01
Allgemeines zur Neuregelung von § 81e StPO
TOP
Durch das Gesetz zur
effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des
Strafverfahrens vom 17.08.2017 (BGBl. I S. 3202), in Kraft
getreten am 24.08.2017, wurde
§ 81e StPO (Molekulargenetische
Untersuchung) geändert.
Zur Begründung der
Neuregelung heißt es in der BT-Druck. 18/11277 vom 22.02.2017
auf Seite 22 wie folgt:
§ 81e
Abs. 1 S. 1 StPO (Molekulargenetische Untersuchung)
»enthält eine präzisierende redaktionelle Änderung. Es wird
klargestellt, dass die molekulargenetische Untersuchung die
Erstellung eines DNA-Identifizierungsmusters sowie die
Bestimmung der Abstammung und des Geschlechts umfasst. Bislang
war dies mit der Formulierung umschrieben worden, dass
festgestellt werden solle, das aufgefundene Spurenmaterial
stamme vom Beschuldigten oder dem Verletzten.
Die weitere Voraussetzung,
wonach die Untersuchung nur dann erfolgen darf, wenn sie zur
Erforschung des Sachverhaltes erforderlich ist, hat bislang im
Gesetzestext keine ausdrückliche Erwähnung gefunden; dies wird
daher ergänzt.
An anderer Stelle heißt
es:
In der Praxis bestehen
gelegentlich Zweifel, was konkret unter »Spurenmaterial«
zu verstehen ist und wann Untersuchungen nach § 81e Absatz 2
StPO oder aber nach § 81e Absatz 1 StPO durchgeführt werden
dürfen.
Häufig ist unklar, ob es
sich bei dem gesicherten Material um eine Spur des Täters,
Material des Opfers oder überhaupt eine mit der Tat in
Zusammenhang stehende Spur handelt. Beispielsweise zu erwähnen
ist hier die in Tatortnähe aufgefundene Zigarettenkippe. Bei
dieser ist in der Regel nicht mit Sicherheit zu sagen, von wem
sie stammt.
Rührt das an ihr
aufgefundene Körpermaterial möglicherweise von dem Beschuldigten
her, eröffnet das den Anwendungsbereich der §§ 81a, 81e Absatz 1
StPO (...) mit der Folge, dass eine Untersuchung gemäß § 81f
Absatz 1 StPO nur mit Einwilligung der betroffenen Person oder
durch das Gericht durchgeführt werden darf.
Dies und die Frage, ob es
sich um eine Spur im engeren Sinne handelt, soll durch die
beabsichtigte Untersuchung aber erst geklärt werden. Kann das zu
untersuchende Material einer Person zugeordnet werden, deren
Identität bekannt ist, soll der Einwilligungs- bzw. der
Richtervorbehalt des
§ 81f Absatz 1 StPO entsprechend
gelten, um den Einklang mit der Regelung in § 81e Absatz 1 StPO
zu bewahren.
Und auf Seite 20 heißt es:
Mit den vorgeschlagenen
Änderungen der §§ 81e und 81h StPO soll sichergestellt werden,
dass aus dem Abgleich der DNA-Identifizierungsmuster künftig
auch solche Erkenntnisse zur Erforschung des Sachverhalts
verwertet werden dürfen, die auf ein nahes
Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Spurenverursacher und dem
Probengeber hindeuten. [En01] 1
[Abgrenzung zu § 81g
StPO:] Im Gegensatz zu
§ 81g StPO
(DNA-Identitätsfeststellung), der das Ziel verfolgt, künftige
Straftaten besser aufklären zu können, dienen
molekular-genetische Untersuchungen auf der Grundlage von
§ 81e StPO (Molekulargenetische
Untersuchung) dem Zweck, ein laufendes Verfahren zu
erleichtern. Diesbezüglich heißt es im § 81e StPO: »dies zur
Erforschung des Sachverhalts erforderlich ist«.
[DNA-Untersuchungen von
an Tatorten sichergestellten anonymen Spuren:] In den
weitaus meisten Fällen werden molekular-genetische Spuren an
Tatorten im Rahmen der dort durchgeführten Spurensicherung
sichergestellt und einer molekulargenetischen Untersuchung
unterzogen, die von unbekannten Tätern stammen.
[Beispiel:] Anlässlich eines Wohnungseinbruchsdiebstahls in
eine dauerhaft zu Wohnzwecken benutzte Wohnung, einem Verbrechen
im Sinne von
§ 244 Abs. 4 StGB, sichern Polizeibeamte
Blutspuren, die der Täter am Fensterrahmen hinterlassen hat, als
er das Fenster aufhebelte und sich dabei verletzte. Rechtslage?
Soweit die Strafverfolgung
sich anlässlich solcher Sicherungsmaßnahmen gegen »unbekannt«
richtet, finden die Regelungen der §§ 81e ff StPO keine
Anwendung, denn die setzen einen »Beschuldigten« oder
»andere Personen« (Zeugen oder Opfer) voraus, deren Körperzellen
benötigt werden, um in einem konkreten Verfahren vorhandene
DNA-Identifizierungsmuster miteinander abgleichen zu können.
Sowohl die Erhebung als auch die Untersuchung solcher
Tatortspuren erfolgt auf der Grundlage von
§ 163 StPO
(Aufgaben der Polizei im Ermittlungsverfahren). Näheres dazu
siehe auch Randnummer 02.2 Spurensicherung am Tatort.
02
DNA-Analyse und DNA-Identifizierungsmuster
TOP
Die Technik der
DNA-Analyse ist heute eines der effektivsten Mittel der
Strafverfolgung.
[DNA:] Die Baupläne
aller Lebewesen sind in einer Substanz aufgezeichnet, die
chemisch als Desoxyribonucleinsäure (DNS, engl. DNA) bezeichnet
wird. Für die polizeiliche DNA-Analyse in Deutschland werden
ausschließlich Abschnitte aus den nicht codierenden Bereichen
herangezogen.
Diese Beschränkung stellt
sicher, dass keine Informationen über:
erhoben
werden.
Der internationale
Standard für eine DNA-Analyse wird durch die Verwendung von 12
Merkmalssystemen gebildet. In Deutschland wird zusätzlich ein
weiteres (13. Merkmalssystem) analysiert. Somit wird national
eine noch höhere Sicherheit bei der Identifizierung erreicht.
Die Zuverlässigkeit der DNA-Analyse ist sehr hoch. In der
mitteleuropäischen Bevölkerung kann eine Übereinstimmung nur
einmal unter mehreren hundert Millionen Personen erwartet
werden.
[Bedeutung der
DNA-Analyse für die Strafverfolgung:] Mit Hilfe der
DNA-Analyse sind heute praktisch alle menschlichen Körperzellen
(wie Blut, Muskelgewebe, Hautzellen, Knochen, Haare, Sperma,
Speichel, Schweiß) molekulargenetisch auswertbar. Das bei der
Analyse festgestellte Identifizierungsmuster ist
individualcharakteristisch und kann daher mit hoher Sicherheit
einer bestimmten Person zugeordnet werden.
[Beispiel:] Am Tatort wird eine Zigarettenkippe von der
Polizei sichergestellt, die aller Voraussicht nach der Täter am
Tatort geraucht hat.
Die an der Zigarettenkippe
anhaftenden Körperzellen reichen aus, um die DNA des Rauchers
und somit des mutmaßlichen Täters festzustellen.
02.1
Verfassungsrechtliche Zulässigkeit
TOP
Das BVerfG hat mit
Beschluss vom 18.09.1995, Az.: 2 BvR 103/92 im Zusammenhang mit
einer molekulargenetischen Untersuchung einer entnommenen
Blutprobe festgestellt, dass Untersuchungen dieser Art
grundsätzlich mit der Verfassung vereinbar sind.
In dem Beschluss heißt es
in den Leitsätzen:
»Die verfassungsrechtlich
zureichende Grundlage für einen möglichen Eingriff in das
informationelle Selbstbestimmungsrecht findet sich (...) in §
81a StPO, wonach die Verwertung zur Feststellung von Tatsachen,
die für das Verfahren von Bedeutung sind, zulässig ist«. [En02]
2
02.2
Spurensicherung am Tatort
TOP
Körperzellen, die von der
Polizei an Tatorten gesichert werden oder an anderen
Beweisgegenständen anhaften, können einer molekular-genetischen
Untersuchung zugeführt werden.
[Beispiel:] Anlässlich eines Einbruchdiebstahls sichern
Polizeibeamte am Tatort Blutspuren, die der Einbrecher am
Fensterrahmen hinterlassen hat, als er das Fenster gewaltsam
aufhebelte.
[Beispiel:] Am Tatort eines Gewaltverbrechens wird ein Glas
sichergestellt, aus dem der Täter getrunken hat.
Im Beschluss des BGH vom
07.05.2004 - 2 ARs 153/04 - 2 AR 73/04 heißt es:
[Rn. 10:] Auch bei
Spurenmaterial nimmt die Untersuchungshandlung ihren Anfang mit
der Aufnahme der Körperzellen, die auf spätere Gewinnung der
DNA-Erkenntnisse gerichtet ist. Die Sicherstellung und die
Asservierung leiten die molekulargenetische Untersuchung als
Vorstufe ein. Dass für aufgefundenes und sichergestelltes
Material keine richterliche Anordnung im Hinblick auf die
Asservierung gesetzlich vorgeschrieben ist, steht dem nicht
entgegen. [En03] 3
[Kein richterlicher
Beschluss erforderlich:] Molekulargenetisches Material, das
weder einem Beschuldigten noch einer anderen »bekannten« Person
zugeordnet werden kann, darf von der Polizei gesichert und in
amtliche Verwahrung genommen werden, ohne dass dadurch die
spezialgesetzlichen Regelungen der §§ 81e bis 81h StPO berührt
sind.
Grund dafür ist, dass
durch die Neufassung der Normen in der StPO, die diesen Bereich
regeln, im Jahr 2005 der Richtervorbehalt für den Bereich der
Spurensicherung gestrichen wurde.
Diesbezüglich heißt es in
der BT-Drucksache 15/5674 vom 14. 06. 2005:
»Mit den vorgesehenen
Modifizierungen des Richtervorbehalts für eine DNA-Analyse wird
sichergestellt, dass künftig eine vorherige richterliche
Anordnung nur dort erfolgen muss, wo dies als präventiver Schutz
des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung angemessen
ist (...).
Dementsprechend kann auf
eine richterliche Entscheidung dann verzichtet werden, wenn
lediglich Spurenmaterial zu untersuchen ist.
Im Zeitpunkt der
molekulargenetischen Untersuchung einer Spur steht naturgemäß
der Spurenverursacher noch nicht fest. Dieser kann vielmehr erst
durch eine vergleichende Untersuchung, die ihrerseits die
weiterhin unter Richtervorbehalt stehende Entnahme von
Körperzellen bei einer bestimmten Person voraussetzt, ermittelt
werden.« [En04] 4
Und in dem Gesetzesentwurf
zur Neuregelung der DNA-Analyse für Strafverfolgungszwecke aus
2005 heißt es sinngemäß:
»Der
Richtervorbehalt für die molekulargenetische Untersuchung von
(»anonymen«) Spuren wird gestrichen. Die Untersuchung kann
künftig von der StA und der Polizei angeordnet werden. Das führt
zu einer Erleichterung und Entlastung in der Praxis.« [En05]5
[Sicherstellungsbefugnis:] Die Sicherstellung anonymen
Spurenmaterials regeln die §§ 81e bis § 81h StPO nicht.
Soweit es sich um eine
bloße Sicherstellung anonymer Spuren handelt, kommt für diese
Form der Spurensicherung
§ 163 StPO (Aufgaben der Polizei
im Ermittlungsverfahren) als Ermächtigungsgrundlage in Betracht.
Befindet sich die Spur an
einem Spurenträger, der vom Gewahrsamsinhaber der Polizei zur
Spurensicherung nicht freiwillig zur Verfügung gestellt wird,
ist solch ein Gegenstand auf der Grundlage von
§ 94 StPO
(Sicherstellung von Beweisgegenständen) so lange zu
beschlagnahmen, bis die Spur gesichert wurde.
[Kein Richterbeschluss
erforderlich:] Die molekulargenetische Untersuchung
sichergestellten (anonymen) Spurenmaterials ist ohne
richterliche Anordnung zulässig.
[Beispiel:] Am Tatort verlorene Kopfhörer sind einem
Tankstellenräuber zum Verhängnis geworden. Die DNA-Spuren an den
Gummi-Stöpseln führten zu dem Mann, dessen DNA-Profil bereits in
der Datenbank beim BKA einlag. Gegen den 25-jährigen
Tatverdächtigen wurde Anklage wegen schwerer räuberischer
Erpressung erhoben (Pressemeldung der WN vom 25. März 2015).
Die am Tatort
aufgefundenen Kopfhörer wurden sichergestellt und einer
molekulargenetischen Untersuchung zugeführt, ohne dass dafür ein
richterlicher Beschluss erforderlich war.
03
DNA-Datei beim BKA
TOP
Anfang 2017 umfasste die
DNA-Analyse-Datei des BKA einen Bestand von 1.172.987
Datensätzen. Diese Gesamtzahl setzt sich zusammen aus 866.104
Personendatensätzen und 306.883 Spurendatensätzen. Jeden Monat
werden ca. 8.400 neue Datensätze in der DNA-Analyse-Datei
erfasst.
Aufgrund von Fristablauf
oder aus anderen Gründen wurden seit 1998 etwa 509.513
Datensätze wieder gelöscht.
Seit Errichtung der Datei
wurden 242.210 Treffer erzielt (Stand: 31.03.2017). Hierbei
wurde in 50.818 Fällen ein Tatzusammenhang festgestellt
(Spur-Spur-Treffer, d.h. derselbe Spurenverursacher an
verschiedenen Tatorten). 191.392
mal wurde eine Tatortspur einer Person,
einem Spurenverursacher, zugeordnet und damit vermutlich eine
Tat aufgeklärt. [En06] 6
[Hinweis:] Die
Datenmenge molekulargenetischer Analysen ist darauf
zurückzuführen, dass entsprechendes Material an Tatorten
sichergestellt, analysiert und dann in die DNA-Datei des BKA
aufgenommen werden kann, ohne dass es dazu einer richterlichen
Anordnung bedarf.
[Wachstumsprobleme:]
Die rapiden Zuwächse von DNA-Analysen aufgrund anonymer
Tatortspuren haben dazu geführt, dass es zu einem
Bearbeitungsstau und zu einer Kostenexplosion gekommen ist, auf
die bereits in der BT-Drucksache 15/5674 vom 11.05.2001
hingewiesen wurde, als der Richtervorbehalt für
molekulargenetische Untersuchungen von Spuren an Tatorten
gestrichen wurde.
Dort heißt es, »dass durch
die Herabsetzung der Anforderungen an eine DNA-Analyse für
Zwecke künftiger Strafverfahren zu erwarten ist, dass die Anzahl
der DNA-Analysen zunehmen und zu nicht näher quantifizierbaren
Haushaltsmehrausgaben bei den für die Durchführung von
Strafverfahren primär zuständigen Ländern führen wird«.
An anderer Stelle heißt
es:
»Um eine sichere Zuordnung
einer Spur zu einer Person zu ermöglichen, reichen heute bereits
Mikrospuren aus, die mit dem bloßen Auge nicht mehr zu erkennen
sein müssen«. [En07] 7
Die hohe Anzahl
molekular-genetischer Untersuchungen hat zum Beispiel im Land
Berlin dazu geführt, dass die Berliner Polizei nicht mehr allen
Spuren nachgehen soll. [En08] 8
04 § 81e
StPO im Überblick
TOP
Auf der Grundlage von
§ 81e StPO (Molekulargenetische
Untersuchung) dürfen erhobene und in amtliche Verwahrung
genommene Körperzellen molekulargenetisch untersucht
werden, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:
Regelungsinhalt: § 81e
Abs. 1 StPO
Das erlangte Material muss
auf der Grundlage von:
erlangt
worden sein.
Die molekular-genetische
Untersuchung der erhobenen Körperzellen muss zur Erforschung
eines konkreten Sachverhalts erforderlich sein.
An diesem Material darf
das:
des »Beschuldigten«
oder einer »anderen Person« (Zeuge oder Opfer)
festgestellt werden, soweit dies zur Erforschung des
Sachverhalts erforderlich ist. Die Ergebnisse der Untersuchung
können mit vorhandenem Vergleichsmaterial abgeglichen werden.
Andere Feststellungen
dürfen nicht erfolgen; hierauf gerichtete Untersuchungen sind
unzulässig.
Regelungsinhalt: § 81e
Abs. 2 StPO:
Nach Absatz 1 zulässige
Untersuchungen dürfen auch an aufgefundenem, sichergestelltem
oder beschlagnahmtem Material durchgeführt werden.
[Hinweis:] § 81e
Abs. 2 StPO findet nur in konkreten laufenden
Ermittlungsverfahren Anwendung.
Nicht gemeint sind
Untersuchungen anonymer Tatortspuren.
Die werden auf der
Grundlage von
§ 163 StPO (Aufgabe der Polizei im
Ermittlungsverfahren) erhoben und können auf der Grundlage
dieser Befugnis auch molekulargenetisch untersucht werden.
Ist bekannt, von welcher
Person das Material stammt, greift
§ 81f Absatz 1 StPO
(Verfahren bei der molekulargenetischen Untersuchung)
entsprechend.
Absatz 1 Satz 2 und § 81a
Abs. 3 erster Halbsatz gelten entsprechend.
-
Absatz 1 Satz 2
Andere Feststellungen dürfen nicht erfolgen; hierauf
gerichtete Untersuchungen sind unzulässig.
-
§ 81a Abs. 3 erster
Halbsatz Dem Beschuldigten entnommene Blutproben oder
sonstige Körperzellen dürfen nur für Zwecke des der Entnahme
zugrundeliegenden oder eines anderen anhängigen
Strafverfahrens verwendet werden.
04.1
Zugelassene Rechtsfolge des § 81e StPO
TOP
Rechtmäßig erhobenes
molekulargenetisches Material kann auf der Grundlage von
§ 81e StPO (Molekulargenetische
Untersuchung) untersucht werden, um folgende
Feststellungen zu ermöglichen:
Der jeweils gewonnene
»genetische Fingerabdruck« kann mit vorhandenem
Vergleichsmaterial abgeglichen werden, soweit dies zur
Erforschung des Sachverhalts erforderlich ist.
Andere Feststellungen
dürfen nicht erfolgen; hierauf gerichtete Untersuchungen sind
unzulässig.
Mit anderen Worten:
Zugelassene Rechtsfolgen
sind:
[Vernichtung erhobenen
molekulargenetischen Materials:] Dazu heißt es im
§ 81a
Abs. 3 StPO (Körperliche Untersuchung
des Beschuldigten; Zulässigkeit körperlicher Eingriffe) wie
folgt:
(3) Dem Beschuldigten
entnommene Blutproben oder sonstige Körperzellen dürfen nur für
Zwecke des der Entnahme zugrundeliegenden oder eines anderen
anhängigen Strafverfahrens verwendet werden; sie sind
unverzüglich zu vernichten, sobald sie hierfür nicht mehr
erforderlich sind.
Für andere Personen ergibt
sich diese Verpflichtung zur Vernichtung ebenfalls aus
§ 81a
Abs. 3 StPO, weil
§ 81c Abs. 5 StPO (Untersuchung
anderer Personen) darauf verweist.
[Beispiel:] Anlässlich einer sexuellen Gewalttat ordnet die
Polizei eine körperliche Untersuchung des Opfers an. Von einem
Gynäkologen werden Spuren gesichert, die vom Täter stammen. Um
eine eindeutige Zuordnung der Fremdspuren bestimmen zu können,
werden auch körpereigene Zellen der Frau gesichert und einer
molekulargenetischen Untersuchung unterzogen. Rechtslage?
Die Entnahme der oben
beschriebenen Körperzellen erfolgte auf der Grundlage von
§
81c StPO (Untersuchung anderer Personen) im Rahmen eines
laufenden Strafverfahrens.
Das in amtliche Verwahrung
genommene (sichergestellte) Material darf im Anschluss daran auf
der Grundlage von
§ 81e StPO (Molekulargenetische
Untersuchung) einer DNA-Analyse unterzogen werden, weil das für
die Ermittlung des Sachverhalts erforderlich ist.
Das betrifft sowohl die
DNA-Analyse der Körperzellen des Opfers als auch die
Körperzellen des noch unbekannten Täters, die am Körper des
Opfers gefunden werden und die nach der hier vertretenen
Rechtsauffassung so lange auf der Grundlage von
§ 163 StPO
(Aufgaben der Polizei im Ermittlungsverfahren) sowohl erhoben
als auch molekulargenetisch ausgewertet werden können, bis ein
Vergleich mit dem DNA-Identifizierungsmuster eines ermittelten
Tatverdächtigen möglich ist, so dass dann
§ 81f Abs. 1 StPO
(Verfahren bei der molekulargenetischen Untersuchung) anzuwenden
ist.
[Einwilligung:]
Soweit, bezogen auf das o.g. Beispiel, das zu untersuchende
Opfer rechtfertigend in die o.g. Maßnahmen einwilligt, ist im
Hinblick auf die Einwilligung in eine DNA-Analyse zu beachten,
dass dafür eine schriftliche Einwilligung erforderlich
ist, siehe
§ 81f Abs. 1 StPO (Verfahren bei der
molekulargenetischen Untersuchung). Danach dürfen ohne
schriftliche Einwilligung der betroffenen Person nur durch das
Gericht, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft
und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des
Gerichtsverfassungsgesetzes) molekulargenetische Untersuchungen
angeordnet werden. Die einwilligende Person ist darüber zu
belehren, für welchen Zweck die zu erhebenden Daten verwendet
werden.
[Vernichtung der
Körperzellen:] Im Anschluss an die Feststellung des
DNA-Identifizierungsmusters werden die dafür benutzten
Körperzellen nicht mehr benötigt. Sie sind zu vernichten.
[Beispiel:] Im Rahmen polizeilicher Ermittlungen zum bereits
oben skizzierten sexuellen Gewaltdelikt wird ein Beschuldigter
aufgefordert, eine Speichelprobe abzugeben. Widerwillig lässt es
der Beschuldigte zu, dass Polizeibeamte mittels eines
Wattestäbchens einen Abstrich im Rachenraum an der
Mundschleimhaut durchführen. Rechtslage?
Für den Abstrich müssen
die Voraussetzungen von
§ 81a StPO (Körperliche
Untersuchung des Beschuldigten; Zulässigkeit körperlicher
Eingriffe) greifen.
Es wird davon ausgegangen,
dass die Entnahme von Körperzellen auf der Grundlage von § 81a
StPO zulässig ist.
Eine molekulargenetische
Untersuchung des sichergestellten Spurenmaterials kann deshalb
in diesem Fall auf der Grundlage von
§ 81e StPO (Molekulargenetische
Untersuchung) untersucht und einem DNA-Abgleich mit
Vergleichsspuren unterzogen werden, weil das zur Erforschung des
Sachverhalts erforderlich ist. Da bereits zuvor im Rahmen
polizeilicher Maßnahmen Körperzellen des Täters am Körper des
Opfers sichergestellt wurden, ist
§ 81f Abs. 1 StPO
(Verfahren bei der molekulargenetischen Untersuchung) zu
beachten.
[Vernichtung der
Körperzellen:] Im Anschluss an die Feststellung des
DNA-Identifizierungsmusters werden die dafür benutzten
Körperzellen nicht mehr benötigt. Sie sind zu vernichten.
04.2
Regelungsinhalt § 81e Abs. 2 StPO
TOP
Durch das Gesetz zur Modernisierung des
Strafverfahrens vom 10.12.2019 wurde § 81e II StPO wie folgt
geändert:
(2) Nach Absatz 1
zulässige Untersuchungen dürfen auch an aufgefundenem,
sichergestelltem oder beschlagnahmtem Material durchgeführt
werden. Ist unbekannt, von welcher Person das Spurenmaterial
stammt, dürfen zusätzlich Feststellungen über die Augen-, Haar-
und Hautfarbe sowie das Alter der Person getroffen werden.
Absatz 1 Satz 2 und § 81a Abs. 3 erster Halbsatz gelten
entsprechend. Ist bekannt, von welcher Person das Material
stammt, gilt § 81f Absatz 1 entsprechend.
Diese
Neuerung ist selbsterklärend.
05
Verfahren bei der molekulargenetischen Untersuchung
TOP
§ 81f StPO
(Verfahren bei der molekulargenetischen Untersuchung) bestimmt,
dass Untersuchungen nach
§ 81e StPO (Molekulargenetische
Untersuchung), also die Bestimmung des
DNA-Identifizierungsmusters durch ein dafür geeignetes Institut,
ohne schriftliche Einwilligung der betroffenen Person nur durch
das Gericht, bei Gefahr im Verzug auch durch die
Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 GVG) angeordnet
werden dürfen.
[Schriftliche
Einwilligung:] Gemeint ist eine rechtfertigende
Einwilligung, die schriftlich erfolgt und durch
Unterschriftsleistung dokumentiert, dass die Person, deren
molekulargenetisches Material einer DNA-Analyse unterzogen
werden soll, damit einverstanden ist.
Eine mündliche
rechtfertigende Einwilligung reicht nicht aus.
Eine rechtfertigende
Einwilligung setzt voraus, dass die einwilligende Person dazu in
der Lage ist, die Tragweite ihrer Einwilligung erkennen und
einschätzen zu können. Das setzt eine sorgfältige Belehrung
sowohl über die Folgen als auch über die Freiwilligkeit der
»rechtfertigenden Einwilligung« voraus.
Kinder und offenkundig
schuldunfähige Personen können in solch eine Maßnahme (mangels
Einsichtsfähigkeit) nicht einwilligen.
Wird die schriftliche
rechtfertigende Einwilligung verweigert, setzt eine Untersuchung
der entnommenen Körperzellen eine richterliche Anordnung und
Gefahr im Verzug voraus.
[Gefahr im Verzug:]
Gefahr im Verzug ist gegeben, wenn es aus zeitlichen Gründen
nicht möglich ist, eine richterliche Anordnung einzuholen, ohne
damit den Erfolg der Maßnahme zu gefährden. Diese Gefahr ist
nicht gegeben, wenn es zuvor möglich ist, eine richterliche
Anordnung einzuholen oder aber in der Behörde ein richterlicher
Bereitschaftsdienst außerhalb der normalen Bürozeiten
vorgehalten wird, so dass eine richterliche Anordnung
telefonisch erwirkt werden kann.
Gefahr im Verzug ist nach
höchstrichterlicher Rechtsprechung mit gebotener Sorgfalt zu
begründen und entsprechend zu protokollieren.
[Richterliche
Anordnung:] Eine richterliche Anordnung ist einzuholen, wenn
das ohne Gefährdung des Untersuchungserfolges möglich ist. In
Eilfällen reicht auch eine fernmündliche Richteranordnung aus.
Das setzt aber voraus, dass ein richterlicher
Bereitschaftsdienst verfügbar ist.
[Hinweis:]
Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte müssen wissen, wie in der
Behörde, in der sie ihren Dienst versehen, dieser
»Problembereich« geregelt ist.
06
Allgemeines zu § 81g StPO
TOP
Die Befugnis findet
nicht auf »laufende Strafverfahren« Anwendung. Sowohl die
Anordnung der Entnahme als auch die Untersuchung
molekulargenetischen Materials auf der Grundlage von
§ 81g
StPO (DNA-Identitätsfeststellung) dient nur der
Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren.
Die Befugnis regelt:
-
die Entnahme und
-
die Untersuchung
molekulargenetischen Materials.
Als Betroffene einer
Maßnahme auf der Grundlage von § 81g StPO kommen in Betracht:
-
Beschuldigte
-
rechtskräftig
verurteilte Personen
-
schuldunfähige
Personen
-
strafunmündige
Personen im Sinne von
§ 3 JGG
(Verantwortlichkeit).
Dort heißt es: Ein Jugendlicher ist
strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach
seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist,
das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu
handeln. Zur Erziehung eines Jugendlichen, der mangels Reife
strafrechtlich nicht verantwortlich ist, kann der Richter
dieselben Maßnahmen anordnen wie das Familiengericht.
Diesem Personenkreis
können, wenn die Voraussetzungen von
§ 81g StPO
(DNA-Identitätsfeststellung) greifen, Körperzellen entnommen
werden, um sie molekulargenetisch untersuchen zu lassen. Da die
Entnahme von Körperzellen zur Identitätsfeststellung in
künftigen Strafverfahren erfolgt, findet
§ 81a StPO (Körperliche
Untersuchung beim Beschuldigten; Blutproben) in diesem Falle
keine Anwendung.
Zulässigkeitsvoraussetzungen
Die Maßnahme richtet sich
gegen Beschuldigte oder solche Personen, die im § 81g Abs. 4
StPO benannt sind.
[Beschuldigter:]
Beschuldigter ist nur der Tatverdächtige, gegen den das
Verfahren als Beschuldigten betrieben wird (BGH 10, 8, 12; 34,
138, 140).
Die
Beschuldigteneigenschaft kann nur ein Willensakt der zuständigen
Strafverfolgungsbehörde erwirken, denn der Tatverdacht für sich
allein begründet weder die Beschuldigteneigenschaft, noch zwingt
er ohne Weiteres zur Einleitung von Ermittlungen.
Nur wenn Ermittlungen
aufgrund einer Strafanzeige geführt werden, muss der Verdächtige
immer als Beschuldigter behandelt werden. Ansonsten kommt es auf
die Stärke des Tatverdachts an (BGH 37, 48).
Nachzuweisen sind
Tatsachen, die auf eine naheliegende Möglichkeit der Täterschaft
oder Teilnahme schließen lassen. Der Verfolgungsbehörde steht
insoweit ein Beurteilungsspielraum zu. [En09] 9
[Andere Adressaten:]
Die anderen Adressaten einer DNA-Identitätsfeststellung sind im
§ 81g StPO (DNA-Identitätsfeststellung) abschließend
aufgeführt, die im Folgenden lediglich aufgelistet werden:
[Straftat von
erheblicher Bedeutung:] Eine Straftat kann dann als
»Straftat von erheblicher Bedeutung« angesehen werden, wenn sie:
-
mindestens dem Bereich
der mittleren Kriminalität zuzurechnen ist
-
sie den Rechtsfrieden
empfindlich stört
-
die Straftat dazu
geeignet ist, das Gefühl der Rechtssicherheit der
Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen.
So auch der Wortlaut in
Bundestagsdrucksache 16/5846, der nachfolgend im Wortlaut
wiedergegeben wird:
»Hierunter können solche
Straftaten verstanden werden, die eine Mindesthöchststrafe von
fünf Jahren Freiheitsstrafe aufweisen, in Einzelfällen aufgrund
der besonderen Bedeutung des geschützten Rechtsguts oder des
besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung aber
auch eine geringere Freiheitsstrafe. Eine Höchststrafe von einem
Jahr Freiheitsstrafe entspricht dem Begriff der schweren
Straftat nicht mehr. Gesetzliche Strafmilderungen für minder
schwere Fälle bleiben bei dieser Strafrahmenbetrachtung
unberücksichtigt.«
[Wiederholte Begehung
anderer Straftaten:] Dem Wortlaut des
§ 81g Abs. 1 S. 2
StPO (DNA-Identitätsfeststellung) ist zu entnehmen, dass
auch die wiederholte Begehung sonstiger Straftaten im
Unrechtsgehalt einer Straftat von erheblicher Bedeutung
gleichstehen kann.
[Straftat gegen die
sexuelle Selbstbestimmung:] Soweit es sich bei den in
Betracht kommenden Straftaten gegen die sexuelle
Selbstbestimmung um Verbrechenstatbestände handelt, handelt es
sich immer um »Straftaten von erheblicher Bedeutung«.
Eigenständige Bedeutung
erhält dieses Tatbestandsmerkmal des § 81g StPO nur im Hinblick
auf die Vergehenstatbestände, bei denen es sich um eindeutige
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung handelt.
Zum Beispiel:
-
§ 174a StGB
(Sexueller Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten
oder Kranken und Hilfsbedürftigen in Einrichtungen)
-
§ 174b StGB
(Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung einer Amtsstellung)
-
§ 174c StGB
(Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-,
Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses)
-
§ 176 StGB
(Sexueller Missbrauch von Kindern)
-
§ 177 StGB
(Sexuelle Nötigung; Vergewaltigung)
-
§ 179 StGB
(Sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen)
-
§ 180 StGB
(Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger)
und
andere.
06.1
Gefahrenprognose
TOP
Diesbezüglich heißt es in
der BT-Durcksache 13/10791 wie folgt: »Die Entnahme von
Körperzellen und deren molekulargenetische Untersuchung zur
Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters sind (...) nur
zulässig, wenn wegen der Art oder Ausführung der Tat, der
Persönlichkeit des Beschuldigten oder sonstiger Erkenntnisse
Grund zu der Annahme besteht, dass gegen ihn künftig erneut
Strafverfahren wegen der genannten Katalogtaten zu führen sind.
Diese »Negativprognose«
entspricht derjenigen, die
§ 8 Abs. 6 Nr. 1 des
Bundeskriminalamtgesetzes für die Speicherung solcher Daten
in den Dateienverbund einfordert. Die Maßnahmen sind nur
zulässig, wenn nicht bereits aufgrund einer Untersuchung nach
§ 81e StPO (Molekulargenetische
Untersuchung) ein ausreichendes DNA-Identifizierungsmuster
vorliegt.«
»Der Zweck der Erhebung
und der Umfang der Untersuchungen sind auf das zur
Identitätsfeststellung Erforderliche beschränkt. Das heißt
insbesondere, dass nur die zur Identifizierung erforderlichen
Merkmale untersucht werden dürfen. Die Bildung sog. »Persönlichkeitsprofile«
sind damit ausgeschlossen.« [En10] 10
Diese
»Wiederholungsgefahr« ist im Rahmen einer sorgfältig zu
begründenden Gefahrenprognose nachzuweisen.
Vom Wortlaut der Befugnis
hat die Gefahrenprognose schwerpunktmäßig »künftig zu erwartende
Strafverfahren zum Gegenstand«. Richtiger dürfte es jedoch sein,
auf in der Zukunft zu erwartendes »zukünftiges strafbares
Verhalten des Beschuldigten« abzustellen.
Nachzuweisen ist somit,
dass von dem Beschuldigten zukünftig tatsächlich die Gefahr
ausgeht, eine Straftat:
-
von erheblicher
Bedeutung oder
-
gegen die sexuelle
Selbstbestimmung zu begehen oder
-
Straftaten zu erwarten
sind, die insgesamt als Straftat von erheblicher Bedeutung
angesehen werden können.
06.2
Anordnungsregelung des § 81g StPO
TOP
Während die Anordnung der
Entnahme von Körperzellen auf der Grundlage von
§ 81g StPO
(DNA-Identitätsfeststellung), bei Gefahr im Verzug auch durch
die StA und ihre Ermittlungspersonen (Polizei) angeordnet werden
kann, ist die Anordnung der Untersuchung von Körperzellen
ausschließlich dem Richter vorbehalten.
[Anordnung der
Entnahme:] Gemäß
§ 81g Abs. 3 StPO kann die Entnahme
von Körperzellen ohne schriftliche Einwilligung des
Beschuldigten nur durch das Gericht, bei Gefahr im Verzug auch
durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152
des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden.
[Anordnung der
DNA-Untersuchung:] Diesbezüglich heißt es im
§ 81g Abs. 3
StPO, dass die molekulargenetische Untersuchung der
Körperzellen ohne schriftliche Einwilligung des Beschuldigten
nur durch das Gericht angeordnet werden kann.
06.3
Formvorschriften des § 81g StPO
TOP
Personen, denen auf der
Grundlage von
§ 81g StPO (DNA-Identitätsfeststellung)
Körperzellen entnommen werden, um diese molekulargenetisch
untersuchen zu lassen, sind zu belehren.
Der Beschuldigte ist davon
in Kenntnis zu setzen:
Vergleichbares gilt für
die nach
§ 81e StPO (Molekulargenetische
Untersuchung) erhobenen Daten eines Beschuldigten.
[Verwendungszweck der
Daten:] Die Daten dürfen nur für Zwecke eines
Strafverfahrens, der Gefahrenabwehr und der internationalen
Rechtshilfe übermittelt werden.
07
Allgemeines zu Neuregelung von § 81h StPO
TOP
Durch das Gesetz zur
effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des
Strafverfahrens vom 17.08.2017 (BGBl. I S. 3202), in Kraft
getreten am 24.08.2017 wurde § 81h StPO (DNA-Reihenuntersuchung)
geändert.
Im Wesentlichen betreffen
diese Änderungen folgende Bereiche:
-
Umgang mit
Beinahetreffer, die auf verwandtschaftliche Beziehungen
hindeuten
-
Verwandte in gerader
Linie oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grad
-
Die gesetzlichen
Neuerungen räumen bestehende Zweifel an der Verwertbarkeit
von Beinahetreffern aus
-
Bei
Ähnlichkeitstreffern können auch Verwandte in Verdacht
geraten
Durch diese gesetzliche
Klarstellung wurden bisher bestehende Bedenken an der
Zulässigkeit von Beinahe- oder Ähnlichkeitstreffern ausgeräumt.
In
der BT-Drucks. 18/11277 vom 22.02.2017 heißt es
in Bezug auf vorgenommene Änderungen auf den Seiten 21 und 22
wie folgt:
»§ 81h StPO enthält
Regelungen zur sogenannten forensischen Reihenuntersuchung und
bestimmt, dass die Ermittlung von DNA-Identifizierungsmustern
und ihr Abgleich mit dem Spurenmaterial zulässig sind, soweit
dies zur Feststellung erforderlich ist, ob das Spurenmaterial
von den Teilnehmern der DNA-Reihenuntersuchung stammt.
Ergibt der Abgleich keine
umfassende, sondern nur eine teilweise Übereinstimmung zwischen
Teilnehmer und Spur (sogenannte Beinahetreffer), deutet dies auf
eine Verwandtschaft zwischen dem Teilnehmer und dem
Spurenverursacher hin. Diese Information darf aber, wie der BGH
mit Urteil vom 20. Dezember 2012 (Az. 3 StR
117/12, BGHSt 58, 84 ff.
(Rn. 20 ff.)) entschieden hat, entsprechend dem Wortlaut des §
81h StPO weder gewonnen noch für entsprechende Ermittlungen im
verwandtschaftlichen Umfeld des Teilnehmers verwertet werden.
Dies erschwert die
Ermittlungen bei Verbrechen gegen das Leben, die körperliche
Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle
Selbstbestimmung und kann die Aufklärung dieser Verbrechen sogar
verhindern.
Das
Bundesverfassungsgericht hat die gegen das Urteil des BGH
gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung
angenommen (Nichtannahmebeschluss vom 13. Mai 2015 – 2 BvR
616/13, ZD 2015, 423 ff.).
In der
rechtswissenschaftlichen Literatur wird im Unterschied zur
Auffassung des BGH teilweise vertreten, dass § 81h StPO weder
ein ausdrückliches Verbot noch eine besondere Einschränkung für
die Erhebung oder Verwertung eines Beinahetreffers enthalte. Bei
der Feststellung des möglichen Verwandtschaftsverhältnisses
handele es sich um eine zufällige Erkenntnis aus den gesetzlich
vorgesehenen Untersuchungsmethoden und -zwecken (...). Man könne
den Beinahetreffer als »technisch bedingtes Nebenprodukt«
bezeichnen, das lediglich bei Gelegenheit der Abgleichung und
somit in Ausführung des eigentlich angestrebten Ziels der
Ermittlungsmaßnahme anfalle, so dass die Beweiserhebung zulässig
sei (...).
Die
nunmehr getroffene Regelung räumt die bestehenden Zweifel an der
Verwertbarkeit von Beinahetreffern aus. Die Änderung
setzt dabei auf der zweiten von drei Stufen
an. Unberührt bleiben die Beweismittelerhebung durch die
Entnahme von Körperzellen (§ 81h Absatz 1 Nummer 1 StPO) und
ihre molekulargenetische Untersuchung zur Feststellung des
DNA-Identifizierungsmusters und des Geschlechts (§ 81h Absatz 1
Nummer 2 StPO) sowie der automatisierte Abgleich mit dem
Spurenmaterial (§ 81h Absatz 1 Nummer 3 StPO). Erweitert wird
aber der Untersuchungsumfang nach § 81h Absatz 1 Halbsatz 2
StPO: Statt der Feststellung, »ob das Spurenmaterial von diesen
Personen stammt« im Sinne eines »Hit-/No-hit-Verfahrens«, soll
künftig auch untersucht werden können, ob das Spurenmaterial
genetische Ähnlichkeit mit dem DNA-Identifizierungsmuster von
Probanden aufweist.
Wenn dies der Fall ist und
die genetisch ähnliche Probe deanonymisiert wurde, kann auf der
dritten Stufe gegen einen konkreten Verdächtigen (d. h. gegen
einen Dritten, der mit dem Probanden eng verwandt ist) eine
DNA-Analyse nach Maßgabe der §§ 81a und 81e StPO angeordnet
werden, wenn gegen ihn ein hinreichender Verdacht besteht.
Die Erweiterung des
Untersuchungsumfangs auf genetische Ähnlichkeit und die
Deanonymisierung im Trefferfalle berühren dabei das Recht auf
informationelle Selbstbestimmung (Artikel 2 Absatz 1 in
Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 GG) desjenigen, der an der
Reihenuntersuchung teilnimmt. Ein rechtfertigungsbedürftiger
Eingriff in dieses Recht scheidet jedoch aus, wenn die Maßnahme
auf der Grundlage einer hinreichend konkreten Einwilligung des
Betroffenen erfolgt, die frei von Willensmängeln ist (...).
Damit der Betroffene die
Tragweite seiner Erklärung überblicken kann, muss er hinreichend
klar darüber belehrt werden, dass bei einem
Ähnlichkeitstreffer auch Verwandte in Verdacht geraten
können. Deshalb wird nunmehr gesetzlich
festgelegt, ab welchem Grad an Übereinstimmung zwischen
Spurenmaterial und Beinahetreffer die weitere Verwertung als
Beweismittel gegenüber dem tatsächlichen Spurenverursacher
zugelassen ist. Anderenfalls könnte der zu Belehrende
nicht abschätzen, welchen Personenkreis er durch eine
Probenabgabe potenziell dem Risiko einer durch einen
Beinahetreffer ausgelösten weiteren strafrechtlichen
Untersuchung aussetzt.
Der Teilnehmer an der
Reihenuntersuchung kann somit zum einen darüber disponieren, ob
er durch sein Verhalten dazu beitragen möchte, dass ein naher
Verwandter der Strafverfolgung ausgesetzt wird.
Zum anderen ändert die
erweiterte Untersuchungsmöglichkeit nichts Grundsätzliches an
der Freiwilligkeit der Einwilligung in die Maßnahme nach § 81h
StPO. Eine Einwilligung ist (erst dann) als unwirksam anzusehen,
wenn dem Grundrechtsträger aufgrund einer Zwangslage keine
wirkliche Wahlfreiheit verbleibt (...). Eine solche Zwangslage
könnte bei DNA-Reihenuntersuchungen entstehen, wenn potenzielle
Teilnehmer einer DNA-Reihenuntersuchung damit rechnen müssten,
gerade durch die Nichtteilnahme den Verdacht auf sich zu lenken.
Daher kann eine Einwilligung in diesem Fall nur wirksam sein,
wenn deren Verweigerung für sich genommen keinen Verdacht
begründet. Dies ist in Bezug auf die bisherige Regelung des §
81h StPO allgemein anerkannt (...). Insoweit würde die
Erweiterung des Untersuchungsumfangs auf genetische Ähnlichkeit
die Situation aber gerade nicht verschärfen: Verweigert jemand
nämlich nach entsprechender Belehrung seine Teilnahme an der
Reihenuntersuchung, könnte dem künftig auch der Wunsch zu Grunde
liegen, keine Verwandten »ans Messer liefern« zu wollen. Die
Teilnahmeverweigerung ließe also sogar mehr Deutungen zu als
nach der derzeitigen Gesetzeslage.
Potenziell von der
Ausweitung der Untersuchungsmöglichkeiten betroffen sind ferner
die nahen Verwandten derjenigen, die an der
DNA-Reihenuntersuchung teilnehmen. Ihr Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung wird von der Ausweitung der
Untersuchungsmöglichkeiten aber nicht betroffen: Untersucht wird
weiter ausschließlich das genetische Material der Probanden, die
an der Reihenuntersuchung teilgenommen haben. Sollte sich dabei
eine Ähnlichkeit mit dem Spurenmaterial ergeben, wird damit nur
eine statistische Aussage über das genetische Material des
Probanden getroffen. Ein Bezug zu konkreten anderen Personen im
Sinne eines personenbeziehbaren Datums lässt sich mit diesem
Ergebnis zunächst nicht herstellen. Erst wenn die
Ermittlungsbehörden aufgrund des Beinahetreffers – ausgehend vom
Probanden – weitere Ermittlungen anstellen, um herauszufinden,
ob er tatsächlich Verwandte hat, die als Täter in Frage kommen,
kann sich ein Tatverdacht gegen konkrete Dritte ergeben. Selbst
wenn man deshalb von einem Eingriff in die informationelle
Selbstbestimmung ausgehen würde, wäre dieser jedenfalls durch
das hoch zu gewichtende staatliche Interesse an der Aufklärung
und Verfolgung von (schweren) Straftaten gerechtfertigt.
Auch Artikel 6 Absatz 1 GG
ist nicht berührt. Das Familiengrundrecht schützt vor
staatlichen Maßnahmen, die die Familie schädigen, stören oder
sonst beeinträchtigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Januar
1957 – 1 BvL 4/54 –, BVerfGE 6, 55, 76). Es vermittelt aber
keinen Schutz gegen Familienangehörige, die freiwillig zur
Strafverfolgung eines Verwandten beitragen. [En11] 11
07.1 §
81h StPO - DNA-Reihenuntersuchung
TOP
Unter den in
§ 81h Abs.
1 StPO (DNA-Reihenuntersuchung) genannten Voraussetzungen
dürfen Personen mit ihrer schriftlichen Einwilligung
Körperzellen zur Durchführung einer molekulargenetischen
Untersuchung entnommen werden. Im Normalfall wird es sich dabei
um Speichelproben handeln, die unter Verwendung von
Wattestäbchen entnommen werden.
-
Die Zulässigkeit
dieser Maßnahme bedarf der gerichtlichen Anordnung
-
Die richterliche
Anordnung ergeht schriftlich
-
Diese Anordnung muss
die betroffenen Personen anhand bestimmter Prüfungsmerkmale
bezeichnen und ist zu begründen
-
Einer vorherigen
Anhörung der betroffenen Personen bedarf es nicht.
[Absoluter
Richtervorbehalt:] DNA-Reihenuntersuchungen können auf der
Grundlage von
§ 81h Abs. 1 StPO (DNA-Reihenuntersuchung)
nur von einem Richter angeordnet werden.
Diese Befugnis enthält
eine für die Strafprozessordnung ungewöhnliche Kombination.
Die Befugnis enthält:
Die Maßnahme kann nur mit
dem Einverständnis der Betroffenen durchgeführt werden.
Hintergrund dafür ist,
dass auch der freiwillige Massengentest eine funktionale
Zwangswirkung beinhaltet.
Diese doppelte Absicherung
wird als Absurdität bezeichnet.
[Bestimmung des
Täterprofils:] Entscheidend für die durch einen Richter
anzuordnende schriftliche und auf Freiwilligkeit beruhende
DNA-Reihenuntersuchung ist die Bestimmung des Täterprofils:
»Personen, die bestimmte,
auf den Täter vermutlich zutreffende Prüfungsmerkmale erfüllen.
(...). Mit den Prüfungsmerkmalen sind Eigenschaften,
Verhältnisse oder Umstände gemeint, die nach dem bisherigen
Ermittlungsstand vermutlich auf den Tatbeteiligten zutreffen.« [En12]
12
Entsprechende Täterprofile
werden von der Polizei erstellt, vom anordnenden Richter geprüft
und zum Gegenstand der Begründung der richterlichen Anordnung
gemacht.
Entscheidend für die
freiwillige DNA-Reihenuntersuchung ist die Bestimmung des
Täterprofils:
»Personen, die bestimmte,
auf den Täter vermutlich zutreffende Prüfungsmerkmale erfüllen«.
Betroffen sind sog. Merkmalsträger, zum Beispiel alle männlichen
Gäste zwischen 1,70 und 1,90, die zu Gast auf der Party waren.
Mit den Prüfungsmerkmalen sind Eigenschaften, Verhältnisse oder
Umstände gemeint, die nach dem bisherigen Ermittlungsstand
vermutlich auf den Tatbeteiligten zutreffen.
Die
Strafverfolgungsorgane, die Polizei, können im Rahmen
konventioneller Ermittlungsarbeit ein Täterprofil erstellen, mit
dem der Kreis der Merkmalsträger eingegrenzt werden kann. Die
Merkmale müssen in ihrer Gesamtheit geeignet sein, die spezielle
Gruppe der Betroffenen objektiv zu definieren. Das geschieht vor
allem durch die Auswertung von Tatortspuren und durch
Zeugenaussagen.« [En13] 13
Entsprechende Täterprofile
werden oftmals auch unter Zuhilfenahme von Sachverständigen
erstellt. Darüber hinaus können aber auch kriminalistisch
gesicherte Erfahrungen zur Begründung von Täterprofilen
beitragen.
[Beispiel:] Am 19. Juni 2013 wurde im Dortmund-Ems-Kanal in
Münster ein toter Säugling geborgen. Die Obduktion der Leiche
ergab, dass das Mädchen nach der Geburt noch gelebt hatte und
durch stumpfe Gewalt gegen den Kopf getötet worden war. Die
Identität des Kindes konnte bis Oktober 2013 noch nicht
festgestellt werden. Da das tot aufgefundene Mädchen lebend »das
Licht der Welt« erblickt hatte und erst danach eines gewaltsamen
Todes starb, wurden zwei Monate nach dem Auffinden der Leiche
aufgrund eines richterlichen Beschlusses alle im Umkreis von 150
m vom Auffindort der Leiche wohnende Frauen im gebärfähigen
Alter aufgefordert, sich freiwillig einem Gentest zu
unterziehen. Rechtslage?
Dieser Begrenzung des
Einzugsbereichs lagen die Ergebnisse operativer Fallanalysen des
Landeskriminalamtes NRW (LKA NRW) zugrunde, wonach in der
Mehrzahl aller ausgewerteten Fälle Babyleichen im Umkreis von
150 m vom Tatort »entsorgt« werden.
Insgesamt 150 Frauen
wurden angeschrieben und aufgefordert, Speichelproben zum Zweck
molekulargenetischer Untersuchungen abzugeben.
110 Frauen kamen dieser
Aufforderung nach.
Die 40 Frauen, die den
Test verweigerten, konnten dennoch nicht als Tatverdächtige und
als Folge davon als Beschuldigte angesehen werden, denn
Freiwilligkeit bedeutet zwangsläufig auch die Möglichkeit, einen
solchen Test verweigern zu können.
Und da nur die Entnahme
molekulargenetischen Materials auf richterliche Anordnung
zwangsweise von Beschuldigten entnommen werden kann, musste ein
Weg gefunden werden, die verbliebenden 40 Frauen zumindest als
potenzielle Zeugen zum Leichenfund vernehmen zu können.
Da Zeugen polizeilichen
Vorladungen nicht nachkommen müssen, wurden die 40 Frauen, die
an der Gen-Reihenuntersuchung nicht teilgenommen hatten, von der
Staatsanwaltschaft Münster auf der Grundlage von
§ 161a StPO
(Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen durch die
Staatsanwaltschaft) zur Zeugenvernehmung vorgeladen.
Danach sind Zeugen
verpflichtet, auf Ladung vor der Staatsanwaltschaft zu
erscheinen und zur Sache auszusagen.
[Hinweis:] Im
August 2017 wurde
§ 163 StPO (Aufgaben der Polizei im
Ermittlungsverfahren) dahingehend geändert, dass nunmehr auch
die Polizei im Auftrag der StA Zeugen vorladen kann. Im § 163
Abs. 3 StPO heißt es nunmehr: »Zeugen sind
verpflichtet, auf Ladung vor Ermittlungspersonen der
Staatsanwaltschaft zu erscheinen und zur Sache auszusagen, wenn
der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt.«
In einer Meldung der
Westfälischen Nachrichten vom 03. März 2015
heißt es:
Zweite
DNA-Reihen-Untersuchung geplant:
Knapp zwei Jahre nach dem
Fund einer Babyleiche im Dortmunder-Emskanal plant die
Staatsanwaltschaft Münster eine zweite DNA-Reihenuntersuchung,
um die Mutter des toten Säuglings zu ermitteln. Die Untersuchung
soll vermutlich 2015 durchgeführt werden.
Bisher konnte die Tat
nicht aufgeklärt werden.
08
Durchführung von DNA-Analysen
TOP
Mit der Durchführung von
DNA-Analysen sind Sachverständige zu beauftragen.
[Polizei NRW:] Für
die Polizei des Landes NRW werden alle DNA-Analysen durch das
Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen im
Kriminalwissenschaftlichen und -technischen Institut (KTI),
Dezernat 52 »Forensische Serologie, DNA-Analysen« durch dort
tätige Sachverständige gegen Erstattung der Kosten durchgeführt.
[Tatortspuren:] Für
DNA-Analysen von anonymem Spurenmaterial (Tatortspuren), die auf
der Grundlage von
§ 163 StPO (Aufgaben der Polizei im
Ermittlungsverfahren) erhoben und in amtliche Verwahrung
genommen werden können, reicht für den »Untersuchungsauftrag an
das LKA« sachliche Zuständigkeit aus, denn das LKA wird
anlässlich solcher Untersuchungsaufträge im Wege der
Amtshilfe in Anspruch genommen.
Als Grundlage für die
Untersuchungsanordnung kommt bei solchen Aufträgen
§ 163 StPO
(Aufgaben der Polizei im Ermittlungsverfahren) in Betracht, weil
es sich bei dieser Norm sowohl um eine Zuständigkeitszuweisung
als auch um eine Befugnis handelt.
Ausgewertete DNA-Analysen
können zeitlich unbegrenzt in die DNA-Analyse-Datenbank des BKA
gespeichert werden.
[Körperzellen bekannter
Personen in laufenden Strafverfahren:] Auch dieses
molekulargenetische Material wird in NRW beim LKA untersucht. Da
dieses Material auf der Grundlage von
§ 81a StPO (Körperliche
Untersuchung des Beschuldigten; Zulässigkeit körperlicher
Eingriffe) oder
§ 81c StPO (Untersuchung anderer
Personen) erhoben (gesichert) wird und es sich somit um
Körperzellen bekannter Personen handelt, ist
§ 81f StPO
(Verfahren bei der molekulargenetischen Untersuchung)
einschlägig. Erst wenn ein richterlicher Beschluss vorliegt,
kann in solchen Fällen das LKA mit der Erstellung einer
DNA-Analyse beauftragt werden.
Gleiches gilt für die
Untersuchung von Körperzellen, die auf der Grundlage von §
81g StPO (DNA-Identitätsfeststellung) oder
§ 81h StPO
(DNA-Reihenuntersuchung) erforderlich werden.
Umgang mit erhobenen Daten
Erstellte
DNA-Identifizierungsmuster dürfen nur zweckgebunden verwendet
werden. Diese Zwecke sind in den jeweiligen Befugnissen benannt,
siehe § 81e StPO, der im Absatz 2 einen Verweis zu § 81a Abs. 3
StPO enthält.
Im § 81a Abs. 3 StPO heißt
es:
(3) Dem Beschuldigten
entnommene Blutproben oder sonstige Körperzellen dürfen nur für
Zwecke des der Entnahme zugrundeliegenden oder eines anderen
anhängigen Strafverfahrens verwendet werden; sie sind
unverzüglich zu vernichten, sobald sie hierfür nicht mehr
erforderlich sind.
Das ist bei laufenden
Strafverfahren erst dann der Fall, wenn das jeweilige
Strafverfahren beendet ist.
Für die
Identifizierungsmuster, die auf der Grundlage von § 81g Abs. 2
StPO (DNA-Identitätsfeststellung) erstellt werden, heißt es im
Absatz 2:
(2) Die entnommenen
Körperzellen dürfen nur für die in Absatz 1 genannte
molekulargenetische Untersuchung verwendet werden; sie sind
unverzüglich zu vernichten, sobald sie hierfür nicht mehr
erforderlich sind. Bei der Untersuchung dürfen andere
Feststellungen als diejenigen, die zur Ermittlung des
DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlechts erforderlich
sind, nicht getroffen werden; hierauf gerichtete Untersuchungen
sind unzulässig.
Gleiches gilt für
erstellte Identifizierungsmuster von Personen, die wegen:
-
erwiesener oder nicht
auszuschließender Schuldunfähigkeit
-
auf Geisteskrankheit
beruhender Verhandlungsunfähigkeit
-
oder
-
fehlender oder nicht
auszuschließender fehlender Verantwortlichkeit (§ 3 JGG)
nicht
verurteilt werden können.
Die Daten dürfen nur für
Zwecke eines Strafverfahrens, der Gefahrenabwehr und der
internationalen Rechtshilfe übermittelt werden.
Im § 81g Abs. 5 StPO heißt
es:
Die
erhobenen Daten dürfen beim Bundeskriminalamt gespeichert und
nach Maßgabe des Bundeskriminalamtgesetzes verwendet werden.
Einschlägige Norm des Bundeskriminalamtgesetzes ist der
§ 8
Abs. 6 Nr. 1 BKAG.
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