfen.
Darüber hinaus wird die Gesamtsumme der Zuwendungen an alle Parteien auf einen
bestimmten Betrag (absolute Obergrenze) beschränkt.
Die Höhe der Mitgliedsbeiträge und der Umfang der den Parteien zugewendeten Spenden
muss berücksichtigt werden.
Der Grundsatz der Staatsfreiheit wird durch finanzielle Zuschüsse verletzt, wenn durch
sie die Parteien der Notwendigkeit enthoben werden, sich um die finanzielle Unterstützung
durch ihre Mitglieder und ihnen nahe stehender Bürger zu bemühen (BVerfGE 85, 264).
14 Repräsentative Demokratie des Grundgesetzes
TOP
Für die Bundesrepublik Deutschland ist eine repräsentative Demokratie (Artikel 20
GG).
Eine repräsentative Demokratie ist dadurch gekennzeichnet, dass die vom Volk gewählte
Staatsgewalt durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der
Rechtsprechung ausgeübt wird. Soweit im Artikel 20 GG von Abstimmungen die Rede ist, kann
im Zusammenhang mit der vom Grundgesetz gewollten repräsentativen Demokratie nur die
Möglichkeit gemeint sein, im Rahmen einer Neugliederung des Bundesgebietes (Artikel 29
Abs. 2 GG) im Rahmen einer Volksabstimmung mitwirken zu können.
Eine darüber hinausgehende Beteiligung des Staatsvolkes durch Volksbegehren oder
Volksentscheid auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen zu können, sieht das
Grundgesetz nicht vor. Die Verfassungsgeber haben sich vielmehr eindeutig für die
repräsentative Demokratie ausgesprochen und bewusst plebiszitäre Elemente außen vor
gelassen.
Von dieser Regelung des Grundgesetzes unberührt können Länderverfassungen
abweichende Regelungen zulassen. So bestimmt z.B. Artikel 2 der Landesverfassung NRW, dass
das Volk seinen Willen durch Wahl, Volksbegehren und Volksentscheid bekunden kann.
Tragendes Element des vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Demokratiemodells ist
die Legitimierung der Staatsgewalt. Diese muss ihre Grundlage in der Entscheidung des
Volkes finden (Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG).
Die Legitimation erfolgt unmittelbar durch Wahlen (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG) und
mittelbar dadurch, dass vom Volk zu dem einzelnen Staatsorgan (bzw. Amtsträger) eine
ununterbrochene Legitimationskette bestehen muss.
Allgemeine und gleiche Wahlen gehören daher zum Kernbestand der Demokratie im Sinne
des Grundgesetzes.
Allerdings sind in der Realität die Einflussmöglichkeiten der Bürger auf die
repräsentativen Staatsorgane nicht auf Wahlen beschränkt.
Verfassungsrechtlich unbedenklich ist eine Einflussnahme auf die politische
Willensbildung durch Eingaben, Unterschriftenlisten, öffentliche Aufrufe oder
Demonstrationen.
BVerfGE 69, 315
Auszug
"Das Recht des Bürgers, durch Ausübung der Versammlungsfreiheit aktiv am
politischen Meinungs- und Willensbildungsprozeß teilzunehmen zu können, gehört zu den
unentbehrlichen Funktionselementen eines demokratischen Gemeinwesens"
15 Funktion der Massenmedien
TOP
Nicht nur zu Wahlkampfzeiten ist es Aufgabe von Presse, Rundfunk und Fernsehen, durch
eine objektive Berichterstattung bei der politischen Willensbildung mitzuwirken.
BVerfGE 20, 174
Auszug
"Eine frei, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur
unterworfene Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates; insbesondere ist
eine freie, regelmäßig erscheinende politische Presse für die moderne Demokratie
unentbehrlich. Soll der Bürger politische Entscheidungen treffen, so muß er umfassend
informiert sein, aber auch die Meinungen kennen und gegeneinander abwägen können. Die
Presse hält die ständige Diskussion in Gang; sie beschafft die Informationen, nimmt
selbst dazu Stellung und wirkt damit als orientierende Kraft in der öffentlichen
Auseinandersetzung."
Dies gilt selbstverständlich auch für andere Medien wie Rundfunk, Fernsehen und
Internet.
Unbestritten ist jedoch, dass im Zeitalter der Massenmedien die öffentliche Meinung
durch manipulativen Gebrauch der Massenmedien nachhaltig beeinflusst werden kann.
Dies gilt insbesondere für herabsetzenden Meinungsäußerungen nicht nur im Bereich
der tagespolitischen Auseinandersetzung, sondern insbesondere auch zu Wahlkampfzeiten.
16 Einflussnahme durch Interessenverbände
TOP
Das Recht, Vereine und Gewerkschaften zu bilden, zählt ebenfalls zu den tragenden
Prinzipien der demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes. In diesem
Zusammenhang kommt der Koalitionsfreiheit eine besondere Bedeutung zu, zumal es die
Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften sind, die zur Wahrung und Förderung der
Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen die historisch gewachsenen Unterscheide zwischen
"Kapital und Arbeit" auszugleichen haben.
Dass trotz der gemeinsamen Verantwortung über die Zukunft des Wirtschaftsstandortes
Deutschland in wirtschaftlich schlechten Zeiten die bestehenden Gegensätze in der
Öffentlichkeit mit zunehmender Schärfe ausgetragen werden, gehört ebenfalls zur
Verfassungswirklichkeit der Bundesrepublik Deutschland.
Tatsache ist, dass in diesem Staat gesellschaftliche Konflikte und die damit verbundene
Suche nach Lösungen, offen ausgetragen werden. Tatsache ist aber auch, dass durch den
massenhaften Abbau von Arbeitsplätzen, dem explosionsartigen Anstieg der Sozialausgaben
und durch eine rückläufige Nachfrage auf den Weltmärkten der Wirtschaftsstandort
Deutschland sich in einer Situation befindet, in der starke Einschnitte in das soziale
Netz zumindest aus der Sicht der Arbeitgeberverbände unvermeidbar scheinen.
17 Parlamentarisches Regierungssystem
TOP
Zu den Prinzipien der parlamentarischen Demokratie gehört es, dass die Regierung in
ihrem personalen Bestand vom Vertrauen der Parlamentsmehrheit abhängig ist. Konsequenz
dieser Abhängigkeit ist es, zumindest den Regierungschef wählen bzw. abwählen zu
können.
Hinsichtlich der Wahl bzw. der Abwahl des Bundeskanzlers sind die Regelungen in Artikel
67 und 68 GG einschlägig. Abgesehen von Art. 67 (konstruktives Misstrauensvotum) und Art.
68 (Vertrauensfrage) zeigt das GG Kontrollmöglichkeiten des Parlamentes nicht auf. Diese
"Kontrolle" hat bislang nur 1 mal (Kohl) funktioniert.
Artikel
67 GG
Artikel 68 GG
Die Regierung wird von der Parlamentsmehrheit getragen; diese wird im Zweifel die
"eigene" Regierung nicht im Regen stehen lassen. Das parlamentarische
Regierungssystem verlagert deshalb die Kontrollfunktion auf die Opposition. Deshalb ist
eine starke Opposition wichtig.
Kontrollmöglichkeiten der Opposition ergeben sich aus Art. 40 GG i.V.m. der
Geschäftsordnung des BT.
Artikel
40 GG
Jedoch sind die formellen Kontrollmöglichkeiten der Opposition im Wesentlichen auf das
Recht reduziert, die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen zu verlangen oder im
Gesetzgebungsverfahren einen Gesetzentwurf der Regierung in den Vermittlungsausschuss zu
bringen.
Allerdings kann sich die Opposition in solchen Ausschüssen letztlich nicht
durchsetzten, weil die Ausschüsse entsprechend den Mehrheitsverhältnissen im BT besetzt
sind.
18 Kernbereiche des Demokratieprinzips
TOP
Neben der Beachtung der Wahlgrundsätze, die in den Artikeln 58 und 28 GG enthalten
sind, gehören die nachfolgend aufgeführten Kernbereiche zum Demokratieverständnis des
Grundgesetzes:
- Parteiengründungsfreiheit
- Mehrparteiensystem
- Recht aus Ausübung der Opposition
- Existenz demokratischer Grundrechte
- Minderheitenschutz
- Prinzip der Mehrheitsentscheidung
- Parlamentsvorbehalt für wichtige politische Entscheidungen
- Rechtsstaatsprinzip
- Transparenzgebot
Im Zusammenhang mit dem Demokratieverständnis westlicher Prägung gehört auch das
Prinzip des Primats der Politik zu den tragenden Elementen moderner Verfassungsstaaten.
19 Primat der Politik
TOP
Die vornehmste Aufgabe demokratischer Politiker wird es in naher Zukunft sein müssen,
die Instandsetzung des Staates und die Wiederherstellung des Primats der Politik über die
Wirtschaft in Angriff zu nehmen. Geschieht das nicht, wird fortschreitender Globalismus
und eine dramatisch schnelle Verschmelzung der gesamten Menschheit durch Technik und
Handel Probleme schaffen, die das Gesellschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland in
ihren Grundfesten erschüttern kann.
Die Probleme, um die es heute geht, sind hinreichend bekannt.
- Hohe Staatsverschuldung
- Steigende Staatsausgaben bei gleichzeitigem Rücklauf der Einnahmen
- Steter Anstieg der Arbeitslosenzahlen
- Zunahme der Insolvenzen
- Explosion der Sozialkosten
- Überalterung der Gesellschaft
- Stagnation der Wirtschaft
- Nullwachstum
- Globalisierung
- Rationalisierungsdruck u.a.
Der sich daraus ergebenden Wettbewerbsdruck führt auf Seiten derjenigen, die in diesem
Umfeld konkurrenzfähig bleiben wollen (Konzerne, Unternehmen, Betriebe) dazu, dass Kosten
minimiert werden müssen.
Gesamtgesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen fällt in diesem Wettbewerbsklima
schwer, weil es darum geht, entweder höchste Gewinne zu erzielen oder aber
"abgewickelt" zu werden.
Zwischenzeitlich gehört es bereits zum Sprachgebrauch führender Politiker, dass es
unvermeidbar sein wird, Besitzstände aufzubrechen.
Gemeint sind:
- Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
- Kindergeld
- Kündigungsschutz
- Arbeitslosengeld
- Staatliche Arbeitsbeschaffung
- Verlängerung der Wochen- und Lebensarbeitszeit
- Kürzung des Jahresurlaub
- Lohnkürzungen u.a.
Eines der zentralen Argumente in der zurzeit laufenden politischen Auseinandersetzung
lautet:
"Der deutsche Sozialstaat ist viel zu teuer. Seine Bürger haben sich an eine
Vollkaskomentalität gewöhnt und beziehen lieber Sozialleistungen, anstatt zu
arbeiten."
In diesem Umfeld sind Vertreter der deutschen Wirtschaft mit griffigen
Lösungsvorschlägen schnell bei der Hand. 20 Prozent Bruttolohnabschlag seinen notwendig,
um wieder Vollbeschäftigung zu bekommen, so ihre zentrale Botschaft.
Das sich aus dieser Perspektive abzeichnende frostige soziale Klima lässt bereits
heute die Prognose zu, dass die Bundesrepublik Deutschland als demokratischer und sozialer
Rechtsstaat in Zukunft nur dann keinen schweren Schaden nehmen wird, wenn es dem Primaten
der Politik, also dem vom Staatsvolk gewählten Parlament gelingen wird, Wege aus der
Krise aufzuzeigen, um im Rahmen notwendig werdender Strukturveränderungen gerechte
Lösungen umsetzen zu können.
Die blinde Anpassung an Weltmarkzwänge führt unweigerlich zu einem Zerfall sozialer
Strukturen, auf deren Funktionieren der Fortbestand freiheitlich demokratischer Systeme
angewiesen ist. Gelingt es nicht, der bisherigen negativen Entwicklung eine andere
Richtung zu geben, wird die Zerstörungskraft, die von der Radikalisierung einer
wachsenden Minderheit und von deklassierten und ausgegrenzten Menschen ausgeht,
Veränderungen herbeiführen, die die Werteordnung des Grundgesetzes in ihren Grundfesten
erschüttern kann.
TOP