In mehreren anderen Vorschriften, zum Beispiel in Artikel 29 und in Artikel 115 a des
Grundgesetzes, ist vom "Bundesgebiet" die Rede.
Das Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland umfasst seit der Wiedervereinigung 16
Länder.
- Bayern
- Baden-Württemberg
- Berlin
- Brandenburg
- Bremen
- Hamburg
- Hessen
- Mecklenburg-Vorpommern
- Niedersachsen
- Nordrhein-Westfalen
- Rheinland-Pfalz
- Saarland
- Sachsen
- Sachsen-Anhalt
- Schleswig-Holstein
- Thüringen
Mit dem Beitritt der DDR zum Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland konnte die
staatliche Einheit vollendet werden. Die rechtliche Integrität der Bundesrepublik wurde
durch den Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (EV) jedoch nicht berührt.
Weiterhin geht die h. M. davon aus, dass die Bundesrepublik Deutschland dasselbe
Völkerrechtssubjekt bleibt, das mit dem Völkerrechtssubjekt "Deutsches Reich"
identisch ist.
Da es sich bei der Bundesrepublik Deutschland um einen Staat mit Küstenregionen
handelt, ist zu klären, welch ein Teil der Küstengewässer bzw. welche Teile des
Festlandssockels zum Staatsgebiet der Bundesrepublik zählen. Im Hinblick auf die
Integrität des Luftraums ist zu klären, welche Bereiche hier zum Staatsgebiet gehören.
Die Frage nach den natürlichen Grenzen des Staates Bundesrepublik Deutschland stellt
sich aber auch im Zusammenhang mit der Nutzung von Bodenschätzen im Erdinnern.
Da im Bereich der alten Bundesländer Deutschlands weiterhin ausländische NATO-Truppen
stationiert sind, ist außerdem zu klären, ob und inwieweit von diesen Truppen genutzte
Liegenschaften zum Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland gehören.
03 Küstengewässer
TOP
Die Grenzziehung zur offenen See ist seit den 70iger Jahren international zunehmend
bedeutsamer geworden. Die bis dahin traditionell geltend gemachte Drei-Seemeilen-Zone
(Reichweite eines Kanonenschusses) wurde von einer Reihe von Staaten ausgedehnt. 1982 hat
die 3. UN-Seerechtskonferenz daher eine Konvention zur Neuaufteilung der Meere beschlossen
(United Nations Convention on the Law of the Sea - UN-Seerechtskonvention).
Die Bundesrepublik Deutschland ist dieser Konvention durch Gesetz vom 02.09.1994 (BGBl
II 1994, S. 1798) beigetreten.
Nach der Konvention können die Küstenstaaten ihr Hoheitsgebiet einseitig auf eine
Distanz von 12 Seemeilen von der Küste an gerechnet ausdehnen.
Seit dem 01.01.1995 beansprucht die Bundesrepublik Deutschland eine 12-Meilen-Zone als
Hoheitsgebiet.
Weiterhin sieht die o.g. Konvention eine 24-Seemeilen-Anschlusszone vor, die zwar nicht
zum Staatsgebiet zählt, in der aber gewisse Überwachungs- und Polizeibefugnisse des
Anrainerstaates bestehen.
In der sich daran anschließenden 200-Seemeilen-Wirtschaftszone besteht ein
ausschließliches Kontroll- und Verfügungsrecht des Anrainerstaates über die lebenden
und nicht lebenden Ressourcen des Meeres (z. B Fische, Bodenschätze). Diese Zone gehört
jedoch nicht zum Staatsgebiet, so dass dort keine Staatsgewalt ausgeübt werden darf.
04 Festlandsockel
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Bis maximal 350 Seemeilen vor der Küste dehnt sich der Festlandsockel aus, dessen
Ausbeute ausschließlich den Anrainerstaaten zusteht. Jenseits des Festlandsockels, also
im Bereich der Tiefsee, besteht keine nationale Hoheits- und Verfügungsgewalt. Um dort
Tiefseebergbau betreiben zu können, wurde eine spezielle Behörde geschaffen, die
Nutzungsrechte vergeben kann.
Das Erdinnere gehört soweit zum Staatsgebiet eines Staates, wie es wirtschaftlich
genutzt werden kann.
05 Lufthoheit für die zivile Luftfahrt
TOP
Der Begriff "Freiheit der Luft" bezeichnet im engeren Sinne Verkehrsrechte,
welche Fluggesellschaften aufgrund der nationalen Lufthoheit benötigen, um fremdes
Staatsgebiet überfliegen bzw. um Passagiere, Fracht oder Post dort absetzen oder
aufnehmen zu dürfen. Sie sind insoweit unerlässlich für die Durchführung von
grenzüberschreitendem Flugverkehr.
Durch das Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt (ICAO Abkommen - Chicago
Convention) vom 7. Dezember 1944 (BGBl. 1956 II S. 411), in der Fassung vom 1. Oktober
1998, sind Regelungen enthalten, die bei der Nutzung fremden Luftraums zu beachten sind.
Die Bundesrepublik Deutschland hat 1956 dieses Abkommen ratifiziert.
Unabhängig davon ist die Nutzung des Luftraums im Bereich der Europäischen Union
Bestandteil eines komplexen Regelwerks, das zwischen 1987 und 1993 geschaffen wurde.
Als Folge der Terroranschläge vom 11. September 2001 in New York und Washington wurden
durch EU-Regelungen verschärfte Sicherheitsstandards beschlossen, die zwischenzeitlich
auf allen innereuropäischen Flughäfen umgesetzt sind. Neben intensiven
Personenkontrollen bei der Ausreise wird auch eine lückenlose Gepäckkontrolle
durchgeführt (§ 29 c Luftverkehrsgesetz).
Obwohl es sich bei den Maßnahmen zur Sicherheit des Luftverkehrs um eine hoheitliche
Aufgabe handelt, werden Sicherheitskontrollen zu einem Großteil auf bundesdeutschen
Flughäfen von privaten Sicherheitskräften durchgeführt.
Bundesweit überwiegen sogar die privaten Fluggast-Kontrolleure: Rund 5.000 kommen von
privaten Firmen und nur noch 2.900 sind Bedienstete des Bundesgrenzschutzes (Quelle:
www.aktuell wdr.de vom 26.2.2003).
Welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen sich aus dieser Tätigkeit für private
Sicherheitskräfte ergeben können, belegt ein Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt, das
eine Abmahnung für zulässig gehalten hat, die eine im Sicherheitsbereich des Frankfurter
Flughafens tätige Mitarbeiterin erhalten hatte, weil sie eine als Lockvogel eingesetzte
"Passagierin" nicht ausreichend im Intimbereich durchsucht hatte, obwohl eine
Dienstanweisung vorgab, Fluggäste bei Verdachtsmomenten sorgfältig zu kontrollieren. Zu
der Abmahnung war es gekommen, weil trotz eines akustischen Warnsignals beim Passieren
eines Kontrollgerätes die Leibesvisitation oberflächlich durchgeführt worden war und es
deshalb dem weiblichen "Lockvogel" gelingen konnte, eine Pistole in den
Sicherheitsbereich des Flughafens zu bringen (Arbeitsgericht Frankfurt a. M., Az.:18 Ca
3062/99).
06 Lufthoheit für militärische Zwecke
TOP
Es entspricht der herrschenden Meinung, dass zur Gebietshoheit auch die
uneingeschränkte Lufthoheit gehört. Das bedeutet, dass jede Benutzung des Luftraumes
durch andere Staaten grundsätzlich von der Zustimmung des Bodenstaates abhängig ist. In
Artikel 3 des Abkommens vom 7. 12. 1944 über die Internationale Zivilluftfahrt wird
festgestellt, dass kein Militärluftfahrzeug eines Vertragspartners "das Gebiet eines
anderen Staates überfliegen oder dort landen darf, ohne die Erlaubnis, die es durch eine
besondere Vereinbarung oder auf andere Weise erhalten hat, und nur nach Maßgabe der darin
festgelegten Bedingungen. Im Gegensatz zur Seemeilenregelung im Bereich der
Küstengewässer gibt es jedoch keine vergleichbare Flughöhenbegrenzung des Luftraums.
07 NATO-Streitkräfte
TOP
Seit Inkrafttreten des 2+4-Vertrags vom 12. 9. 1990 hat Deutschland nach Artikel 7
dieses Vertrages die "volle Souveränität über seine inneren und äußeren
Angelegenheiten" erhalten. Bis dahin bestehende Reste des Besatzungsrechtes sind
hinfällig geworden. Die erlangte volle Souveränität Deutschlands schließt seitdem die
vollständige und uneingeschränkte Gebietshoheit ein. Nach der Herstellung der
staatlichen Einheit Deutschland wurden deshalb die Rechte der weiterhin im Bundesgebiet
stationierten ausländischen NATO-Streitkräfte überprüft und 1993 geändert. Im Artikel
45 des Zusatzabkommens heißt es, dass es "künftig von der Zustimmung deutscher
Behörden abhängt, unter welchen Bedingungen ein Entsendestaat Manöver oder andere
Übungen außerhalb der ihm zur ausschließlichen Nutzung überlassenen Liegenschaften
durchführen darf". Gleiches gilt nach der Neufassung des Artikel 46 auch für
Übungen und Manöver im Luftraum außerhalb der zugewiesenen Liegenschaften. Sie
unterliegen nunmehr der Zustimmung deutscher militärischer Behörden.
Die "grundsätzliche Geltung des deutschen Rechts" im Bereich der von
NATO-Truppen genutzten Liegenschaften ist seitdem gewährleistet. Insoweit gilt für die
Nutzung militärischer Liegenschaften durch ausländische NATO-Truppen - bis auf Ausnahmen
- nunmehr deutsches Recht.
Im Zusammenhang mit Fragen, die die unterschiedliche Handhabung des
Mitbestimmungsrechts der Personalvertretungen bei der Neueinstellung von Zivilangestellten
bei der Bundeswehr bzw. bei ausländischen NATO-Truppen betreffen, hat das
Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass - trotz bestehender Ungleichbehandlung - die
Art der Beteiligung von Betriebsvertretungen nicht gegen das Grundgesetz verstößt.
Die nachfolgend beigefügten Textpassagen aus dem Beschluss vom 8. Oktober 1996 macht
deutlich, in welch einem sensiblen Umfeld sich die völlige Souveränität der
Bundesrepublik Deutschland realisiert.
BVerfGE 95, 39 (NATO-Betriebsvertretungen) vom 8. Oktober 1996
08 Staatsvolk
TOP
Artikel 20 Abs. 2 Satz 1 GG bestimmt, dass das Staatsvolk der Bundesrepublik
Deutschland Träger und Subjekt der Staatsgewalt ist.
Artikel
20 GG
Staatsvolk im Sinne des Grundgesetzes sind Deutsche mit deutscher Staatsangehörigkeit
und ihnen nach Artikel 116 Abs. 1 GG gleichgestellte Personen (Deutsche mit deutscher
Volkszugehörigkeit).
Artikel
116 GG
Staatsgewalt, die von den Bundesländern wahrgenommen wird, kann ebenfalls nur von
Personen getragen werden, die Deutsche im Sinne des Grundgesetzes sind.
Die Zugehörigkeit zum Staatsvolk der Bundesrepublik wird grundsätzlich durch die
Staatsangehörigkeit vermittelt. Sie ist "die rechtliche Voraussetzung für den
gleichen staatsbürgerlichen Status, der einerseits gleiche Pflichten, zum anderen aber
auch staatsbürgerliche Rechte begründet, durch deren Ausübung die Staatsgewalt in der
Demokratie ihre Legitimation erhält (BVerfGE 83, 37-59)".
Das bedeutet jedoch nicht, dass dem Gesetzgeber jede Einwirkung auf die Zusammensetzung
des Staatsvolkes im Sinne von Artikel 20 GG verwert ist. Vielmehr enthält das Grundgesetz
eine Regelung, die den Gesetzgeber dazu legitimiert, Voraussetzungen für den Erwerb und
den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit zu schaffen (Artikel 73 Nr. 2 GG).
In diesem Zusammenhang enthält das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG), das 1999
grundlegend verändert und modifiziert wurde, einschlägige Regelungen.
Nach § 3 StAG kann die deutsche Staatsangehörigkeit erworben werden.
- durch Geburt
- durch Erklärung
- durch Annahme als Kind
- durch Ausstellung der Bescheinigung im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes
- durch Überleitung als Deutscher ohne deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne des
Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie
- durch Einbürgerung
§
3 StAG
Hinsichtlich des Prinzips, das dem Erwerb der Staatsangehörigkeit zugrunde liegt,
sieht das StAG eine Mischung von Abstammungs- und Territorialprinzip vor.
In Anlehnung an die dezidierten Regelungen des § 4 StAG erwirbt zum Beispiel ein Kind
die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit
besitzt (Abstammungsprinzip). Wird ein Kind ausländischer Eltern im Inland geboren,
erwirbt ein Kind ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein
Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und
eine Aufenthaltsberechtigung oder seit drei Jahren eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis
besitzt (Territorialprinzip).
09 Rechte und Pflichten
TOP
Die Staatsbürgerschaft ist mit Rechten und Pflichten verbunden. Bei den Rechten, die
mit der Staatsbürgerschaft verbunden sind, handelt es sich nach dem Wortlaut des
Grundgesetzes um Rechte, die allen Deutschen vorbehalten sind und insoweit auch Deutsche
ohne deutsche Staatsbürgerschaft, also Personen mit deutscher Volkszugehörigkeit
einbeziehen.
- Artikel 8 GG (Versammlungsfreiheit)
- Artikel 9 GG (Vereins- und Koalitionsfreiheit)
- Artikel 11 GG (Freizügigkeit)
- Artikel 12 GG (Berufs- und Arbeitsplatzfreiheit)
- Artikel 16 GG (Staatsangehörigkeit, Auslieferung)
- Artikel 33 GG (Berufsbeamtentum)
Bei diesen Artikeln handelt es sich um so genannte Deutschenrechte. Dennoch können
sich im Bundesgebiet auch Ausländer versammeln, Vereinen und Koalitionen beitreten und
einen Arbeitsplatz weitgehend frei wählen. Entsprechende Regelungen sind in den
einschlägigen Bundesgesetzen enthalten (Versammlungsgesetz, Vereinsgesetz etc.), die
grundsätzlich Jedermann die Ausübung der o.g. Rechte gewähren.
Soweit es sich um Ausländer aus Mitgliedstaaten der EU handelt, sind diese im Hinblick
auf die Freizügigkeit, der Ausübung der Berufsfreiheit sowie des Zugangs zu
öffentlichen Ämtern deutschen Staatsbürgern gleichgestellt.
10 Ausübung des Wahlrechts
TOP
Der für die Legitimation der Staatsgewalt notwendige Akt der Übertragung von
Volkssouveränität auf die Volksvertreter vollzieht sich in der Bundesrepublik durch
Wahlen.
Die Ausübung dieses Rechtes ist auf Bundes- und Landesebene ausschließlich Deutschen
vorbehalten. Im Gegensatz dazu bestimmt Artikel 28 Abs. 1 S. 3 GG, dass bei Wahlen in
Kreisen und Gemeinden auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates
der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen
Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar sind.
Artikel
28 GG
Wahlberechtigt in diesem Sinne ist, wer die Unionsbürgerschaft besitzt.
Gemäß Artikel 17 des EG-Vertrags ist Unionsbürger, wer die Staatsangehörigkeit
eines Mitgliedstaats der Europäischen Union besitzt. Die Unionsbürgerschaft, die die
nationale Staatsbürgerschaft ergänzt, aber nicht ersetzt, umfasst eine Reihe von Rechten
und Pflichten.
Die Unionsbürgerschaft gewährt u.a. folgende Rechte
- Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten
(Artikel 18 EG-Vertrag)
- Aktives und passives Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament und bei den
Kommunalwahlen in dem Mitgliedstaat, in dem der Unionsbürger seinen Wohnsitz hat, wobei
für ihn dieselben Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden
Mitgliedstaats (Artikel 19 EG-Vertrag)
Das Wahlrecht der Unionsbürger ist in nachfolgend aufgeführten EU-Richtlinien näher
konkretisiert.
- Richtlinie 93/109/EG des Rates vom 6. Dezember 1993 über die Einzelheiten der Ausübung
des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Parlament für
Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht
besitzen
- Richtlinie 94/80/EG des Rates vom 19. Dezember 1994 über die Einzelheiten der Ausübung
des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Kommunalwahlen für Unionsbürger mit Wohnsitz
in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen
11 Wahlrecht und Deutscheneigenschaft
TOP
Da die "Deutscheneigenschaft" nach dem Willen des Grundgesetzes der
Anknüpfungspunkt für die Zugehörigkeit zum Volk als dem Träger der Staatsgewalt ist,
wird für die Ausübung des Wahlrechts anlässlich von Landtags- und Bundestagswahlen
diese Eigenschaft vorausgesetzt.
Gemäß Artikel 116 GG sind Deutsche nicht nur die deutschen Staatsangehörigen,
sondern auch Personen deutscher Volkszugehörigkeit, die im Gebiet des Deutschen Reiches
nach dem Stande vom 31.12.1937 als Flüchtlinge oder Vertriebene Aufnahme gefunden haben.
Im dritten Abschnitt des Bundeswahlgesetzes sind die einschlägigen Regelungen
enthalten, die sowohl das aktive als auch das passive Wahlrecht betreffen ( § 12
Bundeswahlgesetz - Wahlrecht; § 15 Bundeswahlgesetz - Wählbarkeit).
§
12 BWahlG
§ 15 BWahlG
12 Ausländerwahlrecht
TOP
Im Zusammenhang mit Gesetzesinitiativen zum Ausländerwahlrecht auf Landesebene hat das
Bundesverfassungsgericht im Jahr 1990 entsprechende Gesetze des Landes Schleswig-Holstein
(BVerfGE 83, 37 - 59) und der Freien und Hansestadt Hamburg (BVerfGE 83, 60) als nicht mit
dem Grundgesetz vereinbar und somit für ungültig erklärt.
Die Entscheidung geht auf die Eingabe von 224 Mitglieder des Deutschen Bundestages
zurück - sämtlich Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion - die 1990 beim
Bundesverfassungsgericht beantragt hatten, das Ausländerwahlrechtsgesetz der Freien und
Hansestadt Hamburg sowie das Ausländerwahlrechtsgesetz des Landes Schleswig-Holstein für
nichtig zu erklären. Nach ihrer Auffassung kollidiert ein Ausländerwahlrecht in
mehrfacher Hinsicht mit dem Grundgesetz. Es verstoße gegen das Gebot der Demokratie in
bundesstaatlicher Homogenität, gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl zu den
Volksvertretungen in Gemeinden und Kreisen (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 2O Abs. 1
und 2 GG), gegen die institutionelle Garantie der deutschen Staatsangehörigkeit (Art. 16
Abs. 1, 116 GG) und gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
Für den Fall, dass Ausländern (keine EU-Bürger) ein Wahlrecht zugebilligt werden
soll, bedarf ein solches Gesetz der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des
Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates (Artikel 79 GG).
Artikel
79 GG
Unabhängig von den Bundesverfassungsgerichtsentscheiden aus dem Jahr 1990 hat es in
den Folgejahren weitere Gesetzesinitiativen gegeben, die das Ausländerwahlrecht betrafen.
Im Februar 1998 wurde zum Beispiel ein Gesetzesentwurf in den Bundesrat eingebracht,
der vorsah, allen in Deutschland lebenden Ausländern das Kommunalwahlrecht einzuräumen.
In der Begründung hieß es, dass es notwendig sei, die Integration von Ausländern zu
fördern.
Ein Jahr später, im Februar 1999, wurde auf Initiative der SPD-regierten Bundesländer
Hessen und Rheinland-Pfalz die Vorlage aus dem Jahr 1998 erneut in den Bundesrat
eingebracht.
Seit 1999 dürfen Staatsangehörige aus EU-Mitgliedsstaaten ihre Stimme anlässlich von
Kommunal- und Europawahlen abgeben.
Jeder Ausländer, der wählen gehen möchte, muss am Tag der Wahl 16 Jahre oder älter
sein, aus einem EU-Mitgliedsland kommen und länger als drei Monate in seiner Gemeinde mit
Erstwohnsitz gemeldet sein. Wer diese Voraussetzungen erfüllt, wird automatisch ins
Wählerverzeichnis eingetragen.
Nicht wahlberechtigt sind Ausländer, die aus einem Land außerhalb der Europäischen
Union stammen oder sich in Deutschland um Asyl bewerben.
13 Staatsgewalt
TOP
Artikel 20 GG bestimmt, dass das Volk Träger der Staatsgewalt ist.
Artikel
20 GG
Staatsgewalt setzt Herrschaftsmacht voraus, deren Aufgabe es ist, einen für jedermann
verbindlichen rechtlichen Ordnungsrahmen vorzugeben und dafür zu sorgen, dass dieser
Ordnungsrahmen eingehalten wird. Dass dies Macht voraussetzt, dass im Konfliktfall
geltendes Recht auch notfalls mit staatlich legitimierten Zwangsmitteln durchgesetzt
werden können muss, ist in der allgemeinen Staatslehre unbestritten. Die Möglichkeit des
Staates, Zwang anwenden zu können, ist deshalb für einen Staat eine unverzichtbare
Eigenschaft. Kehrseite dieser Macht des Staates ist es, dass andere Gruppen im Staate kein
Recht zur Gewaltanwendung haben. Das Gewaltmonopol hat sich ausschließlich in den Händen
des Staates zu befinden.
Außer durch Wahlen und Abstimmungen wird Staatsgewalt durch besondere Organe der
Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
Dieser Zusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft wird vor allem durch die
Wahl des Parlaments, durch die vom Parlament beschlossenen Gesetze als Maßstab des
Handelns der vollziehenden Gewalt, durch den parlamentarischen Einfluss auf die Politik
der Regierung und durch die grundsätzliche Weisungsgebundenheit der Verwaltung gegenüber
der Regierung hergestellt (BVerfG 93, 67).
Während der Gesetzgeber im Rahmen der Ausübung ihm übertragener Staatsgewalt an die
verfassungsmäßige Ordnung gebunden ist, sind die Organe der vollziehenden Gewalt und der
Rechtsprechung dem Gesetz und dem Recht verpflichtet.
Die Formel "Recht und Gesetz" soll das Bewusstsein dafür schärfen, dass
sich Gesetz und Recht in einem Rechtstaat zwar faktisch im allgemeinen decken, dass dies
aber nicht zwangsläufig in jedem Fall gegeben sein muss.
14 Hoheitsbefugnisse des Gesetzgebers
TOP
Aufgabe des Gesetzgebers ist es, für jedermann verbindliche Regeln aufzustellen
(Rechtsordnung). Darüber hinaus ist es Aufgabe des Gesetzgebers, die für
Regelverletzungen vorgesehenen Sanktionen vorzugeben. Außerdem ist es seine Aufgabe, der
Verwaltung Befugnisse an die Hand zu geben, damit im Konfliktfall erforderlich werdende
Maßnahmen mit Zwang durchgesetzt werden können.
15 Staatsgewalt der Exekutive
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In einem Rechtstaat ist unbestritten, dass jegliche Form der Ausübung von Staatsgewalt
der demokratischen Legitimation bedarf. Dies gilt jedenfalls uneingeschränkt für
hoheitliches Handeln mit Entscheidungscharakter (BVerfGE 83, 60, 73). Dabei ist es
unerheblich, ob die Staatsgewalt unmittelbar nach außen wirkt, oder sich gegen eine
Person innerhalb einer Behörde richtet (behördeninterne Regelung).
Unbestritten ist, dass jegliche Form belastenden Verwaltungshandelns einer gesetzlichen
Legitimation bedarf.
Die für die Exekutive/Verwaltung tätigen Amtswalter besitzen dann die
uneingeschränkte persönliche Legitimation für die Ausübung ihres Amtes, wenn ihnen ihr
Amt auf verfassungsmäßige Art und Weise übertragen wurde
Ist das der Fall, greift im vollen Umfang der Grundsatz der persönlichen Verantwortung
für Maßnahmen, die von Amtswaltern angeordnet und durchgesetzt werden.
In diesem Zusammenhang sind es insbesondere Polizeivollzugsbeamte, die im Rahmen
übertragener Aufgaben oftmals in Situationen geraten, in denen getroffene Anordnungen mit
Zwang durchgesetzt werden müssen, z.B. vorläufige Festnahme, Durchsuchung, Blutprobe,
Beschlagnahme, ed-Behandlung etc, Schusswaffengebrauch gegen Personen und Sachen,
Eingriffsmaßnahmen zur Gefahrenabwehr u.a.
16 Richterliche Gewalt
TOP
Die Aufgaben der richterlichen Gewalt (Dritte Gewalt) wird durch die Regelungen von
Artikel 92 GG konkretisiert.
Darüber hinaus sind der richterlichen Gewalt alle Aufgaben übertragen, die sich aus
anderen Artikeln des Grundgesetzes ableiten lassen (Artikel 93 GG).
Artikel 19 Abs. 4 GG ermöglicht es jedermann, die Gerichte anzurufen, wenn er durch
die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird. In einem solchen Fall steht im
der Rechtsweg offen.
Eine vom Grundgesetz selbst vorgegebene gerichtliche Zuständigkeit besteht darüber
hinaus auch in folgenden Fällen:
- Anordnung von Freiheitsentziehungen, Artikel 104 Abs. 2 und 3 GG
- Erwirkung von Durchsuchungsbeschlüssen, Artikel 13 Abs. 2 GG
Insbesondere im Zusammenhang mit der Durchsuchung von Wohnungen hat das BVerfG
entschieden, dass es nicht im freien Ermessen der Strafverfolgungsbehörden steht, zu
bestimmen, wann Gefahr im Verzuge gegeben ist (BVerfG BVR 1444/00 vom 20. Februar 2001).
Die Kompetenz, Kriminalstrafen zu verhängen, gehört in den ausschließlich der
Rechtsprechung vorbehaltenen Aufgabenbereich.
17 Ausnahmen
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Das Prinzip der Gewaltenteilung erlaubt es, dass Rechtsschutz gegenüber Maßnahmen der
Exekutive ausnahmsweise nicht durch Gerichte, sondern durch vom Parlament bestellte oder
gebildete, unabhängige Institutionen gewährt wird (Artikel 10 Abs. 2 GG).
Artikel
10 GG
18 Unvereinbarkeit von Gesetz und Recht
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In diesem Spannungsfeld ist es insbesondere Aufgabe der richterlichen Gewalt, dem Recht
Geltung zu verschaffen. Sollten sich im Einzelfall Gesetz und Recht nicht decken, ist es
Aufgabe des Richters, durch rational nachvollziehbare Argumentationen aufzuzeigen, warum
das geschriebene Gesetz seiner Funktion nicht nachkommen kann, ein Rechtsproblem gerecht
zu lösen. Die auf diese Art und Weise beschriebene Lücke gilt es durch richterliche
Entscheidung nach den Maßstäben der praktischen Vernunft und den "fundierten
allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen der Gemeinschaft" (BVerfGE 9, 338, 349) zu
schließen.
Diese Aufgabe und Befugnis zur "schöpferischer Rechtsfindung" ist im
Geltungsbereich des Grundgesetzes unbestritten. Der Gesetzgeber hat die Großen Senate der
obersten Gerichtshöfe des Bundes sogar beauftragt, bei der "Fortbildung des
Rechts" mitzuwirken.
In Ausnahmesituationen obliegt es auch der Exekutive, gegen den Gesetzeswortlaut dem
Recht Geltung zu verschaffen. So ist z.B. gem. § 15 Abs. 3 des Versammlungsgesetzes eine
verbotene Versammlung aufzulösen. Gleichwohl muss die zuständige Versammlungsbehörde
aus Rechtsgründen auf eine Auflösung verzichten, wenn die Auflösung mit angemessenen
Mitteln nicht möglich ist.
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