01 Allgemeines
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Im polizeilichen Berufsalltag
werden Personen aus vielerlei Anlässen dazu aufgefordert, sich
freiwillig einem Testverfahren zu unterziehen, um auf der Grundlage der
Testergebnisse verlässlicher entscheiden zu können, ob die
Voraussetzungen für die Anordnung körperlicher Untersuchungen auf der
Grundlage von
§ 81a StPO gegeben sind.
Gleichermaßen bedeutsam sind diese
Tests aber auch für die davon betroffenen Personen, denn neben der
Verdachtskonkretisierung dienen sich gleichermaßen auch der
Verdachtsentkräftung.
In den weitaus meisten Fällen
handelt es sich dabei um Tests, die vor Gericht keinerlei Beweiswert
haben. Ausnahme von dieser Regel ist lediglich das sogenannte
Atemalkoholmessverfahren.
Dazu gleich mehr.
Anlässlich von
allgemeinen Verkehrskontrollen ist es gängige polizeiliche Praxis,
Fahrzeugführer aufzufordern, sich
einem
-
Alcotest oder
einem
-
Drogenschnelltest
zu
unterziehen, wenn Hinweise vorliegen, dass eine Person unter
Alkoholeinwirkung / Drogeneinfluss im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt.
Davon kann
ausgegangen werden, wenn die Atemluft des Fahrzeugführers erkennbar nach
Alkohol riecht oder auffallend große Pupillen oder andere erkennbare
Anzeichen die Annahme rechtfertigen, dass Drogen konsumiert wurden.
[Gründe, die für
solch einen Test sprechen:] Ein solcher Test
dient zur Entlastung des jeweils kontrollierten Fahrzeugführers, wenn
das verwendete Testgerät Werte anzeigt, die das Gesetz nicht
sanktioniert. In solchen Fällen sind Fahrzeugführer entlastet, so dass
von weitergehenden Maßnahmen durch die Polizei Abstand zu nehmen ist.
Vortests dienen aber auch der Konkretisierung eines bestehenden
Anfangsverdachts, denn auch die Polizei hat ein Interesse daran, dass
Kosten verursachende
Folgemaßnahmen (Blutproben) nicht angeordnet werden, wenn der
festgestellte BAK-Wert im Blut des Fahrzeugführers nicht für ein
Bußgeldverfahren (§ 24a StVG) oder ein Strafverfahren (§ 316 StGB)
ausreicht. Gleiches gilt für den Nachweis verbotener Stoffe im Blut
(Drogenkonsum).
02
Atemalkoholmessung
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Während es sich bei
den Alcotests und bei den Drogenschnelltests um Vortests handelt, denen
keinerlei Beweiswert zukommt, handelt es sich bei Atemalkoholmessungen
unter Verwendung von Atemalkoholmessgeräten des Typs: Alcotest 7110
Evidential, MK III der Fa. Dräger AG, um Messgeräte, die
gerichtsverwertbare Ergebnisse anzeigen und nachweisen.
Mit solchen
Messgeräten können jedoch nur Verkehrsordnungswidrigkeiten im Sinne des
§ 24a StVG (0,5 Promille-Grenze) beweissicher festgestellt
werden. Der Nachweis einer Trunkenheitsfahrt im Sinne von
§ 316 StGB kann durch Atemalkoholmessgeräte nicht erbracht
werden. Der Nachweis einer solchen Tat setzt
immer die Anordnung der Entnahme einer
Blutprobe voraus.
[Hinweis:]
Atemalkoholmessgeräte werden von der Polizei nur anlässlich größerer
Verkehrskontrollen am Kontrollort vorgehalten. Denkbar ist auch, dass
solch ein Messgerät in einem Dienstgebäude der Polizei zur Verfügung
steht. Die Messgeräte sind so teuer, dass damit nicht jeder
Streifenwagen ausgerüstet werden kann.
[BGH zum
Beweiswert von Atemalkoholmessungen:] Aufgrund
einer Entscheidung des BGHSt vom 3. 4. 2001 (BGHSt 46, 358) ist der bei
Bestimmung der Atemalkoholkonzentration (AAK) i. S. von § 24a Abs. 1
StVG unter Verwendung eines Atemalkoholmessgerätes gewonnene Messwert
ohne Sicherheitsabschläge
verwertbar,
-
wenn das Gerät
die Bauartzulassung für die amtliche Überwachung des Straßenverkehrs
erhalten hat,
-
es unter
Einhaltung der Eichfrist geeicht ist und
-
die Bedingungen
für ein gültiges Messverfahren gewahrt sind.
Im Urteil heißt es
auch, dass der Betroffene ausdrücklich darauf hingewiesen werden muss,
dass eine Atemalkoholmessung sein Einverständnis voraussetzt. [En01]
1
[BT-Drs.
13/1439:] Dort
heißt es (Seiten 4 und 5): »Durch
die Atemalkoholbestimmung als einfach zu handhabende Messmethode
entfallen die Blutentnahme und der damit verbundene erhebliche
organisatorische Aufwand. Für den Betroffenen bedeutet diese Messmethode
die Wahrung seiner körperlichen Unversehrtheit. Durch die Schnelligkeit
des zu erzielenden Ergebnisses werden auch die bisherigen Nachteile des
Betroffenen bei negativem Alkoholgutachten (insbesondere Zeitverlust,
Stehenlassen des Kraftfahrzeugs, vorläufige Beschlagnahme des
Führerscheins) abgewendet.
Die Einführung der
Atemalkoholanalyse fordert keine zusätzlichen gesetzlichen Regelungen
über verdachtslose Atemalkoholkontrollen auf der Straße.
Bereits nach
der gegenwärtigen Gesetzeslage sind Verkehrstüchtigkeitskontrollen
zulässig (§
36 Abs. 5 StVO). Die erforderliche Mitwirkung des Betroffenen
bei in diesem Zusammenhang durchgeführten Atemalkoholkontrollen bereitet
keine grundsätzlichen Probleme, da die Möglichkeit offenbleibt, ihn
unter den gesetzlichen Voraussetzungen zwangsweise zur Blutprobe
heranzuziehen. (BT-Drs. 13/1439, S. 4, 5)«. [En02]
2
[Verwertbarkeit
der Messergebnisse:] Diesbezüglich enthält das
Urteil des BGHSt vom 3. April 2001, 4 StR 507/00 eindeutige Aussagen.
Die angezeigten Messwerte sind vor Gericht ohne Sicherheitsabschläge
verwertbar. [En03]
3
03
Alcotest
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Alcotests
(Alkoholvortest) liefern keine gerichtsverwertbaren Ergebnisse. Sie
dienen nur dazu, einen bestehenden Anfangsverdacht zu konkretisieren.
[Beispiel:] Anlässlich einer
allgemeinen Verkehrskontrolle stellt ein Polizeibeamter fest, dass die
Atemluft eines Fahrzeugführers erkennbar nach Alkohol riecht. Nach
erfolgter Belehrung bietet der Beamte dem Fahrzeugführer die Möglichkeit
an, sich einem
Alcoholvortest zu
unterziehen. Der Beamte weist den Fahrzeugführer ausdrücklich darauf
hin, dass es ihm freisteht, den Test zu machen und er folglich nicht
dazu verpflichtet ist, in das Testgerät zu blasen. Der Fahrzeugführer
ist mit der Durchführung eines solchen Tests dennoch einverstanden.
Rechtslage?
Sollte der Vortest
(Alcotest) anzeigen, dass in der Atemluft des Fahrzeugführers so viel
Alkohol vorhanden ist, um den Verdacht begründen zu können, unter
Alkoholeinwirkung ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt zu haben,
reicht der »Messwert eines Alcotests« nicht aus, die Tat
gerichtsverwertbar nachzuweisen.
Ob es sich dabei um
eine Verkehrsordnungswidrigkeit im Sinne von
§ 24a StVG (0,5 Promille-Regelung) oder aber um eine Straftat im
Sinne von
§ 316 StGB (Trunkenheit im Verkehr)
handelt, ist unerheblich.
Nicht erforderlich
ist es, dass der belehrende Beamte dem unter Alkoholeinfluss stehenden
Fahrzeugführer vorhält, welche Bestimmung verletzt wurde. Zwar bietet
der vom Testgerät angezeigte »Testwert« durchaus konkrete Hinweise im
Hinblick auf den bestehenden Tatverdacht, endgültige Sicherheit bietet
aber nur die Analyse des entnommenen Blutes (Blutprobe).
[Wichtig:]
Bevor Fragen zum Alkohol- oder Drogenkonsum gestellt werden, hat die
Belehrung über bestehende Zeugnisverweigerungsrechte zu erfolgen.
04
Drogenschnelltest
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Der Anteil der
Fahrzeugführer, die unter dem Einfluss berauschender Mittel im
öffentlichen Straßenverkehr ein Fahrzeug führen, steigt beständig an.
Grund dafür ist u.a. auch die höhere Kontrolldichte der Polizei sowie
verbesserte Testgeräte zur Verdachtserhärtung.
Seit August 2011
setzt die Polizei in NRW verbesserte Drogentest-Geräte ein. Der
besondere Vorteil dieser auf der Auswertung des Speichels beruhenden
Testgeräte ist die hohe Zuverlässigkeit der erzielten Ergebnisse.
Außerdem können durch diese Testgeräte nunmehr sechs statt bisher fünf
verbotene Substanzen nachtgewiesen werden.
Der Konsum von
Kokain, Ecstasy, THC (in Haschisch oder Marihuana), Amphetaminen sowie
Opiaten (etwa Heroin) konnte schon mit dem alten Schnelltest
nachgewiesen werden. Nun kommen noch Benzodiazepine (starke
Beruhigungsmittel) hinzu.
Besteht bei einer
Verkehrskontrolle ein Verdachtsmoment auf Drogenmissbrauch, können die
Beamten den Fahrer auffordern, sich freiwillig einem Drogenschnelltest
zu unterziehen. Darauf sind betroffene Personen ausdrücklich
hinzuweisen. Sollte sich der Betroffene einem solchen Test verweigern,
muss er damit rechnen, dass zur Beweissicherung die Entnahme einer
Blutprobe angeordnet wird.
[Durchführung
des Tests:] Ein mit dem Testgerät verbundenes
Wattestäbchen müssen Probanden für 30 Sekunden in eine Wangentasche
stecken, um eine Speichelprobe entnehmen zu können. Dann kommt das
Wattestäbchen in ein mit Wasser gefülltes Plastikröhrchen und wird darin
vermengt. Ein paar Tropfen davon werden in einen Plastikbehälter
geträufelt. Dort kommt es zur Vermischung mit Chemikalien. Auf
Papierstreifen ist dann zu sehen, ob und wenn ja, welche Rauschmittel
konsumiert wurden. Der Test dauert ca. zwölf Minuten.
[Urintest:]
Deutlich schneller geht es mit dem seit 2010 verwendeten Urintest für
Drogenverdächtige. Diese Tests setzen voraus, dass der Proband darin
einwilligt, im Beisein eines Beamten bzw. einer Beamtin, wenn es sich um
eine Fahrzeugführerin handelt, die für die Durchführung des Tests
benötigte Menge Urin (ein paar Tropfen genügen) in ein dafür geeignetes
Behältnis tropfen zu lassen. Aus polizeilicher Sicht muss verhindert
werden, dass der Proband/die Probandin den Urin mit Wasser verdünnt.
Zur Durchführung solcher Tests müssen dafür geeignete Räume zur
Verfügung stehen.
Die Durchführung setzt Freiwilligkeit voraus.
05
Tests für Designerdrogen
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Schnelltests, wie
sie bei Verkehrskontrollen verwendet werden, sprechen oft nur auf
bestimmte Substanzen an, so dass Designerdrogen mit leicht veränderter
Struktur häufig unentdeckt bleiben.
Im August 2011
heißt es auf »Spiegel Online«,
dass es amerikanischen Wissenschaftlern gelungen sei, eine neue Test-
und Nachweismethode für den Konsum sogenannter »Badesalz«-Drogen
entwickelt zu haben.
In dem Artikel
heißt es:
Da die
»Badesalz«-Drogen ständig in neuen Varianten und unter neuen Namen auf
den Markt kommen, sei es schwer für Drogenfahnder, mit Analysen und
Verboten hinterherzukommen. Viele nicht explizit verbotene
Drogenmischungen ließen sich von den »Badesalz«-Pulvern nicht leicht
unterschieden. Hier könne der Schnelltest helfen.
Der juristische
Feldzug gegen diese »Drogen« gestaltet sich jedoch schwierig - in den
USA ebenso wie in Europa, wo zuletzt ebenfalls ein starker Anstieg in
der Verbreitung bisher unbekannter Drogen festgestellt wurde. [En04]
4
[Hinweis:] Nähere Ausführungen zu den so genannten Legal-Highs
siehe Kapitel:
§ 81a StPO (Körperliche Untersuchung)
06
Belehrungspflichten
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Personen, denen die
oben beschriebenen Tests angeboten werden, sind – weil sie das oftmals
nicht wissen – ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es ihnen
freigestellt ist, solch einen Test zu machen oder ihn zu verweigern.
Grund dafür ist ein
im deutschen Strafrecht verankerter Grundsatz.
Dieser Grundsatz
lautet:
[Nemo tenetur:]
Übersetzt bedeutet das in etwa: Niemand ist
gehalten sich selbst zu beschuldigen, bzw. sich selbst zu belasten.
Darüber hinausgehend ist auch niemand dazu verpflichtet, sich aktiv an
der Beweisführung gegen sich selbst zu beteiligen.
[Atemalkoholmessgeräte:] Fehlende Belehrungen
bei Atemalkoholmessungen (das sind Messgeräte, mit denen der
Atemalkoholgehalt gerichtsverwertbar festgestellt werden kann) haben ein
Verwertungsverbot der Messergebnisse zur Folge.
AG Frankfurt
Entscheidungsdatum: 18.01.2010
Aktenzeichen: 998 OWi 2022 - 955 Js - OWi 20697/09
[Orientierungssatz:] Die Teilnahme an der
Messung der Atemalkoholkonzentration mit einem Atemalkoholmessgerät kann
nicht erzwungen werden, da dies eine aktive Betätigung des Betroffenen
erfordert und er nicht verpflichtet werden kann, aktiv an der eigenen
Überführung mitzuwirken. Über die Freiwilligkeit und die
Nichterzwingbarkeit muss der Betroffene von den Ermittlungsbehörden
belehrt werden. Die Verletzung dieser Belehrungspflicht zum
Atemalkoholtest hat ein Verwertungsverbot zur Folge. [En05]
5
[Merksatz:]
Polizeibeamte sollten so früh wie möglich
erforderliche Belehrungen vornehmen. Fairness ist ein wesentliches
Element rechtsstaatlicher Ordnung.
Lehnt ein
Fahrzeugführer es ab, sich einem Vortest unter Verwendung von
Testgeräten oder einer Atemalkoholmessung zu unterziehen, ist zu
entscheiden, ob die Entnahme einer Blutprobe anzuordnen ist. Das wird
immer dann der Fall sein, wenn Polizeibeamte aufgrund ihrer
Berufserfahrung davon ausgehen können, dass durch die Entnahme einer
Blutprobe der Tatverdacht nachgewiesen werden kann.
Nur diese Maßnahme
(Blutprobe) haben Fahrzeugführer zu dulden und nur diese Maßnahme kann
erforderlichenfalls mit Zwang durchgesetzt werden.
Ende des Kapitels
Freiwillige Vortests im Zusammenhang
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07 Quellen
Die Quellen wurden am angegebenen Zeitpunkt
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Endnote 01
Atemalkoholmessung
Pressemitteilung des BGH Nr. 29/2001
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=13468&linked=pm
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Endnote 02
Begründung der Einführung von Atemalkoholmessgeräten
BT-Drucks. 13/1439
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/13/014/1301439.pdf
Aufgerufen am 12.11.2014
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Endnote 03
Gerichtsverwertbarkeit von Atemalkoholmessgeräten
Urteil des BGHSt vom 3. April 2001, 4 StR 507/00
http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/4/00/4-507-00.php3
Aufgerufen am 12.11.2014
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Endnote 04
Schnelltests für Designerdrogen
Spiegel online vom 31.August 2011
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/neues-rauschgift-schnelltests-sollen-badesalz-drogen-nachweisen-a-783440.html
Aufgerufen am 12.11.2014
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Endnote 05
AG Frankfurt
Entscheidungsdatum: 18.01.2010
Aktenzeichen: 998 OWi 2022 - 955 Js - OWi 20697/09
http://www.autorechtler.de/index2.php?artikel=1981&searchquery=alcotest%207110%20evidential&PHPSESSID=
Aufgerufen am 12.11.2014
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